Protocol of the Session on March 25, 2011

(Unruhe und Heiterkeit DIE LINKE)

Die Einzigen, die versuchen zu kriminalisieren und zu denunzieren sind der VVN-BdA und dagegen müssen sich auch aufrechte Demokraten wehren können. Sehr geehrte Frau Kollegin Berninger, Sie haben vorhin von Denunzierung gesprochen, das gehört nun...

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Ihr Bratwurstplakat war denunzierend. Das ist Ihre Welt.)

Dass Sie immer noch so dünnhäutig sind, Herr Ramelow, hätte ich gar nicht gedacht. Aber ich möchte Ihnen jetzt mal sagen: Das Mantra von Lenin war isolieren, denunzieren und dann liquidieren - und das gehört eindeutig zum Kommunismus, das müssen Sie nun mal akzeptieren.

(Unruhe DIE LINKE)

Zur rechtlichen Würdigung haben die Kollegin Marx und der Kollege Bergner in hervorragender Art und Weise ausgeführt. Lassen Sie mich mal die inhaltliche Fragestellung aufs Korn nehmen. Die Ausstellung „Neofaschismus in Deutschland“ schadet unserer politischen Kultur im Freistaat und dabei bleibe ich. Dort werden demokratische Politiker wie

(Abg. Bergner)

Guido Westerwelle und Roland Koch in eine Kontinuitätslinie mit Hitler und Goebbels gestellt. Das halte ich offen gestanden für unfassbar, dreist und wir bleiben dabei - das ist beleidigend, verleumderisch und schlichtweg übelste Hetze, das ist eine Schmutzkampagne und das darf man auch unter Demokraten nicht durchgehen lassen.

(Beifall CDU, FDP)

(Unruhe DIE LINKE)

Offen gestanden, ist es sehr unhöflich, wenn ich ausrede, Herr Ramelow. Das ist das Gegenteil von politischer Bildung, das ist nämlich gefährliche Manipulation. Ich möchte wie auch der Kollege Bergner einfach mal eine neutrale Stelle zitieren, nämlich die Landeszentrale für politische Bildung in Mecklenburg-Vorpommern. Die schreiben, mit Ihrer Einwilligung, Frau Präsidentin, zitiere ich: „Die Ausstellung ist insofern ideologisch einseitig ausgerichtet. In Teilen handelt es sich um reine Agitation und hat mit politischer Bildung nichts zu tun.“ Weiter heißt es: „Die Ausstellung ist daher aus Sicht des Bildungsministeriums für die politische Bildung, insbesondere im Rahmen und Umfeld des schulischen Unterrichts nicht geeignet und nicht zu empfehlen.“ In Thüringen heißt es: „Sie ist ideologisch propagandistisch.“ Das ist ein vernichtendes Urteil für eine Ausstellung, die eigentlich dafür sorgen soll, ein wichtiges Thema, nämlich Rechtsextremismus zu thematisieren. Es kann doch nicht sein - und das muss man eigentlich auch mal öffentlich sagen -, dass wir auf dem Rücken von wichtigen Themen solche propagandistischen Aktionen von Ihnen austragen.

(Beifall CDU, FDP)

Ich wiederhole es: Es ist auch Schulklassen kaum erklärbar, dass der Außenminister einerseits hoher internationaler Repräsentant unseres gesamten Landes ist und andererseits aber suggeriert wird, dass er rechtsextremistischen Ideen Vorschub leistet. Wer so handelt, will bewusst unserer Demokratie schaden und sie delegitimieren.

(Beifall CDU, FDP)

Unter dem Deckmantel der Extremismusbekämpfung wird hier gegen Demokraten agiert. Nur weil sich die Ausstellung gegen Rechtsextremismus wendet, ist sie noch lange nicht demokratisch.

(Beifall CDU, FDP)

Sie wird von einer Organisation durchgeführt, die bis 1989 Kostgänger der SED war, die - wie auch Kollege Bergner schon aus Verfassungsschutzberichten zitiert hat - mittlerweile zur Speerspitze des Linksextremismus in Deutschland zählt und - wir können es ganz personalisieren - wo Frau Renner auch im geschäftsführenden Landesvorstand sitzt. Dass Sie sich da empfindlich berührt fühlen, verste

he ich, aber tun Sie doch bitte nicht so, als ob das alles eine neutrale Veranstaltung wäre.

(Beifall CDU, FDP)

(Unruhe DIE LINKE)

Wenn dann noch das rechtsstaatliche und legitime Vorgehen versucht wird zu kriminalisieren, dann ist das einfach nur erschütternd. Denn rechtsstaatliche Mittel sind ein Grundelement unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Wer das infrage stellt, stellt das Grundgesetz infrage und das gehört sich einfach nicht.

(Unruhe DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Jetzt sage ich pfui. Jetzt wird es widerlich.)

Es steht Ihnen frei, den Raum zu verlassen, Herr Ramelow.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Sie werden mich aus diesem Land nicht vertrei- ben, Sie nicht.)

(Beifall DIE LINKE)

Herr Abgeordneter Dr. Voigt, gestatten Sie eine Anfrage durch die Frau Abgeordnete Wolf?

Gern am Ende. Natürlich - und das muss man auch rechtsstaatlich mal überprüfen - ist es eine Fragestellung, ob eine Partei als direkt Betroffene diesen Antrag stellt und den dann auch bewilligt bekommt oder ob die Individualpersonen das können. In der Tat ist es so, Guido Westerwelle, Erika Steinbach oder eben auch Roland Koch, wenn sie als individuell Betroffene denselben Antrag gestellt hätten, wäre wahrscheinlich die Prüfung anders ausgegangen. Das ist eine freie Entscheidung der Individualpersonen. Trotzdem macht das Ihre Denunziation nicht besser und ich will es auch für die Rechtsstaatsbehörden sagen: Ich finde, die Staatsanwaltschaft ist ein wichtiges Rechtsorgan unseres Landes. Sie anzurufen, dass sie agiert und dann am Ende zu einem anderen Schluss kommt, ist eine Frage, die wir respektieren müssen. Dafür ist ein Rechtsstaat da und rechtsstaatliche Mittel müssen genau aus dem Grund auch genutzt werden können.

(Beifall CDU, FDP)

Sehr geehrte Damen und Herren, man muss sich natürlich gegen Rechtsextremismus engagieren, auch ohne Wenn und Aber. Es gilt jedoch auch hier, kritisch zu bleiben. Es kann doch nicht sein, dass derjenige, der klar rechtsextremistisch ist, zu Recht auf klaren Widerstand stößt, und derjenige, der mit sogenannter antifaschistischer Leichtigkeit

demokratische Prinzipien verletzt, auf ein gewisses Wohlwollen stößt. Eine antiextremistische Ordnung darf nicht mit zweierlei Maß messen, weil sonst der Anschein aufkommen würde, bloßer sogenannter Antifaschismus reiche für eine demokratische Position aus. Das ist mitnichten so. Der Extremismusvorwurf meint nämlich die Anschuldigung in Gegnerschaft zu dem normativen, dem Grundgesetz inhärenten Kern zu stehen. Diese Gegnerschaft zu den normativen Werten des Grundgesetzes finden wir sowohl bei Rechts- als auch bei Linksextremisten. Wir finden sie auch bei denen, die zwar Lippenbekenntnisse abgeben, aber in Wahrheit unsere gesellschaftliche Ordnung überwinden wollen. Das Prinzip der wehrhaften Demokratie ist ein Verfassungsprinzip. Dieses Verfassungsprinzip gilt es auch zu wahren, auch in Abgrenzung zu einem konkreten Extremismusbegriff. Meiner Meinung nach haben wir auf der politisch ganz linken Seite dieses Hauses immer das Problem, dass es von ihnen eine Art konzedierten vermeintlichen moralischen Rabatt für den Linksextremismus gibt, während Sie engagiert, das will ich gar nicht verkennen, gegen den Rechtsextremismus vorgehen. Es ist an der Zeit, diese Unausgewogenheit auch offen zu benennen, und das auch im Zusammenhang mit dieser Ausstellung. Die Idee der wehrhaften Demokratie kam in unsere Verfassung, weil die Mütter und Väter des Grundgesetzes in der Weimarer Zeit schlechte Erfahrungen gemacht haben. In der Weimarer Zeit galt das Prinzip

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE)

ja, genau, mit Linksextremisten und Rechtsextremisten, vollkommen richtig - der Toleranz, was an sich ein gutes Prinzip ist. Aber damals war es Toleranz im Sinne von Werterelativismus. Deshalb war die Demokratie der Weimarer Republik in sich so brüchig. Sie ist deswegen zugrunde gegangen. Wir haben daraus gelernt, deswegen gibt es in unserem Rahmen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Wir müssen in der Lage sein, uns gegen diese inneren und äußeren Feinde zu wehren, das alles mit rechtsstaatlichen Mitteln. Deswegen haben wir heute das Prinzip der wehrhaften Demokratie. Wir haben die Möglichkeit, mit rechtsstaatlichen Mitteln dagegen vorzugehen, Dinge prüfen zu lassen und sie auch von einer unabhängigen Justiz bewerten zu lassen. Das ist der Unterschied zu einer staatlichen Ordnung, die sowohl vom Kommunismus als auch vom Rechtsextremismus angestrebt wird. Auf diese rechtsstaatliche Ordnung bin ich stolz und für die werde ich mich immer weiter einsetzen, aber vor allen Dingen versuchen, mit ihren rechtsstaatlichen Mitteln gegen Ihre inhaltlichen Vorstellungen vorzugehen. Recht herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Einen kleinen Moment, Sie wollten eine Frage von Frau Wolf noch beantworten. Bitte, Frau Wolf.

Ich gebe zu, ich habe eine Verständnisfrage. Sie haben vom Linksextremismus gesprochen und das Ganze personalisiert und in dem Zusammenhang den Namen Martina Renner genannt. Habe ich Sie da richtig verstanden?

Ich habe gesagt, dass die Organisation VVN-BdA in den Verfassungsschutzberichten unter der Kategorie „Linksextremismus“ auftaucht und deswegen auch linksextremistisch eingeschätzt wird. Ich habe gleichzeitig noch gesagt, dass Frau Renner im geschäftsführenden Landesvorstand dieser Organisation ist in Thüringen. Mehr habe ich nicht gesagt, aber auch nicht weniger.

(Beifall CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Abgeordneter Adams das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich wollte zu diesem Antrag namens meiner Fraktion zunächst einmal relativ Weniges sagen.

(Beifall FDP)

Aber die vorangegangenen Redner, denke ich, müssen auch auf jeden Fall noch kommentiert werden. Ich kommentiere das vor allen Dingen mit einer Frage an den Herrn Kollegen Voigt. Mir ist in Ihrem Redebeitrag nicht ganz klar geworden, ob Sie sich dafür einsetzen, Beleidigungen gegen Personen vorzubringen, oder ob es Ihnen darum ging, eine Ausstellung zu verbieten. Das ist mir nicht ganz klar geworden; vielleicht ist das möglich, dass Sie dazu auch noch mal etwas sagen. Ich fand den Beitrag von der Kollegin Marx sehr treffend, weil auch sauber argumentiert und auf den wesentlichen Kern reduziert und damit eigentlich dieser Debatte ganz zuträglich. Bei Herrn Bergner ist mir eine Sache aufgefallen, dass Sie mit Zitaten, die Sie einer Organisation zuschreiben, geschlussfolgert hatten, wo diese politisch stehe, und das genommen haben, um zu begründen, dass man nicht Zitate nutzen dürfe, um zu zeigen oder die Diskussion aufzunehmen, wo jemand stehe. Das erschließt sich mir nicht ganz, weil ich finde, wenn, dann müsste man doch hier in der politischen Debatte beides gleichwertig nebeneinander stellen können und Zitate

(Abg. Dr. Voigt)

entweder gelten lassen oder Zitate für untauglich halten. Aber eines für tauglich halten und das andere für untauglich halten, Herr Bergner, das passt einfach nicht in der Debatte.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Es ist mir noch eine Sache aufgefallen: Sie haben und da würde ich mich nahezu ohne Probleme hinter Sie stellen - gesagt, es darf - so reduziere ich das mal - und soll niemand in diesem Land beleidigt werden. Dagegen wollen wir alle aufstehen und da stehe ich voll hinter Ihnen, voll hinter der Aussage. Allerdings haben Sie dann immer wieder die Beurteilung der Landeszentrale für politische Bildung in Mecklenburg-Vorpommern, der sich die Landeszentrale in Thüringen angeschlossen hat, genommen, um das zu begründen. Aber diese Beurteilungen sagen gar nichts über die Beleidigung aus. Sie sagen lediglich etwas darüber aus, ob das geeignet sei, mit Schülerinnen und Schülern dort etwas zu lernen. Das sind zwei vollkommen verschiedene Sachen und ich würde Sie bitten, das einfach beides auseinanderzuhalten, weil es der Qualität in der Debatte enorm helfen würde.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Debatte, die wir im letzten Plenum zu dieser Thematik hatten, war keine gute Debatte für dieses Haus, weil sie mit heftigen Angriffen, so, wie wir das eben auch wieder erlebt haben, ausgegangen ist. Es hilft nicht wirklich dem Parlamentarismus und als gutes Beispiel für dieses Haus, wenn wir auf dieses Niveau gehen, gerade angesichts dessen, was Frau Marx ausgeführt hat zur Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft.

Diese Ausstellung, über die wir hier sprechen, ist provozierend. Ich finde, ein Attribut für eine Ausstellung, das durchaus tauglich ist. Diese Ausstellung ist provozierend und ich unterstelle einmal, dass die Beurteilungen der Landeszentralen richtig sind, ich unterstelle das. Aber selbst wenn, bei dieser Unterstellung - und daraus folgt, dass es für Schüler absolut ungeeignet sei, dort etwas zu lernen - weiß ich immer noch nicht, woher Sie den Drang nehmen, sie strafrechtlich verfolgen zu lassen. Das verstehe ich nicht und das müssen Sie differenzieren. Ich glaube, dass ist der Punkt, dass eine mutmaßliche abzuwehrende Beleidigung in dieser Ausstellung vorkommt, hat für meine Begriffe zunächst einmal nichts mit der Frage zu tun, ob diese Ausstellung ansehenswert ist. Es geht einfach um die Frage, ob wir es schaffen, das, was Sie von der LINKEN verlangen, nämlich strafrechtliches Handeln und strafrechtliche Verfolgung und strafrechtliche Aufklärung abzutrennen von dem politischen Diskussionsprozess. An diesem politischen Diskussionsprozess sind wir GRÜNEN ganz interessiert. Wir haben ein Programm aufgestellt für Demokratie, Weltoffenheit und Toleranz und ich würde es

gut finden, wenn wir diese Ausstellung zum Anlass nehmen, in einer geeigneten Diskussion mit den Machern dieser Ausstellung, mit Betroffenen darüber zu diskutieren, wie wirkt diese Ausstellung, welche Möglichkeiten hat sie, aufzuklären, weiterzubilden und Ähnliches. Das würde ich sehr gut finden und da würden wir gern mit dabei sein.

In diesem Zusammenhang könnte man dann auch, glaube ich, mit Herrn Ministerpräsidenten a.D. Koch darüber diskutieren, wie er im Landtagswahlkampf damals eine Kampagne gefahren hat gegen die doppelte Staatsbürgerschaft, die Rot-Grün auf den Weg gebracht hatte. Dann würde ich es sehr interessant finden, das vor dem Hintergrund unserer Beschlüsse zur Weltoffenheit und Toleranz noch mal zu diskutieren. Das wäre eine gewinnbringende Diskussion, die Zitate, die er, glaube ich, in keinem Fall bestreiten wird, von Roland Koch in der Debatte darin noch mal zu diskutieren. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)