Protocol of the Session on September 15, 2011

(Unruhe DIE LINKE)

Da gab es die Fusion mit Altwestdeutschland, aber entscheidend bleibt doch eins, wenn man der guten alten Zeit der PDS, offensichtlich steckt ja auch der Singsang dahinter, der guten alten Zeit der SED hinterhertrauert und

(Unruhe DIE LINKE)

dann sich hierher stellt und vom Schatten der CDULandesregierung spricht und von den Schulden, die in den letzten zwei Jahrzehnten - 16 Mrd. € - aufgenommen wurden; da will ich eins sagen: Als dieser Freistaat Thüringen 1990 wiedergegründet wurde, da ist er nicht aus einem luftleeren Raum entstanden, sondern er hat ein Erbe vorgefunden.

(Beifall CDU, FDP)

Ich will daran gern erinnern, an tote Flüsse, an zerstörte Natur, an kaputte Wälder, an zerschlissene Infrastruktur. All das war das Erbe, was Ihre Vorgängerpartei uns hinterlassen hatte. Dieses Erbe musste durch Infrastrukturmaßnahmen beseitigt werden. Dass wir heute blühende Landschaften hier draußen sehen in Erfurt und in ganz Thüringen, das liegt an dem Aufbauwillen der Thüringerinnen und Thüringer, das liegt an der Solidarität der alten Länder, das liegt an der Solidarität des Bundes und das liegt auch an den Landesregierungen, die diese Arbeit in den letzten zwei Jahrzehnten geleistet haben.

(Beifall CDU, SPD)

Deswegen sage ich ganz klar, trauern Sie den alten Zeiten hinterher, gratulieren Sie Fidel Castro und seinen Truppen für schönes Kuba und für schöne Diktatur, machen Sie das.

(Beifall CDU)

Wir wollen weder Kuba, wir wollen weder alte SEDStrukturen wiederhaben. Wir freuen uns, dass wir in einem freien demokratischen Thüringen jetzt leben können.

(Beifall CDU, FDP)

(Unruhe DIE LINKE)

Wenn man nicht in die Vergangenheit schaut, sondern nach vorn schaut, dann spielt ein anderer großer wichtiger Teil in unserem Haushalt, der uns auch sehr stark bindet, der Kommunale Finanzausgleich, eine ganz wichtige Rolle. In Thüringen spielt er traditionell eine der wichtigsten Rollen in jeder Haushaltsdebatte. Ich will ganz klar den Satz vorwegnehmen, den ich für das Land gesagt habe, er gilt auch für die Kommunen: Unsere Kommunen, unsere Landkreise, unsere Städte und Gemeinden werden nie wieder so viel Geld haben, wie sie derzeit zur Verfügung haben. Ich will auch vorweg sagen - Sie können ja vergleichen und ein Beispiel vor Augen führen - mit dem neuen Staatssekretär, den wir heute Nachmittag bekommen, können Sie sich dann auch gemeinsam im Ministerium austauschen und wissen, unsere Kommunen in Thüringen sind in den letzten zwei Jahrzehnten überproportional sehr gut ausgestattet worden, besser als manche in manchen Nachbarstaaten. Weil das so ist, fällt es uns jetzt auch schwerer, diesen Weg umzusteuern. Das ist natürlich nicht leicht, die einen, die sich daran gewöhnt haben, dass die Ausstattung auskömmlich ist, vielleicht auch ein bisschen überproportional gegenüber anderen. Uns fällt es schwer, diesen Weg zu gehen, aber er ist unausweichlich, weil wir sonst in den Ausgabenstrukturblöcken nicht mehr unsere Handlungsfähigkeit nachweisen können. Ich will es noch einmal sagen für die, die sich nicht jeden Tag mit dem Haushalt beschäftigen, noch einmal erklären: 9 Mrd. € Gesamthaushalt, die Einnahmen sinken, so dass wir eigentlich nur noch einen Haushalt von 7,5 Mrd. € uns leisten können. Wenn davon 2,5 Mrd. € Personalkosten weg sind - 7,5 minus 2,5 - haben wir noch 5 Mrd. €. Wenn unser Kommunaler Finanzausgleich derzeit mit allen Einnahmen und Ausgaben, die man zusammenrechnet, bei 2,7 Mrd. € liegt und das wieder davon abzieht, dann weiß man, da sind wir schon bei weniger als 2,5 Mrd. €, die wir noch übrig haben. Und dann stehen eigentlich dahinter bei alldem, was wir an Geld ausgeben, 60 Prozent Mittelbindung durch gesetzliche Leistungen des Bundes und der Europäischen Union vorgeschrieben. Dann haben wir quasi nichts mehr übrig. Dann ist es null, was wir noch an eigenem Gestaltungsspielraum haben.

Deswegen kommen wir gar nicht umhin, über die großen Kostenblöcke zu reden. Und es ist unehrlich, so zu tun, als kann man das ausblenden. Was wichtig ist - und das wollen wir jetzt tun -, wir müssen gemeinsam mit den Landkreisen, gemeinsam

mit den Städten und Gemeinden, gemeinsam mit den Bürgermeistern, mit den Landräten schauen, wie stellen wir einen Kommunalen Finanzausgleich der Zukunft auf. Wir haben gesagt als CDU-Fraktion, jetzt muss der Kommunale Finanzausgleich, das Finanzausgleichsgesetz reformiert werden und zum 01.01.2013 Basis einer neuen gesetzlichen Grundlage mit neuen Strukturdaten werden, damit das für die Zukunft klar, verlässlich und transparent ist. Wir wollen diesen Weg gehen, wir wollen diesen neuen Kommunalen Finanzausgleich.

(Beifall CDU)

Wir brauchen diesen neuen Kommunalen Finanzausgleich. Wir müssen nicht darüber reden, wie er jetzt aufgestellt ist, wir haben das alles schon einmal getan. Ab und zu kommt ja sogar auch ein Lob für das, was wir erklären. Er ist intransparent geworden, er ist schwerlich nachvollziehbar geworden. Das Geld folgt nicht einmal überall dorthin, wo die Aufgaben mitgegeben wurden. Das liegt an der Rechtsprechung, die sich weiterentwickelt hat, weil manche klagen wollten. Das liegt an Haushaltspolitik, weil immer in den Haushalt noch einmal eingegriffen wurde

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Weil manche nicht wollten und solider waren.)

und die Daten auch verändert wurden. Das nützt nichts, fest steht eins nach zwei Jahrzehnten Bilanz Kommunaler Finanzausgleich: Im bestehenden System zu verändern, bringt nur noch mehr Unruhe und Intransparenz. Deshalb bedarf es neuer Datenstrukturen und neuer Ordnung, das müssen wir gemeinsam mit den Spitzenverbänden auf den Weg geben. Wir wollen das machen, intensiv das Gespräch suchen. Aber ein Grundsatz gilt vorweg, Aufgabenreduzierung bringt Ausgabenreduzierung. Das ist das, das vorweg steht bei der Reform des Kommunalen Finanzausgleichs. Wir müssen schauen, welche Aufgaben müssen die Kommunen im eigenen und übertragenen Wirkungskreis tatsächlich in der Zukunft noch erledigen, welche müssen wirklich sein. Wo wir feststellen, die müssen nicht mehr sein, dort gibt es eine Aufgabenreduzierung. Dann kann dahinter auch folgen, weil die Aufgabe nicht mehr da ist, dass auch eine Ausgabenreduzierung im Kommunalen Finanzausgleich steht. Es lohnt sich, darüber nachzudenken. Ich könnte Ihnen - wir werden das in den Debatten in den nächsten Monaten auch machen - Listen von Beispielen bringen über Aufgaben, über die es sich lohnt nachzudenken, die nicht mehr sein müssen. Da sind wir auch nicht immer logisch, Fachinteressen sind manchmal andere, als wenn man haushaltspolitisch und aus kommunaler Verantwortung darauf schaut. Ich habe in den letzten Wochen immer ein Beispiel genannt, ich will es heute noch einmal nennen, woran sich verdeutlichen lässt, dass es sich lohnt, über Aufgaben nachzudenken,

aber auch darüber nachzudenken, wie man kommunale Gemeinschaftsarbeit neu organisieren kann. Wir müssen die gesetzlichen Grundlagen dazu nochmals überprüfen und anschauen. Es muss kommunale Gemeinschaftsarbeit leichter möglich sein als im jetzigen Konstrukt des Zweckverbands. Wir haben dazu auch neue Rechtsinstitute vorgeschlagen. Es muss möglich sein, dass man Aufgaben gemeinsam erledigt zwischen zwei Landkreisen, dass man Aufgaben gemeinsam erledigt zwischen zwei Städten, aber es muss auch möglich sein, dass Landkreise und Städte innerhalb des Landkreises, aber auch über die Kreisgrenze hinaus Aufgaben gemeinsam erledigen. Das mag für manche schwierig sein, das gesetzlich einzubetten, aber darin liegt die Lösung der Entlastung vor Ort in den Kommunen.

Das Beispiel des Katastrophenschutzes ist so eines. Jetzt kann man darüber reden, ob wir den Kommunen nicht schon eine Menge Geld in die Hand gegeben haben. Alle, die das sagen aus dem Innenministerium, haben recht. Bei der Jährlichkeit des Haushalts ist es eben wie es ist. Die Kameralistik tut ihr Übriges dazu. Wir haben zum Teil in die Landkreise zwischen 200.000 und 300.000 € gegeben zur Finanzierung des Katastrophenschutzes seitdem wir das Gesetz geändert haben, jedes Jahr, in jeden Landkreis und in jede kreisfreie Stadt. Aber es ist, wie es ist im Kommunalen Finanzausgleich. Hier ist der Trichter, oben geht das Geld hinein und unten kommt es heraus. Wir als Landespolitiker gießen da oben das Geld hinein, das Steuergeld, sagen, das ist Katastrophenschutz, 200.000 bis 300.000 € bekommst du für den Katastrophenschutz zweckgebunden. Unten kommt aber das Geld heraus, dann greift kommunale Selbstverwaltung. Die Kommunalen sind frei, zu Recht sind sie frei, zu sagen, wir entscheiden, wie wir das Geld verwenden. Die Landespolitik sagt, wir haben euch Geld gegeben für den Katastrophenschutz. Unten die sagen, wir haben es für etwas anderes ausgegeben. Beide haben recht. Beide haben richtig gehandelt. Deswegen lohnt es sich nicht, im Nachgang darüber nachzudenken, Mensch wir haben euch Geld gegeben, jetzt macht die Aufgabe fertig. Wir müssen schauen, wie können wir in der Zukunft diese Aufgabe, die im Gesetz nominiert ist, dennoch erfüllen. Ich finde, die Lösung liegt darin auch weil man sich zukünftige Investitionen ersparen kann, die notwendig sind, weil man weniger Personal durch Einsatzzüge vorhalten muss, die das zum Teil im Ehrenamt alles erledigen müssen -, zu schauen, kann man die Aufgaben erledigen und Katastrophenschutz nicht zum Beispiel auch organisieren, weil Landkreise und Städte oder Landkreise miteinander diese Aufgabe gemeinsam erledigen können. Da liegt ein Schlüssel, um künftige Aufgaben und Ausgaben zu sparen. Wir sollten das an der Stelle angehen.

Manchmal steckt noch mehr dahinter. Jetzt steht im Katastrophenschutzgesetz, die Aufgabe des Katastrophenschutzes erledigen die Landkreise und kreisfreien Städte. So ungefähr steht das da drin, damit eine Aufgabenzuordnung erfolgt. Solange ich den Katastrophenschutz als Landrat selbst vorhalten muss, muss ich auch eine Katastrophenschutzleitstelle vorhalten. Solange ich selbst die Katastrophenschutzleitstelle vorhalten muss, denke ich als Landrat, wenn ich mich für meine Region einsetze, nicht darüber nach, ob ich den Rettungsdienst mit der Leitstelle zusammenlegen kann, weil jeder Landrat zu Recht sagt, wenn ich eine Katastrophenschutzleitstelle vorhalte, dann mache ich die Rettungsdienstleitstelle weiter mit. Die Technik ist ohnehin da und ich muss sie ohnehin rund um die Uhr besetzen. Aber habe ich die Aufgabe dort weggenommen und entlastet und ich kann das gemeinsam erledigen, dann folgt dahinter sofort eine zweite Aufgabe, nämlich auch die des Rettungsdienstes und der Zusammenlegung von Leitstellen. Das eine bedingt das andere und folgt dem anderen. Darüber nachzudenken, das muss unsere Aufgabe sein. Das geht aber nur gemeinsam mit den Spitzenverbänden, weil die auch wissen, was vor Ort an Belastung da ist.

Ich will noch ein zweites Beispiel nennen, ohne Unruhe zu stiften. Man kann es auch daran gut sehen, wenn wir immer noch in der Sanierung der Straßen sind, Kreisstraßen, Landesstraßen, Gemeindestraßen. Oft haben wir auch noch Straßen, die in den letzten zwei Jahrzehnten noch nicht saniert werden konnten. Die Standards und Breiten dieser Straßen sind andere als wir sie vorhalten müssen, wenn wir sie grundhaft ausbauen. Ich sage mal so Pi mal Daumen beim Landkreis, weil ich ja viele Jahre Kommunalpolitik im Landkreis mache, weiß ich das, da ist ein halber Meter eine Menge Holz, wenn ich so eine Kreisstraße saniere. Wenn die vorher 4 m war und ich muss sie jetzt grundhaft ausbauen auf 4,50 m, bedeutet das nicht nur die Breite 4,50 m und plötzlich dann diesen halben Meter auf 2 km, den ich mehr machen und grundhaft ausbauen muss. Ich muss auch Grundstücke kaufen, weil oft schon Anrainer da sind und gar nicht die Eigentümerschaft da ist. Das geht manchmal sehr ins Geld, wenn die alle wissen, die Grundstückseigentümer, die manchmal nur 30 cm haben und dann so einen Stich ins Land hinein haben und verkaufen dann dieses Grundstück. Da steckt eine Menge Potenzial an Entlastung, die wir nicht sehen, wenn wir über die großen Dinge reden. Aber im Detail hilft das vor Ort, die kommunalen Kassen bei bestimmten Sachen zu entlasten, weil wir die Aufgabe runtergenommen haben. Das muss unsere Aufgabe sein und wenn wir dazu dann die Strukturdaten des Kommunalen Finanzausgleichs so ordnen, dass das Geld dorthin geht, wo die Aufgabe auch hingegangen ist und nicht aufgeteilt wird 75:25 - sie haben das dankenswerterweise abgeschafft -, dann

sind wir auf einem richtigen Weg. Dann heißt das nicht, dass es mehr Geld gibt, ganz klar, aber es gibt das Geld für die Aufgabe, die noch da ist, das ist das Wichtige. Da wollen wir hin, das wollen wir lösen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, an einer Schwelle kommen wir nicht mehr vorbei, weil die vor zwei Jahrzehnten nicht gemacht wurde. Sie sind ausgebuht worden auf der Messe mit einem Satz, den Sie ziemlich zum Schluss gesagt hatten, als Sie gesagt haben: „Wenn ihr jetzt mehr Steuereinnahmen habt, dann legt es doch zurück, wenn es knapper wird.“ Jeder Finanzminister, der diesen Satz sagt, hat recht. Aber er hat eigentlich nur recht, wenn er ihn am Beginn eines Systems der Finanzierung macht. Nach zwei Jahrzehnten Verwaltungspraxis in der Kämmerei geht das halt nicht mehr auf, denn das Prinzip läuft bei uns wie folgt ab, Sie kennen das alle, weil ja viele kommunalpolitisch Verantwortliche und ehrenamtliche Bürgermeister hier sitzen, manche waren da hauptamtlich und wissen das: Die Unternehmen vor Ort zahlen ihre Gewerbesteuer. Wenn es gut läuft, fließt da schön was in die Kasse als Vorauszahlung - das wird immer vergessen. Wenn dann der Jahresabschluss, die Bilanz, Einnahmenüberschussrechnung gemacht ist und dann nach zwei Jahren die Abrechnung erfolgt, da ist dann vielleicht ein schlechtes Jahr, da gibt es Verluste, neue Investitionen und dann gibt es die Abrechnung und dann führt oft dieses Phänomen, alle kennen das, zur Rückzahlung. Wir kennen das Prinzip aus dem Länderfinanzausgleich im Übrigen auch.

Aber bei den Kommunen ist das nicht anders. Eigentlich liegt das Prinzip der Logik, so wie das Gesetz gemacht ist von den Vätern und Müttern, die das Gesetz konstruiert haben, so: Die Vorauszahlung darf nicht vereinnahmt werden und natürlich verausgabt werden im laufenden Jahr, aber die Kameralistik bedingt das natürlich. Der Rückzahlungsverlust, der wird dann im ausgeglichenen Haushalt zwei Jahre plötzlich eingebucht und führt zu einem Delta. Aber kein Kämmerer hat das je gemacht und kann es jetzt auch nicht mehr tun mittendrin, die Gewerbesteuervorauszahlung im Durchschnitt einzubuchen und den Überschuss in Rücklagen zu legen und nach zwei Jahren, wenn die Spitzabrechnung kommt, dann wieder zurückzuzahlen. Da hätten wir keine Probleme. Das ist nie gemacht worden. Jetzt dies im Nachhinein zu ändern, ist schwierig und deswegen haben alle „buh“ gerufen, auch wenn Sie recht hatten. Es ist auch müßig, darüber zu reden, aber das ist natürlich eine wichtige Frage.

Jetzt passiert folgendes beim Kommunalen Finanzausgleich: Bei diesem neuen Delta, das entsteht durch Rückzahlung - nicht durch fehlende Zuweisung, nicht durch fehlendes Geld, was nicht aufgabenadäquat mitfinanziert wird -, wird nach dem

Land gerufen, ihr müsst uns auskömmlich ausfinanzieren, weil ich hier ein neues Loch habe. Jetzt ist die große Frage: Ist das die Aufgabe des Landes, dieses Loch auszufinanzieren? Alle, die jeden Tag über KFA schreiben, die schreiben auch über dieses Loch und schieben dann die Debatte dem Land zu und ob sie da richtig angeordnet ist, da will ich mal ein Fragezeichen dahinter machen. Es ist schwierig aufzulösen. Aber das ist Praxis, die sich aus dem Handeln der Gemeindehaushaltsordnung ergeben hat, was wir nicht mehr auflösen können, aber zu Bedarfen führt, die eigentlich nicht systematisch getreu sind, so wie eigentlich unser Kommunaler Finanzausgleich gestrickt ist. Aber es gehört als Beispiel dazu.

Dann kommt ein anderer Block an Einnahmen dazu, der sich mit der Steuerschätzung an sich beschäftigt und mit den Steuereinnahmen an sich. Wir haben darüber gesprochen, wo die Kompetenz liegt bei Steuern. Die politische Entscheidung liegt beim Bund und nicht bei uns. Aber wir leben ja davon, dass im Mai und im November regelmäßig sich bestimmte Leute treffen, schätzen, alle aufgeregt sind, ist die Zahl richtig, die wird runtergebrochen regional und danach wird Politik gemacht. Auch unser Haushalt wird so aufgestellt. Das liegt nicht an uns, das machen alle so. Da treffen sich ein paar Steuerschätzer, die schätzen was, haben gemerkt, sie haben sich verschätzt - ich sage es mal negativ -, sie haben besser gerechnet als das Jahr oder im Mai zuvor und diese neue Differenz wird dann eingebucht als vermeintliche Steuermehreinnahme. Dann heißt es wieder in den Zeitungen in einer kurzen Überschrift „Die Steuerquellen sprudeln“ oder wenn es ein Minus ist - „Dramatische Verluste“. Aber eigentlich passiert nichts anderes, als dass dieselben Schätzer, die sich im November treffen, ihre Zahlen von Mai überprüfen und festgestellt haben, es ist eine andere Zahl geworden. In Cash ist gar nicht mehr passiert, aber alle sind aufgeregt und alle wollen, wenn es positiv ist, darüber reden, wie kann man das Geld ausgeben, was sich zwischen der Schätzung an Differenz ergeben hat. Ich teile Ihre Einschätzung ausdrücklich, dass Sie sagen: Verbucht nicht das Geld aus der NovemberSteuerschätzung, bevor die Schätzung da ist, und wartet die gesamtwirtschaftliche Entwicklung tatsächlich ab. Die Unruhe an den Aktienmärkten, die Unruhen in der Eurozone, aber auch die globale weltwirtschaftliche Beobachtung zeigen uns doch, es wird nicht mit dem Aufschwung so weitergehen, den wir in den letzten Monaten verspürt haben, es wird sich abschwächen. Wie stark das Abkühlen des Klimas ist, ist unbekannt, aber es kann bedeuten, dass die November-Steuerschätzer sagen, für das Jahr 2011 gibt es eine Korrektur und es gibt ein paar Mehreinnahmen, aber es kann gut möglich sein - und die Wahrscheinlichkeit ist höher als 50 -, dass sie sagen werden, für 2012 ist unsere Prognose nicht besser, als das, was wir schon im Mai ge

schätzt haben. Deswegen warne ich alle, die sich jetzt in der Debatte schon hinstellen und sagen und meinen, man kann aus der November-Steuerschätzung jetzt schon für 2012 nachverhandeln und kann Dritten Geld versprechen. Ich glaube nicht daran und alle sind gut beraten, solide Haushaltspolitik so zu machen und die November-Steuerschätzung mit kühlem Augenmaß abzuwarten und das Geld nicht vorher zu verteilen.

(Beifall CDU)

Aber das wir von den Regelungen natürlich nicht frei sind, ist ja selbstverständlich.

Ein Wort will ich zur Bundespolitik verlieren: Unsere Ministerpräsidentin hat zu Recht in den letzten Wochen und Monaten immer wieder geäußert - wir teilen da die Auffassung ausdrücklich gemeinsam -, für uns ist wichtiger, wenn man über Steuern auf Bundesebene spricht, dass das Steuerrecht transparent und einfach gestaltet wird, als darüber zu reden, man kann vermeintlich Steuern senken. Wer in diesen Tagen, Wochen und Monaten sagt, man kann Steuern senken, lebt auf dem falschen Mond, der lebt jedenfalls nicht hier in der realen Welt.

(Beifall CDU, SPD)

Ich muss es immer wieder sagen, es ist ein Irrglaube von Politik, dass man damit denken kann, man kann die Leute locken und sagen, wir senken die Steuern und die Welt ist in Ordnung.

(Beifall DIE LINKE)

Und dann will man angeblich gerecht sein, wenn man das tut, wohl wissend, dass der geringere Teil der Bevölkerung in Deutschland in sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen steht und von denen, die in diesen Beschäftigungen stehen - und wir in den neuen Ländern wissen, wovon wir reden - der Großteil bei den Klein- und Geringverdienern sowieso gar keine Einkommensteuer bezahlt. Alle, die davon reden, man kann da Steuern senken, entlastet die, das trifft die Leute gar nicht, die man da vermeintlich erreichen will. Deswegen ist aber vielmehr entscheidend, das ist dasselbe Prinzip wie beim Kommunalen Finanzausgleich, das ist beim Steuerrecht dasselbe. Wenn es transparent ist und ich kann es verstehen, ist mein Grundverständnis für das, was der Staat da macht mit meinem Steuergeld, größer, als wenn ich mich abwende, weil ich sage, ich verstehe das eh nicht mehr, wer weiß, was die machen, die stecken sich es nur in die Taschen und wer weiß, die geben es den Großen aus und nicht den Kleinen, ich bin damit nicht zufrieden und ich wende mich ab. Wir spüren das dann manchmal bei den Wahlsonntagen in der Zurückhaltung der Wahlbeteiligung. Deswegen ist die Aufgabe von Politik, Politik so zu machen, dass sie erklärbar und nachvollziehbar ist. Das gilt für das Steuerrecht wie für den Kommunalen Finanzausgleich bei den Themen zu bleiben, die wir

heute besprechen. Wenn das Politik leistet, wenn Politik erklärt und wenn Politik verlässlich ist, dann haben wir eine ganz große Aufgabe erfüllt. Wir müssen die auch tun, wir müssen verlässliche Rahmenbedingungen aufstellen für solide Finanzen in diesem Freistaat Thüringen.

(Beifall CDU)

Deswegen ist Ehrlichkeit ein ganz wichtiger Grund, aber auch eine realistische Einschätzung. Ich teile die Einschätzung, die auch vom Vorredner geäußert wurde, wir wollen es aber positiv sehen und nicht nur negativ mit Zahlen belasten, dass wir sagen, die jungen Menschen, die in diesem Freistaat Thüringen geboren sind, die in diesen Freistaat Thüringen kommen, um zu studieren, die ihre Ausbildung hier machen - und das sind eine ganze Menge, es sind auch mehr geworden in den letzten Jahren -, denen müssen wir in diesem Freistaat Thüringen eine Perspektive bieten.

Wir sagen als Fraktion deshalb: Lasst uns gemeinsam alle Anstrengungen unternehmen unter der großen Überschrift der Konsolidierung und des Personalabbaus, der unbedingt notwendig ist, es hat bis jetzt genug beschrieben, aber darunter müssen wir Perspektiven haben für junge Menschen. Die jungen Menschen müssen in Thüringen wissen, dass sie hier gut aufgehoben sind und dass sie hier ihre Zukunft finden können und dass sie hier auch ihre Familienwurzeln schlagen können, weil es sich lohnt, in diesem Freistaat Thüringen zu leben und gute Arbeit zu finden und eine gute Ausbildung zu bekommen. Deswegen ist es wichtig - auch da gilt wieder dieser Satz -, zuerst vor der eigenen Haustür zu kehren. Wir müssen die auffordern, die Arbeitsplätze anbieten, die junge Leute brauchen, die Fachkräfte brauchen, denen müssen wir sagen, ihr müsst euren Beitrag leisten, weil wir ihn leisten müssen, wo wir selber können. Wenn wir eine Menge Geld in die Hand nehmen, auch Drittmittel, und bilden junge Menschen aus, bieten Studienplätze an, bieten Referendarstellen an, haben da auch in bestimmten Bereichen aufgestockt, bilden junge Polizisten aus, bilden junge Forstleute aus, Landwirte, in all diesen staatlichen Einrichtungen, die wir vorhalten, dann muss es auch eine Logik geben, dass wir mindestens den Besten, die in diesen Ausbildungsjahrgängen abschließen, sagen, euch bieten wir eine Vollzeitstelle im Freistaat Thüringen an, ihr seid hier gut aufgehoben. Es hat sich gelohnt, bei uns die Ausbildung zu absolvieren. Das muss gelingen. Konsolidierung und Zukunftsoption, beides zusammen ist die Marschrichtung und die Aufgabe, die wir uns vornehmen müssen. Da müssen Gestaltungsspielräume und die Korridore, die sich ergeben aus der Personalentwicklung, genau für diese Chancen genutzt werden. Es wäre doch töricht, wenn wir Hunderte Millionen aufwenden für die Ausbildung von jungen Menschen, und wenn sie fertig sind, dann sagen wir ihnen, geht ins Aus

land, geht nach Bayern, geht nach Hessen, geht nach Sachsen. Da fehlen ja jetzt zwei, da müssen wir wieder zwei zurückgeben. Gebt die dahin und sagt, sucht dort euer Glück. Nein, sie müssen zuallererst hier in diesem Freistaat Thüringen Angebote bekommen und dann gibt es auch die eigene Rendite, die eigenen Aufwendungen für Ausbildung, die Rendite für uns ist, dass die Fachkräfte bei uns sind, und darauf kommt es an. Das wollen wir lösen. Wir werden dazu Vorschläge unterbreiten, die sollen Bestandteil der Haushaltsdiskussion sein.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, wenn uns das gelingt, diesen Zusammenhang zu erklären, dann muss uns auch nicht Bange sein, wenn wir im bundespolitischen Konzert mitreden und sagen wollen, wo dieser Freistaat Thüringen in der Zukunft stehen soll und als letztes Wort darüber hinaus noch in der aktuellen Debatte zum Euro und der Eurozone und der Weiterentwicklung der Europäischen Union dienen.

Das muss uns als Thüringer interessieren, was da derzeit in Europa stattfindet. Das muss uns interessieren nicht nur, weil wir Geld aus Brüssel bekommen, sondern weil auch unsere eigene Existenz davon abhängt, dass die Eurozone sich stabil weiterentwickelt. Bei all den Schritten, die in der Zukunft gegangen werden und bei all den Wortmeldungen, die man jeden Tag lesen und hören kann, und manchmal auch verunsichert ist, was da nun eigentlich gilt, und manchmal melden sich auch Leute zu Wort, die sich lieber auf ihre eigene Arbeit konzentrieren sollten und die Aufgaben, die sie bekommen haben, als jeden Tag die Leute zu verunsichern, das würde ich auch sagen. Aber eines steht fest, jeder weitere Schritt in Europa, jede weitere Verpflichtung, jede weitere Bürgschaft, jede weitere Aufgabenübergabe nach Brüssel bedarf der Legitimation durch die Parlamente, durch die demokratisch legitimierten Gremien.

(Beifall CDU)

Ausdrücklich will ich sagen, wir brauchen kein Europa der Exekutive, wir brauchen ein Europa der demokratischen Legitimation und wir brauchen ein Europa, das die Entscheidungen, die in Brüssel getroffen werden durch die nationalen Parlamente und bei uns in Thüringen auch durch die LissabonVereinbarung, die wir mit der Regierung geschlossen haben, manchmal auch der Rückkopplung durch die Regionalparlamente, durch die Landesparlamente, jede Entscheidung muss durch die Parlamente abgesegnet werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht so gesagt, auch mit der Thüringer Unterstützung, und das ist richtig so. Das ist die grundlegende Voraussetzung für die Zukunftsfähigkeit von Europa. Nicht allein die Beamten in Brüssel entscheiden, sondern wir entschei

den durch die Parlamente, was in der Zukunft in Europa passiert.

(Beifall CDU, SPD)

Das ist nicht unwichtig, das klingt so leicht dahergesagt, aber wir in Deutschland, wir in der Eurozone sind mit 27 Prozent im Durchschnitt bei den Verpflichtungen, die wir auf der europäischen Ebene eingehen, immer mit dabei. Manche kluge Verfassungsrichter haben mir mit auf den Weg gegeben, dass ich immer in den politischen Debatten daran erinnere, dass der alte deutsche Grundsatz gilt: „Den Bürgen musst du würgen.“ Wer sich verpflichtet, zu haften für Anleihen, für Eurobonds, für Geldströme durch Aufkäufe von Anleihen, der muss wissen, wer sich verpflichtet, der muss im Zweifelsfall auch zahlen. Und wer sich verpflichtet, im Zweifelsfall zu zahlen, der steht für denjenigen ein, der Schulden aufgenommen hat und nicht mehr in der Lage ist, diese zurückzuzahlen. Da wir immer mit 27 Prozent bei all dem, was passiert, dabei sind, ist es wichtig, erstens, dass Deutschland ein Stabilitätsanker ist und keine Unruhe stiftet in Europa. Zweitens ist es deshalb wichtig, dass wir genau schauen, wenn sich Deutschland weiter verpflichtet, dann sind in unserem föderalen Bundesstaat bei den 27 Prozent wir Bundesländer auch am hinteren Zug indirekt dabei. Wenn dem Bund seine eigene Haushaltskonsolidierung nicht mehr gelingt, weil er verpflichtet ist in Europa, und in Berlin die Konsolidierung nicht gelingt, dann ist er auch leistungsfähig eingeschränkt, seine Aufgabenverpflichtung gegenüber den Ländern zu erfüllen. Wenn in den Debatten gefordert wird, der Bund möge sich stärker beteiligen bei den Bildungsausgaben, um das 10Prozent-Ziel zu erreichen, dann gelingt das aber nicht, wenn ich für andere in Athen und vielleicht auch in Rom verpflichtet bin, dort mein Geld hinzugeben.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für andere? Wir sind alle Europa!)