Dann frage ich an dieser Stelle, um nicht durcheinanderzukommen: Stimmen die anderen Fraktionen dem zu? Ich sehe keinen Widerspruch. Sie stimmen nicht zu? Nein, gut. Dann ist er unzulässig.
Beginnen wir mit dem Antrag der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 5/391, Beibehaltung der Einspeisungsvergütung für Solarstrom. Wir kommen zur Abstimmung über die Aufnahme in die Tagesordnung und die Fristverkürzung. Dieser Antrag ist nicht in der gemäß § 51 Abs. 1 Geschäftsordnung zu entnehmenden Frist von sieben Tagen verteilt worden, daher ist über die Aufnahme in die Tagesordnung gemäß § 66 Abs. 1 abzustimmen und zu beschließen. Das kann mit einer einfachen Mehrheit geschehen, wenn nicht widersprochen wird. Wird widersprochen? Das ist nicht der Fall, dann stimmen wir über die Aufnahme ab. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Keine. Damit ist der Antrag auf der Tagesordnung. Er soll gemeinsam mit dem Antrag der SPD und der CDU in Drucksache 5/392 nach den Wahlen am Freitag behandelt werden. Wer mit der Aufnahme des Antrags in Drucksache 5/392 und der Platzierung der beiden Anträge einverstanden ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Das ist nicht der Fall. Damit sind die Anträge als Tagesordnungspunkt 2 b) nach den Wahlen am Freitag festgelegt.
Wir kommen zum Antrag der FDP-Fraktion, den Antrag in Drucksache 5/349, Liquiditätshilfen zur Rettung von Arbeitsplätzen in insolvenzbedrohten kleinen und mittleren Unternehmen in Thüringen, auf die Tagesordnung zu nehmen. Der Antrag wurde entsprechend der § 51 Abs. 1 GO zu entnehmenden Frist von sieben Tagen verteilt. Damit können wir den Antrag mit einfacher Mehrheit auf die Tagesordnung nehmen. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Das ist nicht der Fall.
Wir müssten jetzt noch die Platzierung festlegen. Es gab keine besondere Beantragung dafür, damit käme er an die letzte Stelle der Anträge.
Wer damit einverstanden ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Bei 1 Stimmenthaltung ist dies so festgelegt.
Wir kommen jetzt zum Antrag der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 5/400, Stopp des Krankenkassen-Zusatzbeitrages bei Hartz-IV-Empfängern, auf die Tagesordnung zu nehmen. Hier wurde Aufnahme in die Tagesordnung und Fristverkürzung beantragt. Erst einmal die Frage: Widerspricht jemand der Fristverkürzung? Hier wird widersprochen. Bitte?
Damit brauchen wir zwei Drittel zur Aufnahme dieses Antrags in die Tagesordnung. Ich frage jetzt: Wer ist einverstanden, dass dieser Antrag auf die Tagesordnung kommt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Bei einigen Stimmenthaltungen ist die erforderliche Zweidrittelmehrheit nicht erreicht worden, damit ist der Antrag nicht auf der Tagesordnung.
Wir kommen nun zum Antrag der CDU-Fraktion, die Wahl des Präsidenten und des Vizepräsidenten des Thüringer Rechnungshofs, Drucksache 5/393, am Freitag als ersten Tagesordnungspunkt durchzuführen. Die Drucksache ist rechtzeitig 48 Stunden vorher verteilt worden. Ich frage, wer damit einverstanden ist, dass wir am Freitag als ersten Tagesordnungspunkt die Wahl des Präsidenten und des Vizepräsidenten hier im Hause durchführen, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Eine Stimmenthaltung. Bei einer Stimmenthaltung ist die Tagesordnung damit festgelegt. Am Freitag, um 9.00 Uhr, ist der erste Tagesordnungspunkt die „Wahl des Präsidenten und des Vizepräsidenten für den Thüringer Rechnungshof“. Habe ich einen Antrag vergessen? Das scheint nicht der Fall zu sein. Dann kommen wir zur Tagesordnung.
Die Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE, die SPD, die FDP und die CDU haben jeweils ein Thema zur Aktuellen Stunde beantragt, hier in der Reihenfolge der eingehenden Anträge genannt. Die Zeit für die einzelnen Themen beträgt jeweils 30 Minuten. Die Redezeit der Landesregie
a) den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Thema: „Strafprozessuale und präventiv-poli- zeiliche Telefonüberwachung in Thü- ringen - Praxis zum Schutz der Bürge- rinnen und Bürger“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/323 -
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Gäste auf der Besuchertribüne, die Aktuelle Stunde zum Thema „Strafprozessuale und präventiv-polizeiliche Telefonüberwachung in Thüringen - Praxis zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger“ hat für einige Nachfragen bei mir gesorgt. Worum soll es denn hier gehen? Das war die häufig gestellte Frage. Ganz einfach, es geht um einen wesentlichen Aspekt unseres Rechtsstaats, der Grundrechte und die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland, die Verfassung des Freistaats Thüringen und die Frage: Wieweit darf der Staat in unser Leben eingreifen, schauen oder auch einmal lauschen? Der Anlass ist so unerfreulich wie die Beobachtung dazu. Vor dem Erfurter Landgericht ist eine Gruppe angeklagt, von der wir annehmen dürfen, dass sie auch wegen ihrer schweren Gewalttaten und der möglichen Bildung einer kriminellen Vereinigung verurteilt werden wird. Null Sympathie, null Toleranz und die ganze Härte des Gesetzes soll diese Gruppe nach einem fairen Verfahren, einem rechtsstaatlichen ordentlichen Verfahren treffen. Aber genau hier fängt das Problem an. Da, wo wir in der Allgemeinheit null Sympathie für Straftäter zu Recht haben, hier muss sich der Rechtsstaat beweisen, muss seine Stärke und Überlegenheit deutlich machen und darstellen können. Wir mussten aber beobachten, dass genau dies nicht der Fall war. Der Rechtsstaat zeigt sich schwach. Er zeigt sich schwach und wir erfahren aus der Presse, dass die Polizei in Thüringen möglicherweise Telefonate von Strafverteidigern mit ihren Beschuldigten abgehört hat und dass der Oberstaatsanwalt der Presse gegenüber sagt, dass man diese abgehörten Gespräche aber für die Anklage gar nicht benutzt hat und das auf jeden Fall auch unter dem Aspekt, dass das Bundesverfassungsgericht in seiner
Entscheidung aus dem Jahr 2007 sehr deutlich gesagt hat, dass das Abhören solcher Gespräche - und jetzt zitiere ich: „zu einem unlösbaren Widerspruch zur Rechtsgarantie des unüberwachten mündlichen Verkehrs zwischen dem Strafverteidiger und dem Beschuldigten“ führen muss.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, beruhigt es uns denn wirklich, dass mit dem wunderbaren Ziel und dem guten Zweck guter Ermittlungserfolge hier die Verfassung angegangen wird? Ist es denn wirklich richtig, dass solche Gespräche abgehört werden mit der Begründung, dass wir dann unsere Polizeiarbeit effektiver machen? Beruhigt es uns denn, in einem Staat zu leben, in dem der Thüringer Anwaltsverein eine Verfassungsklage gegen das Land einreicht, um das Polizeiaufgabengesetz novellieren zu lassen, weil es einfach nicht hinreichend beschreibt, was die Polizei darf und was sie eben auch nicht darf?
Es ist beunruhigend, finde ich, zu erleben, dass von 54 polizeilichen Telefonüberwachungsmaßnahmen nur 20 im Vorhinein durch einen Richter genehmigt und angeordnet wurden - weniger als die Hälfte. Das ist kein guter Rechtsstaat, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Es ist wichtig, dass wir uns dem widmen. Es ist auch beunruhigend, dass ich im Gespräch mit Polizistinnen und Polizisten, aber auch mit Anwälten erfahre, dass der richterliche Eildienst in Thüringen oftmals schlecht zu erreichen ist in Nachtstunden, am Wochenende. Auch das ist ein Grund dafür, warum wir auf diese Schieflage kommen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht um viel, es geht um ein wesentliches konstitutionierendes Element unseres Rechtsstaats. Jeder Blick des Staates, der verborgen in unser Leben führt, oder jedes verborgene Lauschen der Behörden muss in Thüringen die absolute und extreme Ausnahme sein.
Wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, als Thüringer Landtag sollten uns, lassen Sie mich das als Erfahrung der letzten vier Minuten sagen, öfter einmal engagiert und aufmerksam der Diskussion widmen, wie viel Staat darf eingreifen und welche Begründung, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist gerechtfertigt, an diese Grundrechte Hand anzulegen. Ich meine, dass die guten Ermittlungserfolge keine hinreichende Begründung dafür sind, dass solche Telefongespräche abgehört werden.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Adams. Als Nächster hat sich zu Wort gemeldet der Abgeordnete Bergemann, CDU-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Adams, auch mir ging es so; als ich den Titel gelesen habe, habe ich am Anfang auch nicht so richtig gewusst, was verbirgt sich dahinter, worauf wollen Sie hinaus. Jetzt haben wir das von Ihnen gehört. Es geht um den angesprochenen Prozess im Landgericht Erfurt zu den aktuellen Strafverfahren und zu den laufend damit im Zusammenhang stehenden Überwachungsmaßnahmen, ich glaube, es wäre unklug aus Ermittlungssicht, auch aus Sicherheitsgründen, dass man dazu Stellung bezieht. Ich glaube, es ist auch nicht Aufgabe von uns Abgeordneten, solche laufenden Prozesse zu kommentieren. Warum das jetzt gerade im Rahmen dieser Aktuellen Stunde passiert, ist schwierig nachzuvollziehen. Das Thema ist wichtig, gar keine Frage, aber da sollte man zumindest mal über einen Antrag reden. In fünf oder vier Minuten kann man das, glaube ich, gar nicht richtig aufzeigen, was sich alles dahinter verbirgt.
Da empfiehlt es sich einfach mal, einen Blick in die zurückliegende Legislatur zu werfen. Wir haben gerade zu diesen Aufgaben - Novellierung Polizeiaufgabengesetz, Verfassungsschutzgesetz - unheimlich intensiv debattiert hier im Hause. Das war in der 87. Sitzung des Landtags, da kann man einfach mal nachlesen. Das wird Ihnen auch manche Erhellung bringen, glaube ich, denn die Information auch in Bezug auf die Telekommunikationsüberwachung, die darin besonders enthalten ist, hat eine große Rolle gespielt. Ich will noch ein paar Punkte nennen: Polizeiaufgabengesetz, die zwei Strafkataloge für schwerste Strafen sind enthalten; der Schutz von besonderen Vertrauensverhältnissen, § 12, wo Geistliche, wo Verteidiger, wo Anwälte geschützt werden; dann in § 31 die Regelungen zum Berufsgeheimnisträgerschutz bei Rechtsanwälten, bei Pfarrern, bei Journalisten; Fragen zum Schutz des Kernbereichs der privaten Lebensgestaltung, dieser eigentlich wichtigste Punkt und auch so Gleichgelagertes; Schutzniveau für die Aufzeichnung und Überwachung im Bereich der Telekommunikation. Wobei ich sage zu der Frage, ob präventiv - Sie haben es vorhin angesprochen -, gerechtfertigt ist, dass man es tut: Es gibt genügend Beispiele dafür, wenn man sich mal
die Bilanzen anschaut, wo gerade präventive Maßnahmen durchaus auch dazu beitragen können, dass manche Straftaten verhindert werden können. Ich kann Sie ein kleines Stückchen vielleicht auch beruhigen, auch ein Blick in den Koalitionsvertrag hilft ja weiter,
in dem beide Parteien ganz klar zum Ausdruck gebracht haben, wir wollen das Polizeiaufgabengesetz novellieren. Darin steht, dass insbesondere der unantastbare Schutz dieses Kernbereichs eine Rolle spielen soll. Ich glaube, das ist dann auch der richtige Zeitpunkt, um dort intensiv, wenn es so weit ist, dann das noch mal zu diskutieren. Richtig ist, was Sie auch gesagt haben, dass es natürlich durchaus auch bundesrechtliche Regelungen gibt. Die verfassungsgerichtlichen Verfahren sind noch nicht ausgewertet; wir wissen nicht, wie das ausgehen wird. Die Thüringer Regelungen, auch Bundesverfassungsregelungen spielen insgesamt in anderen Ländern da noch eine Rolle. Das muss man noch mal abwarten, das sind Prozesse, die laufen. Ich bin guten Mutes, dass wir das in der Legislatur dahin bringen, was wir im Koalitionsvertrag aufgeschrieben haben.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Bergemann. Als Nächste hat das Wort Frau Abgeordnete Renner von der Fraktion DIE LINKE.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete, wir können froh sein, Bürgerrechtler, DIE LINKE und viele andere Schützer des Grundgesetzes wären womöglich mit ihrem Protest gegen immer weitreichendere Eingriffsmöglichkeiten von Polizei und Behörden ungehört geblieben.
Also, für mich ist das nicht neu. Ich habe schon das Grundgesetz geschützt, da sind einige von Ihnen hier noch im Pionierhalstuch rumgelaufen.
Lauschangriff, zur Vorratsdatenspeicherung und auch zur Telekommunikationsüberwachung die entlaufenen Sicherheitspolitiker wieder einfingen und in den Rahmen der Verfassung zurückholten. In Thüringen hat sich das Einfangen schwierig gestaltet. Die Vorschriften zum Schutz der Privatsphäre blieben auch nach der Novelle des Polizeiaufgabengesetzes in 2008 unzureichend und uneindeutig.
Sie werden sich erinnern, was wir Ihnen hier deutlich gemacht haben. Der Gesetzgeber bewegt sich weiterhin im Graubereich der Verfassungswidrigkeit, wenn er für Grenzen der Telekommunikationsüberwachung völlig unbestimmte und unbestimmbare Kriterien formuliert und nicht garantiert, dass es einen absolut sicheren Raum des Privaten gibt.
Um gleich einen Einwand vorwegzunehmen, ich rede hier nicht über die Positionsbestimmung vermisster Personen. Ich rede hier über die rein präventive Überwachung, die nur zwei Ziele verfolgen kann, das Abhören von Personen an sich oder die Vorbereitung von Ermittlungs- und Strafverfahren.
Damit will ich zum zweiten Bestandteil der zwischenzeitlich konkreter bezeichneten Aktuellen Stunde kommen. Von den 54 Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung in Thüringen im Jahr 2008 führten nur drei - ich wiederhole drei - in ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren. Daran wird deutlich, dass in 51 Fällen die Betroffenen folgenlos ausgeforscht wurden. Wenn im Bericht dargestellt wird, dass bei zwei Einheitsüberwachungen nach Thüringer PAG, die sich über einen Zeitraum von 1.461 Tagen erstrecken und möglicherweise auch heute noch andauern, noch kein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde, stellt sich doch die Frage, ob das wesentliche Eingriffskriterium überhaupt erfüllt ist - die Verhütung einer Straftat von besonderer erheblicher Bedeutung.
Wie weit in der Zukunft liegt denn die zu verhütende Straftat, die durch eine eineinhalbtausend Tage dauernde Überwachung verhindert wird? Eine Frage, die, ich denke, endlich auch von den Zuständigen beantwortet werden muss.