Protocol of the Session on November 20, 2009

Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat die Abgeordnete Hitzing von der FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin auch zum ersten Mal hier am Rednerpult.

(Beifall im Hause)

Danke. Gestatten Sie mir, zu diesem Thema ganz kurz eine Gegenüberstellung zu machen, wie ist die Situation an unseren Hochschulen, wie ist die Situation bei den Studierenden. Unsere Hochschulen und Universitäten leisten einen immensen Beitrag dazu, die Zukunft unseres Landes zu sichern, nämlich indem sie die Wissenschaftsgeneration von morgen ausbilden. Ständig wird an Forschungsprojekten gearbeitet und das mit großem Erfolg. Das ist uns allen bekannt. Die Universitäten, die sich im internationalen Wettbewerb befinden, sind auch international wettbewerbsfähig, ganz besonders auch hier in Thüringen. Forschung und Lehre, das sind die beiden Säulen der Universitäten, die gleichberechtigt und gleichwertig sind, und beide Säulen müssen richtig unterstützt werden, nicht nur Forschung, sondern auch Lehre.

Jetzt komme ich zur Situation der Universitäten: Sie sind chronisch unterfinanziert. Was bedeutet das? Es muss sich tatsächlich maßgeblich an der Situation etwas ändern und wir haben gehört, dass es im Koalitionsvertrag entsprechende Orientierungen gibt.

Zu den Studenten: Gerade jeder zehnte Studierende erhält eine Vollförderung über das BAföG. Rund 20 Prozent aller Studentinnen und Studenten müssen mit deutlich weniger Geld als dem BAföG-Höchstsatz auskommen. Besorgniserregend ist, dass etwa 33 Prozent aller Studenten über Jobs - im Schnitt etwa 16 Stunden pro Woche - ihren Lebensunterhalt absichern müssen. Das sind natürlich Zahlen, die uns auch klarmachen, hier liegt etwas stark im Argen und wir müssen hier tatsächlich eine Veränderung finden. Es geht ums Geld. Die Universitäten brauchen dringend eine Aufstockung der Finanzmittel. Die Hochschulen müssen finanziell unterstützt werden. Das ist auch schon angeklungen und da gibt es auch über alle Ebenen Übereinstimmung, dass das so sein muss. Sie brauchen Autonomie in Finanz-, Finanzierungs- und Organisationsfragen.

(Beifall FDP)

Wenn ich mal auf den Artikel 28 der Verfassung eingehen darf, hier steht in Absatz 1 Satz 2: „Sie haben das Recht auf Selbstverwaltung, an der alle Mitglie

der zu beteiligen sind.“ Bei „alle Mitglieder“, denke ich, dass damit natürlich und zuallererst die Studenten gemeint sein müssen.

Jetzt komme ich zum Thema der Studiengebühren, darüber reden wir heute. Ich glaube, wenn wir diesen Satz in Artikel 28 genauer betrachten, können wir die geplante Änderung eventuell sogar außen vor lassen. Aber das ist ein Thema, das müssen wir im Ausschuss besprechen.

Zum Thema der Studiengebühren Folgendes: Ich bin sicher, dass Autonomie für Hochschulen auch bedeutet, dass sie zusätzliche Einnahmequellen nutzen dürfen.

(Beifall FDP)

2 Prozent aller Studenten sind lediglich Empfänger von Stipendien. Das ist zu wenig, das ist bundesweit zu wenig,

(Beifall FDP)

das ist in Thüringen zu wenig, diese Quote muss erhöht werden. Stipendien sind ganz wichtig für die Studenten, wir brauchen nicht weiter zu erklären, weshalb.

Zweites Thema - BAföG: Ich habe es schon erwähnt, die BAföG-Sätze sind so, erstens sind es etwa sowieso nur 25 Prozent Förderquote insgesamt und dann gibt es ganz wenige, die überhaupt diese BAföG-Hürde entweder erreichen oder an diesen Höchstsatz herankommen.

Dann haben wir das Thema der Studiengebühren. Wir haben auf der einen Seite Einnahmen und auf der anderen Seite Ausgaben für die Studierenden. Hier muss Klarheit her. Ich bin der Meinung, die zusätzliche Einnahmemöglichkeit für Hochschulen muss gegeben sein. Es sollte ihnen ermöglicht werden - so will ich es einmal formulieren - über Studiengebühren, die aber in einem sehr moderaten Rahmen zu sehen sind und auch nicht eine Obergrenze überschreiten dürfen. Das würde ich dann auch gern im Ausschuss besprechen wollen.

(Beifall FDP)

Außerdem müsste man darüber reden, wenn denn eine Universität Studiengebühren oder Einnahmequellen in dieser Richtung nimmt, dass diese Einnahmen nur und ausschließlich für die Verbesserung der Lehre und der Studienbedingungen eingesetzt werden dürfen,

(Beifall FDP)

was mit anderen Worten heißt, hier müssen die Studierenden unbedingt mit ins Boot geholt werden. Sie wollen Mitspracherecht, sie brauchen Mitspracherecht und im Rahmen einer gemeinsamen Findung am Campus, denke ich, kann man auch sehr viel Gutes tun für die Bildungseinrichtung an sich und die Studierenden und das Studienklima an der Einrichtung.

Verwaltungsgebühren sehe ich überhaupt nicht, sollte man auf keinen Fall darüber reden. Ich bin sehr dafür, Verwaltungsgebühren vollkommen auszusetzen.

(Beifall FDP)

Wir müssen natürlich auch über das Thema Finanzierung reden. Wie können Studierende eigentlich Studiengebühren finanzieren, wenn sie kein BAföG erhalten, eventuell auch von zu Hause nicht genügend unterstützt werden können und wir ja jedem ermöglichen wollen, dass er studieren kann, wenn er die Voraussetzungen dazu mitbringt - das soll die Grundvoraussetzung immer sein. Da habe ich mal ein bisschen nach Nordrhein-Westfalen geguckt, abgeguckt sozusagen. Nordrhein-Westfalen bietet unter anderem an, eine Finanzierung des erhaltenen BAföGs oder eines staatlich unterstützten Kredits für das Studium nachgelagert zu machen, also erst in der Zeit, wenn man dann im Arbeitsleben ist. Das finde ich sehr bemerkenswert und es gefällt mir ausgesprochen gut. Diese Kreditfinanzierung wird gedeckelt bei 10.000 €, was mit anderen Worten heißt, es sind 10.000 €, die der betroffene Student, der solch einen Studienkredit eventuell in Anspruch genommen hat, irgendwann in seinem Arbeitsleben später abzahlen wird.

Nach einer OECD-Studie heißt es, dass jemand, der studiert hat, ganz einfach anders in Anstellung kommen oder arbeiten wird in seinem Arbeitsleben, einen finanziellen Vorsprung von ca. 180.000 € haben wird im Gegensatz zu jemandem, der sich nicht akademisch weiterbildet.

(Beifall FDP)

Dann glaube ich und bin fest davon überzeugt, dass man das finanzieren kann in einem humanen Rahmen. Danke schön.

(Beifall FDP)

Danke, Frau Abgeordnete. Das Wort hat Abgeordnete Hennig von der Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Damen und Herren Abgeordnete, ich sage es gleich vorab, es ist nicht meine erste Rede in diesem Haus, ich begrüße aber alle neuen Kollegen und freue mich,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

dass wir doch durchaus sehr sachliche Debatten führen können.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Und was ist mit der Kantine?)

Ich esse sehr gern in der Kantine und wenn das Bekenntnis erwünscht ist, dann fordere ich das von jedem jetzt hier vorn ein.

Warum haben wir diese Anträge eingebracht? Ich glaube ja tatsächlich an das Gute im Menschen,

(Beifall DIE LINKE)

aber ich glaube nicht daran, dass die Koalition bzw. der Koalitionsvertrag an sich nun das Allheilmittel für alle Probleme in Thüringen ist. Und wenn ich dann auch von CDU-Mitarbeitern in Besuchergruppen höre, dass zwar im Koalitionsvertrag steht, Abschaffung von Verwaltungskostenbeitrag, gut und schön, will man eigentlich selber nicht und eigentlich ist man ja für Studiengebühren, dann klingeln bei mir alle Glocken und ich sage, wir brauchen eine gesetzliche Verankerung, und zwar so schnell wie möglich.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu Herrn Voigt: Wir möchten, dass alle und jeder studieren kann und nicht, dass es schon eine vorhergehende Selektion gibt.

Sie haben hier die Studierenden als Sozialschmarotzer beschimpft und gleichzeitig haben aber auch Sie ohne Bachelor studiert und haben ihr Studium abgeschlossen bevor es Bachelor- und Mastersysteme gab. Es gab sie zwar schon, aber sie waren nicht drin. Dies möchte ich Sie bitten, zu berücksichtigen.

Wenn Sie schon Marx zitieren, dann sollten Sie auch in der Lage sein, seine Analyse in die heutige Zeit zu transportieren und festzustellen, dass Marx natürlich recht hat, wenn es darum geht, dass, so lange wie wir keinen freien und gleichen Zugang zu Hochschulen haben, sich Eliten natürlich selbst reproduzieren an Hochschulen.

(Beifall DIE LINKE)

Etwas macht mich natürlich noch umso motivierter, dass wir einen Gesetzentwurf brauchen: Es gibt genügend CDU-Länder in Deutschland, die Studiengebühren eingeführt haben. Lippenbekenntnisse an sich, reichen mir da nicht aus.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn es in Thüringen so schön wäre, was die Studierendensituation angeht, dann hätten wir wahrscheinlich jetzt keinen Bildungsstreik, wir hätten keine vollen Hörsäle, wir hätten keine Seminare mit 50 bis 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, obwohl wir eigentlich 20 in einem Seminar haben wollen. Sie haben es auch schon richtig gesagt: Die Studierendenzahl ist seit 1990, Gott sei Dank, inzwischen bis auf über 50.000 gestiegen, aber an dem Personal und an der Ausstattung der Hochschulen hat sich in ähnlichem Maße kaum etwas getan.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Das stimmt doch nicht. Sie haben überhaupt keine Ahnung.)

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In Richtung FDP ganz kurz zu Ihrer Kreditfinanzierung von Bildung: Sie haben gesagt, 10.000 € gedeckelt usw. Ich bin dagegen, dass Bildungsbeteiligung an der Kreditwürdigkeit eines Menschen gemessen wird

(Beifall DIE LINKE)

bzw. dass sich die Banken an den Studierenden eine goldene Nase verdienen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)