Meine sehr verehrten Damen und Herren, zu einer nachhaltigen Entwicklung - und das soll mein letzter Punkt zu den Inhalten der Nachhaltigkeitsstrategie sein - gehört auch eine nachhaltige Finanzpolitik. Ich bin sehr froh, dass die Verankerung dieses Themas in der Thüringer Nachhaltigkeitsstrategie gelungen ist. Dies war und ist keineswegs selbstverständlich.
Meine Damen und Herren, die Umsetzung der Strategie wird nicht allein durch die Startprojekte der Landesregierung und nicht staatlich getragenen Projekte erfolgen. Im Kabinettsbeschluss vom 15. November 2011 ist die Berücksichtigung der Ziele und Grundsätze der Strategie bei allen Maßnahmen und Vorhaben verankert worden. Die Ressorts sind gehalten, dies in eigener Zuständigkeit umzusetzen. Zur Umsetzung gehört auch, Zielwerte für die bereits vereinbarten Indikatoren festzulegen. Im Kabinettsbeschluss vom 14. Februar dieses Jahres wird die Staatssekretärsarbeitsgruppe „Nachhaltige Entwicklung“ gebeten, zeitnah über die Indikatorenwerte zu berichten.
Letztendlich gehört zu der Strategie auch die regelmäßige Fortschreibung. Die Thüringer Nachhaltigkeitsstrategie wird alle vier Jahre überprüft. Neben dann aktuellen regionalen Entwicklungen werden auch die Ergebnisse aus dem Rio+20-Prozess in die Umsetzung und Fortentwicklung der Strategie einfließen.
Meine Damen und Herren, nun liegt also die Nachhaltigkeitsstrategie vor. Nun ist es an Ihnen, darüber zu beraten und zu beschließen. Die Landesregierung und mit ihr der Beirat für Nachhaltige Entwicklung und auch viele engagierte Bürgerinnen und Bürger, die an der Entstehung und Umsetzung der Strategie mitgewirkt haben und weiter mitwirken wollen, freuen sich, wenn Sie den Ball nun aufnehmen und in Richtung nachhaltige Entwicklung weiterspielen. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen herzlichen Dank, Herr Minister, für Ihre Ausführungen. Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt vor. Eine Fortsetzung der Beratung im Fachausschuss kann nur erfolgen, wenn die Fraktionen, die den Antrag eingebracht haben, diesem zustimmen. Die Zustimmung zur Fortberatung liegt vonseiten der CDU und der SPD nicht vor.
Damit schließe ich diesen Tagesordnungspunkt und wir kommen jetzt wieder zurück bei der Abarbeitung der Tagesordnung auf Tagesordnungspunkt 20, den ich hiermit aufrufe
Bundesratsinitiative zur Einführung eines einheitlichen, flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/4181
Ich frage: Wünscht die Fraktion DIE LINKE das Wort zur Einbringung? Ja, das ist der Fall. Das übernimmt Abgeordneter Hausold für die Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich übernehme das gern, denn dieses Thema hat uns im Haus schon oft beschäftigt. In der 4. Legislatur gab es bereits analoge Anträge sowohl meiner Fraktion als auch der SPD-Fraktion. Sämtliche Anträge wurden damals durch die Mehrheit der Regierungsfraktionen abgelehnt. Aber seither ist die Debatte um die Einführung eines einheitlichen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland zum Dauerthema geworden und auch wir in Thüringen haben längst erkannt, dass ein Mensch von seiner Hände Arbeit leben können muss oder dass wir an der Lösung z.B. auch des Fachkräfteproblems nicht positiv arbeiten können, ohne dass es Mindestlöhne gibt.
Meine Damen und Herren, das ist zunächst mal mittlerweile parteiübergreifend, denn Frau von der Leyen hat vor Kurzem bemerkt, am 14.01., wir verteidigen die soziale Markwirtschaft, dazu gehört auch der Mindestlohn, wer Vollzeit arbeitet, muss seinen Lebensunterhalt bestreiten können.
Auf ihrem Parteitag im November hat die BundesCDU einen Beschluss zu Lohnuntergrenzen gefasst. Natürlich ist es schon für uns noch fraglich, ob das wirklich zu einem Konzept eines flächendeckenden und gesetzlichen Mindestlohns führen wird oder ob hier wieder weiter regionale Unterschiede gemacht werden können, denn das wäre dann ein Stück weit Augenauswischerei. Aber ich habe vernommen, dass die zuständige Kommission der CDU das gerade in diesen Tagen noch einmal berät. Auch in der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag sehe ich also Entwicklung seit der vergangenen Wahlperiode, hat ja auf ihrer Klausur in Volkenroda eine verbindliche Lohnuntergrenze für sich angemahnt, die soll bei 7,89 € liegen.
Wir, meine Damen und Herren, haben unseren Antrag auf die Lohnuntergrenze von mindestens 8,33 € angelegt, obwohl wir nach wie vor grundsätzlich der Meinung sind, dass 10 € pro Stunde armutsverhindernd und existenzsichernd wären.
Aber, und das will ich eben auch sagen, uns geht es um eine Lösung, die die Mehrheit dieses Hauses tragen kann. Wir sind nicht diejenigen, die in diesem Interesse nicht über unseren Schatten springen können.
Wir, meine Damen und Herren, sind zu Kompromissen bereit. Ich denke, insbesondere die SPD müsste sich natürlich in diesem Thema mit uns eins wissen, denn hier ist klar, bereits im Wahlkampf vor den Wahlen im Jahre 2009 haben Sie sich immer wieder, hat sich Ihr Spitzenkandidat Herr Matschie, damals für einen Mindestlohn deutlich ausgesprochen. Ich denke, was den Wählerinnen und Wählern damals als Ziel vorgegeben wurde, das muss dann auch in der parlamentarischen Arbeit Ziel bleiben. Wenn sich selbst die CDU schon bewegt hat, meine Damen und Herren von der SPD, dann lohnt es sich doch, hier noch ein Stück weit weiter zu bohren und endlich gemeinsam zur Sache zu kommen in dieser Frage.
Deshalb haben wir unseren Antrag gestellt. Jetzt ist mein verehrter Kollege Uwe Höhn nicht hier im Saal, aber vor diesem Hintergrund finde ich es dann schon etwas seltsam, wenn es dann stimmt, was die Ostthüringer Zeitung wiedergegeben hat, dass er unseren Antrag als Spielchen bezeichnet. Also, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion und lieber Uwe Höhn, ich möchte das jetzt hier nicht allzu sehr zuspitzen, aber ich will mal sagen, wenn die Landesregierung und die sie tragende Koalition nach Ankündigung vom Januar zum Beispiel durch die SPD und Minister Machnig zu einer Bundesratsinitiative zum Mindestlohn nun bei dieser dringenden Frage immer noch so viel Zeit hat, dann bin ich natürlich an der Stelle ein bisschen darauf aus zu fragen, nach der Bemerkung von Herrn Höhn, wer macht denn nun hier Spielchen? Wir, die wir konsequent zu unseren Positionen stehen oder die Landesregierung, die ewig lange braucht, um einen solchen Antrag hier vorzulegen.
In diesem Sinne sehen wir, wie gesagt, genügend gemeinsame Möglichkeiten, jetzt eine Bundesratsinitiative zu dieser Frage auf den Weg zu bringen. Auch unsere Ministerpräsidentin in Thüringen hat sich wiederholt zur Frage der Löhne geäußert. Es ist höchste Zeit, diesen Worten auch Taten folgen zu lassen, meine Damen und Herren. Das wäre
redlich gegenüber den Menschen im Land, das wäre auch redlich gegenüber den von niedrigen Löhnen in unserem Land nach wie vor betroffenen Menschen. Vielen Dank.
Vielen herzlichen Dank, Herr Hausold. Ich eröffne jetzt die Aussprache zum Antrag. Es liegen Wortmeldungen aus allen Fraktionen vor. Als Erste hat sich Abgeordnete Anja Siegesmund für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu Wort gemeldet.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte mich kurzfassen bei diesem Antrag. Der Antrag ist auch kurz und gut. Ich will Ihnen auch sagen, warum, weil - das hat mein Vorredner eben beschrieben - aus einer Koalition der Unwilligen eine Koalition der Willigen geworden ist, also steht dem gar nichts mehr entgegen. Deswegen kann es jetzt losgehen. Kurz und gut, wir sagen als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ja zum Mindestlohn. Wir haben auch gar keine Lust, uns mit Ihnen rumzustreiten, ob das am Ende acht Euro knipps, 7,50 €, 8,50 € oder 8,33 € sein sollen, denn unser Vorschlag ist - und der ist auch allgemein bekannt -, dass das nicht der Gesetzgeber entscheiden soll, sondern eine unabhängige Kommission
aus Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, aus Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, aus Wissenschaftlern analog der britischen Low Pay Commission, wie sie in Großbritannien schon lange arbeitet. Bekannt ist auch, dass wir einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn brauchen. Der Einstieg in den Mindestlohn ist aus unserer festen Überzeugung wichtiger, als lange über die Höhe zu reden. Deswegen sagen wir, ja, lassen Sie uns diese Kommission finden, ja, lassen Sie uns das Bekenntnis zu Mindestlohn umwandeln tatsächlich in einen Mindestlohn für Thüringen. Nein, lassen Sie es uns am Ende nicht scheitern an kategorischen und unsachlichen Argumenten, die in der Regel von den eher konservativen Parteien kommen.
Es gibt, meine sehr geehrten Damen und Herren und das wissen Sie auch -, weder einen wissenschaftlichen Grund gegen einen flächendeckenden Mindestlohn noch gibt es in irgendeiner Form Evaluation im europäischen Raum, dass die Einführung des Mindestlohnes in einem europäischen Land oder ganz und gar, wenn Sie in andere Länder hinausschauen, negative Auswirkungen hatte. Unser grünes Mindestlohnmodell ist ausgereift, das kann man sehr gut auch auf Thüringen übertragen. Es
gibt genug Statistiken. Wir haben auch oft genug hier schon darüber geredet. Ich will es wirklich kurz und gut machen und will sagen, lassen Sie uns das Ganze gern im Ausschuss weiterdiskutieren. Kurz beschrieben, gut gemacht, eigentlich müsste jetzt die Landesregierung nur noch sagen, ja, genauso machen wir es. Mehr ist dazu gar nicht zu sagen. Danke.
Vielen herzlichen Dank, Frau Siegesmund. Als Nächste hat sich Frau Abgeordnete Holzapfel für die CDU-Fraktion zu Wort gemeldet.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, damit kein Zweifel aufkommt, auch ich und mit mir die CDU-Fraktion sind für einen Mindestlohn oder so, wie wir sagen, Festlegung von einer allgemeinverbindlichen Lohnuntergrenze. Hätten wir eine andere Haltung, so könnten Sie uns mit Ihrem Antrag auch heute nicht an unsere Koalitionsvereinbarung erinnern. Der Mindestlohn - und das muss man immer wieder deutlich sagen - ist weder Teufelszeug noch ist er Heilsbringer, aber er ist eine notwendige Ergänzung der sozialpolitischen Ziele in der freien Marktwirtschaft, um den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine höhere Teilhabe an der Gemeinschaftsleistung eines funktionierenden Marktes zu gewähren und ihnen eine höhere finanzielle Unabhängigkeit zu ermöglichen. Und damit unterscheiden wir uns schon deutlich von Ihren Zielsetzungen. Sie wollen einen staatlich verordneten, einheitlichen Mindestlohn, flächendeckend, in gleicher Höhe für alle Bürgerinnen und Bürger, ohne Ansehen der Personen und ohne Rücksicht auf die ausgeübte Tätigkeit für das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Sie wollen, dass die Höhe des Mindestlohns durch den Staat bestimmt wird. Ich bin deshalb nicht erstaunt, meine Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE, denn erstens kenne ich dieses Modell aus eigener Erfahrung - ja, natürlich - und zweitens entspricht es Ihrem sozialistischen Verständnis von einem staatlich regulierten Arbeitsmarkt.
Unsere Vorstellungen von einem Mindestlohn sehen allerdings anders und vor allem aber differenzierter aus. Wir wollen, dass ein Mindestlohn keine Arbeitsplätze vernichtet, sondern dass er ausbalanciert ist.
Wir wollen, dass mit einem Mindestlohn niemand aus dem Arbeitsmarkt verdrängt wird. Und wir wollen, dass der Mindestlohn den sozialpolitischen Zielen dient, damit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auch tatsächlich etwas mehr an finanzieller Unabhängigkeit ermöglicht wird.
Ja, Frau Leukefeld kann doch gleich sprechen, ist doch keine Frage. Deshalb stellen wir vor der Umsetzung von weiteren Maßnahmen drei Kernfragen in den Mittelpunkt. Wie hoch soll der Mindestlohn sein? Kommen ja die abenteuerlichsten Vorstellungen. Für wen soll ein Mindestlohn gelten? Und, wer soll den Mindestlohn festlegen? An der Beantwortung der letzten Frage, meine Damen und Herren, besteht für die CDU-Fraktion kein Zweifel. Festgelegt werden soll der Mindestlohn ausschließlich durch diejenigen, die sich am ehesten mit dem spezifischen Wissen darüber, welche Verteilungsspielräume existieren und wie sie unter den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern verteilt werden können, damit weder Potenziale für Lohnerhöhungen ungenutzt bleiben noch Arbeitsplätze gefährdet werden, auskennen, und das sind die Tarifparteien selbst.
Ein staatlich verordneter Lohn, ganz gleich in welcher Höhe, würde wahrscheinlich niemals in gleicher Weise eine Akzeptanz finden, wie es die Verhandlungsergebnisse der Sozialpartner bisher vermögen konnten. Seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland - und in diesen Tagen erleben wir es gerade wieder hautnah - sind es die autonomen Verhandlungen der Tarifparteien und die freiwillige Zustimmung aller Beteiligten, die die Bildung des sozialen Konsens zwischen Kapital und Arbeit unterstützen.
Nein, meine Damen und Herren, die Tarifautonomie und die Koalitionsfreiheit zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern ist ein solch hohes Gut, dass es sich wie selbstverständlich verbietet, in diese Freiheit mit staatlich festgelegten Löhnen einzugreifen. Damit sind auch gleich die Fragen nach der Höhe sowie für wen sie gelten sollen, beantwortet. Denn mit der Ausübung ihrer Tarifautonomie geben die Sozialpartner selbst die richtigen Antworten sowohl auf die Problematik der Mindestlohnhöhe als auch auf die Problematik des jeweiligen Geltungsbereichs.