Protocol of the Session on November 17, 2011

bei diesem Gesetzentwurf, der selbstverständlich von allen Fraktionen Zustimmung findet, wenigstens in der Beratung und Ihrer Einbringung zuzuhören?

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Abgeordnete, es steht mir weder zu, den Lautstärkepegel im Landtag noch die Anwesenheit der Landesregierung hier zu kommentieren, ich bin hier, um den Gesetzentwurf...

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Zugeste- hen könnten Sie es schon.)

Es steht mir nicht zu, das zu kommentieren; das ist der Kommentar, den Sie von mir bekommen.

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Jetzt ist der zuständige Fachminister da.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Staatssekretär, bitte setzen Sie fort.

Wenn ich wieder darf, würde ich gern fortsetzen.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Nun seien Sie nicht eingeschnappt.)

Ich bin nicht eingeschnappt, Herr Abgeordneter. Ich denke, es ist ein schwieriges Spannungsfeld, die Regierung arbeiten zu sehen und hier im Landtag präsent zu haben. Ich bin nicht in der Position, die Minister der Landesregierung zu kommentieren und

zu kritisieren, sondern ich muss jetzt meine Arbeit machen.

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Das ist aber eine Frechheit.)

Thüringen steht zu seiner Verantwortung gegenüber der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen. Wir haben die Pflicht zum Schutz und zur Förderung jüdischer Kultur. Sie hat eine lange Tradition in Thüringen. Ich hebe beispielhaft die Erfurter Alte Synagoge und den Erfurter Schatz hervor. Wir wollen, dass sie zum UNESCO Weltkulturerbe künftig zählen können.

(Beifall DIE LINKE)

Verehrte Abgeordnete, die Jüdische Gemeinde in Thüringen wächst wieder. 1989/1990 bestand sie aus 28 Mitgliedern. 1999 waren es 450, heute hat die Landesgemeinde deutlich mehr als 800 Mitglieder. Das macht für uns deutlich: Für viele jüdische Bürgerinnen und Bürger ist Thüringen wieder zu einer Heimat geworden. Das ist gut so. Es macht aber auch deutlich, dass die jüdische Landesgemeinde im religiösen und kulturellen Bereich sowie bei der Verwaltung noch mehr Aufgaben wahrzunehmen hat. Neben Erfurt gibt es inzwischen auch in Jena und in Nordhausen örtliche Vertretungen der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen, die regionale Zentren jüdischer Kultur sind. Hier werden religiöse und kulturelle Angebote gemacht. Das ist eine gute Entwicklung. Damit sie auch kontinuierlich fortgeführt werden kann, wurden in Jena und in Nordhausen beispielsweise Gemeinderäume angemietet. In der Folge dieses Aufgabenzuwachses kamen Vertreter der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen mit der Bitte auf unseren Minister zu, die Landesleistung entsprechend anzuheben. Unser Haus kam nach Prüfung der Kosten, die hier entstehen, zu dem Schluss, dass die Landesregierung in diesem und im kommenden Jahr die Landesleistung an die Jüdische Landesgemeinde erhöhen sollte, und zwar in diesem Jahr um 30.799 € und im nächsten Jahr nochmals um 20.000 €. Das ist entsprechend in den Landeshaushalten eingestellt.

Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Thüringer Landtags hat den Entwurf des Änderungsstaatsvertrags in seiner Sitzung vom 6. Oktober 2011 beraten. Dabei habe ich bei allen Ausschussmitgliedern eine deutliche Aufgeschlossenheit für dieses Anliegen wahrgenommen. Auch das ist ein gutes Zeichen aus meiner Sicht und es entspricht unserem gemeinsamen Respekt. Nur eine Woche später, am 12. Oktober 2011, wurde der Änderungsvertrag zwischen dem Freistaat Thüringen und der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen von der Thüringer Ministerpräsidentin Frau Lieberknecht und dem Vorstand der Jüdischen Landesgemeinde mit seinem Vorsitzenden Herrn Wolfgang Nossen unterzeichnet. Anschließend wurde der vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf dem

(Staatssekretär Prof. Dr. Deufel)

Landtag zugeleitet. In diesem Vertrag ist eine Klausel eingefügt, wonach die Jüdische Landesgemeinde Thüringen die Mittelverwendung darlegt. Diese Präzisierung geschah im Einvernehmen mit der Landesgemeinde und entspricht im Übrigen auch Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts, die im Zusammenhang mit anderen Landesgemeinden gegeben wurden. Das Gesetz zur Änderung des Staatsvertrags zwischen dem Freistaat Thüringen und der Jüdischen Landesgemeinde tritt in Kraft, sobald die Landesgemeinde die zustimmende Erklärung des Freistaats Thüringen erhalten hat. Der entscheidende Schritt ist jetzt die Zustimmung des Thüringer Landtags, Ihre Zustimmung.

Meine Damen und Herren, bitte stimmen Sie dem vorliegenden Gesetz zur Änderung des Staatsvertrags zwischen dem Freistaat Thüringen und der Jüdischen Landesgemeinde zu. Ich hoffe auf große Mehrheit in diesem Haus. Danke schön.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Mir liegen keine Wortmeldungen vor. Man war wohl zwischen den Fraktionen übereingekommen, diesen Tagesordnungspunkt ohne Aussprache zu behandeln. Damit schließe ich die Aussprache und ich schließe die erste Beratung und rufe gleichzeitig die zweite Beratung des Gesetzentwurfs auf. Ich sehe auch hier keine Wortmeldungen.

Wir kommen damit zur Abstimmung. Wer diesem Gesetzentwurf der Landesregierung in der Drucksache 5/3484 in zweiter Beratung seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Ich sehe Zustimmung bei der FDP, der CDU, der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion DIE LINKE. Wer ist gegen diesen Gesetzentwurf? Ich sehe keine Gegenstimmen. Wer enthält sich? Auch keine Enthaltung. Damit ist der Gesetzentwurf einstimmig im Thüringer Landtag angenommen.

Wer in der Schlussabstimmung diesem Gesetzentwurf seine Zustimmung gibt, den bitte ich, sich jetzt von den Plätzen zu erheben. Danke schön. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Keine Gegenstimmen und Stimmenthaltungen. Damit ist in der Schlussabstimmung der Gesetzentwurf der Landesregierung einstimmig angenommen. Ich danke Ihnen und schließe den Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 14

Thüringer Bildungsfreistellungsgesetz (ThürBfG) Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/3491 ERSTE BERATUNG

Wünscht die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort zur Begründung? Ja, Frau Rothe-Beinlich, bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich kann sehr gut an den Staatssekretär anschließen. Die Opposition, die Fraktionen arbeiten ganz offenkundig, denn wir haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, der von der Landesregierung zwar im Koalitionsvertrag angekündigt wurde und auch hier schon häufiger als „in der Erarbeitung befindlich“ deklariert wurde, von dem aber bis heute nichts zu sehen ist. Nachdem wir sehr lange gewartet haben, sind wir in Vorhand gegangen und er liegt Ihnen nun vor, unser Gesetzentwurf für ein Thüringer Bildungsfreistellungsgesetz. Wir wissen alle, dass Thüringen eines der vier Bundesländer ist, was noch immer nicht über ein solches Gesetz verfügt. Konkret geht es darum, allen Menschen den Anspruch auf Bildung zu gewähren, und zwar während der Arbeitszeit, fünf Tage pro Jahr für die kulturelle, für die individuelle, für die politische Bildung. Das, meinen wir, ist in der Tat überfällig.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben gerade gestern erst eine Regierungserklärung diskutiert, in der Bildung eine ganz zentrale Rolle gespielt hat. Lebenslanges Lernen ist zentral auch für die Entwicklung, für die Stärkung unserer Demokratie. Wir meinen, es ist höchste Zeit, dass wir den Menschen im Freistaat endlich auch die Möglichkeit geben, Bildungsurlaub zu nehmen und sich entsprechend zu bilden, damit sie auch unsere Demokratie bestärken können. Ich möchte daran erinnern, dass auch im Koalitionsvertrag 1994 zwischen CDU und SPD bereits ein solches Gesetz vorgesehen war. Bis heute gibt es das nicht. Wir warten, wie gesagt. Ich bin sehr gespannt, wie Sie heute wieder begründen werden, wie Sie gedenken mit unserem Gesetzentwurf umzugehen. Ich möchte hier für eine demokratische Kultur plädieren, nämlich eine demokratische Kultur des Miteinanders und des Arbeitens an der Sache, meine sehr geehrten Damen und Herren, und zwar fraktionsübergreifend. Wenn es Ihnen ernst ist mit der Bildungsfreistellung, so wie sie auch jetzt im Koalitionsvertrag verankert ist, dann erwarten wir von Ihnen, dass wir diesen Gesetzentwurf nicht nur gemeinsam beraten, sondern dass aus diesem auch ein Gesetz für den Freistaat wird. In diesem Sinne hoffen wir, dass Sie sich zumindest zunächst der Überweisung an den Bildungsausschuss anschließen, um dort gegebenenfalls gemeinsam auch Ihre Änderungsvorschläge oder anderen Ideen diskutieren zu können.

(Staatssekretär Prof. Dr. Deufel)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wissen, dass es im Thüringer Landtag schon lange eine Mehrheit für ein solches Gesetz gibt. Es stellt sich natürlich die Frage, warum es bis heute nicht vorgelegt wurde. Jetzt erzählen Sie uns bitte nicht wieder, die Gesetzentwürfe der Opposition seien schnell und mit heißer Nadel gestrickt. Bei diesem Gesetzentwurf können Sie sich sicher sein, dass wir sehr, sehr lange daran gearbeitet haben und dass wir ihn auch nicht ganz allein erfunden haben, denn wir haben viele, viele Jahre gemeinsam mit Vertreterinnen - heute in dieser Koalition - in Arbeitsgruppen solche Gesetzentwürfe aus der Opposition heraus schon erarbeitet und immer gesagt, wir werden diese dann auch in Gesetzesformen gießen. Allerdings sehe ich bis heute leider keine Initiative, weder aus dem Ministerium, was immerhin mit einem Staatssekretär heute hier vertreten ist, noch von der SPD-Fraktion. Entscheidend ist aus unserer Sicht, dass wir genau hinschauen, was Bildungsfreistellung bedeutet. Für die Zeit, in der nämlich die Beschäftigten zur Teilnahme an anerkannten Bildungsveranstaltungen freigestellt sind, ist ihnen das Arbeitsentgelt fortzuzahlen. Genau diese Hürde ist es oftmals, die Menschen davon abhält, sich Bildungsangeboten zu widmen und dieser wollen wir begegnen. Wir haben selbstverständlich auch an die Situation von Kleinst- und Kleinunternehmen gedacht, damit diese, das war ja auch immer ein beliebtes Argument - insbesondere aus der CDU -, nicht „finanziell unter dem Gesetz leiden“. Obwohl ich der Überzeugung bin, dass der Mehrgewinn der Bildung der Arbeitnehmerinnen auch diesen Unternehmen zugute kommt. Für sie wollen wir einen finanziellen Ausgleich durch Zuschüsse nach Maßgabe des Landeshaushalts gewähren. Einen entsprechenden Finanzantrag werden wir auch bei den Finanzberatungen im Dezemberplenum einbringen. Für besondere Härtefälle ist zudem ein Zuschuss vorgesehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bitte Sie noch einmal, im Sinne des lebenslangen Lernens sich heute an der Sache zu orientieren, keine ideologischen Grabenkämpfe zu führen, sondern sich endlich für Bildungsfreistellung in Thüringen stark zu machen. Hierzu haben Sie heute die Chance mit unserem Gesetzentwurf, vielen herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Ich eröffne nun die Aussprache. Frau Sojka, Sie bitten um das Wort, bitte.

Verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnetenkollegen, mit dieser Landesregierung ist es schon ein Kuriosum. Sie zerschlägt Porzellan im Bildungsbereich, wo es möglich ist. Sie gibt die Thüringer Spezialität wie die Horte preis und bei anderen Dingen, wie diesem Bildungsfreistellungsgesetz, da muss sie zum Jagen getragen werden.

(Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: Na, na.)

Ich hoffe, dass alle Minister, die jetzt fehlen, wahrscheinlich zur Bildungsfreistellung unterwegs sind,

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Eine Un- terstellung...)

weil nicht einmal der Bildungsminister da ist.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Im Februar 2009 diskutierten wir hier bereits das Erwachsenenbildungsgesetz, im Übrigen ein Entwurf der Landesregierung. Auf die Inhalte dieser Debatte will ich hier nicht näher eingehen. Nur so viel: Im Ausschuss wurde uns damals wortreich begründet, warum Regelungen zur Bildungsfreistellung, wie wir sie vorgeschlagen hatten, nicht aufgenommen werden können, sondern natürlich ein eigenes Gesetz dafür geschaffen werden muss. Auf dieses Gesetz, Frau Astrid Rothe-Beinlich hat es schon genannt, warten wir schon zwei Jahre. Herr Minister, es ist wirklich eigentümlich. Sie verkämpfen sich an Stellen, die in Thüringen gut geregelt sind, wollen gute Dinge preisgeben und andere Dinge werden einfach nicht auf den Weg gebracht. Da brauchen Sie uns als Opposition.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich nenne da beispielsweise auch die Berufsschulnetzplanung, die aufgrund der demographischen Veränderungen auf den Weg gebracht werden müsste. Dass Thüringen eines der letzten Bundesländer ohne ein solches Bildungsfreistellungsgesetz ist, ist eben auch schon genannt worden.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Zum The- ma!)

Wir bedanken uns ausdrücklich bei den Kollegen der GRÜNEN-Fraktion, dass sie diesen Gesetzentwurf eingebracht haben.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir erkennen allerdings auch, dass es ein Gesetzentwurf ist, der außerparlamentarisch von uns allen gemeinsam erarbeitet worden ist - übrigens auch noch von der SPD mit, das war vor 2009. Zumindest trägt er eine ganze Menge Züge aus dieser Zeit. Wir haben damals im Wahlkampf beschrieben und gemeinsam festgestellt, dass Thüringen natür

(Abg. Rothe-Beinlich)

lich ein Bildungsfreistellungsgesetz braucht und damals waren wir auch alle noch dafür.

Wir hoffen, dass dieser kleine Druck auf die Landesregierung dazu beiträgt, dass möglicherweise dieses Gesetz die Grundlage der Ausschussberatungen wird und das Gesetz dann greift - auch in Thüringen. Oder, dass die Landesregierung das, was sie wahrscheinlich schon tausendfach in der Schublade hat, jetzt endlich herausholt und wir gemeinsam beraten können. Was wir uns dringend wünschen, ist auf alle Fälle eine öffentliche Anhörung des Gesetzentwurfs im Ausschuss. Davon gehen wir aus. Ich wünsche mir persönlich, dass die GRÜNEN-Fraktion dann auch Gegenfinanzierungsvorschläge in den jetzigen Haushaltsberatungen...