Protocol of the Session on September 16, 2011

(Abg. Günther)

Frage Innenstadt versus der großen Einkaufszentren. In der alten Regelung, als es noch Schlusszeiten gab, die der Gesetzgeber vorgegeben hat, gab es nicht die Möglichkeit, dass der eine Teil des Anbieters dem anderen Teil einfach durch die geöffneten Pforten einen Wettbewerbsvorteil abjagen konnte. Es war einfach für alle Beteiligten Schluss. Da kann man streiten, ob 18.30 Uhr, wie es damals war, der richtige Weg war oder ob 21.00 Uhr, aber rund um die Uhr von Montag bis Samstag alles freizugeben, heißt, dass diejenigen, die marktmächtig sind, alle anderen vom Markt vertreiben, weil die kleineren mit den Kostenstrukturen gar nicht mehr mithalten können. Da, meine Damen und Herren, lohnt es sich einmal - das war nämlich eine zweite Analyse, die damals angestellt wurde und die Ihnen scheinbar völlig egal ist - das Verhältnis der großen Einkaufsmaschinen zu attraktiven Innenstädten zu betrachten. Wenn im Thüringen-Park vorgeschrieben ist, wann jeder, der dort einen Laden hat, öffnen muss, dann wird eben eine hohe Präsenz sichergestellt, und wenn in der Innenstadt der kleine Händler nicht mehr mithalten kann, verliert die Innenstadt im Verhältnis zu den großen Einkaufszentren.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn Sie sich dann mal anschauen - am Beispiel Berlin lässt sich das mittlerweile sogar vom Einzelhandelsverband nachweisen -, dass die großen Einkaufsmaschinen wie Staubsauger die Kunden abziehen und damit die Vielfalt im Markt zerstört wird, in dem Sinne lohnt es sich tatsächlich, auch über das nachzudenken, was Kollege Günther gerade vorgeschlagen hat, das wäre ein guter Weg, wenn wir nicht nur zu den Öffnungs- und Schlusszeiten, sondern auch klare Regelungen für die Arbeitnehmer hätten, die auch deutlich macht, jeder, der dort beschäftigt ist, muss seine Schutzansprüche auch gesetzlich durchsetzen können. Insoweit ist es wirklich auch richtig, die Arbeitsverhältnisse darin zu regeln, und es wäre noch besser, wenn wir ein Gesetz hätten, das endlich regeln würde, dass in keiner filialisierten Verkaufseinrichtung mehr eine einzelne Person alleine stehen darf.

(Beifall DIE LINKE)

Für Banken ist das geregelt. Für Zahlstellen ist das geregelt. Selbst für Tankstellen ist das geregelt. Aber im Einzelhandel ist es nicht geregelt und das halte ich für ein Problem. Bei der Tankstelle ist klar, ab wann der Spätverkauf nur noch mit einer Schublade erledigt werden darf. Das hat etwas mit Schutz zu tun - Schutz der Menschen. Wenn man sich anschaut, wie die Überfallsquote mittlerweile auf Kleinstfilialen - das sind Großkonzerne, die die Atomisierung des Einzelhandels betrieben haben -, wie die mittlerweile mächtig dafür sorgen, dass Arbeitnehmerrechte mit Füßen getreten worden sind.

Eine letzte Bemerkung, die kann ich mir nicht ersparen. Der Tarifvertrag Einzelhandel war einmal in Thüringen allgemeinverbindlich. Er hatte eine regulierende Kraft. Das heißt, die Chancen und die Regeln, die darin festgesetzt waren, galten für alle, die im Markt tätig waren. Gegen die Allgemeinverbindlichkeit wettert die FDP auch immer. Das heißt, auf allen Seiten soll alles weggehauen werden, was im Kern Arbeitnehmerschutz ausmacht. Das halte ich für das eigentlich Verwerfliche.

(Unruhe FDP)

In dem Sinne brauchen wir eine Stärkung der Arbeitnehmerrechte. Ich bin dann gespannt auf die Ausschussberatung, von der FDP kenne ich das Geschwätz seit 30 Jahren. Sie wollen die Arbeitnehmerrechte kaputt machen. Das Ladenschlussgesetz war für Sie immer nur das Einstiegsmodell.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Ständiges Wiederholen macht Ihr Geschwätz nicht bes- ser.)

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Rest ist einfach nur moralisch ein Zeug, das Sie hier erzählen. Sonntagsruhe ist Ihnen eben nicht heilig.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Dummes Zeug.)

Für die FDP-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Hitzing zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, ich würde hier ganz gern noch mal so einiges klarziehen. Als Erstes muss ich Ihnen sagen, sehr verehrter Herr Kollege Ramelow, die Unverschämtheit, mit der Sie uns hier entgegentreten, ist kaum noch zu übersteigen, das muss ich Ihnen sagen.

(Beifall FDP)

Wir haben in unserer Debatte zu dem Gesetz,

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Die Verkäufer führen zu Recht heftige Klagen.)

das ich vorhin angesprochen habe, das vor 19 Monaten durch uns hier eingebracht worden ist, also mit den Vorschlägen, in keinster Weise darüber gesprochen, dass jeder Sonntag geöffnet werden soll,

(Beifall FDP)

sondern wir haben lediglich darum geworben, dass im Rahmen der vier möglichen offenen Sonntage

(Abg. Ramelow)

pro Jahr einer zusätzlich in der Adventszeit liegen kann.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Ad- vent, Frau Hitzing, Advent heißt das.)

Die Zahl „vier“ haben und wollten wir nie verändern.

(Beifall FDP)

Das, was jetzt mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung kommt, ist eine Art Flexibilisierung in der Art und Weise, dass die Regionen entscheiden können, ob sie sich für den ersten und zweiten Advent entscheiden, also nähert sich das an. Das war alles, was ich dazu gesagt habe. Ich möchte Ihnen wirklich dringend raten, machen Sie nicht eine Debatte, die zum Schluss rausbringt, die FDP will jeden Sonntag eröffnen, das ist purer Populismus und es ist gelogen.

(Beifall FDP)

Sie haben eben zu mir gesagt, es steht irgendwo in der Bibel, du sollst nicht lügen, darum bitte ich Sie auch. Danke.

(Beifall FDP)

Ich sehe keine weiteren Redeanmeldungen mehr. Die Landesregierung hat nicht signalisiert, noch einmal das Wort zu ergreifen. Ich kann damit die Aussprache zu beiden Gesetzentwürfen schließen. Wir stimmen aber über die einzelnen Ausschussüberweisungen ab.

Als Erstes kommen wir zur Abstimmung zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung, hier zur Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit und an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit.

Ich lasse zuerst darüber abstimmen, diesen Gesetzentwurf an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus allen Fraktionen. Ich frage nach den Gegenstimmen. Es gibt keine Gegenstimmen. Ich frage nach Stimmenthaltungen. Es gibt keine Stimmenthaltungen.

Nun kommen wir zur Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit. Wer dieser zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind auch die Stimmen aus allen Fraktionen. Ich frage nach den Gegenstimmen. Die gibt es nicht. Stimmenthaltungen? Stimmenthaltungen gibt es auch nicht.

Wir können jetzt über die Federführung abstimmen. Sie soll beim Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit liegen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus allen Fraktionen. Ich frage nach Gegenstimmen. Die

gibt es nicht. Stimmenthaltungen? Stimmenthaltungen gibt es auch nicht. Die Federführung wird beim Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit liegen und der Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit wird diesen Gesetzentwurf mitberaten.

Als Zweites kommen wir zur Ausschussüberweisung des Gesetzentwurfs der Fraktion DIE LINKE zunächst wieder an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit. Wer dieser zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus allen Fraktionen. Ich frage nach den Gegenstimmen. Es gibt keine Gegenstimmen. Gibt es Stimmenthaltungen? Stimmenthaltungen gibt es nicht. Damit ist diese Überweisung vorgenommen worden.

Wer der Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind auch die Stimmen aus allen Fraktionen. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen? Stimmenthaltungen gibt es auch nicht.

Wir stimmen nun über die Federführung ab, auch hier beim Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit. Wer diesem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind wieder die Stimmen aus allen Fraktionen. Gibt es Gegenstimmen? Die gibt es nicht. Stimmenthaltungen? Gibt es auch nicht. Die Federführung liegt auch hier beim Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit und der Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit berät mit.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 6 a und b und rufe nun Tagesordnungspunkt 7 auf

Thüringer Gesetz zur Änderung gerichtsorganisatorischer Regelungen Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 5/3205 ERSTE BERATUNG

Der Justizminister steht schon in der Einlaufkurve. Bitte, Herr Minister Poppenhäger.

(Heiterkeit im Hause)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, nach der engagierten Debatte um das Ladenschlussgesetz und um die Ladenöffnungszeiten kann ich Ihnen jetzt ein hoffentlich unstreitiges Gesetz der Landesregierung vorstellen.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Na, na, na, warten Sie mal ab.)

(Abg. Hitzing)

Herr Kuschel sagt zu Recht, man muss erst einmal abwarten.

Durch das Thüringer Gesetz zur Änderung gerichtsorganisatorischer Regelungen soll nämlich - anders als der Name vielleicht vermuten lässt - nicht die derzeitige Organisation der Gerichte in Thüringen in eine andere Richtung gelenkt oder verändert werden, es soll vielmehr der eingeschlagene Weg beibehalten werden. Mit dem Gesetzentwurf soll die Befristung der Zweigstellen der Thüringer Amtsgerichte bis zum Jahr 2018 verlängert werden. Die dazu erforderliche Änderung des Gerichtsstandortegesetzes soll sicherstellen, dass die vier amtsgerichtlichen Zweigstellen in Bad Langensalza, Bad Lobenstein, Ilmenau und Saalfeld nicht abrupt zum Jahresende wegfallen. An den amtgerichtlichen Hauptstellen in Mühlhausen, Pößneck, Arnstadt und Rudolstadt konnten bislang die baulichen und räumlichen Voraussetzungen zur Aufnahme der Zweigstellen noch nicht geschaffen werden. Am Ziel der künftigen räumlichen Zusammenführung von Zweig- und Hauptstellen wird aber unverändert festgehalten. Eine örtliche Zusammenführung bedarf aber noch eines größeren zeitlichen Vorlaufs. Wie bei den bereits aufgelösten Zweigstellen in Artern, Leinefelde-Worbis und Schmalkalden gilt es auch für die noch aufzulösenden Zweigstellen, eine nachhaltige Lösung zu gewährleisten. Dazu gehört selbstverständlich auch eine angemessene Unterbringung an den Hauptstellen der Amtsgerichte. Kurzfristige provisorische Lösungen an den Hauptstellen liegen weder im Interesse der Thüringer Landesregierung noch der Justizbediensteten oder auch der Bürgerinnen und Bürger.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, weiterhin soll mit dem Gesetzentwurf sichergestellt werden, dass die amtsgerichtlichen Wirtschaftsstrafsachen - ein wichtiges Thema durchaus auch in Thüringen - auch weiterhin bei den Amtsgerichten mit Sitz der Landgerichte konzentriert sind. Die Konzentration ermöglicht eine Spezialisierung der Gerichte und sichert damit eine effektive Bearbeitung der Wirtschaftsstrafsachen. Die Konzentrationszuständigkeit steht bislang aufgrund des § 12 Abs. 1 der Thüringer Verordnung um die gerichtliche Zuständigkeit in der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Die Verordnung tritt allerdings zum 31. Dezember dieses Jahres außer Kraft. Sie kann hinsichtlich der Zuständigkeit in amtsgerichtlichen Wirtschaftsstrafsachen nicht durch Rechtsverordnung verlängert werden, da in der Zwischenzeit die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage weggefallen ist. Der bewährte Rechtszustand kann aber auf der Grundlage von § 13 a Gerichtsverfassungsgesetz beibehalten werden und sollte dies nach meiner Auffassung auch. Danach ist es möglich, bestehende Konzentrationen der Wirtschaftsstrafsachen eben durch Gesetz zu regeln. Dies ist im Gesetzentwurf durch eine entsprechende Ergänzung des Thüringer Aus

führungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz vorgesehen. Die vorgesehene Regelung ist damit identisch mit der derzeitigen Regelung. Die ohnehin erforderliche Änderung des Thüringer Ausführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz soll genutzt werden, um das Thüringer Ausführungsgesetz zu entfristen. Eine Befristung des Ausführungsgesetzes ist im Hinblick auf seine grundsätzliche Bedeutung auch wenig sinnvoll, da das Gesetz die landesrechtliche Umsetzung des Gerichtsverfassungsgesetzes darstellt und eben dauerhaft benötigt wird.