Der Finanzminister ist heute beglückwünscht worden. Ein Jahr in Thüringen und schon ist Schluss mit der Schuldenmacherei. Man sollte annehmen, Herr Finanzminister, Sie seien stolz auf das Team, das mit Ihnen gemeinsam diesen Etat ausgearbeitet und ihn auch zu verantworten hat. „Joker“ heißt man im Fußball, wenn man als frisch eingewechselter Spieler gleich erfolgreich ist, dem Trainer bescheinigt man dann ein glückliches Händchen. Im Fußball heißt es aber auch - selbst in Jena hat es gestern geklappt, Herr Kollege -: „Never change a winning team!“ Sie wechseln aber den zentralen Mann in der Deckung aus, den Ausputzer, Ihren Staatssekretär nämlich. Ich will gar nicht spekulieren, aber als einer von 80 Mio. Bundestrainern, um im Bild zu bleiben, frage ich mich schon, warum macht er das und wie belastet dieser Wechsel auch den Etat des Vereins. Aber - und um im Bild zu bleiben - das Spiel ist noch nicht vorbei, in Wahrheit hat es noch gar nicht angefangen. Das hier ist die Pressekonferenz vor dem Spiel.
Sie haben uns Ihre taktische Aufstellung bekannt gegeben, Sie haben uns das taktische Konzept vorgestellt. Ob das Konzept aber aufgeht, ob das Wetter, die Platzverhältnisse und auch der Gegner das zulassen, ob auch die Fitness des eigenen Teams richtig eingeschätzt wurde, das alles werden wir sehen. Ich sage Ihnen, Zweifel sind durchaus angebracht.
An der Richtigkeit einer Konsolidierung des Landeshaushalts kann dagegen aus meiner Sicht nicht der geringste Zweifel bestehen. Es ist heute schon erwähnt worden, Sie können auf unsere Fraktionsebene gehen und können sich die Thüringer Schuldenuhr anschauen. Die rast dort vor sich hin.
Sie zeigt die zentrale Kennziffer des Landeshaushalts, nämlich die Gesamtverschuldung Thüringens - 17,5 Mrd. €. Jeder, der auf unseren Veranstaltungen seinen auch ganz persönlichen Beitrag auf dieser Schuldenuhr sieht, ist überrascht. Manche reagieren regelrecht geschockt, denn jeder einzelne Thüringer trägt inzwischen eine Schuldenlast von fast 8.000 €. Vor zwei Jahren 2009 waren es noch nicht mal 7.000 €. Unter den ostdeutschen Flächenländern hat nur Sachsen-Anhalt, Herr Minister, eine höhere Pro-Kopf-Verschuldung als Thüringen - übrigens auch ein Erbe der rot-dominierten Landesregierung, die dort acht Jahre am Werk war.
Herr Ramelow, Herr Mohring hat ja schon zum Thema Altlasten, einiges auch zu den Ursachen gesagt. Das will ich ausdrücklich an dieser Stelle unterstreichen. Herr Ramelow hat hier von Schatten gesprochen. Ich muss sagen, während seiner weltökonomischen Ausführungen, die wir hier genießen durften, ist mir das Bild von den Zwergen eingefallen, die bekanntlich lange Schatten werfen, wenn die Sonne der Erkenntnis niedrig steht.
Ein schuldenfreier Sozialismus: Angesichts der Zweifel, die Herr Ramelow geäußert hat, an der Dramatik der Situation mit Blick auf 17,5 Mrd. € Schulden, habe ich ungefähr eine Ahnung, wie das Bild vom schuldenfreien Sozialismus aussieht.
Die Geschichte mit seinen 50 Millionären, ich kenne keinen von denen, aber wir werden einen Antrag einbringen. Wir werden in den nächsten Tagen einen Antrag einbringen, der die Landesregierung auffordert,
analog zur Bundesregierung ein Spendenkonto einzurichten, damit all die reichen Menschen, die der Meinung sind, sie würden zu wenig für die Öffentlichkeit bezahlen, dort Geld einzahlen können, um dem Staat zu helfen. Ich kenne viele, die das auf anderem Weg machen, die kleinen Vereinen spenden, kleinen Initiativen, die auch bedürftige Menschen unterstützen, die Kinder unterstützen, die all diesen Menschen Geld überweisen im Wege der
Spende. Ich halte das auch für einen Beitrag, unsere Gesellschaft auch im bürgerschaftlichen Engagement zusammenzuhalten. Das ist es nämlich in Wahrheit, was unsere Gesellschaft zusammenhält, und nicht die Frage, wie viele Steuern jeder einzelne zahlt.
Herr Kuschel will jetzt die Kontonummer wissen. Die kann ich Ihnen noch nicht sagen, die wird Ihnen der Finanzminister aber dann mitteilen.
Danke, Frau Präsidentin. Herr Barth, können Sie mir sagen - Sie haben ja darauf verwiesen, dass es beim Bundesfinanzminister so ein Spendenkonto gibt -, wie viel inzwischen dort eingegangen ist?
Das habe ich auch gehört, ich weiß aber nicht, ob die Zahl stimmt, aber das zeigt ja, wie spendenfreudig die Millionäre, die Sie hier so erwähnen, in Wahrheit sind. Das zeigt doch, wie die wahre Situation ist, diese 50 Leute, die Sie hier immer anführen, die gehen mal in die Zeitung und die Hälfte davon wohnt wahrscheinlich noch nicht mal in Deutschland, das zeigt doch, wie ertragreich diese Ideen, die Sie da vortragen mit Ihren Steuererhöhungen, in Wahrheit sein werden.
den Euro und die Frage der FDP-Vorschläge zu dem Thema geredet. Da will ich einfach noch mal sagen, ein Schuldenschnitt ist eine geordnete Insolvenz, das hat überhaupt nichts damit zu tun, dass ein Land aus dem Euro ausgeschlossen werden muss, das sind zwei grundsätzlich verschiedene Dinge.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, trotzdem sind die Schulden da und trotzdem sind sie natürlich eine Belastung. Ich darf Ihnen auch verraten das hat Kollege Ramelow ausdrücklich mal richtig erkannt -, es reicht nicht, wenn man dann zu uns auf den Fraktionsflur geht und den Stecker zieht. Dann verschwindet die Anzeige, das stimmt, aber die Schulden verschwinden deswegen nicht. Die Schulden sind nach wie vor da. Das ist ähnlich wie mit dem Spiegel, den können Sie zerschlagen, wenn Sie ein unschönes Bild darin sehen, aber das hässliche Original, das bleibt Ihnen erhalten, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Deswegen hilft gegen eine Verschuldung in dieser Größenordnung nur eine Haushaltspolitik, die für diese Koalition allerdings in der Tat Neuland bedeutet, eine Haushaltspolitik nämlich, die gekennzeichnet ist von eisernem Sparen. Wir geben jedes Jahr 700 Mio. € allein für Zinsen aus. Lassen Sie sich das auf der Zunge zergehen, 700 Mio. € allein für Zinsen, da ist noch kein einziger Euro Tilgung dabei. Und jeder der mal Geld verborgt, der will es auch wiederhaben. Das kennt man von zu Hause, das ist bei jedem Kredit für jedes Auto, für jedes Haus, für jede Anschaffung so, dass der Schuldendienst aus Zins und Tilgung besteht. Bei diesen 700 Mio. € ist noch kein einziger Euro Tilgung dabei. Das sind über 7 Prozent des Landeshaushalts heute, mit Blick auf die Entwicklung bis 2020, die ja dargestellt wird, sind wir dann bei 10, 11, 12 Prozent, ein absoluter Betrag, der im Moment so groß ist wie der Etat des Wirtschaftsministers allein. Die Summe reicht aus, um schätzungsweise 14.000 Lehrer oder Polizisten einzustellen. Was wir unseren Polizeibeamten zumuten, das haben wir uns gerade gestern bei der Demonstration der Gewerkschaft der Polizei hier draußen anhören dürfen. Wir gewähren unseren Beamten nicht den vollständigen Tarifabschluss des öffentlichen Dienstes, weil dazu schlicht kein Geld da ist. Wir schicken, das muss man sich überlegen, Polizeibeamte im Eingangsamt in den Altersruhestand, das heißt, die wurden in ihrer ganzen Dienstzeit nicht ein einziges Mal befördert. Das ist beschämend, meine lieben Kolleginnen und Kollegen,
und es ist auch das Ergebnis einer falschen Haushaltspolitik über viele Jahre, um das auch deutlich zu sagen. Wenn sich dann da draußen gestern Kollegen insbesondere aus der Linksfraktion hinstellen und den Polizisten ihre Änderungsanträge, die wir dann zum Tagesordnungspunkt 3, glaube ich, erwarten dürfen, übergeben und Ihnen damit sagen, wir stehen an eurer Seite,
dann will ich Ihnen ganz ehrlich sagen, das sind die Falschen, die da klatschen, das sind genau die Falschen, die da klatschen, Herr Kuschel.
Sich dort hinzustellen und solche Dinge anzukündigen und gleichzeitig Steinewerfer auf Polizisten zu decken und zu unterstützen, meine sehr verehrten Damen und Herren, wer so handelt, der ist kein Freund der Polizei, der ist kein Freund von Recht und Gesetz und der ist auch kein Freund der Freiheit und
der hat deswegen überhaupt kein Recht, mit irgendeiner moralischen Keule in so einer Diskussion aufzutreten.
Wir werden ja sehen, ob wir wieder eine bedauerliche Fortsetzung dieser Geschichten am heutigen Tag erleben.
Aber zurück zu den 700 Mio. € Zinsen: Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch hier lauern noch einmal ernste gefahren. Das Finanzministerium hat in seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage aus unserer Fraktion das Zinsniveau im Moment als historisch niedrig eingeschätzt. Wie sich das entwickeln wird, weiß niemand. Niemand kann da eine genaue Aussage treffen, nur eines wissen wir sicher, die Erhöhung des Zinsniveaus um nur einen einzigen Prozentpunkt wird den Landeshaushalt mit zusätzlich 150 Mio. € belasten. Das ist ein Risikopotenzial, welches die Notwendigkeit des Schuldenabbaus deutlicher macht als jeder verbale Appell.
Vor dem Abbau, liebe Kolleginnen und Kollegen, steht aber der Verzicht. Deshalb lautet die Frage des heutigen Tages, wie echt ist die Null, die der Finanzminister in seinem Haushaltsentwurf hier vorgestellt hat, wie tragfähig, wie realistisch, wie ehrlich ist dieser Entwurf? Geben Sie wirklich weniger aus, sparen Sie also wirklich Geld ein? Die traurige Antwort auf diese Frage - liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie ahnen es - heißt, nein, Sie sparen
nicht. Es stimmt, der Haushalt schrumpft um 500 Mio. €. Die geben Sie auch weniger aus, aber 250 Mio. € davon finden sich in der Verringerung des Kommunalen Finanzausgleichs. Um fast 300 Mio. € sinken die Einnahmen und demzufolge auch die Ausgaben aus Fördermitteln der Europäischen Union. Dazu kommen 40 Mio. € Kürzungen im Bauministerium, die alle mit den Worten „Zuwendungen an Städte und Gemeinden“ beginnen und wo man auch ungefähr weiß, wo sie sich dann wiederfinden. 100 Mio. € gehen zurück auf die Umstrukturierung der Forstverwaltung; eine Anstalt, die Sie da errichten, das ist ein Nullsummenspiel, wenn man die Einnahmen- und Ausgabenseite betrachtet, aber es ist keine echte Einsparung.
Wenn sich diese Zahlen auch nur annähernd bestätigen - was in der Kürze der Zeit, wir haben den Haushaltsentwurf ja erst seit wenigen Tagen, vielleicht nicht in jedem Fall der Fall sein mag -, dann ist dieser sogenannte ausgeglichene Haushalt heute schon Makulatur, dann haben Sie in Wahrheit bei Ihren eigenen Ausgaben, bei den Landesaufgaben, überhaupt nichts eingespart.