Protocol of the Session on January 27, 2012

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Konferenz zur nachhaltigen Entwicklung 1992 in Rio de Janeiro war der Auftakt zu einer ganzen Reihe von Weltgipfeln. Das ist auch gut so, denn sie hat eine Ära des Kalten Krieges beendet und es ist allemal besser - ich glaube, da werden Sie mit mir übereinstimmen -, sich zusammenzusetzen und Probleme zu besprechen, als das auf dem Schlachtfeld zu regeln.

(Vizepräsidentin Hitzing)

Aber, meine Damen und Herren, ich glaube, gestern hat Bundeskanzlerin Merkel auch einen Weltgipfel eröffnet in Davos. Wir haben gerade Durban hinter uns und dass die politische und gesellschaftliche Aufmerksamkeit bei solchen Gipfeln sehr nachlässt, liegt wahrscheinlich daran, dass man bei diesen Gipfeln auch den Eindruck hat, viel heiße Luft, es kommt nicht viel dabei heraus. Wenn ich allein in meinen Bereich schaue, da gibt es im Biodiversitätsbereich den COP/MOP-Gipfel, es gibt im Klimabereich fast jedes Jahr einen Weltgipfel, wir haben einen Welternährungsgipfel 1996 in Rom gehabt, um das auf den Punkt zu bringen. Dort ist zum Beispiel beschlossen worden, dass die Zahl der Hungernden, die damals bei 650 Mio. lag, bis 2015 zu halbieren sei. Zehn Jahre später bei Rom+10 hat man sich angeschaut und festgestellt, die Anzahl der Hungernden ist um 200 Mio. gestiegen. Selbst bei den Klimakonferenzen haben wir den Eindruck, es wäre besser, die Leute wären zu Hause geblieben, da wäre wenigstens die Klimabilanz dieser Klimakonferenzen positiv gewesen, denn das, was dort verabredet wird, wird in regelmäßigen Abständen nicht eingehalten. All diese Weltgipfel hinterlassen keinen tollen Eindruck bei denen, die sich für die Themen interessieren.

Eine rühmliche Ausnahme bei diesen Gipfeln ist Rio 1992. Ich denke, dass wir alle das fast jeden Tag spüren, wir hören von Agenda-21-Prozessen, wir hören ständig das Wort Nachhaltigkeit, es gibt eine ganze Menge Aktivitäten in allen gesellschaftlichen Bereichen. Insofern hat dieser Gipfel damals 1992 in Rio durchaus Spuren hinterlassen. Insofern denken wir, es ist auch gut. Das haben wir voriges Jahr im Bereich Wald auch gemacht, ein Internationales Jahr der Wälder entsprechend gewürdigt, dass wir das hier im Januar im Parlament in Thüringen zum Thema machen, darauf hinweisen, dass dieses wichtige Ereignis nicht nur 20-jähriges Bestehen feiert, sondern dass wir auch wieder in Rio de Janeiro im Juni eine Konferenz haben werden, in der eigentlich parallel zu dem, was wir gerade in Thüringen machen, nämlich nicht nur Bilanz gezogen wird über 20 Jahre Rio-Prozess, sondern auch ein neues Aktionsprogramm verabschiedet werden soll. Insofern ist das vielleicht eine glückliche Fügung, dass das mit der Nachhaltigkeitsstrategie in Thüringen nicht so schnell ging, wie das ursprünglich gedacht war und dass wir im Prinzip zwei Prozesse nebeneinander laufen haben und das sehr schön spiegeln kann. Es gibt ja in unserem Antrag dann auch die herzliche Bitte oder Aufforderung, das auch immer wieder miteinander abzuwägen bzw. zu spiegeln.

Meine Damen und Herren, aus Sicht unserer Fraktion ist das in diesem Jahr ein ganz außerordentliches Ereignis, deshalb dieser Antrag, und wir freuen uns natürlich vor allen Dingen dann auch auf das nächste Plenum, bei dem wir das, was wir heu

te miteinander diskutieren, dann hoffentlich auch gemeinsam mit dem, was dann im Februar passieren wird - Nachhaltigkeitsstrategie-Diskussion in Thüringen - möglicherweise dann auch in mehreren Ausschüssen, vielleicht weil es alle Politikbereiche betrifft, noch mal gemeinsam aufrufen und intensiv diskutieren können. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Augsten. Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass die Landesregierung angekündigt hat, von der Möglichkeit eines Sofortberichts keinen Gebrauch zu machen. Das heißt, ich eröffne an dieser Stelle die Aussprache. Das Wort hat Frau Abgeordnete Mühlbauer für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, werte Kollegen, die Frau Präsidentin hat es angedeutet, der Sofortbericht wird nicht kommen, und zwar weil wir momentan nicht die Zeit für richtig halten, ihn zu geben. Er wird im Februar-Plenum gegeben, denn zwei Tage, bevor Sie diesen Antrag eingereicht haben, haben die Koalitionsfraktionen einen eigenen Antrag zum Thema „Thüringer Nachhaltigkeitsstrategie“ eingereicht. Der Antrag ist verbunden mit der Bitte, hier im Hohen Haus im Februar-Plenum Bericht zu erstatten. Wenn Sie sich Ihren Antrag unter Ziffer 1 mal anschauen, dann stellen Sie sicherlich ebenso fest wie wir, dass ein Großteil dessen, was Sie abfragen, auch in den Februar-Bericht reinpasst. Ich weiß jetzt nicht, ob Sie unseren Antrag, den wir am 16.01. eingereicht haben, schon im Fach haben, also Ihren Antrag nur schnell gestellt haben, damit wir Ihnen das Thema nicht wegnehmen, oder ob es sich einfach nur um einen Zufall handelt.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oder anders herum.)

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Das war der Verfassungsschutz.)

Das ist eigentlich auch egal, denn wir hatten gute Gründe, den Bericht erst im Februar einzufordern, denn für Januar war eine Kabinettsbefassung vorgesehen, die jetzt auf den 14. Februar verschoben wurde. Da wir selbstverständlich den aktuellsten Stand hier berichtet haben wollen, ist es auch sinnvoll, dass wir da noch ein wenig abwarten. Aber okay, ich gestehe auch zu, Ihr Antrag ist auch etwas weiter gefasst, „RIO+20“ ist Ihr Aufhänger. Vielleicht kann die Landesregierung darauf auch ein wenig eingehen in ihrem Bericht im kommenden Plenum, das wäre wünschenswert.

(Abg. Dr. Augsten)

Doch kommen wir zu Ihren inhaltlichen Forderungen, die Sie hier aufmachen. Ich sage es gleich dazu, wir lehnen den Teil des Antrags auch ab. Wenn Sie genau schauen, unter II.1 wollen Sie eine breite öffentliche Diskussion nur zur vom Kabinett verabschiedeten Thüringer Nachhaltigkeitsstrategie. Ich bin der Auffassung, dass wir diese breite Diskussion schon haben und auch hatten. Denn Sie erinnern sich doch sicherlich, das war ja eben der Grund, einen Nachhaltigkeitsbeirat einzusetzen, der einen Prozess initiieren sollte und auch initiiert hat, an dessen Ende konkrete Handlungsempfehlungen erarbeitet wurden, die wir nun zur Grundlage der Politik der Landesregierung machen wollen. Deshalb ist das meines Erachtens auch schon erfüllt.

Unter II.2 wollen Sie, dass alle betroffenen Politikfelder nach der Nachhaltigkeitsstrategie ausgerichtet werden und dass eine begleitende unabhängige Evaluation erfolgt. Beides ist in meinen Augen eine Selbstverständlichkeit. Wir haben doch gar keine andere Wahl. Eine gängige Definition von Nachhaltigkeit lautet: Eine Entwicklung ist dann nachhaltig, wenn sie es den heute lebenden Menschen erlaubt, ihre grundlegenden Bedürfnisse zu befriedigen, ohne die Chancen künftiger Generationen zu beeinträchtigen, deren grundlegende Bedürfnisse zu befriedigen. Wer sich das vergegenwärtigt, und auch das hat die Landesregierung ja getan, der kann doch gar nicht anders, als all sein Handeln nach dieser doch recht einfachen Maxime auszurichten. Dass sich dahinter enorme Anstrengungen verbergen, das sieht man beispielsweise beim Thema Flächenverbrauch. Aber selbstverständlich gehe ich davon aus, dass kein Mitglied der Landesregierung sowohl kurz- als auch mittel- und langfristig nicht auch so handelt, dass künftige Generationen alle Chancen haben, ihre grundlegenden Bedürfnisse zu befriedigen. Selbstverständlich müssen solche Prozesse evaluiert werden. Das ist doch schon deshalb nötig, um den eigenen Standort zu bestimmen, um zu erkennen, wo gegebenenfalls umgesteuert werden muss.

Auch unter II.3 formulieren Sie in meinen Augen eine Selbstverständlichkeit.

Und unter II.4 fordern Sie, dass sich die Landesregierung dafür einsetzt, dass es bei der RIO+20Konferenz zu einer kritischen Positionierung in den Bereichen Agro-Gentechnik und Atomenergie kommt.

Sehr geehrter Herr Dr. Augsten, mir ist viel wichtiger, dass wir uns hier in Deutschland und in Thüringen nicht nur kritisch dazu positionieren, sondern auch entsprechend handeln. In Thüringen sind wir doch beim Thema Gentechnik auf einem guten Weg und in Sachen Atomenergie schaut alle Welt gespannt nach Deutschland, ob und wie wir den Atomausstieg wuppen. Wenn uns das gelingt, ist das nicht nur eine Positionierung, sondern ein deut

liches Signal. Das würde weltweit betrachtet und mehr bewirken als eine kritische Positionierung auf einem Kongress. Aber das eine schließt das andere ja nicht aus und die Landesregierung sollte sich entsprechend verhalten. Allerdings bedarf es in meinen Augen dazu eben keines Beschlusses, da wir in Thüringen hier schon Fakten geschaffen haben. Aus diesem Grund lehnen wir den Antrag ab und bedanken uns für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD)

Für die FDP-Fraktion hat Frau Abgeordnete Hitzing das Wort.

Vielen Dank Frau Präsidentin. Sehr verehrte Damen und Herren, die Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung hat zum Abschluss ihrer Tagung vom 3. bis 14. Juni 1992 in Rio de Janeiro insgesamt 27 Grundsätze verabschiedet. Jeder dieser Grundsätze ist richtunggebend gewesen und steht für die Ideale und Vorstellungen vieler hunderter Nationen unserer Welt. Gleich im 1. Grundsatz - für mich einer der wichtigsten - wird erklärt: „Die Menschen stehen im Mittelpunkt der Bemühungen um eine nachhaltige Entwicklung. Sie haben das Recht auf ein gesundes und produktives Leben im Einklang mit der Natur.“

Die Kollegen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN möchten in ihrem Antrag im I. Teil gern über ein Berichtsersuchen erfahren, wie weit denn diese Grundsätze, 27 an der Zahl, in den letzten 20 Jahren umgesetzt wurden oder beachtet wurden. Ich hätte mir an dieser Stelle auch einen Bericht gewünscht.

(Beifall FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zum II. Teil: Es ist nun so, im Juni dieses Jahres werden die Vereinten Nationen anlässlich des 20. Jubiläums des Gipfels von 1992 im Rahmen der Nachfolgekonferenz Bilanz ziehen und auch weitere Entwicklungen anstoßen. Die Dringlichkeit einer tiefgreifenden Veränderung des globalen Wirtschaftssystems wird durch den Klimawandel, die Überbeanspruchung unserer Ökosysteme, über großflächige Hungerkatastrophen, aber auch durch die Gefährdung der langfristigen Tragfähigkeit unserer Finanz- und Sozialsysteme immer deutlich und begründet sich auch darin. Die Situation erfordert also eine erneute integrierte und gleichwertige Betrachtung ökologischer, ökonomischer und sozialer Zusammenhänge und Ziele. Auch wenn im Rahmen der Nachhaltigkeitsagenda bereits eine Fülle von Abkommen und Beschlüssen zwischen Regierungen und internationalen Organisationen, zivilgesellschaftlichen Akteuren erreicht werden konnte, besteht nach wie vor ein Umsetzungs- und Koordi

(Abg. Mühlbauer)

nierungsdefizit und natürlich auch weiterhin Handlungsbedarf.

Ich halte es daher für sehr sinnvoll, das Thema anschließend zu beraten. Da dort sicher auch neue Perspektiven und Ziele entwickelt werden, ist es unerlässlich, darüber zu reden. Gegebenenfalls kann man der Landesregierung auch mit Argumenten hier aus dem Hohen Haus und aus dem Ausschuss noch bestimmte Vorhaben im Vorfeld der Konferenz mit auf den Weg geben.

Ich denke aber auch, Sie fordern ja in Ihrem 1. Punkt eine breite öffentliche Diskussion zur Thüringer Nachhaltigkeitsstrategie und im 2. verlangen Sie, dass aber auch gleichzeitig neben der Diskussion schon all das in politische Entscheidungen mit einfließen soll. Die aktuellen Entwicklungen können wir meines Erachtens erst dann besprechen, wenn uns die Beschlüsse im Sommer auch bekannt sind. Damit ist die Forderung in den Punkten 3 und 4 meines Erachtens nicht genau genug formuliert und der Antrag zum jetzigen Zeitpunkt meines Erachtens auch zu früh, weil wir Kaffeesatzleserei betreiben würden. Deshalb ist der Antrag aus unserer Sicht so nicht zustimmungswürdig. Wir werden den Antrag also ablehnen. Nochmals, einen Bericht hätten wir uns an dieser Stelle aber trotzdem gewünscht. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Primas das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Dr. Augsten, ich habe lange überlegt, ob freundlich oder nicht freundlich, ich habe mich für die freundliche Variante entschieden. Meinen Sie nicht, dass die Thematik des Berichtsersuchens in Ziffer I für einen Sofortbericht ein wenig zu umfangreich erscheint? Ich denke, der Minister könnte drei, vier Stunden füllen mit seiner Einschätzung, was seit RIO 1992 passiert ist,

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir haben Zeit, Herr Pri- mas.)

wie er die diversen Nachhaltigkeitsstrategien in der EU, dem Bund und den Ländern einschätzt usw. Die Mehrzahl der Kollegen wird uns also nicht böse sein, wenn wir das Berichtsersuchen ablehnen. Im Übrigen, werte Frau Kollegin Mühlbauer, entscheidet der Minister, ob er Bericht geben will oder nicht. Da fragt er uns nicht dazu. Das ist seine Entscheidung.

(Beifall Abg. Bergner, FDP)

Wie wichtig das Thema ist, das müssen wir uns auch nicht gegenseitig erklären. Was ich Ihnen aber trotzdem verdeutlichen will, ist Folgendes: Zwei Fraktionen, hier sind es die regierungstragenden, reichen einen Plenarantrag ein, Frau Mühlbauer hat schon gesagt, am 16. Januar 2012, um 9.30 Uhr. Dieser Antrag hat zum Ziel, die Ende Dezember 2011 vorgelegte Thüringer Nachhaltigkeitsstrategie hier im Landtag zu debattieren, ganz umfassend. Wir haben aber auch bewusst formuliert, dass die Debatte im Februar-Plenum stattfinden soll. Das hat handfeste Gründe, denn das Kabinett soll sich zuvor erst mit den sechs Startprojekten, mit denen die Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie begonnen wird, befassen können. Wenn solch ein Antrag einmal eingereicht ist, sind eben alle anderen Fraktionen zweiter Sieger. Ihnen fällt es offensichtlich schwer, dies zu akzeptieren, deshalb wohl Ihr Antrag. Es sind eben nicht immer nur die GRÜNEN, die sich mit dem Nachhaltigkeitsprozess auseinandersetzen. Es war die CDU-Fraktion, die in der letzten Wahlperiode die Weichen gestellt hat für die Tätigkeit des Nachhaltigkeitsbeirats.

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie haben recht, aber wir waren noch nicht da.)

Das ist so und ich war schon dabei. Aber das hat sich ohnehin erledigt, das nächste Mal sind Sie auch nicht mehr dabei. Dann machen wir wieder allein weiter. Nun gebe ich ja zu, Ihr Antrag ist inhaltlich weitergehend. Wir wollen lediglich eine umfassende Debatte. Sie verknüpfen damit konkrete Forderungen. Aber, meine Damen und Herren, alle diese Forderungen sind Unfug. In Ziffer II.1 fordern Sie, dass schnellstmöglich eine breite öffentliche Diskussion zur Nachhaltigkeitsstrategie initiiert werden soll. Diese Diskussion der Strategieziele hat doch im Vorfeld stattgefunden. Sie waren doch selbst dabei. Der Nachhaltigkeitsbeirat hat in seiner zweijährigen Tätigkeit zur Erarbeitung seiner Empfehlungen als Grundlage für die Strategie unzählige Akteure öffentlich eingebunden. Keiner hat etwas dagegen, wenn auch die Umsetzung der Strategie breit diskutiert wird. Kein Mensch hat etwas dagegen, aber eine Aufforderung dazu braucht doch auch kein Mensch.

Ihre 2. Forderung, die betroffenen Politikfelder nach der Nachhaltigkeitsstrategie auszurichten, sie zu evaluieren und aktuelle Entwicklungen aus dem RIO+20-Prozess einfließen zu lassen, ist eine Selbstverständlichkeit. Einer Aufforderung durch die GRÜNEN bedarf es dazu nicht. Wozu sonst sollte denn die Nachhaltigkeitsstrategie erarbeitet worden sein, wenn sie nicht umgesetzt werden soll, und evaluiert wird sie natürlich auch.

Soweit der Antrag schließlich eine kritische Positionierung in den Bereichen Agro-Gentechnik und Atomenergie bei der RIO+20-Konferenz fordert,

(Abg. Hitzing)

kann ich nur auf die diesbezüglich klaren Positionen verweisen, die Deutschland laut Fukushima in Kernkraftwerken und den Erfahrungen vertritt, Thüringen mit dem Landtagsbeschluss vom Juni 2011 in Bezug auf den Verzicht auf den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen deutlich gemacht macht.

Zusammenfassend: Wir brauchen Ihren Antrag nicht und lehnen ihn deshalb ab. Wir würden uns freuen, wenn die Kollegen im Landtag unserem Votum folgen könnten. Danke schön.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Primas. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Kummer für die Fraktion DIE LINKE.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. „RIO+20“ ist das Thema. Herr Dr. Augsten ist bei seiner Einleitung ja auf die Bedeutung der Rio-Konferenz schon eingegangen. Der Thüringer Landtag hat infolge der RioKonferenz einige maßgebliche Beschlüsse gefasst und war dabei unter anderem auch Vorreiter der deutschen Parlamente. Ich will bloß an den Beschluss zur Umsetzung des Global Marshall Plans und an den Beschluss zur Umsetzung der Dekade der UN „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ erinnern. Es ist uns bei beiden Landtagsbeschlüssen gelungen, dass wir fraktionsübergreifend im Thüringer Landtag zu diesen Beschlüssen gestanden haben, diese Beschlüsse gemeinsam verabschiedet haben. Wir haben seitdem die Umsetzung dieser Beschlüsse auch begleitet. Sicherlich sind wir bei einigen Dingen dort nicht so weit gekommen, wie sich vielleicht der eine oder andere gewünscht hat, aber, ich glaube, es ist gute Tradition in diesem Haus, mit der Diskussion solcher Fragen auch über den eigenen Tellerrand zu schauen. Von der Warte her bin ich dankbar für den Antrag RIO+20, denn es geht eben nicht nur um die Thüringer Nachhaltigkeitsstrategie. Die Frage wird sein, wollen wir dafür sorgen, dass es einen eigenständigen Beitrag gibt bei den Überlegungen, wie soll 20 Jahre nach Rio die Entwicklung weltweiter Nachhaltigkeit weiter vorangetrieben werden? Kann Thüringen dazu einen Beitrag leisten? Ich glaube, in diesem Zusammenhang macht es schon Sinn, den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN an den zuständigen Ausschuss zu überweisen oder an die Ausschüsse, um darüber zu reden, welche Möglichkeiten wir hier haben. Ich wünschte mir, dass es gelingt, den Antrag auch noch um einige Bereiche zu ergänzen, die mir hier fehlen. Die TAZ hat am 25.01. vom Weltsozialforum berichtet und dort beschrieben, wie die Globalisierungskritiker sich ebenfalls auf RIO+20 vorbereiten. Hier geht es vor allem um die

Verbindung von sozialer und ökologischer Gerechtigkeit. Ich glaube, das ist der Bereich, um den der Antrag erweitert werden muss. Wir haben im Moment sehr, sehr viele Diskussionen, sehr, sehr viele Probleme in der Welt im Zusammenhang mit nachhaltiger Entwicklung. Ich denke hier aber eben nicht nur an die ökologische Frage, ich denke auch an die Bankenkrise. Die Anläufe, die im Moment auch von der Bundesregierung gemacht werden in Bezug auf Finanztransaktionssteuer, das sind ja Dinge, die maßgeblich sind in diesem Prozess, um ein Stück weit mehr weltweite Gerechtigkeit hinzubekommen und - wenn ich an die Global-MarshallPlan-Initiative erinnern darf - um die Finanzierung der Umsetzung der UN-Millenniumsziele abzusichern. Denn das war ein wesentlicher Bestandteil dieser damaligen Pläne, die unter anderem vom Thüringer Landtag unterstützt worden sind, wo der damalige Ministerpräsident Thüringens mit bei den Erstunterzeichnern war und auch die Bundeskanzlerin. Die Gelder aus der Finanztransaktionssteuer sollten in die Umsetzung der Millenniumsziele fließen. Wir müssen auch analysieren, warum wir so weit zurückliegen bei der Umsetzung der Millenniumsziele. Warum ist das Ziel, den weltweiten Hunger zu reduzieren, warum ist das Ziel, weltweit den Zugang zu sauberem Trinkwasser zu ermöglichen, aber auch die Ziele in Bezug auf den Bildungsstandard, in Bezug auf Geschlechtergerechtigkeit noch so weit von ihren Erfüllungen entfernt? Ich glaube, das wird eine Aufgabe von RIO+20 sein und dabei können wir einen Beitrag leisten, indem wir sagen, okay, Thüringen hat Erfahrungen auf diesem und jenem Gebiet erreicht, zum Beispiel in Bezug auf erneuerbare Energien, sicherlich auch ein Stück weit in Bezug auf nachhaltige Wirtschaft. Aber, Herr Dr. Augsten, eins möchte ich noch dazu sagen: Bei den Veranstaltungen im Rahmen der Global-Marshall-Plan-Initiative, an denen ich teilgenommen habe, ist uns vonseiten der Entwicklungsländer eins immer wieder gesagt worden, sie haben gesagt, sie möchten, dass wir sie unterstützen auf dem Weg dahin, ihre Probleme eigenständig in den Griff zu bekommen. Sie möchten aber frei entscheiden können, wie sie diese Eigenständigkeit erreichen. Und da hilft es wenig, wenn wir Dinge, bei denen wir zu klaren Beschlüssen gekommen sind, eins zu eins auf andere Länder übertragen. Wir müssen mit ihnen in die Diskussion gehen um zu klären, welche Risiken bestehen bei welchen Technologien, aber von vornherein ein ganzes Konstrukt an Beschlüssen überzustülpen, ich glaube, das geht nicht, da fühlt man sich gegängelt. Deshalb, wie gesagt, müssen wir Dinge diskutieren. Ich glaube, wir müssen ein wesentliches Augenmerk u.a. darauf legen, wie die Landwirtschaft - wir hatten ja vorhin das auch beim Beispiel des entsprechenden Antrags, der hier beraten wurde - gerade in Afrika wieder funktionsfähig gestaltet werden kann, wo wir dort helfen können; sicherlich im Rahmen der gemein

(Abg. Primas)

samen Agrarpolitik, aber auch im Rahmen von Entwicklungshilfe, Hilfe zur Selbsthilfe. Das ist eine zentrale Frage, gerade wo sich auch die starken Länder dieser Welt immer mehr aufstellen und immer mehr darauf vorbereiten, z.B. Flächen in Afrika zu erwerben für ihre eigenen Interessen. Das hat bei der internationalen Agrarministerkonferenz auf der Grünen Woche eine große Rolle gespielt, wo sich die Vertreterin Chinas z.B. fragen lassen musste, wieso gerade China solche großen Agrarflächen in Afrika aufkauft und damit ja quasi der dortigen Bevölkerung Entwicklungschancen nimmt. Die Chinesen haben gesagt, sie würden das tun, um für den dortigen Markt zu produzieren. So richtig auf Glauben ist das in der Runde nicht gestoßen. Auch unser internationales Agieren muss sich an den Kriterien nachhaltigen Handelns messen lassen.

Meine Damen und Herren, ich glaube, wir müssen bei diesem Weg RIO+20 auch noch einmal klarmachen, dass das, was eigentlich seit der Beschreibung der Folgen des Wachstums damals im Brundtland-Bericht schon klar sein sollte, nämlich dass ein endloses Wachstum nicht geht, dass das auch in die Wirtschaftsstrategien dieser Welt endlich Eingang finden muss, Wege aus dem klassischen Wachstum heraus hin zu einer nachhaltigen Entwicklung, auch das sinnvoll zu beschreiben, wie es funktionieren kann. Weg von der Wachstumslogik zu kommen, wird Aufgabe von RIO+20 sein. Von der Warte her, denke ich, gibt es dort schon einiges zu diskutieren, wie man diesen Antrag erweitern kann und mit welchen Intentionen sich Thüringen in die Diskussion, sicherlich erst mal zu einem Beitrag Deutschlands, aber auch vielleicht zu eigenständigen Aktivitäten im Zusammenhang mit dieser Konferenz einbringen kann. Danke.

(Beifall DIE LINKE)