Protocol of the Session on July 7, 2011

Meine Damen und Herren, ich muss Ihnen sagen, wir sind auch in unserer Fraktion sehr froh darüber. Ich glaube, es wird dazu führen, dass wir zu mehr Effizienz in der Debatte kommen.

Auch liegen uns zwei Gesetzentwürfe vor, einer von der Fraktion DIE LINKE, der andere von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie jeweils zwei Änderungsanträge. Ich will Sie nicht auf die lange Folter spannen, ich kann Ihnen hier schon sagen, dass wir beide Gesetzentwürfe sowie die Änderungsanträge ablehnen werden. Das hat auch ganz einfache Gründe. Zum einen kann jetzt schon die Öffentlichkeit in den Ausschüssen hergestellt werden, wenn ein entsprechender Beschluss gefasst wird.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Bei welcher Mehrheit?)

Zum anderen gibt es nach unserer Auffassung Sachverhalte und Themen, bei denen gewissermaßen im Unreinen gefragt und geredet werden muss und vielleicht auch mal abgewogen werden muss, wo es wichtig ist, dass man sich in einer Sachdebatte miteinander zu bestimmten Themen annähern kann. Es müssen Kompromisse und Einigungen möglich sein, die bei einer öffentlichen Sitzung höchstwahrscheinlich so nicht zustande kommen würden.

(Beifall FDP)

Deswegen meinen wir, dass die grundsätzliche Öffentlichkeit der Ausschüsse sicherlich nichts zu einer größeren Produktivität beitragen würde. Die Menschen, die zu den Ausschuss-Sitzungen kommen würden, würden schlicht und einfach nichts anderes erleben als jetzt in den öffentlichen Plenardebatten. Die Diskussionen und Aussagen, die bisher in den Ausschüssen stattgefunden haben, würden sich vermutlich in andere Gremien vorverlagern. Der Ausschuss wäre dann für die eine oder andere Fensterrede sinnvoll, meine Damen und Herren, aber eben nicht mehr für eine Fülle von Detailfragen. Das sind für uns die Gründe, um dort die bisherige Regelung beibehalten zu wollen.

Ich möchte noch kurz auf den gemeinsamen Antrag eingehen. Nach etlichen Beratungen im Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten hat die Beschlussempfehlung nun ihre endgültige Form gefunden. Ich glaube, meine Damen und Herren, dass dort im Ausschuss eine recht gute Arbeit geleistet wurde, für die ich auch namens meiner Fraktion herzlich danken möchte.

Natürlich gibt es auch immer Punkte, bei denen man vielleicht etwas kritisieren kann und bei denen man nicht zufrieden ist. Das ist eine Veränderung, über die wir nicht so glücklich sind, wo wir richtig Bauchschmerzen haben. Meine Damen und Her

ren, wir schränken die Rededauer der Fraktionen erheblich ein, das wollen wir alle miteinander, aber bei der Regierung, auch wenn mir bewusst ist, dass sie grundsätzlich in der Redezeit nicht einschränkbar ist, wird die alte Regelung von 20 Minuten beibehalten. Das, meine Damen und Herren, führt dazu, dass die größte Fraktion gerade einmal so viel Redezeit hat wie die Regierung. Das heißt, die bisherige Regelung wird somit vollkommen umgekehrt. Hier hätte ich mir ein deutlich ausgeglicheneres Verhältnis gewünscht.

(Beifall FDP)

Im Ganzen kann man mit den wesentlichen Änderungen in der Geschäftsordnung aber gut leben, meine Damen und Herren. Es werden überwiegend Konkretisierungen vorgenommen und somit Verständnisprobleme beseitigt. Ich denke, dass uns dadurch insgesamt die Arbeit mit der Geschäftsordnung erleichtert wird und auch das ist ein wesentliches und ein wichtiges Ergebnis. Bei der einen oder anderen Regelung wird sich die Auswirkung dann voraussichtlich erst in der täglichen Arbeit zeigen. Insofern bin ich sehr darauf gespannt. So viel, meine Damen und Herren, zur eigentlichen Geschäftsordnung.

Ich möchte noch ein paar Worte sagen zur Bildung und Stärke der Fachausschüsse. Es ist wirklich schade, dass unserer Bitte, unserem Antrag von gestern nicht nachgekommen worden ist, das Ergebnis des Gutachtens des Juristischen Dienstes abzuwarten. Da geht es uns nicht darum, irgendetwas zu verzögern oder in die Länge zu ziehen, sondern, meine Damen und Herren, es gibt erhebliche juristische Bedenken. Ich finde, dieser Ausschuss, dieses Thema ist viel zu wichtig, um dort ein Risiko einzugehen, um dort möglicherweise Schiffbruch zu erleiden. Insofern wäre es richtig und sinnvoll gewesen, erst das Ergebnis dieses wissenschaftlichen Gutachtens abzuwarten.

(Beifall FDP)

Sie haben sich für einen anderen Weg entschieden, das bedauern wir. Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP)

Vielen Dank. Das Wort hat nun Frau Abgeordnete Marx von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, es wurde schon gesagt, es ist so weit, unsere überarbeitete Geschäftsordnung ist endlich verabschiedungsreif. Es gab aus unserer Sicht vier zentrale Themen, um die besonders gerungen wurde und die auch heute sicherlich in der Plenardebatte wieder eine Rolle spielen werden. Das streitigste The

(Abg. Bergner)

ma, was auch am streitigsten geblieben ist, ist die Öffentlichkeit der Ausschuss-Sitzungen. Hier gibt es verschiedene Standpunkte und ich möchte noch einmal sagen, es hat nichts damit zu tun, ob man Heimlichtuerei fördern will oder mangelnde demokratische Öffentlichkeit herstellen möchte oder die Öffentlichkeit fürchtet; es gibt einfach verschiedene Betrachtungsweisen. Ist eine Ausschuss-Sitzung schon ein parlamentarischer Prozess, der beobachtet werden muss, damit da nicht gemauschelt wird, oder ist sie nicht eigentlich mehr eine Arbeitsvorbereitung für die Plenardebatte, also so eine Art Ausschuss. Man kennt es auch vielleicht von Seminaren oder Tagungen, da gibt es ein Plenum, was immer öffentlich stattfindet, wo alle beteiligt sind, auch repräsentativ miteinander um die beste Lösung ringen. Und dann gibt es kleine Arbeitskreise, die versammeln sich dann in irgendwelchen Räumen und finden sich dann zurück und stellen das Ergebnis wieder in Gesamtrunden vor.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: In die Workshops darf keiner rein.)

So sehen wir das Verhältnis auch der Ausschüsse des Parlaments zum Gesamtparlament.

(Beifall SPD)

Deswegen denken wir auch, dass eine Beibehaltung der grundsätzlichen Nichtöffentlichkeit von Parlamentssitzungen nichts Undemokratisches ist. Soweit Sie darauf verwiesen haben, dass die Öffentlichkeit, diese Regel-Ausnahme-Verhältnisse in anderen Bundesländern unterschiedlich geregelt sind, also andersrum; das sind, wenn ich das richtig gesehen habe, fünf von fünfzehn Bundesländern, die das andersrum machen, dort kann man jetzt nicht sagen, dass es zu mehr Demokratieglücklichkeit geführt hätte.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Woran messen Sie das?)

Deswegen halte ich mehr davon, und das ist dann auch eingeflossen in die gemeinsame Änderung, dass wir zum Beispiel Kurzprotokolle von Ausschuss-Sitzungen auch in der Öffentlichkeit bekannt machen können. Es gibt zum Beispiel Ausschüsse, wo es richtiggehend konstitutiv und ganz entscheidend ist, dass sie nicht öffentlich tagen, zum Beispiel die Ausschüsse zur Immunitätsaufhebung.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da kann man doch gar nicht öffentlich tagen.)

Das wird beim Justizausschuss mit behandelt. Sie können nachher noch Ihren Gegenstandpunkt hier artikulieren. Aber, wie gesagt, wir haben uns jetzt noch einmal darauf verständigt seitens der Mehrheitsfraktionen, es bei der bisherigen Praxis zu be

lassen. Ich möchte auch noch einmal darauf hinweisen, wir haben gemeinsam vor zwei Wochen im Verein für „Mehr Demokratie“ ein Forum veranstaltet. Da hing so ein schönes Transparent an der Wand, da stand dran: „Demokratie ist kein Sofa.“ Darauf möchte ich jetzt mal hier Bezug nehmen, denn diese Zuschauerbank, dass jemand hinter einem an der Wand sitzt und zuhören darf, was man da vorn sagt oder nicht sagt, ob das schon die riesige demokratische Errungenschaft ist, das möchte ich einmal in Abrede stellen.

(Beifall SPD)

Also diese Zuschauerdemokratie ist doch mehr oder weniger zufällig und selektiv und ob das jetzt der demokratische Fortschritt ist, den wir unbedingt brauchen, das weiß ich nicht. Wichtiger ist mir - und da haben wir dann auch mehr zusammen erreicht das Thema der direkten Bürgerbeteiligung, Systeme zu finden oder nach Möglichkeiten zu suchen, wo sich Bürgerinnen und Bürger direkt in den parlamentarischen Prozess einbringen können.

Da ging es um das Internetmodellprojekt des Landtags für Bürgerbeteiligung an Gesetzesvorhaben. Wir haben das schon in unsere Koalitionsvereinbarung geschrieben, dass wir wenigstens mal mit einem Probelauf beginnen wollen und das soll jetzt auch Realität werden. Generell alles in das Internet zu stellen, ist organisatorisch schwierig und auch mit hohen Kosten verbunden. Natürlich ist es letztlich auch ein noch offener Arbeitsauftrag, aber wir fangen jetzt erst einmal an. Ich denke, das ist ein richtigerer Weg, weil wir da eine direkte Beteiligungsmöglichkeit haben, also Demokratie nicht als Sofa, sondern als Möglichkeit, eine direkte Meinung dann auch einzuspeisen.

Ich persönlich würde mir niemals eine AusschussSitzung einfach nur ansehen wollen, wo ich hinten nur sitzen soll und nichts sagen darf und noch nicht einmal Beifallskundgebungen abgeben darf, dazu bin ich irgendwie zu spontan wahrscheinlich auch oder zu ungeduldig.

(Zwischenruf Abg. Kummer, DIE LINKE: Oben dürfen Sie auch keinen Beifall geben.)

Hier sind wir auch im Forum, das Plenum, da ist es auch wichtig, dass da oben Zuschauer stattfinden. Da ist es auch wichtig, dass die Debatte im Live Stream übertragen wird.

(Unruhe DIE LINKE)

Die Bürgerinnen und Bürger finden das interessant, uns hier mal streiten zu sehen, wie wir miteinander umgehen, ob Sie mich jetzt ausreden lassen oder nicht. Das sind so Sachen, die finden unsere Bürger mal interessant. Aber dafür muss ich nicht die Ausschuss-Sitzung öffnen, dass hier so ein bisschen Zoo stattfindet.

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Sie ha- ben ein merkwürdiges Demokratieverständ- nis.)

Nein, ich sage Ihnen gleich noch einmal etwas zu meinem Demokratieverständnis, es würde sich durchaus lohnen, wenn Sie mir mal zuhören würden.

(Beifall CDU, SPD)

Es geht nämlich darum, dass aber auch die Internetbefragung letztlich ein sogenanntes selbstselektives System ist, das heißt, diejenigen, die sich da äußern wollen, entscheiden selbst darüber und man erhält letztlich kein wirkliches repräsentatives Bild. Das ist eigentlich die Frage, vor der wir immer stehen werden, auch als Parlamentarier und als Landtag hier in Thüringen: Wie sieht eine repräsentative Bürgerbeteiligung aus? Da haben wir Modelle in der Kommunalpolitik, diese Befragung mit den Bürgerhaushalten zum Beispiel. Da haben wir auch von den Gutachtern, die bei unserem Forum waren vor zwei Wochen, gehört, dass es immer sehr wichtig ist, auf Repräsentativität zu achten. Selbst wenn wir diese Internetforen einführen, man hatte das so ein bisschen gesehen - ich möchte jetzt keine schlafenden Hunde wecken - beim Thema Hundgesetz, gefährliche Hunde, da waren natürlich bei der Internetseite des Innenministeriums sehr viel mehr Hundebesitzer in dem Forum aktiv, als der Rest der Bevölkerung, der Nichthundebesitzer, zu denen ich auch zähle. Da habe ich kein repräsentatives Bild, trotzdem ist es richtig und wichtig und trotzdem werden wir das machen. Es ist ein Schritt mehr als Demokratie als Sofa, die passive Zuschauerbank. Aber es ist auch noch nicht wirklich ein repräsentativer Schnitt, der unsere Meinungsbildung hier letztlich total steuern könnte. Also das sind Sachen, die sind im Fluss. Da muss man auch Erfahrungen, die man macht, auswerten und es ist gut, dass wir das jetzt als Parlament hinbekommen und nicht nur einzelnen Ministerien überlassen werden.

Ein dritter Punkt war der Europäisierungsprozess. Dazu ist schon etwas gesagt worden. Wir haben die Vereinbarung, die in der Geschäftsordnung des Landtags jetzt ihren Niederschlag gefunden hat.

Das letzte große Thema: Redezeit - weniger ist mehr. Wir sind jetzt die Letzten, die noch mal lange schwadronieren dürfen. Wenn wir die Geschäftsordnung nachher verabschiedet haben, ist die Grenze gesetzt. Allerdings haben wir dann immer noch die längsten Redezeiten aller Landtage in Deutschland. Das sollte uns zu denken geben. Weniger Redezeit soll mehr können, nämlich mehr Tagesordnungspunkte zu erledigen und mit der Beibehaltung einer Grundredezeit von 10 Minuten, denke ich, wird auch das Recht der kleineren Fraktionen ausreichend bewahrt. Wir haben nun einen fraktionsübergreifenden Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung, wie gesagt, Sie von der Opposition

werden gleich dazu noch etwas sagen, dass Sie gern noch mehr gewollt hätten.

Jetzt möchte ich aber zum Schluss noch zwei Petitessen nennen: Es geht manchmal auch ohne Geschäftsordnung. Wir haben auch schon etwas Schlaues eingeführt, ohne es regeln zu müssen, nämlich eine bessere Dokumentation des Abstimmungsverhaltens. Als ich hier neu in den Landtag kam, war mir das ganz ungeheuer, dass es immer hieß, mit Mehrheit beschlossen, mit Mehrheit abgelehnt und keiner wusste wie und was und warum, weil die Zuschauerbänke ja nun nicht repräsentativ gefüllt sind und wenn ich dann ein Jahr später mal nachlesen will, wer hier wie abgestimmt hat, dann ist es schon wichtig, dass man im Protokoll das auch wiederfindet. Dann gibt es aber auch den anderen Fall, also wir haben jetzt was gemacht mit dem Abstimmungsverhalten, wo wir die Geschäftsordnung nicht ändern mussten. Wir setzen aber auch klammheimlich hier die ganze Zeit wichtige Dinge gar nicht um, die in der Geschäftsordnung stehen; ich möchte an der Stelle mal auf die Geheimvorschrift von § 93 Abs. 7 Nr. 2 in der Geschäftsordnung verweisen, da geht es um unsere Aktuellen Stunden und da steht ein ausdrückliches Verbot drin, vorgefertigte Reden und Manuskripte abzulesen. Also wir müssten eigentlich bei den Aktuellen Stunden, da haben wir eine Selbstverpflichtung in der Geschäftsordnung, das haben wir auch jetzt nicht geändert, uns im lebendigen Miteinander in der komplett freien Rede der Auseinandersetzung stellen.

(Beifall CDU)

Das wäre etwas, was ich mir nach eineinhalb Jahren hier mal wünschen würde,

(Beifall SPD)

ein lebendigeres Parlament, weniger Ablesen, mehr Spontanität, mehr Empathie für das Thema, zu dem man verpflichtet wird, vielleicht auch ein bisschen mehr Humor.

Schließen möchte ich damit, dass eine meiner Töchter mich abends mal mit folgender Frage zu Hause begrüßt hat: „Mama, was hast du denn eigentlich heute zur Verbesserung der Situation der Menschen in Thüringen beigetragen?“ Kluge Frage! Es sollte im Idealfall so sein, dass jedem von uns gerade an unseren Sitzungstagen eine gute Antwort darauf auf der Zunge liegen müsste. Wir wissen allerdings, wenn wir ehrlich sind, das ist nicht immer so.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Der Änderungsantrag von BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN.)

Wir wissen nicht immer, was wir heute hier den ganzen Tag gemacht haben und wenn uns immer eine Antwort auf diese Frage, was haben wir zur