Protocol of the Session on November 17, 2011

Wahr ist auf der anderen Seite natürlich auch, dass in derselben Zeit die Staatsschulden angestiegen sind - das ist überhaupt keine Frage. Aber das lag nicht an den Bürgern, die Steuern bezahlen, sondern das lag an den Politikern,

(Beifall FDP)

die das Geld ausgeben, weil das natürlich auch viel einfacher ist, als zu sagen, wir können uns nur das leisten, was wir auch einnehmen. Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist mein Petitum und mein Aufruf: Ausgeglichene Haushalte, das ist das, worum es uns gehen muss, und zwar nicht auf Grundlage irgendwelcher Wünsche und irgendwelcher Schuldenaufnahmen, sondern auf der Grundlage dessen, was wir von unseren arbeitenden Bürgern auch einnehmen. Das muss der Grundsatz einer gut konsolidierten und ausgeglichenen Haushaltspolitik sein.

(Beifall FDP)

Jetzt wäre ich mit dem Gedanken zumindest durch, lieber Herr Kollege.

Herr Barth, wenn der Herr Kummer schon auf dem falschen Weg ist, dann will ich versuchen, den Weg …

Nicht nur er, Sie auch.

Sie wissen doch noch gar nicht, was ich will.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist Herrn Barth egal.)

Aber dass Sie auf dem falschen Weg sind, weiß ich schon.

Die Frage ist doch: Sie sagen, dass durch die Grunderwerbssteuer vor allem kleine Familien und auch die Betriebe stark belastet werden. Nun stellt sich doch die Frage: Wie oft kauft sich die kleine Familie Häuser und Grundstücke im Jahr? Die Familien, die ich so kenne - unabhängig davon, dass sie meistens gar kein Geld haben -, aber auch andere, die kaufen sich nicht so oft Grundstücke im Jahr und wenn sie eins kaufen, müssen sie es nur einmal bezahlen.

Die zweite Frage ist doch: Wenn wir auf der einen Seite einen privaten Reichtum von ungefähr 4,1 Billionen € haben und auf der anderen Seite öffentliche Schulden von 2,1 Billionen €, scheint doch da ein Ungleichgewicht zu sein. Deshalb müssten wir doch eigentlich diejenigen, die die hohen Einkommen haben, belasten. Im Regelfall können sich doch auch diejenigen Grundstückserwerb leisten, die auch hohes Einkommen haben. Ich kenne selten Hartz-IV-Empfänger, die losgehen und Grundstücke kaufen.

Hinter der Frage steckt eine Argumentation und, das muss ich sagen, Herr Kollege Bärwolff, die finde ich klasse. Weil die das nur einmal machen, deswegen kommt es nicht darauf an, was es kostet.

(Zwischenruf Abg. Bärwolff, DIE LINKE: Nein, aber...)

Das ist stark. Das ist wirklich großes Kino. Ich sage Ihnen was: Wenn sich so eine Familie Geld zusammengespart hat - und Ihr Kollege hat vorhin erzählt, was man machen muss, wenn man einen Kredit bei einer Bank haben will -, die müssen das nämlich oft über einen Kredit finanzieren. Das heißt, die finanzieren auch diese Steuern über den Kredit mit. Wenn zu einer Bank gehen und dann dort einen Kredit bekommen, ich weiß nicht, wen Sie so kennen, aber ich kenne Leute, da kommt es auf 2.000/3.000 € auch bei einem Vorhaben, wo es vielleicht um 100.000 € oder um 80.000 € geht, wenn man eine Wohnung oder so ein Häuschen kauft, an. Da kommt es auf 2.000/3.000 € an. Dann entsteht nämlich genau das Problem. Das mache ich nur einmal, das ist völlig richtig, dann stehe ich vor der Frage: Kann ich mir für die 2.000 €, die ich vielleicht an der Grunderwerbssteuer spare, den Fußbodenbelag leisten. Kann ich mir vielleicht eine Fußbodenheizung in meinem Kinderzimmer leisten oder muss ich das Geld im Zweifelsfall an den Fiskus abführen und darauf verzichten? Darauf verzichte ich dann mein Leben lang. Wir nehmen diese

2.000 € einmal ein, verblasen sie irgendwo und dann ist es weg. Das ist der Eingriff auch in die Lebensqualität,

(Zwischenruf Abg. Bärwolff, DIE LINKE: Aber der Fußboden...)

die wir zu verantworten haben. Auch deswegen ist es ungerecht. Die Argumentation, weil die das nur einmal machen, das führt genau dahin. Ich freue mich schon auf die Argumentation und auf die Grenzziehung auch bei den Kollegen der CDU. Sie wollen die Grunderwerbssteuer in Wahrheit auf 19 Prozent ziehen. Das ist jedenfalls das, was Ihr Kollege Kuschel hier schon mehrfach gesagt hatte, wenn ich das alles richtig verstanden habe. Sie widersprechen jetzt auch offenkundig nicht.

(Zuruf Abg. Bärwolff, DIE LINKE: Ich wider- spreche dem nicht.)

19 Prozent Grunderwerbssteuer - liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, Sie sollten sich schon, wenn Sie mal Luft haben in der Fraktionssitzung, Gedanken machen, ob irgendwo zwischen den 5 Prozent

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Haben wir nicht.)

- dann sollten Sie eine Extrafraktionssitzung deswegen machen -, die Sie gut finden, und den 19 Prozent, die die Kollegen wollen, vielleicht eine Schmerzgrenze ist. Sie sollten sich auch schon einmal auf eine Argumentation vorbereiten, wie Sie das dann entsprechend verkaufen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, statt von Steuererhöhungen zu reden, müssen wir uns, wenn es um Gerechtigkeit und Leistungsfähigkeit geht, um eines Gedanken machen, nämlich die Frage, wie wir mit genau den Beziehern von kleinen und mittleren Einkommen umgehen. Um die großen Einkommen hat sich die Bundesregierung aus SPD und GRÜNEN gekümmert. Der Spitzensteuersatz ist in den Jahren dieser Regierung zwischen 1998 und 2005 um 11 Prozentpunkte gesenkt worden, von 53 auf 42 Prozentpunkte. Ich sage, wir sagen, jetzt sind die kleinen und mittleren Einkommen dran. Jetzt müssen die kleinen und mittleren Einkommen dran sein, denn das sind die, die die meisten Steuern bezahlen. Das sind die, die am meisten auch leisten in unserer Gesellschaft. Wenn es um Leistungsgerechtigkeit geht, dann kann es gar keine andere Antwort geben, als denen zu helfen, die von den Ungerechtigkeiten am meisten betroffen sind.

(Beifall FDP)

Herr Abgeordneter, wenn Sie langsam zum Ende kommen würden.

Herr Präsident, ich hatte auch viel Zeit mit den Zwischenfragen verloren, aber ich bemühe mich, zum Ende zu kommen. Vielen Dank.

Deshalb sind Sie auch schon 1 Minute über Ihrer Redezeit.

Entschuldigung, das habe ich gerade gesehen. Vielen Dank.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir die Mittelschicht nicht endlich aufhören über Gebühr in dem bisherigen Umfang zu belasten und mit einem Steuersystem zu ärgern, welches sich eben gerade nicht an den Prinzipien, die in der Überschrift des Antrags richtig stehen, nämlich Gerechtigkeit und Leistungsfähigkeit, dann werden wir weiter auf den Holzweg geraten. Das ist der falsche Weg, liebe Kollegen von den LINKEN. Wenn Sie Reformen verhindern wollen, dann müssen Sie das deutlich sagen, dass Sie weiter einen ungerechten Einkommensteuertarif - Stichwort „kalte Progression“ - und heimliche oder auch klar erkennbare

Herr Abgeordneter, bitte.

Steuererhöhung wollen, wir wollen das nicht. Herzlichen Dank. Herzlichen Dank, Herr Präsident.

(Beifall FDP)

Das Wort hat jetzt Abgeordneter Dr. Pidde von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, weil in Deutschland die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergeht, möchte ich Kollegin Lehmann und auch Herrn Kollegen Barth widersprechen. In Krisenzeiten in den letzten Jahren wurden Rekordeinnahmen und Rekordgewinne erzielt auch zum Großteil aus staatlichen Geldern. Konjunkturpakete wurden eingesetzt, um die Krise abzufangen, das Geld ist in private Taschen geflossen. Ich finde es nur legitim, dass diejenigen, die vom System profitieren, dann auch entsprechend beteiligt werden, wenn es um die Kosten geht.

Die Fraktion DIE LINKE fordert von der Landesregierung mit ihrem Antrag, sie möge sich auf der Bundesebene einsetzen für - drei Punkte sind ge

nannt - als Erstes eine Finanztransaktionssteuer, das will die SPD auch. Wir sprechen uns für die Einführung einer solchen Steuer in Höhe von 0,05 Prozent im Rahmen der Europäischen Union aus. Sie wäre ein wichtiger Beitrag zu mehr Steuergerechtigkeit und würde eine Einnahmequelle für Investitionen in Stabilität und Wachstum schaffen. Gleichzeitig kann sie als Instrument zur Korrektur von Fehlentwicklungen auf den Finanzmärkten genutzt werden. Die Abkoppelung der Finanzmärkte von der realen Wertschöpfung durch Arbeit ist eine wesentliche Ursache der aktuellen Krise.

Der zweite Punkt ist die Wiedereinführung der Vermögenssteuer, das will die SPD auch. Die private Vermögenssteuer soll nach unseren Vorstellungen einen Freibetrag von 1 Mio. € beinhalten. Die betriebliche Vermögenssteuer soll so ausgestattet werden, dass sie nicht als Substanzsteuer wirkt, vorgesehen ist ein Freibetrag von 5 Mio. €. Zudem soll die Abgabenlast auf 30 Prozent des Gewinns beschränkt werden. Wer also keinen Gewinn macht, soll auch diese Steuer nicht zahlen.

Die dritte Forderung ist die Reform der Erbschaftssteuer, auch das will die SPD. Wir wollen die Erbschaftssteuer dahin gehend reformieren, dass der Staat vom Vererben großer Vermögen auch entsprechend profitiert.

Meine Damen und Herren, die drei Forderungen machen durchaus Sinn und trotzdem hat die SPDFraktion gute Gründe, warum wir diesem Antrag nicht zustimmen werden.

Der Erste: Sie machen drei Forderungen auf. Es sind drei Bausteine, drei Rosinen aus einem Kuchen. Die SPD hat Anfang September in Berlin ein umfassendes Steuerkonzept vorgelegt, in dem auch diese drei enthalten sind, unter dem Namen „Nationaler Pakt für Bildung und Entschuldung“. Das sind aber eben nicht nur die drei, sondern das sind wesentliche weitere Veränderungen in ein schlüssiges Gesamtkonzept gepackt. Da ist drin die Erhöhung des Spitzensteuersatzes, die Rücknahme der sogenannten Hoteliergesetze, der Abbau insbesondere von ökonomisch fragwürdigen Subventionen. Insofern macht ein Antrag, in dem nun nur drei Punkte herausgegriffen werden, aus unserer Sicht wenig Sinn. Ich möchte nur nebenbei bemerken, der Antrag kam auch nicht ganz überraschend. Ich nehme an, Sie haben ihn bei irgendeinem Textgroßhändler bezogen, weil fast gleiche Anträge auch schon in anderen Landtagen von der Fraktion DIE LINKE eingereicht und beraten worden sind.

Der zweite Punkt, warum wir Ihrem Antrag nicht zustimmen werden, ist, weil wir sehen, dass bei den gegenwärtigen Mehrheitsverhältnissen im Bundestag und Bundesrat dieser Antrag sowieso nicht umsetzbar ist, auch wenn wir die guten Wünsche haben.

Als Drittes wissen Sie ganz genau, dass wir in der Koalition verabredet haben, nur gemeinsam abzustimmen und daran werden wir uns auch halten. CDU und SPD haben hier in diesem Bereich sehr unterschiedliche Positionen und Vorstellungen. Der kleinste gemeinsame Nenner ist im Koalitionsvertrag fixiert, dass Thüringen Steueränderungen nicht zustimmen wird, wenn sie zu Mindereinnahmen beim Land führen werden. Das ist eine gute und sinnvolle Vereinbarung, gerade wenn ich sehe, welche Äußerungen im Moment aus Berlin kommen, wo wieder Steuersenkungen „auf Pump“ versprochen werden. Herr Kollege Barth hat auf die Rekord-Steuereinnahmen hingewiesen, die momentan zu verzeichnen sind. Trotzdem soll - Ihre Fraktion ist ja auch an der Regierung in Berlin beteiligt - die Kreditaufnahme um 4 Mrd. € höher ausfallen als in diesem Jahr und sie wollen dafür wieder Geld unter den Massen verschenken.

Übrigens, diejenigen, die wenig verdienen, haben davon überhaupt nichts, weil sie sowieso keine Steuern zahlen. Die, die wenig Steuern zahlen, die werden bei 5 oder 10 € im Jahr landen und diejenigen, die einigermaßen gut verdienen, die haben wirklich etwas davon. So sehen Ihre Vorschläge aus.

Thüringen ist auf dem Konsolidierungspfad! Wir haben einen Haushaltsentwurf für 2012 in der Bearbeitung, der keine neuen Schulden mehr vorsieht. Ich würde mir auch für die kommenden Jahre wünschen, dass wir Haushalte ohne Nettoneuverschuldung beschließen könnten. Das wird aber nicht gehen, wenn die Steuereinnahmen nicht einigermaßen stabil bleiben und uns durch die Steueränderungsgesetze aus Berlin die Einnahmen verloren gehen. Damit würde auch der Konsolidierungskurs der Regierungskoalition in Thüringen konterkariert werden. Deshalb sage ich: Die Vereinbarung, die im Koalitionsvertrag steht, ist gut und sinnvoll und daran wollen wir uns auch halten. Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Huster von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, manchmal muss man sich schütteln und wieder darüber bewusst werden, dass man hier nicht in einer Kabarettveranstaltung ist, sondern im Thüringer Landtag. Ich versuche, das sehr sachlich und rational darzustellen.

Lieber Herr Kollege Pidde, ich freue mich natürlich und unsere Fraktion nimmt das zur Kenntnis, dass die inhaltlichen Aspekte Ihrer Rede auch eine gemeinsame Richtung gezeigt hat.

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Dass die Rosinen übereinstimmen.)

Aber was dann als Begründung hier herhalten muss, warum Sie diesen Antrag nicht unterstützen können, das kann man wirklich nur unter „politischem Kabarett“ verbuchen

(Beifall DIE LINKE)