Protocol of the Session on January 26, 2012

Nach dem Inhalt der Pressemitteilung des Thüringer Justizministeriums vom 6. Dezember 2011 haben die Ministerien der beiden Bundesländer eine Vorauswahl hinsichtlich der potenziellen Standorte einer gemeinsamen thüringisch-sächsischen JVA vorgenommen, in deren Ergebnis aufseiten Thüringens die Standorte Korbußen und Gera-Aga verblieben sind. Der Pressemitteilung ist weiterhin zu entnehmen, dass sich ursprünglich insgesamt acht Thüringer Gemeinden als Standort beworben haben. Zu den Gründen des Ausscheidens der sechs Thüringer Standorte enthält die Pressemitteilung keine Informationen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Thüringer Gemeinden hatten sich um den Standort für die gemeinsame JVA beworben bzw. haben am AuswahIverfahren ursprünglich teilgenommen?

2. In welchen Verfahrensschritten und nach welchen Kriterien erfolgte die Auswahl der Standorte bis zum jetzigen Zwischenergebnis?

3. An welchem/welchen Kriterium/Kriterien scheiterten die einzelnen nicht mehr in der Auswahl befindlichen Standorte (bitte einzeln auflisten) und welche Gründe lagen hierfür vor?

Für die Landesregierung antwortet das Justizministerium, und zwar macht das der Staatssekretär Prof. Herz.

Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Weber beantworte ich für die Thüringer Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Aus Thüringen haben sich als Standort für die gemeinsame Justizvollzugsanstalt folgende Städte und Gemeinden beworben: die Stadt Altenburg für den Standort Altenburg-Rautenberg, die Stadt Gera für die Standorte Gera-Aga, Gera-Cretzschwitz und Gera-Trebnitz, der Landkreis Greiz für

(Ministerin Walsmann)

die Standorte Korbußen/Großenstein und Seligenstädt und die Verwaltungsgemeinschaft Leubatal für den Standort Hohenleuben sowie die Stadt Schkölen für den Standort Schkölen.

Zu Frage 2: Eine von den Freistaaten Thüringen und Sachsen eingerichtete länderübergreifende Arbeitsgruppe hat sich zunächst zu den Auswahlverfahren, zu den Bewertungsmethoden, zu den Bewertungskriterien und Bewertungsmaßstäben verständigt. Ferner wurde sich darauf verständigt, aus Effektivitätsgründen pro Land jeweils drei Standortvorschläge in die gemeinsame Bewertung einzubringen. Dabei wurden folgende Verfahrensschritte abgestimmt:

1. eine Vorauswahl durch Ausschlussverfahren mittels sogenannter K.o.-Kriterien,

2. eine landesinterne Vorauswahl zur Ermittlung der drei am besten geeigneten Standorte jedes Landes,

3. eine gemeinsame Bewertung der drei am besten geeigneten Standorte jedes Landes.

Sowohl bei der Vorauswahl als auch bei der gemeinsamen Bewertung wurden die folgenden 14 Bewertungskriterien angewandt: Baurecht, Nähe zum abgebenden Bundesland, Straßenanschluss, Nähe zu einer größeren Stadt, Eigentumsverhältnisse, Baugrund, Herrichtung, Entfernung zu Gerichten, Grundstücksgröße und -zuschnitt Erschließung, Erschließbarkeit, öffentliche Verkehrsmittel, Übergangsmanagement, Arbeit, Ausbildung, Sichtbeziehungen sowie kulturelle Einrichtungen. In der Kabinettssitzung am 20. Dezember 2011 hat dann die Thüringer Landesregierung beschlossen, das Thüringer Justizministerium zu beauftragen, hinsichtlich der Grundstücke in Korbußen/Großenstein und in Gera-Aga für Thüringen sowie Zwickau-Pöhlau und Zwickau-Marienthal für Sachsen die für eine abschließende Standortbeurteilung notwendigen weiterführenden Untersuchungen der Thüringer Grundstücke zu veranlassen.

Zu Frage 3: An welchem/welchen Kriterium/Kriterien scheiterten die einzelnen nicht mehr in der Auswahl befindlichen Standorte und welche Gründe lagen hierfür vor?

1. Die Bewertung der Standorte erfolgte im Rahmen einer Nutzwertanalyse. Diese Methode ist für die Beurteilung und Bewertung nichtmonetärer Aspekte allgemein verbreitet und bekannt und fand bereits bei der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung Anwendung.

2. Hierzu wurden zunächst auf der Grundlage vollzugsfachlicher und baufachlicher Anforderungen gemäß der landesspezifischen Baurichtlinien Bewertungskriterien definiert und entsprechend ihrer Bedeutung für die Geeignetheit des Standorts gewichtet. Im Anschluss erfolgte die Bewertung der Standorte anhand dieser Kriterien durch Punktever

gabe im direkten Vergleich. Die erreichten Punkte wurden dann mit dem zuvor ermittelten Gewichtungsfaktor multipliziert. Danach wurden die so ermittelten Werte addiert. Die Gesamtwerte ergeben eine Rangfolge der Geeignetheit. Entsprechend der mit dieser Nutzwertanalyse ermittelten Rangfolge kamen die drei Standorte mit der höchsten Bewertung in die weitere Auswahl. Dies ist ein komplexes Verfahren, bei dem die vorgenannte Gewichtung und Bewertung mittels einer sogenannten Matrix erfolgte. Das „Scheitern“ von Standorten kann daher nicht ausschließlich mit einzelnen Kriterien begründet werden, sondern ist nur in der Gesamtbetrachtung und Beurteilung aller Bewertungskriterien in Bezug auf jeden einzelnen Standortvorschlag möglich. Ich danke Ihnen.

Es gibt zunächst eine Nachfrage durch die Abgeordnete Klaubert.

Herr Staatssekretär, ich muss jetzt direkt nach der Standortentscheidung gegen den Standort Altenburg nachfragen, weil vor einigen Jahren bereits die Entscheidung soweit gediehen war, dass dort eine JVA entsteht und mehrere Vorleistungen durch die Stadt erbracht worden sind. Nach dem Kriterienkatalog, den Sie unter der Antwort auf Frage 1 gebracht haben, leuchtet mir im Moment gar nicht ein, warum Altenburg nicht in die Auswahl des Freistaats Thüringen kam. Könnten Sie bitte, bezogen auf diesen Standort, noch einmal erklären, warum dieser Standort in Altenburg herausgefallen ist?

Das kann ich gern versuchen. Es ist zunächst einmal keine Entscheidung gegen den Standort Altenburg, sondern es war eine Entscheidung für zwei andere Standorte, und die ergab sich einfach durch dieses Matrix-Verfahren. Das Matrix-Verfahren weist den Kriterien, die ich Ihnen genannt habe, bestimmte Punktzahlen zu je nach ihrer Bedeutung. Diese Punktzahlen werden dann mit einem entsprechenden Faktor multipliziert, der ebenfalls vorher festgelegt wird, und daraus ergibt sich dann eine Rangfolge.

Es gibt eine weitere Nachfrage durch den Abgeordneten Kuschel.

Danke, Herr Präsident. Herr Staatssekretär, gab es denn von einzelnen Thüringer Gemeinden besondere Angebote an das Land, die beim Auswahlverfahren dann eine Rolle gespielt haben?

(Staatssekretär Prof. Dr. Herz)

Nein, beim Auswahlverfahren spielten ausschließlich nur die Kriterien der Matrix eine Rolle.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Warum müssen Sie dabei lächeln?)

Weil ich ein freundlicher Mensch bin.

(Heiterkeit im Hause)

Wir bedanken uns beim freundlichen Staatssekretär und rufen die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Gumprecht von der Fraktion der CDU in der Drucksache 5/3702 auf.

Ein Satz davor: Es wird sich manches doppeln, weil sie schon am 09.12. eingereicht wurden, beide parallel.

Altenburg bei Gefängnis-Neubau aus dem Rennen

Die Osterländer Volkszeitung (OVZ) berichtete am 7. Dezember 2011, dass nur noch zwei Standorte in Thüringen und zwei in Sachsen zur Entscheidung anstehen. Altenburg hat es nicht in die Endauswahl für den Neubau einer gemeinsamen Haftanstalt mit Sachsen geschafft. Der Thüringer Justizminister Herr Dr. Holger Poppenhäger äußerte auf OVZ-Anfrage: „Wir haben ein Dutzend Standorte untersucht, es sind noch zwei in Thüringen und zwei in Sachsen übrig.“ In der Vorauswahl sind demnach Korbußen bei Ronneburg sowie Gera mit dem Standort Aga. In Sachsen schaffte es Zwickau mit den beiden Stadtteilen Pöhlau und Marienthal.

Ich frage die Landesregierung:

1. Sind die beiden Standorte Korbußen und Aga bereits Entscheidung der Landesregierung?

2. Welche anderen Städte oder Gemeinden hatten sich um den künftigen JVA-Standort beworben?

3. Welche Entscheidungskriterien wurden bei der Vorauswahl angewandt und welche Standortkriterien werden künftig angewendet?

4. Wer hat die Entscheidungskriterien festgelegt?

Für die Landesregierung antwortet der Staatssekretär des Justizministeriums.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, zunächst möchte ich mich für das Lächeln entschuldigen, aber das liegt einfach in meiner Natur.

(Heiterkeit im Hause)

Zum Zweiten möchte ich mich entschuldigen für die notwendige Redundanz, die jetzt bei der Beantwortung der Frage vielleicht auftritt. Pädagogen sprechen hier von einer didaktischen Redundanz.

(Heiterkeit im Hause)

Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Gumprecht beantworte ich für die Thüringer Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Die beiden Standorte Korbußen/ Großenstein und Gera-Aga wurden im Auswahlverfahren von einer eingerichteten länderübergreifenden Projektgruppe „Standortsuche“ - so der Name als die am besten geeigneten Thüringer Standorte bewertet. Die Ergebnisse der Projektgruppe wurden in einem gemeinsamen Bericht dargestellt, der zeitgleich am 20. Dezember 2011 von den Kabinetten in Thüringen und Sachsen behandelt wurde. Mit Kabinettsbeschluss vom 20. Dezember 2011 beauftragte die Thüringer Landesregierung das Thüringer Justizministerium, die für eine abschließende Standortentscheidung notwendige weiterführende Untersuchung der Thüringer Grundstücke zu veranlassen. Die weiteren baufachlichen Untersuchungen bleiben zwar noch abzuwarten, es besteht gegenwärtig jedoch kein Anlass, von der sachgerecht getroffenen Vorauswahlentscheidung abzuweichen.

Zu Frage 2: Wie bereits in der Antwort zur Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Weber gesagt, haben sich um den künftigen JVA-Standort folgende Städte und Gemeinden aus Thüringen beworben: die Stadt Altenburg für den Standort AltenburgRautenberg, die Stadt Gera für die Standorte GeraAga, Gera-Cretzschwitz und Gera-Trebnitz, der Landkreis Greiz für die Standorte Korbußen/ Großenstein und Seligenstädt, die Verwaltungsgemeinschaft Leubatal für den Standort Hohenleuben, die Stadt Schkölen für den Standort Schkölen.

Zu Frage 3: Auch bei dieser Frage habe ich im Rahmen der Beantwortung der Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Weber bereits einiges ausgeführt. Ich nenne die Kriterien jedoch gern noch einmal. Es wurden 14 Bewertungskriterien angewandt: Baurecht, Nähe zum abgebenden Bundesland, Straßenanschluss, Nähe zu einer größeren Stadt, Eigentumsverhältnisse, Baugrund, Herrichtung, Entfernung zu Gerichten, Grundstücksgröße und -zuschnitt, Erschließung, Erschließbarkeit, öffentliche Verkehrsmittel, Übergangsmanagement, Arbeit/Ausbildung, Sichtbeziehungen und kulturelle Einrichtungen. Wie bereits dargelegt, sollen nunmehr gemäß Kabinettsbeschluss der Thüringer Landesregierung weiterführende Untersuchungen der Grundstücke in Korbußen/Großenstein und Gera-Aga durchgeführt werden. Einen entsprechenden Beschluss hat die Sächsische Landesregierung für die zwei Zwickauer Grundstücke gefasst. Das Thüringer Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Verkehr wurde gebeten, die notwendigen wei

terführenden Untersuchungen für die Thüringer Grundstücke zu veranlassen und die Rahmenvorgaben für die Erstellung der baufachlichen Gutachten mit der zuständigen sächsischen Behörde einvernehmlich abzustimmen. Nach Vorliegen der entsprechenden Baugrundgutachten wird auf deren Grundlage abschließend über den Standort zu entscheiden sein.

Zu Frage 4: Die Kriterienauswahl erfolgte aufgrund vollzugsfachlicher und baufachlicher Anforderungen, unter anderem gemäß den landesspezifischen Baurichtlinien - für Thüringen die Richtlinie Bau -, den allgemeinen Empfehlungen für den Bau von Justizvollzugsanstalten, und beinhaltet auch bereits die im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung abgestimmten Standortanforderungen. Die konkrete Definition der Bewertungskriterien erfolgte im Rahmen einer Klausurtagung der länderübergreifenden Arbeitsgruppe „Standortsuche“ unter Mitwirkung von Vertretern des Thüringer Justizministeriums, des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und für Europa und des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Es gibt eine Nachfrage durch den Fragesteller.

Herr Staatssekretär, Sie sprachen von zwei Kriteriengruppen, einmal einer K.o.-Kriteriumsgruppe und einmal die Differenzierung nach den 14. Meine erste Frage: Welche K.o.-Kriterien waren das? Die zweite Frage, die in die differenzierten hineingreift: Bei der Beurteilung der umliegenden Städte, die Sie bei der vorhergehenden Anfrage genannt hatten, gab es zum Beispiel die naheste Großstadt Leipzig gar nicht. Ist das Zufall oder hat das einen gewissen Grund?