Protocol of the Session on May 19, 2011

Frau Doht, noch einmal zu Ihnen: Wir haben nichts gegen Vereinfachung und Bürokratieabbau. Aber Sie können mir nicht erklären, dass in dieser Richtung, ich übertreibe es jetzt einmal, ein Tag steht kein Windrad da, am nächsten Tag steht in der Nachbarschaft das Windrad. Das sind Klagewellen, die Sie vorausprogrammiert haben.

(Beifall DIE LINKE, FDP)

Das ist keine Vereinfachung und kein Bürokratieabbau, das sage ich Ihnen noch einmal ganz deutlich. Wir hatten die Beispiele, wenn man eine Gaststätte aufmachen will, was da alles für Wege zu durchlaufen sind, dass keine Ruhestörung auftritt usw. - das ist alles richtig. Hier programmieren Sie Klargewellen voraus.

Noch ein Wort zu dem Änderungsantrag der LINKEN mit den Garagen. Wir sehen in dem Punkt keinen Handlungsbedarf, weil wir doch denken, die 9 Meter sind angemessen und sollten auch den Garagenbauern zugestanden werden. Danke.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Heinz, weißt du, was 9 Meter sind?)

Ich weiß es.

(Beifall FDP)

Als Nächster hat sich Abgeordneter Carsten Meyer zu Wort gemeldet.

(Abg. Schubert)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Untermann, jetzt doch noch einmal wenigstens eine Konkretisierung zu dem Thema. Ich verstehe immer die FDP nicht, weil sie manchmal auf eine Art und Weise hier argumentiert, die gegen jede Art von Gewerbefreiheit spricht. Ich habe immer gedacht, das wäre genau Ihre Aufgabe. Also hier will eine neue Industrie etwas versuchen zu organisieren, was wir alle wollen, nämlich Energie dadurch zu erzeugen, dass man weniger schädliche Energieerzeugnisarten braucht, wir wollen es mal dahingestellt sein lassen welche.

Nun kommt es auf die Frage an, wo man das macht, das habe ich ja verstanden, dass Sie das auch möchten. Aber um es einmal konkret werden zu lassen, dass man allgemeine und reine Wohngebiete nicht genehmigungsfrei stellen sollte, ich glaube, das ist auch gerade ausgeführt worden, das ist auch richtig so. Da gibt es noch welche, die sagen, allgemeine Wohngebiete wären möglich, da bin ich auch schon skeptisch, das hat Frau Schubert gerade ausgeführt. Aber Sie haben argumentiert gegen Dorfgebiete und Mischgebiete. Ich bitte Sie, in Dorfgebieten können Sie, was die Ästhetik angeht, 30 Meter hohe Siloanlagen für Landwirtschaftsbetriebe kommentarlos stellen - das ist auch gut so - und lehnen aber 9 Meter hohe Windkraftanlagen ab, weil es die Ästhetik des Dorfes beeinträchtigt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie argumentieren mit Infraschall. Sie argumentieren sozusagen wirtschaftsfeindlich, weil das Problem Infraschall auch bei jeder Lüftungsanlage besteht, die u.a. selbstverständlich auch bei landwirtschaftlichen Betrieben und Gewerbebetrieben in Mischgebieten möglich sind. Wenn Sie also mit diesem Thema kommen, dann machen Sie es doch bitte einmal ganz konkret und sagen, dass Sie Gewerbefreiheit nicht mehr wollen. Für diese Installationssituation wollen Sie Gewerbefreiheit in Mischgebieten einschränken. Mischgebiete sollen gerade nicht zum Wohnen vorrangig dienen, sondern um Gewerbe zu betreiben. Wenn das Gewerbe heißt, dort Windkraft zu installieren, weil beispielsweise das Gewerbegebiet falsch auf einem Hügel liegt, was ich auch schon gesehen habe, dann ist das richtig so. Damit kann man nämlich tatsächlich und vor allen Dingen bei dieser neuen Branche asynchrone Lasten abfangen. Dass Sie das hier negiert haben, das finde ich schon sehr schade in der Bauordnung. Danke.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe Wortmeldungen gesehen. Der Abgeordnete Dirk Bergner der FDP-Fraktion. Bitte schön.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Kollege Meyer hat wieder einmal eines gezeigt, was er hier schon öfter gezeigt hat, nämlich dass er vom ländlichen Raum wirklich keine Ahnung hat.

(Beifall FDP)

Hier mit Wirtschaftsfeindlichkeit zu kommen, das ist ja nun der größte Unfug, den man sich überhaupt vorstellen kann, meine Damen und Herren. Ich darf Ihnen eines sagen, auch und gerade im ländlichen Raum legen wir Wert darauf, dass Siedlungen in ihrem Charakter erhalten bleiben. Auch und gerade im ländlichen Raum sind es die Dörfer, die landschaftsprägend sind, wo man sich Gedanken macht über Gestaltungssatzungen und über Bebauungspläne. Das alles sind Dinge, von denen Sie offensichtlich nichts verstehen.

(Beifall FDP)

Da von Wirtschaftsfeindlichkeit zu sprechen, ist der größte Gipfel, den man sich hier vorstellen kann. Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP)

Vielen Dank. Gibt es weitere Wortmeldungen? Ich sehe, das ist nicht der Fall. Nun bitte, Herr Minister Carius.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf mich bei den Abgeordneten herzlich bedanken für die etwas intensivere Debatte, wobei ich im Grunde gar nicht so recht verstehe, warum hier diese Aufregung so vorherrscht, weil völlig klar ist, dass weder auf dem Erfurter Anger noch auf irgendeinem Dorfanger, noch in jeder Baulücke eines Dorfes mit Windkraftanlagen zu rechnen ist.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Ihr Wort in Gottes Ohr!)

Darum geht es hier in der Sache überhaupt nicht, sondern es geht bei diesem Gesetz natürlich vor allen Dingen zum einen um die Umsetzung von Europarecht und zum anderen, wie ja viele Kollegen schon dargestellt haben, um einige kleinere Änderungen zur Bereinigung von Zweifelsfragen.

Ich möchte mich also herzlich beim zuständigen Ausschuss bedanken für die Beratung des Gesetz

entwurfs und möchte gern zu einigen Diskussionspunkten noch etwas sagen. Wenn ich die Anhörung richtig verstanden habe, ging ja die Anregung in beide Richtungen, sowohl Ausdehnung der Verfahrensfreistellung als auch die Beschränkung der Verfahrensfreistellung. Dabei spielte natürlich, wie eben auch schon in der Debatte, vorrangig die Verfahrensfreistellung von kleinen Windenergieanlagen bis zu 10 Meter Gesamthöhe und drei Meter Rotordurchmesser eine Rolle. So wie viele Kollegen, wie Frau Doht auch, bereits auch gesagt haben, geht es hier nicht darum, dass wir völlig rechtsfreien Raum schaffen, sondern es geht lediglich um die Frage der Verfahrensfreistellung im Rahmen der Bauordnung. Es wurden zum Teil Bedenken wegen zu erwartenden Immissionen und Standsicherheitsproblemen geäußert. Dies hängt möglicherweise damit zusammen, dass die den vorgeschlagenen Regelungen zugrunde liegenden Überlegungen nicht gesehen wurden. Ich versuche deswegen noch einmal ganz kurz, diese darstellen.

Wir sind aufgrund einer europäischen Richtlinie verpflichtet, unnötige Hemmnisse bei der Nutzung erneuerbarer Energien abzubauen. Dazu gehört auch der Verzicht auf unnötige Genehmigungsverfahren, in denen Fragen geprüft werden, die regelmäßig unproblematisch sind. Hauptproblem bei kleinen Windenergieanlagen sind die von ihnen verursachten Geräusche. Auch moderne Windenergieanlagen verursachen natürlich Lärmimmissionen, die in reinen Wohngebieten unzulässig sind. Ich glaube, da haben wir relativ schnell Einigkeit im Hohen Hause, dass in reinen Wohngebieten kein Mensch solch eine Anlage stehen haben möchte. Die Frage besteht dann höchstens, inwieweit dann in Mischgebieten eine solche Errichtung möglich ist. Insoweit ist eine Begrenzung auf Gewerbe- und Industriegebiete, wie mit den Änderungsanträgen beabsichtigt, aus meiner Sicht grundsätzlich nicht angebracht. Bei allgemeinen Wohngebieten ist zwar denkbar, dass je nach Dichte der Bebauung die Immissionen auch bei Einhaltung der Grenzwerte der technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm, also TA Lärm, dem Charakter des Gebiets widersprechen, dies gilt aber letztlich für jede Nutzung bis hin zur Kleintierhaltung. Hier ist es Aufgabe des Bauherren, sich im Vorfeld über die Zulässigkeit seiner Windenergieanlage zu erkundigen.

Man muss sich auch immer wieder bewusst machen, Verfahrensfreistellung bedeutet nicht, dass die entsprechenden Anlagen tatsächlich überall gebaut werden dürfen, vielmehr sind alle materiellen Anforderungen weiterhin einzuhalten, das heißt, Bauplanungsrecht, Abstandsflächenrecht, Standsicherheit. Damit sind auch im Grunde die nachbarschaftsschutzrechtlichen Fragen ausgeräumt. Fragen der Standsicherheit waren übrigens auch ein Grund für die gewählten Grenzen der Verfahrensfreistellung.

Nach der in allen Ländern als technische Baubestimmung eingeführten Richtlinie für Windenergieanlagen sind bei der Errichtung dieser Anlagen besondere Sachverständigenstellungnahmen und Gutachten erforderlich, um mögliche Gefahren, insbesondere für die Standsicherheit, zu vermeiden. Diese Anforderungen gelten nicht für Anlagen, die der Größe den für die Verfahrensfreistellung vorgesehenen Anlagen entsprechen. Die im Gesetzentwurf vorgesehene Größe stellt somit eine Grenze der Unbedenklichkeit dar mit der Folge, dass sich derzeit eine Ausweitung der Verfahrensfreistellung jedenfalls dann verbietet, wenn man Verfahrensfreistellung tatsächlich als Freiheit von allen Verfahrensregelungen auffasst, die nicht wieder durch besondere Begutachtungspflichten eingeschränkt wird.

Abschließend darf ich bei diesem Thema darauf hinweisen, dass auch in Baden-Württemberg, in Bayern und im Saarland entsprechende Regelungen seit Jahren existieren für Anlagen bis zu 10 Meter Höhe. Mir ist nicht bekannt, dass dort die hier prognostizierten Probleme in irgendeiner Weise je aufgetreten sind. Die Erfahrungen bedeuten daher aber auch, dass eine Einschränkung der geplanten Verfahrensfreistellung ein im Sinne des EURechts unnötiges Hemmnis darstellen würde.

Was den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE hinsichtlich des § 6 der Thüringer Bauordnung betrifft, so ist zu sagen, dass diese von Ihnen beschriebenen Einmauerungseffekte durch neun Meter lange Grenzgebäude aus unserer Sicht nicht zu befürchten sind. Zum einen waren bis 2004 bis acht Meter lange Gebäude an der Grenze zulässig, ohne dass solche Probleme entstanden sind und zum anderen sind die Grundstücksseiten nach unseren Erfahrungen regelmäßig lang genug, dass ein 9 Meter langes Gebäude nicht zu diesen Effekten führt. Es erfolgt mit der jetzigen Änderung hier lediglich eine Klarstellung.

Bei der ersten Lesung und im Laufe der Ausschussberatung wurden verschiedene Anregungen zu weitergehenden Änderungen vorgetragen. Ich bin sehr dankbar, dass wir diese Diskussion gestartet haben, aber nicht in diesem Gesetzentwurf versucht haben, zu vollenden. Insofern herzlichen Dank an die Fraktionen und vor allen Dingen an die einbringenden Fraktionen des Entschließungsantrags, in dem sie aus meiner Sicht wichtige Themen der Baupolitik der Zukunft ansprechen, die wir dann natürlich auch sowohl bei der Musterbauordnung als auch bei der anstehenden Änderung des Baugesetzbuchs durch den Bund und dann der notwendigerweise folgenden Änderung der Bauordnung berücksichtigen müssen. Ich glaube nur, dass wir uns da regelmäßig genug Zeit für die Diskussion lassen sollten. Klimaschutz, nachträgliche Wärmedämmung, barrierefreies Bauen, Abstandsflächen, Struktur der Genehmigungsverfahren sind nur eini

(Minister Carius)

ge ganz wenige Themen, die hier nicht im Eilverfahren abzuhandeln sind. Sie gehören daher nicht in ein Gesetz, das aufgrund europäischer Verpflichtungen eilbedürftig ist. Die Landesregierung wird daher im kommenden Jahr gern mit Ihnen die Diskussion über die Bauordnung fortsetzen. Wenn der Ausschuss es wünscht, sind wir auch gern bereit, die Musterbauordnung, sobald sie denn vorliegt, dem Ausschuss schon zur Diskussion vorzulegen, damit wir hier einen ordentlichen, strukturierten Diskussionsprozess einleiten können. Insofern würde ich mich freuen, wenn Sie dem Gesetzentwurf zustimmen und auch dem Entschließungsantrag der Fraktionen. Vielen Dank.

(Beifall CDU, SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. Ich sehe eine Wortmeldung des Abgeordneten Untermann. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Ganz kurz nur: Herr Minister, wenn das alles so ist, wie Sie es eben gesagt haben, warum nehmen Sie dann die reinen Wohngebiete überhaupt raus? Dann können wir die doch auch in die reinen Wohngebiete stellen. Das ist genau das Gleiche. Dort gibt es Nachbarn und hier gibt es Nachbarn, Entschuldigung.

(Beifall FDP)

Gibt es weitere Wortmeldungen? Ich sehe das nicht. Dann beende ich die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung.

Wir stimmen als Erstes über die Änderungsanträge zum Gesetzentwurf - und da rufe ich auf den Änderungsantrag der FDP-Fraktion in der Drucksache 5/2746 - ab. Wer diesem Änderungsantrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Ich sehe Zustimmung bei der Fraktion DIE LINKE.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: FDP kommt, das ist euer Antrag.)

Für Sie noch mal, wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der FDP-Fraktion.

(Heiterkeit im Hause)

Auch Zustimmung bei der FDP-Fraktion, der einreichenden Fraktion. Wer ist gegen diesen Änderungsantrag? Das sind die Fraktionen der CDU und der SPD. Wer enthält sich? Das ist die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und 1 Enthaltung von Herrn Primas aus der CDU-Fraktion. Damit ist der Änderungsantrag der FDP-Fraktion abgelehnt.

Wir kommen zum Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/2773. Wer ist für diesen Änderungsantrag? Das ist die Fraktion DIE LINKE. Wer ist gegen diesen Änderungsantrag? Das sind die Fraktionen der CDU und der SPD. Wer enthält sich? Das sind die Fraktionen der FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 5/2773 abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über das Gesetz der Landesregierung in der Drucksache 5/2154 in zweiter Beratung, da die Beschlussempfehlung Annahme des Gesetzentwurfs empfiehlt. Wer für diesen Gesetzentwurf ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen? Das sind die Fraktionen der CDU und der SPD. Wer ist gegen diesen Gesetzentwurf? Das ist die Fraktion der FDP. Wer enthält sich? Das sind die Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. Damit ist der Gesetzentwurf angenommen.

Wir kommen zur Schlussabstimmung. Wer dem die Zustimmung geben wird, den bitte ich jetzt, sich von den Plätzen zu erheben. Das sind die Fraktionen der CDU und der SPD. Wer ist dagegen? Das ist die Fraktion der FDP. Wer enthält sich? Das sind die Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Gesetzentwurf in der Schlussabstimmung angenommen.

Ich komme zur Abstimmung über den Entschließungsantrag von CDU und SPD. Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das ist Zustimmung bei der CDU, der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der Fraktion DIE LINKE. Wer ist gegen diesen Entschließungsantrag? Ich sehe keine Gegenstimme. Wer enthält sich? Die Fraktion der FDP enthält sich. Damit ist der Entschließungsantrag angenommen.

Ich beende die Abstimmung und schließe den Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 5