Protocol of the Session on October 14, 2011

1. In welcher Form waren bzw. sind öffentliche Stellen an der Veräußerung bzw. Übertragung des Herrenhauses/Rittergutes in Guthmannshausen beteiligt - insbesondere in welcher Weise war das Land auf der Seite der bzw. des Veräußerers beteiligt?

2. Welche Verbindungen des Käufers bzw. der Käufer zu dem Verein „Gedächtnisstätte“ oder anderen rechtsextremen Organisationen bzw. Absichten der Erwerber zur zukünftigen Nutzungsüberlassung an solche Organisationen und Gruppen sind der Landesregierung bekannt?

3. Wie viele bzw. welche Art von potenziellen Erwerbern (Organisationen/Einzelpersonen) standen auch unter der Berücksichtigung einer Vermeidung des Problems „spätere Nutzung durch Rechtsextreme“ - nach Ansicht des an der Veräußerung beteiligten Landes - für das Grundstücksgeschäft in Guthmannshausen zur Auswahl?

4. Wie ist nach Ansicht der Landesregierung nach Bekanntwerden der o.g. Problematik in dem Grundstücksgeschäft in Guthmannshausen weiter zu verfahren?

Danke, Herr Abgeordneter. Für die Landesregierung antwortet das Finanzministerium und dies tut der Staatssekretär Herr Diedrichs.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten, zur Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Hauboldt, Verkauf eines Herrenhauses bzw. Ritterguts in Guthmannshausen möchte ich wie folgt antworten: Seit seiner Errichtung im Jahr 2000 hat der Landesbetrieb Thüringer Liegenschaftsmanagement 589 Liegenschaften mit großer Sorgfalt verkauft. Trotz dieser Sorgfalt ist jetzt die Liegenschaft in Guthmannshausen, Hauptstraße 2, an eine Käuferin veräußert worden, die das Objekt nach dem Erwerb an rechtsgerichtete Kreise zur Verfügung gestellt hat. Dies vorausgeschickt beantworte ich die Mündliche Anfrage im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Die Liegenschaft in Guthmannshausen befand sich im Eigentum des Freistaats Thüringen. Der Landesbetrieb Thüringer Liegenschaftsmanagement hat die Liegenschaft verkauft. Weiter war die Gemeinde Guthmannshausen beteiligt, die dem beurkundenden Notar bestätigt hat, dass sie keines der gesetzlichen Vorkaufsrechte ausüben wird.

Zu Frage 2: Zum Zeitpunkt der Verkaufsverhandlungen bzw. des Verkaufs hatte der Verkäufer keine Kenntnisse zu Verbindungen oder Absichten der Käuferin. Erst nach erfolgtem Eigentumsübergang wurde bekannt, dass die Käuferin dem rechtsextremistisch eingestuften Verein Gedächtnisstätte e.V.

als Mitglied angehört sowie Kontakte zu der ebenfalls rechtsextremistischen Gesellschaft für freie Publizistik e.V. hat. Der Verein Gedächtnisstätte e.V. hat am 17. und 18. September 2011 in Guthmannshausen eine Vortragsveranstaltung durchgeführt. Es muss wohl davon ausgegangen werden, dass auch künftig Veranstaltungen stattfinden sollen. Erkenntnisse über konkrete Absichten der Käuferin zur zukünftigen Nutzungsüberlassung an andere rechtsextremistische Organisationen und Gruppen liegen der Landesregierung gegenwärtig aber nicht vor.

Zu Frage 3: Im Zeitraum der Vermarktung gab es zwischen 2008 und Mitte 2010 vier Kaufbewerber, die ein Gebot abgegeben haben. Unter den Kaufbewerbern befanden sich zwei Stiftungen und zwei Privatpersonen. Diese Gebote führten aber nicht zu einem Kaufabschluss. Die Käuferin war seit Mitte 2010 der einzige Bewerber.

Zu Frage 4: Es werden gegenwärtig alle rechtlichen Möglichkeiten zur Rückabwicklung des Kaufvertrags geprüft.

Es gibt den Wunsch auf Nachfrage durch den Fragesteller.

Danke, Herr Staatssekretär. Ich hatte in meiner Fragestellung darauf aufmerksam gemacht, dass es Empfehlungen seitens der Landesregierung durch Staatsschutz und Verfassungsschutz für die Kommunen gibt, wie in solchen Fällen zu verfahren ist bzw. worauf Rücksicht zu nehmen ist. Sehen Sie denn in der Vertragsgestaltung eine Möglichkeit, den Verkauf rückabzuwickeln?

Wie gesagt, wir prüfen derzeit, welche Möglichkeiten für eine Rückabwicklung im Rahmen des Vertrags bestehen.

Es gibt eine weitere Nachfrage durch die Abgeordnete Renner.

Danke, Herr Präsident. Ich hätte zwei Nachfragen. Sie haben beschrieben, dass 589 Liegenschaften bisher veräußert wurden und dass mit größter Sorgfalt diese Verkäufe vorgenommen werden. Nun ist es ja so, dass Neonazis nicht an jeder Form von Immobilie interessiert sind, also an keinem Freibad oder an einem bäuerlichen Gehöft oder Ähnlichem. Gibt es denn für bestimmte Immobilien, insbesondere Bildungsstätten, große Schulgebäude

(Abg. Hauboldt)

etc. besondere Vorschriften? Weil man aus der Vergangenheit weiß, dass sich auf große Immobilien mit abgeschlossenem Gelände, entsprechenden Schulungs- und Bildungsmöglichkeiten, Übernachtungsmöglichkeiten das besondere Interesse von Neonazis richtet. Das wäre meine erste Frage und die zweite Frage: Sie haben gesagt, bisher liegen Ihnen keine Erkenntnisse vor, dass an weitere rechtsextreme Organisationen eine Überlassung des Gebäudes stattfinden soll. Mehrere Presseveröffentlichungen sagen aus, dass in einem Schreiben der Gedächtnisstätte e. V. an die Mitglieder darauf hingewiesen wurde, dass auch die durch die Landsmannschaft suspendierte schlesische Jugend dort in Zukunft ihre Heimstadt haben wird. Ist das dem Ministerium bekannt? Wenn ja, wie wird darauf reagiert?

Zu der ersten Frage möchte ich antworten, dass es Hinweise im Thülima gibt, wie zu verfahren ist und dass diese Hinweise auch beachtet wurden.

Zum Zweiten möchte ich antworten, dass mir keine Kenntnisse mit Bezug auf die schlesische Jugend vorliegen, das mag aber sein, dass dies im Landesamt für Verfassungsschutz der Fall ist.

Ich sehe keine weiteren Nachfragen. Danke, Herr Staatssekretär. Ich rufe auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kowalleck von der Fraktion der CDU in der Drucksache 5/3354.

Parteiveranstaltung in einer Schule des Landkreises Saalfeld-Rudolstadt

In der Ostthüringer Zeitung, Lokalseite Saalfeld, vom 20. September 2011 wurde auf eine Veranstaltung des SPD-Kreisverbandes Saalfeld-Rudolstadt zum Thema Ganztagsschulen hingewiesen. Als Veranstaltungsort wurde die Aula des staatlichen Gymnasiums in Rudolstadt angegeben. Die schriftliche Einladung wurde neben dem SPD-Kreisvorsitzenden auch von der Landrätin des Landkreises Saalfeld-Rudolstadt unterzeichnet.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zu der Tatsache, dass in den Räumen des staatlichen Gymnasiums Rudolstadt eine Parteiveranstaltung stattgefunden hat?

2. Inwieweit war die Landrätin des Landkreises berechtigt zu der Veranstaltung einzuladen bzw. diese Parteiveranstaltung als Schulträger zu genehmigen?

3. Auf welcher Basis erfolgte eine Unterstützung/ Begleitung der Parteiveranstaltung durch Mitarbeiter des Thüringer Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur?

4. Welche Parteiveranstaltungen wurden in den letzten fünf Jahren in Räumen des Landkreises Saalfeld-Rudolstadt durchgeführt?

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Herr Staatssekretär Professor Dr. Merten.

Ja, vielen Dank, Herr Präsident. Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kowalleck wie folgt.

Zu Frage 1: Der Schulträger kann Dritten Räumlichkeiten der Schule für Veranstaltungen zur Verfügung stellen. Damit kann er auch Veranstaltungen von Parteien und politischen Gruppierungen in schulischen Räumen gestatten. Hierbei handelt es sich nicht um schulische Veranstaltungen. Sie finden außerhalb des Schulbetriebs statt und dürfen diesen nicht störend beeinflussen.

Zu Frage 2: Der Landkreis als Träger der Einrichtung entscheidet über die Nutzung seiner Räumlichkeiten eigenverantwortlich nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Landrätin vertritt den Landkreis gemäß § 109 Thüringer Kommunalordnung nach außen.

Zu Frage 3: Es erfolgte weder eine Unterstützung noch eine Begleitung der genannten Veranstaltung durch Mitarbeiter des Thüringer Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur.

Zu Frage 4: Da die Schulträger in eigener Verantwortung über die Nutzung ihrer Räumlichkeiten entscheiden, liegen der Landesregierung hierzu keine Informationen vor.

Es gibt eine Nachfrage durch den Abgeordneten Kuschel.

Danke, Herr Präsident. Herr Staatssekretär, wenn jetzt ein Schulträger die Nutzung der Schule gestattet, inwieweit sind denn da Grundsätze wie die Gleichbehandlung, zum Beispiel von Parteien, zu berücksichtigen?

(Abg. Renner)

Ich gehe davon aus, dass die grundsätzlich berücksichtigt werden, zumindest sind uns bis dato keine gegenteiligen Fälle bekannt.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wir werden das testen, wir stellen einen Antrag.)

(Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- tin: Auf dem Boden der Rechtsstaatlichkeit.)

Ja, die Ministerpräsidentin hat zu Recht noch ergänzt, sie müssen natürlich auf dem Boden des Grundgesetzes stehen. Das ist ganz klar, aber das unterstelle ich, dass das implizit mit Ihrer Frage gemeint war.

Es gibt eine weitere Nachfrage durch die Abgeordnete Rothe-Beinlich.

Ich habe Sie richtig verstanden, dass Sie jeder Schule, jedem Schulträger damit zubilligen, selbst zu entscheiden, ob auch gegebenenfalls Veranstaltungen von Parteien stattfinden, das finde ich ausdrücklich gut und richtig. Ich frage aber: Gibt es eine Handlungsempfehlung des TMBWK um auszuschließen, dass auch rechtsextreme Parteien dies nutzen? Das ist möglich über entsprechende Klauseln in Mietverträgen. Das würde mich interessieren.

Entschuldigung, Frau Abgeordnete, also es ist keine Frage des Zubilligens, das ist das Eigentum des jeweiligen Landkreises. Insoweit hat der Landkreis im pflichtgemäßen Ermessen zu entscheiden, auch vor dem Hintergrund, ob die entsprechenden Parteien sich auf verfassungsmäßigem Boden bewegen oder nicht, ob er Räume zur Verfügung stellt oder nicht. Wir haben da als Ministerium keinerlei Einflussmöglichkeit.

Es gibt eine weitere Nachfrage durch den Fragesteller.

Ist dem Ministerium insofern bewusst, auch aufgrund des geschichtlichen Hintergrundes des Landes Thüringen, was sich damit auch ergeben kann, wenn man die Schulen in dem Sinne den Parteien/ allen Parteien öffnet?

Herr Abgeordneter, ich müsste jetzt nachfragen, was Sie mit dieser impliziten Andeutung meinen, mir hat sich das jetzt nicht vor der Hand erschlossen. Ich habe eben schon ausgeführt, vor dem Hintergrund, dass die Parteien, die zugelassen werden zu Veranstaltungen, sich auf dem Boden des Grundgesetzes und der Thüringer Verfassung bewegen müssen, gibt es ansonsten keinerlei Einschränkungen. Die Parteien sind, um die Frage des Abgeordneten Kuschel noch einmal aufzugreifen, an der Stelle gleichberechtigt.

Ich sehe keine weiteren Nachfragen. Danke, Herr Staatssekretär. Ich rufe auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kuschel von der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/3363.

Vielen Dank, Herr Präsident.

Finanzsituation der Stadt Kahla

Die Stadt Kahla steht nach eigenen Angaben unmittelbar vor der Zahlungsunfähigkeit. Zur Abwehr der Zahlungsunfähigkeit wurde die Erhöhung des Kreditrahmens für Kassenkredite um 294.000 € auf fast 4,4 Mio. € erhöht. Die Stadt hat darüber hinaus Bedarfszuweisungen beim Land beantragt.