Protocol of the Session on September 16, 2011

Darüber hinaus werden von Gemeinden beantragte Neugliederungsmaßnahmen nicht von den Landkreisen versagt. Die Zuständigkeit für Gebietsänderungen von Landkreisen hat der Verordnungsgeber, also das Innenministerium, falls die beteiligten Landkreise oder beteiligten Gemeinden einverstanden sind, oder im Fall von Gebietsänderungen gegen den Willen beteiligter Landkreise und bei Bestandsänderungen von Gemeinden der Gesetzgeber, also der Thüringer Landtag. Schließlich ergibt sich aus der vorgeschlagenen Neuregelung von § 92 Abs. 3 ThürKO nicht eindeutig, ob die über Landkreisgrenzen hinweg neu geschaffenen Gemeindestrukturen nur einem Landkreis angehören sollen oder in mehreren Landkreisen gelegen sein können. Im letzteren Fall würde dies einen erheblichen zusätzlichen Verwaltungsaufwand hervorrufen, Entscheidungsprozesse aufwendig gestalten, verlängern und in der Praxis größte Probleme aufwerfen. Dies gilt zum Beispiel im gesamten Bereich der Kommunalaufsicht oder für die Zahlung der Kreisumlage. Im Ergebnis all dessen sieht die Landesregierung keinen Bedarf für die vorgeschlagene Änderung der Thüringer Kommunalordnung und lehnt daher den Gesetzesentwurf ab. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, SPD)

Danke, Herr Innenminister Geibert. Die Rednerliste ist damit abgearbeitet. Ich schließe die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung.

Es ist Überweisung an den Innenausschuss beantragt und deshalb stelle ich jetzt die Frage: Wer möchte das Sechste Gesetz zur Änderung der Thüringer Kommunalordnung, hier Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE, an den Innenausschuss überweisen, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das ist Zustimmung von den Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ist dagegen? Es gibt Gegenstimmen von der SPD-Fraktion, von der CDU-Fraktion und von der FDP-Fraktion. Damit ist die Ausschussüberweisung abgelehnt und ich schließe die Beratung für heute.

Ich rufe jetzt auf den Tagesordnungspunkt 36

Fragestunde

Wir beginnen mit der Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Hauboldt von der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/3249.

Zentrale Aufnahmeabteilung in der JVA Tonna Wie weiter?

Im Rahmen der Debatte um ein Suizidpräventionskonzept in Thüringen vor einigen Monaten sowie aktuell in Medienäußerungen zur Vorstellung des Musterentwurfs der Länderarbeitsgruppe für ein Strafvollzugsgesetz betonte das Thüringer Justizministerium, dass „zeitnah“ eine zentrale Aufnahmeabteilung in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Tonna eingerichtet werden soll. Nach Informationen, die dem Fragesteller bekannt geworden sind, soll es wegen der Zeitverzögerungen bei der Umsetzung dieses Projekts auch Kritik von Praktikern im Thüringer Justizvollzug geben.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie ist das von der Landesregierung - gegebenenfalls unter Hinzuziehung welchen externen Sach- und Fachverstandes - erarbeitete Konzept für eine zentrale Aufnahmeabteilung ausgestaltet insbesondere auch unter Berücksichtigung von Erfahrungen anderer Bundesländer?

2. In welchem zeitlichen Rahmen sollen die Konzepte für die zentrale Aufnahmeabteilung und zur Suizidprophylaxe im Thüringer Justizvollzug hinsichtlich welcher personellen, sächlichen und finanziellen Ausstattung umgesetzt werden - insbesondere wie soll der Übergang von der zentralen Aufnahmeabteilung in die sich anschließende Haftzeit in anderen JVA hinsichtlich therapeutischer und sozialer Unterstützung möglichst „bruchlos“ gestaltet werden?

3. Welche Gesichtspunkte der beiden o.g. Konzepte müssen nach Ansicht der Landesregierung in einem neuen Thüringer Strafvollzugsgesetz „abgesichert“ werden?

4. Welche kritischen Äußerungen von Fachleuten, Verbänden, Personalvertretungen usw. liegen der Landesregierung mit Blick auf die Umsetzung der Projekte „zentrale Aufnahmeabteilung“ und „Konzept zur Suizidprophylaxe in Thüringer JVA“ mit welcher Aussicht auf erfolgreiche Berücksichtigung in der weiteren Arbeit vor?

Vielen Dank. Für die Landesregierung antwortet der Justizminister Herr Dr. Poppenhäger.

Herr Präsident, sehr geehrter Abgeordneter Hauboldt, die Frage 1 möchte ich wie folgt beantworten:

Die Errichtung der zentralen Einweisungsabteilung ist Bestandteil des dem Landtag und den Fraktionen bereits übersandten Gesamtkonzepts zur Suizidprophylaxe im Justizvollzug des Freistaats Thüringen, auf das ich insoweit verweisen darf. Wesentliche Aufgabe der zentralen Einweisungsabteilung ist die Durchführung einer intensiven Behandlungsuntersuchung als Grundlage für die Vollzugs

(Minister Geibert)

planung. Sie soll auf vier Methodengruppen gestützt werden:

1. Erhebung zur Vorgeschichte, sogenannte Anamnese;

2. Verhaltensbeobachtung;

3. Durchführung von standardisierten Untersuchungsmethoden;

4. erörternde und beratende Gespräche zwischen den Gefangenen und den diagnostisch tätigen Bediensteten nebst Einholung einer Stellungnahme des Gefangenen zu den bisher über ihn vorliegenden Befunden sowie Erkundung der Vorstellungen, Planung und Wünschen des Gefangenen hinsichtlich seines weiteren Aufenthalts im Vollzug nach der Entlassung.

Die Konzeption der Behandlungsmethoden obliegt einer Arbeitsgruppe unter Beteiligung von Praktikern und Mitarbeitern der Aufsichtsbehörde, die ihre Tätigkeit bis zum Jahresende abschließen soll.

Zu Frage 2: Die zentrale Einweisungsabteilung wird im Hafthaus H der Justizvollzugsanstalt Tonna eingerichtet. Dieses Hafthaus ist zentral auf dem Gelände der Anstalt gelegen und erspart durch seine unmittelbare Nähe zum Verwaltungsbereich sowie zum medizinischen Bereich lange Wege. Dort können auf drei Etagen mit jeweils zwei Fluren 96 Gefangene untergebracht werden. Das Hafthaus H muss für seine künftige Verwendung baulich umgestaltet werden. Die Umgestaltung erfolgt in Anlehnung an die Empfehlungen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Suizidprävention im Justizvollzug. Darüber hinaus wurde damit begonnen, das für die zentrale Einweisungsabteilung erstellte Konzept zur farblichen Gestaltung umzusetzen. Da die notwendigen baulichen Renovierungsmaßnahmen im laufenden Betrieb erfolgen, kann dies nur schrittweise erfolgen. Nach Fertigstellung und Abnahme des ersten Teilbereichs im Oktober soll mit einem Probebetrieb begonnen und in den anderen Bereichen die Umgestaltungsarbeiten weitergeführt werden. Die im Rahmen der Vollzugsplanung festgelegten Behandlungsmaßnahmen werden nach der Verlegung der Gefangenen in den dann zuständigen Justizvollzugseinrichtungen umgesetzt werden.

Zu Frage 3 möchte ich zunächst erneut auf das einheitliche Gesamtkonzept der Suizidprophylaxe im Justizvollzug des Freistaats Thüringen hinweisen, das die Landesregierung erarbeitet hat und dessen Kernpunkte die Einrichtung einer zentralen Einweisungsabteilung in der JVA Tonna sowie eines kriminologischen Dienstes sind. Der Musterentwurf für ein Landesstrafvollzugsgesetz regelt im zweiten Abschnitt die Aufnahmediagnose und die Vollzugsplanung. Im 17. Abschnitt wird die kriminologische Forschung behandelt. Weiteren Handlungsbedarf sieht die Landesregierung insoweit nicht.

Zu Frage 4: Ich stelle meiner Antwort wiederum den Hinweis voran, dass die Landesregierung ein einheitliches Gesamtkonzept zur Suizidprophylaxe im Justizvollzug erarbeitet hat. In einer Anhörung des Ausschusses für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten des Thüringer Landtags im Oktober 2010 ist das Konzept allgemein auf breite Zustimmung gestoßen. Vereinzelt kritische Stimmen hat das Thüringer Justizministerium aufmerksam zur Kenntnis genommen und - soweit es möglich war bei der Fertigstellung des Gesamtkonzepts für Thüringen berücksichtigt. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

Danke, Herr Minister. Es gibt den Wunsch auf Nachfrage durch den Fragesteller.

Danke schön, Herr Präsident. Zwei Nachfragen. Erste Frage: Sie haben davon gesprochen, das Hafthaus H wird umgestaltet. Sehen Sie da irgendein Kapazitätsproblem in der Umgliederung oder Umsetzung von Gefangenen in andere Hafthäuser durch die Einrichtung der zentralen Aufnahmeabteilung?

Zweite Frage: Wir sprechen immer von der zentralen Aufnahmeabteilung in Tonna, es gibt aber auch den Wunsch, in den Diskussionen war das wahrnehmbar, dass es auch Aufnahmeabteilungen in den anderen JVAs geben müsse und da gab es ja Verbesserungsvorschläge im Umgang mit neuen Gefangenen. Wird das mit berücksichtigt?

Wir wollen die Situation schrittweise verbessern. Ich glaube, da sind wir uns einig. Mir sind keine Probleme bekannt geworden, dass im Rahmen der Planung in Tonna jetzt Kapazitätsprobleme auftreten würden. Weitere Schritte, wenn Tonna vollzogen ist, will ich mir ausdrücklich vorbehalten, aber zunächst mal gehen wir den Schritt, dass wir die JVA Tonna so ausstatten wollen, wie wir es geplant haben. Da sind wir noch nicht angekommen.

Weitere Nachfragen sehe ich nicht. Danke, Herr Minister. Wir kommen jetzt zur Mündlichen Anfrage der Abgeordneten Siegesmund von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 5/ 3262. Diese wird vorgetragen von der Abgeordneten Schubert.

(Minister Dr. Poppenhäger)

Sanierung der Brauchwassertalsperre „Aubachtal“ in Mohlsdorf bei Greiz

Der Fischereiverein „Goldene Aue“ e.V. ist seit 2000 Eigentümer des oben genannten ehemaligen Brauchwasserspeichers (ehemals: GREIKA) bei Greiz und betreibt am Speicher Aubachtal seine Vereinsaktivitäten mit Jugendarbeit. Bereits im vergangenen Jahr wurde aus Gründen des Hochwasserschutzes Wasser aus dem Speicher gelassen. Seit diesem Jahr wurden durch die TLUG Sanierungsarbeiten begonnen, ohne den Grundstückseigentümer ausreichend über die Planungsvarianten zu informieren. Dieser zog hierfür einen Anwalt heran.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche konkreten Sanierungsarbeiten werden am Speicher Aubachtal durchgeführt und welche Kosten werden hierfür voraussichtlich entstehen?

2. Soll der Stau trockengelegt werden und falls ja, wurden andere Alternativen geprüft?

3. Welche Bedeutung hat der Speicher nach Ansicht der Landesregierung für den Hochwasserschutz in und um Greiz?

4. Welche Ausgleichsmaßnahmen sind generell für den Eigentümer vorgesehen und wird dieser ausreichend über die Planung und Durchführung der Maßnahmen informiert?

Für die Landregierung antwortet der Minister für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz, Herr Reinholz.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, bevor ich namens der Landesregierung die Mündliche Anfrage der Abgeordneten beantworte, gestatten Sie mir einige Erläuterungen des Gesamtzusammenhangs.

Der Fischereiverein „Goldene Aue“ e.V. ist Grundeigentümer der Brauchwassertalsperre Aubachtal. Er hatte die Grundstücke gekauft, ohne allerdings zu beachten, dass es sich um eine technische Anlage mit erheblichem Sanierungsaufwand handelt. Als Eigentümer konnte er als Zustandsstörer durch die Talsperrenaufsicht für die Sanierung der Stauanlage verantwortlich gemacht werden. Ein entsprechender Bescheid war bereits vorbereitet. Der Fischereiverein ist nicht Inhaber einer Staugenehmigung. Einen Stauberechtigten gibt es an der Talsperre nicht. Im Rahmen der Gesetzesnovelle fiel damit die Talsperre unter die Regelung des § 67

Abs. 5 und ist Bestandteil der Anlage 5 des Thüringer Wassergesetzes, welches die sogenannten herrenlosen Stauanlagen enthält. Zumindest ist nun das Land in erster Linie für Instandsetzung oder Rückbau der Talsperre zuständig. Danach wird diese durch die Kommunen unterhalten. Die an der Talsperre erforderlichen Sanierungsleistungen gingen weit über das dem Verein verfügbare Budget hinaus. Somit rettete die gesetzliche Regelung den Verein vor dem finanziellen Ruin.

Im Weiteren werden Land und Kommune entscheiden, was aus der Talsperre wird. Die Belange des Fischereivereins können nur soweit Berücksichtigung finden, wie sie mit der Zielstellung der Kommune in Übereinstimmung zu bringen sind und technisch und wirtschaftlich auch realisiert werden können. Der Fischereiverein hat jederzeit die Möglichkeit, das Staurecht zu beantragen. Unter der Voraussetzung, dass er seine Leistungsfähigkeit zur Sanierung und zum Betreiben der Anlage nachweist, kann er die Talsperre dann nach eigenen Vorstellungen gestalten und natürlich auch nutzen.

Nun zu den konkreten Fragen:

Zu Frage 1: Bisher hat das Land rund 200.000 € für erforderliche Maßnahmen der Gefahrenabwehr investiert. Die günstigste Variante Teilrückbau wird mit ca. 500.000 € veranschlagt, die teuerste Variante mit über 1 Mio. €.

Zu Frage 2: Untersucht wurden fünf Varianten: die vollständige und teilweise Beseitigung, ein grünes Hochwasserrückhaltebecken, der Erhalt eines Teildauerstaus bis hin zu einer Variante, welche die Interessen des Fischereivereins vollständig berücksichtigt. Eine Variantenentscheidung steht aus und soll kurzfristig durch die Stadt erfolgen. Diese muss bei Wahl einer Variante, die über den gesetzlichen Auftrag des Landes hinausgeht, die Mehrkosten tragen. Entscheidet die Stadt nicht, wird die TLUG auf Grundlage der vorliegenden Gefahrenabwehranordnung eine Planfeststellungsanfrage für die teilweise Beseitigung stellen.

Zu Frage 3: Bei einem Ausbau zu einem grünen Hochwasserrückhaltebecken kann durch den Speicher auch ein guter lokaler Hochwasserschutz erzielt werden. Im Ursprungszustand hat er ein Hochwasser des Aubachs bis lediglich HQ2 zurückgehalten, mit dem Ausbau zum Grünbecken könnte ein HQ20 zurückgehalten werden. Wird ergänzend der Aubach ausgebaut - Kosten ca. 170.000 € - wäre sogar ein Schutzgrad von nahezu HQ100 erreichbar.

Zu Frage 4: Für den Eigentümer sind keine Ausgleichsmaßnahmen vorgesehen. Es gibt dafür auch keinen Rechtsanspruch. Die maßgeblichen Planungsschritte wurden und werden von der TLUG mit dem Fischerverein abgestimmt. Der Fischereiverein wurde in Kenntnis gesetzt, dass die TLUG

sich an den Stadtratsbeschluss der Stadt Greiz bindet.