Protocol of the Session on September 15, 2011

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für andere? Wir sind alle Europa!)

Natürlich sind es andere.

Deshalb muss man schauen, dass jede weitere Verpflichtung, die in Europa eingegangen wird, parlamentarisch legitimiert wird. Wenn das gelingt, dann sieht man auch, wo die Rahmenbedingungen sind. Mitreden bei den Entscheidungen in Brüssel durch die Parlamente, Aufpassen in Berlin, dass die Konsolidierung auch tatsächlich gelingt und zu Hause die Hausaufgaben so machen, dass Konsolidierung weiter gemacht wird, da sind wir in den jungen Ländern - abschließenderweise will ich das sagen - in besonderer Weise in Verpflichtung. Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Thüringen sind die Länder, die ohne neue Schulden auskommen.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die hatten eine Gebietsreform.)

Manchmal schauen die Westländer auf diese drei Bundesländer und sagen: Ihr schafft das ja nur, weil wir euch Geld geben. Zu Recht! Aber was wäre denn, wenn die Ostländer, die jungen Bundesländer Drittmittel aus dem Länderfinanzausgleich und aus dem Solidarpakt und trotzdem noch Schulden machen würden? Das würde doch dem zuwiderlaufen, was eigentlich gemacht werden soll, nämlich die teilungsbedingten Lasten zu beseitigen, die wir vorgefunden haben. Deswegen müssen die neuen Länder in besonderer Weise vorangehen und Haushalte ohne neue Schulden aufstellen, damit sie dann ohne die Drittmittel nach 2019 auskommen. Deswegen gilt ein Satz, den ich auch als Leitsatz für die ganze Debatte, die wir auch bundesweit bestreiten müssen, mit auf den Weg geben will: Ein Solidarpakt III kann nicht die Lösung der Länderfinanzprobleme sein, die Länder müssen ihre Aufgaben allein lösen, nur dann sind wir gut aufgestellt. Wir sind auf dem richtigen Weg, wir unterstützen die Regierung von Christine Lieberknecht in dieser Frage ausdrücklich und in besonderer Weise. Wir werden diesen Haushalt intensiv beraten und dann auch hier im Parlament im Dezember verabschieden. Dann haben wir gute Weichen gestellt für 2012 und die Zukunftsfähigkeit dieses Freistaats Thüringen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Für die FDP-Fraktion hat sich der Abgeordnete Barth zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich möchte zunächst auch kurz in die Vergangenheit schauen, allerdings nicht so weit in irgendwelche guten alten Zeiten, sondern mehr in die letzten zwei Jahre.

Es gibt ein Sprichwort, das heißt: „Die Hoffnung stirbt zuletzt“. Ich hatte in den letzten beiden Jahren immer wieder eine Hoffnung,

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das ist euer Leitspruch zurzeit.)

(Heiterkeit SPD)

die Hoffnung auf einen ausgeglichenen Haushalt. Denn diese Hoffnung auf einen Haushalt ohne neue Schulden gab es und die hat auch diese Regierung immer wieder geschürt. Die Ministerpräsidentin hat in einer Jenaer Rede im Juni 2010 gesagt: „Wir werden sparen, hart sparen, damit Thüringen auch im Jahr 2020 einen soliden Haushalt aufweisen kann.“ In der TLZ im gleichen Zeitraum hieß es dann: „Es hat keinen Sinn, die dringend er

forderliche Konsolidierung des Haushalts ein um das andere Jahr zu verschieben.“ Die Abteilung „Verkauf“ hat also gut funktioniert. Es war aber - zumindest zu der Zeit zunächst - ein sogenannter Leerverkauf. Sie haben etwas angeboten, was Sie überhaupt nicht hatten.

(Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- tin: Das ist überhaupt nicht wahr.)

Ganz anders hat zu der Zeit die Abteilung „Inhalt“ funktioniert, also die Abteilung „Sparen und Konsolidieren“, die hat nämlich überhaupt nicht gearbeitet. Die Mitarbeiter, die Arbeitskräfte waren ausgeliehen an die Abteilung „Geschenke und Wünsche“ und einige dieser Leiharbeiter haben bedauerlicherweise dort einen Dauerarbeitsplatz gefunden. Im Gegensatz zur realen Wirtschaft finde ich es an der Stelle ausdrücklich mal nicht gut, dass das funktioniert.

(Beifall FDP)

Im Kultusministerium, im Haus des stellvertretenden Ministerpräsidenten, der sitzt dort, er sitzt nicht auf dem leeren Stuhl da, auch wenn man gelegentlich einen anderen Eindruck haben könnte, entstanden Spiegelreferate der Spiegelreferate in der Staatskanzlei. Wir wollen ja nicht wieder mit LeninZitaten um uns werfen, aber Sie wissen schon, Vertrauen ist gut. So viel zum Klima in der Koalition. Herr Machnig, der eigentlich auf den leeren Stuhl dort gehört, hat Agenturen eingerichtet und hat auch welche beschäftigt. Die ersten, die er eingerichtet hat, das sind die mit den Dauerarbeitsplätzen, die uns noch viele Jahre im Landeshaushalt beschäftigen werden, meine Damen und Herren.

(Beifall FDP)

Und - die Vorredner haben es auch schon gesagt in der Staatskanzlei gibt es jetzt eine Stabsstelle mit dem bösen G-Wort im Titel, Gebietsreform - dazu später mehr. Ich greife noch einmal ein Zitat von Ihnen auf, Frau Ministerpräsidentin: „Es hat keinen Sinn, die dringend erforderliche Konsolidierung des Haushalts das eine um das andere Jahr zu verschieben.“ Angesichts der Entwicklung der Haushalte in den letzten Jahren führt das allerdings zu der Frage, warum Sie trotz dieser Erkenntnis genau das Gegenteil getan haben. Es führt zu der Frage, warum Sie trotz dieser Erkenntnis Ihrem Koalitionspartner seine teuren Wahlgeschenke mitfinanziert haben?

(Beifall FDP)

Das führt zu der Frage, warum Sie trotz dieser Erkenntnis binnen zweier Jahre - 2010 und 2011 - eine Neuverschuldung von 1,5 Mrd. € zugelassen hätten? Das führt zu der Frage - das waren die Haushaltsansätze, die hätten Sie zugelassen schließlich auch, warum Sie auch Ihrerseits trotz dieser Erkenntnis die Geschenke der SPD freiwillig

(Abg. Mohring)

angenommen haben, etwa die Beibehaltung des Landeserziehungsgeldes, um die Koalition mit den Sozialdemokraten auch in Ihrer eigenen Partei zu rechtfertigen und schön zu machen.

(Beifall FDP)

Am Ende sind in den beiden Jahren immerhin noch 840 Mio. € neue Schulden übrig geblieben, nachdem Sie bereits - der Finanzminister hat es schon gesagt - in den Jahren 2007 bis 2009 ausgeglichene Haushalte hatten. Jetzt kann man sagen nur 840 Mio. €. Ich sage das nicht. 840 Mio. € zusätzliche unnötige Schulden sind tatsächlich überhaupt kein Grund zum Jubeln.

(Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- tin: Das stimmt doch gar nicht.)

Und selbst, Frau Ministerpräsidentin, wenn es vielleicht nur 810 sind, ist auch das kein Grund zum Jubeln, denn jeden einzelnen dieser Euros müssen wir zurückzahlen und vor allem müssen wir Zinsen dafür bezahlen. 30 Mio. € jedes Jahr müssen wir allein für die Schulden, die Sie in den letzten beiden Jahren gemacht haben, an Zinsen bezahlen.

Für die Haushaltspolitik der Landesregierung der letzten zwei Jahre finde ich den Spruch von Seneca, den man gelegentlich auf Geburtstagskarten liest, sehr zutreffend, der gesagt hat: Es ist nicht zu wenig Zeit, die wir haben, sondern es ist zu viel Zeit, die wir nicht nutzen.

(Beifall FDP)

Frau Ministerpräsidentin, beim Sparen, bei der von Ihnen als richtig und dringend erforderlich erkannten Konsolidierung des Landeshaushalts, haben Sie, hat Ihre Landesregierung und haben auch und gerade die Fraktionen von CDU und SPD, die diese Regierung tragen, die letzten beiden Jahre schlicht ungenutzt verstreichen lassen. Sie haben Thüringen trotz aller Lippenbekenntnisse sehenden Auges weiter in die Schuldenfalle getrieben.

(Beifall FDP)

Sie haben unserem Land einen Bärendienst erwiesen, Sie haben Begehrlichkeiten geweckt in den letzten Jahren, indem Sie zusätzliche ausgabenwirksame Strukturen neu geschaffen haben, anstatt von Anfang an strukturell zu sparen. Sie haben sich feige vor Ihrer Verantwortung gedrückt, meine sehr verehrten Damen und Herren von CDU und SPD. Anstatt Ihren Wählern reinen, zugegebenermaßen sauren, Wein von Anfang an einzuschenken, haben Sie süße Bonbons verteilt und dann war das genauso wie das im richtigen Leben ist, Bonbons machen dick und krank und genauso ist es auch im Landeshaushalt gewesen.

(Beifall FDP)

Kollege Mohring hat im August 2010 in der TLZ sich mit den Worten zitieren lassen: Die 1 Mrd.

Mehrausgaben, die merkt man gar nicht, wenn man jetzt durch das Land geht. Die Ministerien kommen nur schlecht davon herunter. Die Ministerien, Herr Kollege Mohring, das ist Ihre Landesregierung, das ist die Regierung, die auch von Ihrer Fraktion mitgetragen wird. Und der Haushaltsgesetzgeber, der Haushaltsgesetzgeber, das sind wir, das ist das vom Volk gewählte Parlament, meine sehr verehrten Damen und Herren, und in dem haben Sie von der CDU gemeinsam mit den Kollegen von der SPD die Mehrheit und damit auch die Verantwortung. Wenn Sie das wollten, dann müssten die Ministerien davon herunter, wie Sie das ausgedrückt haben. Das ist aber ganz klar, wenn dieselbe Mehrheit, die die Mehrausgaben beschlossen hat, jetzt Sparen beschließen würde, dann müssen die davon runter. Allein das Problem besteht doch darin, dass sie in Wahrheit gar nicht da runter wollten und es offenkundig auch jetzt nicht wollen, dazu komme ich noch.

Sie haben sich daran gewöhnt zu sündigen, Sie haben sich daran gewöhnt, mehr Geld auszugeben, Wohltaten und Zuwendungsbescheide zu verteilen, das ist politisch natürlich auch viel einfacher und angenehmer, als einen schlanken Haushalt mit Sparmaßnahmen zu beschließen. Das ist ähnlich, wie bei der Diät. Je später man sie ansetzt, um so schwieriger ist der Übergang vom Essen zum Fett verbrennen. Es wird umso schmerzhafter, je länger wir damit warten. Wir haben Vorschläge gemacht, wir wissen auch alle, wie die hier behandelt worden sind, trotzdem will ich es noch mal sagen. Wir haben Vorschläge gemacht, wenn Sie unseren Vorschlägen gefolgt wären, dann wäre schon in diesem Jahr eine Null durchaus möglich gewesen. Auch weil die Ansätze sich anders entwickelt haben, als sie am Anfang ausgesehen haben, wäre schon in diesem Jahr eine Null möglich gewesen.

(Beifall FDP)

Sie haben aber in den letzten beiden Jahren vorgezogen, die Diät auszusetzen und weiter zu sündigen.

Herr Dr. Pidde, auch Mitglied dieser Parlamentsmehrheit, die das alles beschlossen hat,

(Zwischenruf Abg. Pelke, SPD: Der braucht nicht abzunehmen, der ist schlank genug.)

für den sind Thüringer Erziehungsgeld,

(Unruhe SPD)

Landesarbeitsmarktprogramm, Thüringer Energieund Greentech-Agentur, Imagekampagne und all die vielen anderen großen und kleinen christ- und auch sozialdemokratischen Prestigeobjekte alles unvermeidliche Ausgaben. Ich nenne das Ausgabensünden, meine Damen und Herren, die Sie, die SPD und CDU gemeinsam, zu verantworten haben

und für die Sie alle, Ihre Kinder und Ihre/unsere Enkel, noch zahlen müssen.

(Beifall FDP)

Meine Damen und Herren, wenn das nur Ihre Kinder wären, dann müssten Sie das denen erklären und dann wäre das auch Ihr Problem. Der Punkt ist aber, es sind unser aller Kinder, es sind meine Kinder und es sind auch die Kinder all derer, die in Thüringen wohnen, die jetzt zuhören, und auch derer übrigens, die nicht zuhören. All diese Kinder und Enkel müssen für diese Sünden geradestehen. All diese Kinder und Enkel müssen diese Lasten, die Sie ihnen aufgebürdet haben auch in den letzten zwei Jahren, mit ausbügeln

(Beifall FDP)

unter Verzicht auf Dinge, für die dann eben kein Geld da ist.

Nun legt die Landesregierung für das Jahr 2012 einen Entwurf für einen ausgeglichenen Haushalt vor. Thüringen will 2012 keine neuen Schulden machen. Sollte sich meine Hoffnung also doch noch erfüllen?

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Hoff- nung ist der Mangel an Informationen.)

(Beifall DIE LINKE)