Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Als Nächster spricht Abgeordneter Tilo Kummer von der Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, in Brüssel ist es wichtig, Einfluss zu nehmen, bevor Beschlüsse gefasst sind. Wenn die Reformen der gemeinsamen Agrarpolitik erst in einen entsprechend verabschiedeten Text gegossen sind, hilft es uns als Thüringer relativ wenig, darüber zu meckern. Das ist dann die Richtschnur für die nächsten sechs Jahre. Deshalb muss man sich rechtzeitig gut aufstellen und die entsprechenden Probleme, die es mit der Agrarpolitik im Moment gibt und die auch mit den bisher vorliegenden Vorschlägen erwartet werden, thematisieren.
Die Koalition hat bisher nicht den Eindruck erweckt, dass sie da allzu sehr voraneilen möchte. Herr Dr. Augsten ist ja auf die Querelen im Ausschuss schon eingegangen und ich war - ehrlich gesagt am Freitag entsetzt, dass wir Termine mit Vertretern des Europaparlaments und mit der Generaldirektion Landwirtschaft zu diesem Thema nicht wahrnehmen wollten. Das wurde nun heute geheilt, ich hoffe, endgültig geheilt und wir werden diese Gespräche führen; sie sind bitter notwendig. Im Moment werden aus ganz Europa gierige Blicke auf
die Fördermittel geworfen, die ostdeutsche Agrarbetriebe bekommen. Das sind manchmal Millionenbeträge. Gerade kleine Bauern, die wenig Hektar bewirtschaften, sagen, wieso kriegen die so viel und wir so wenig. Wenn man sich aber anschaut, was bei unseren Betrieben alles dranhängt, wie viele Familien in einem Betrieb ernährt werden, dass Betriebe manchmal deutlich über 100 Mitarbeiter haben, dann steht das plötzlich in einem ganz anderen Verhältnis. Diese Kenntnisse über diese spezifischen ostdeutschen und auch Thüringer Strukturen sind in Brüssel nicht so sonderlich weit verbreitet. Von der Warte her müssen wir schon einmal deutlich machen, wie denn die Struktur der ostdeutschen Landwirtschaft ist, um Verständnis hervorzurufen, um klarzumachen, dass es eben eine Kappungsgrenze bei 300.000 € für die Betriebe nicht geben darf, ansonsten stirbt bei uns ein wesentlicher Entwicklungsfaktor im ländlichen Raum.
Diese Aufgabe sehe ich für unseren Landtag. Wir müssen klarmachen, dass eine Einkommenssicherung notwendig ist, denn Fakt ist eines, die Landwirte in Thüringen, die Landwirte in Deutschland, aber auch die Landwirte in Europa bekommen deutlich weniger für ihre Arbeit als in vergleichbaren Berufen. Auch das muss bei der Reform der Agrarpolitik Berücksichtigung finden.
Ein weiteres wichtiges Thema sind einheitliche Standards. Wir haben schon viel erreicht in Sachen Tierschutz, in Sachen Ökologie. Aber wir brauchen einheitliche Standards nicht nur für das, was wir innerhalb Europas tun, sondern auch für die Produkte, die nach Europa kommen. Es kann nicht sein, dass wir in Deutschland sagen, wir wollen keine Eier aus Käfighaltung mehr, weil Käfighaltung nicht artgerecht ist und dementsprechend gegen die Verfassung verstößt, und gleichzeitig lassen wir Eier aus der Käfighaltung auf den deutschen Markt. Da muss klar sein, dass auch für die Eier, die eingeführt werden in die EU, die gleichen Vorschriften gelten wie für die, die in der EU erzeugt werden. Ich wurde bei einem Gespräch bei der Generaldirektion Landwirtschaft sehr fragend angesehen. Mir wurde gesagt, das geht doch gar nicht. Da habe ich ein Erlebnis erzählt aus dem Schlachthof Jena, die liefern Produkte nach Russland. Komischerweise geht es, dass Russland Anforderungen an die Qualität des Schlachthofs Jena stellt. Warum können wir dann nicht tierschutzgerechte Forderungen auch an Produzenten im Ausland stellen? Ich denke, das ist machbar und das muss auch mit der Reform der Agrarpolitik auf den Weg gebracht werden. Wir müssen uns gleichzeitig kümmern, dass zum Beispiel Naturschutzflächen in Thüringen durch Landwirtschaft bewirtschaftbar sind. Da hat es in der Vergangenheit viel Knatsch gegeben, wo die EU gesagt hat, da steht doch gar kein Futter drauf,
In Thüringen geht der Naturschutz den Bach runter, wenn wir nicht diese Möglichkeit der Bewirtschaftung solcher Flächen finden. Also auch so etwas muss eingebracht werden. Es ist wichtig, dass wir uns darum kümmern, dass die Reform der Agrarpolitik auch eine Entbürokratisierung mit sich bringt und dass es für die Entwicklung ländlicher Räume möglich ist, dass die anderen Europäischen Fonds zusätzlich zum Landwirtschaftsfonds in den ländlichen Räumen über die regionalen Arbeitsgemeinschaften wieder ausgegeben werden können. Denn nur so ist eine Regionalentwicklung, die übergreifend funktioniert, möglich.
Meine Damen und Herren, aus dem Grund ist es notwendig, dass wir jetzt Einfluss nehmen, so lange die Papiere noch nicht geschrieben sind. Dazu fordere ich Sie ganz herzlich auf und ich hoffe, dass diese aktuelle Stunde einen Beitrag dazu leistet. Danke.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Als Nächste spricht Frau Abgeordnete Eleonore Mühlbauer von der SPD-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, Herr Kummer, ich gebe Ihnen recht, es ist wichtig, jetzt zu sprechen, und ich bedanke mich noch einmal bei Ihnen ausdrücklich als Auschussvorsitzendem, dass Sie doch sehr moderat die ganze Sache geleitet haben und wir uns zu einer Variante für Brüssel entschieden haben, die den Steuerzahler nicht zu sehr belastet, und wir unsere Aufgabe dort wahrnehmen können. Ich bedanke mich ausdrücklich und richtig, denn ich denke, wir sind für die Steuergelder verantwortlich und wir müssen darüber nachdenken, wie wir sie ausgeben. Sie müssen möglichst effektiv ausgegeben werden und möglichst im kleinen Rahmen. Und da ist es durchaus berechtigt, noch einmal darüber nachzudenken. Sie haben heute den richtigen Weg gefunden. Diesbezüglich noch einmal herzlichen Dank an Sie, Herr Kummer.
Mein Leitmotiv in der Debatte um die Weiterentwicklung der GAP ist, wer die GAP für die Landwirte und die ländlichen Räume erhalten will, der muss sie umbauen und neu ausrichten, sonst wird die größte Gemeinschaftspolitik unter inhaltlichen und vor allem finanziellen Druck geraten und nicht mehr zu halten sein. 2007 bis 2013 wird die GAP mit 418 Mrd. € jährlich, das entspricht ca. 42 Prozent des EU-Haushalts, finanziert. Das Tuch, wir wissen es
alle, wird nicht größer, aber an allen Enden wird heftiger und von mehr Händen gezogen. Deshalb gilt es, den Bürgerinnen und Bürgern von Europa zu erklären, warum so viel Steuergeld in die Landwirtschaft fließt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, heruntergerechnet auf Thüringen für das Jahr 2011 beträgt die Säule-1-Förderung von der EU 253 Mio. € und die Säule 2 112 Mio. €. Die zukünftigen Herausforderungen liegen im Erhalt der Ernährungssicherheit, der hochwertigen und vielfältigen Qualitätsnahrungsmittel und der Arbeitsplätze. Als Ziel werden beschrieben: die Produktion von Lebensmitteln, die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, die Sicherung des landwirtschaftlichen Einkommens, eine nachhaltige Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen und Klimamaßnahmen sowie eine ausgewogene räumliche Entwicklung. Es gibt drei Politikoptionen, wie die GAP fortgeführt werden soll. Die Option 1 kann man als verbesserten Status quo bezeichnen. Die Option 2 zielt auf eine ausgeglichenere, gezieltere und nachhaltige Unterstützung der Landwirte und der ländlichen Räume und auf die Stärkung der umweltorientierten und beschäftigungsintensiven Landwirtschaft. Die Option 3 ist die Abschaffung der Markt- und Einkommensunterstützung.
Die Kommission orientiert sich an der Option 2. Dies ermöglicht es, den Beitrag der Landwirtschaft und der ländlichen Gebiete zu den Europa-2020Zielen eines intelligenten, nachhaltigen und integrativen Wachstums zu verstärken. Deutschland - wir sollten uns mit diesem Modell aktiv auseinandersetzen. Der Expresszug fährt in diese Richtung und er nimmt immer mehr Fahrt auf. Es ist besser, auf dem Führerstand zu sitzen, statt hinterherzulaufen oder zu spät aufzuspringen. Eine schrittweise Angleichung der Verteilung der Direktzahlungen in Europa muss herbeigeführt werden, Gleiches gilt für den Leistungsbezug. Ein griechischer Landwirt erhält 556 € je Hektar und sein bulgarischer Kollege, nur eine Grenze entfernt, nur 159 €. Übrigens betrug in Thüringen der Durchschnittswert im Jahr 2010 318 € pro Hektar. Zahlungen, die 1992, also vor fast 20 Jahren, zur Abfederung eines Politikwechsels in der Agrarpolitik eingeführt wurden. Lassen Sie mich mit diesem Zweck nicht länger begründen. Ich bin der Auffassung, dass Deutschland mit der vollständigen Entkopplung der Direktzahlungen bei der Umsetzung der Reform der GAP eine Vorreiterrolle in Europa einnimmt, übrigens auch ein Verdienst der Sozialdemokraten. Öffentliche Zahlungen für öffentliche Leistungen sollen konkreter gestaltet und durchgesetzt werden. Ich finde es richtig, dass die Säulenstruktur der GAP bestehen bleibt, aber ich werbe für deren inhaltliche Neugliederung.
sie die Kommission in Erwägung zieht. Eine Kappung wird von mir kategorisch abgelehnt. Eine Benachteiligung nur wegen der Größe darf es nicht geben. Es ist völlig gleich, ob Leistungen in einem kleinen oder in einem großen Betrieb erbracht werden. Aus heutiger Sicht werden ca. 280 landwirtschaftliche Betriebe in Thüringen von einer Kappung oder Deckelung betroffen. Mehrfamilienbetriebe, die ihre Mitarbeiter angemessen entlohnen, sollen keine unverhältnismäßigen Auswirkungen erfahren. Ich hoffe, dass es gelingt, über eine Neukonzipierung von Politik und über das Leitbild GAP 2020 zu diskutieren und dieses als Chance zu begreifen. Jetzt gilt es die Zukunft der Landwirtschaft in Thüringen zu gestalten. Ich bitte, machen Sie mit. Danke.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Als Nächste spricht für die FDP-Fraktion Frau Abgeordnete Franka Hitzing.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, Kollege Primas verwies schon darauf, dass gerade im vergangenen November 2010 die EU-Kommission die Dokumente zur Zukunft der GAP bis 2020 veröffentlicht hat. Ziele der Agrarpolitik - die wurden schon genannt - sind also die langfristige Ernährungssicherung als meines Erachtens eine der sehr wichtigen Positionen, die nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen, die vielfältige und nachhaltige Erzeugung von Lebensmitteln auf qualitativ hochwertigem Stand und die ausgewogene räumliche Entwicklung, was also bedeutet, lebensfähige ländliche Räume durch leistungsfähige Landwirtschaftsbetriebe zu erhalten bzw. sicherzustellen, Arbeitsplätze zu sichern, Diversifizierung und die Infrastruktur auch im ländlichen Raum auszubauen, weiterzuentwickeln bzw. auf einem erträglichen Niveau zu halten.
Die drei Optionen wurden von Frau Mühlbauer bereits genannt, erste, zweite und dritte Option. Die zweite Option, die sich darum bemüht, eine Ausbalancierung der GAP in den nächsten Jahren voranzutreiben und auch mehr umweltorientierte Maßnahmen in der gemeinsamen Agrarpolitik aufzunehmen, wird von der Kommission favorisiert und die zwei Säulen sind das Instrument der GAP. Wir haben die erste Säule für die Direktzahlung und die zweite Säule für die ländliche Entwicklung, die meines Erachtens eine ausgesprochen wichtige Säule ist, weil hier Leistungen für Naturschutz, Umweltschutz, nachhaltige ländliche Entwicklung installiert und positioniert sind. Auf einige Bestandteile dieser Option 2 würde ich gern noch einmal eingehen und auch auf mögliche Folgen und Auswirkungen für
die Thüringer landwirtschaftlichen Betriebe. Da ist zum einen die Direktzahlung. Es gibt natürlich gravierende Unterschiede, das haben wir bereits gehört, zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten und es kommt darauf an, diese Unterschiede in den nächsten Jahren in einer besonnenen Art und Weise auszugleichen. Gerade für die großen Betriebe in Thüringen, also landwirtschaftliche Betriebe, die mit einem hohen Hektaranteil arbeiten, würde eine Einführung der Obergrenze massive Einschnitte bedeuten. Das ist aber geplant und gleichzeitig dazu natürlich auch eine besondere Hilfe für kleine Bauern. Mit der Einführung einer Greening-Komponente, Begrünung in der 1. Säule, gibt es eine zusätzliche Prämie für Betriebe, die ganz besonders besonnen Umweltmaßnahmen durchführen. Die Umsetzung der Umweltmaßnahmen hat eine direkte Folge, was die Auszahlung der Prämien betrifft.
Für Thüringen sollten mit der zukünftigen gemeinsamen Agrarpolitik möglichst keine Nachteile entstehen. Das ist der Grund und der Anlass, weshalb wir uns heute in der Aktuellen Stunde über das Thema unterhalten, und außerdem auch deshalb der Anlass, dass, wie Frau Mühlbauer sagte, ein Rumpf des Ausschusses nach Brüssel fahren wird, um diese Themen zu besprechen. Die Direktzahlungen müssen eine gerechte Aufteilung erfahren und die Mittel zwischen und innerhalb der Mitgliedstaaten müssen gerecht verteilt werden. Diese Aufteilung muss so vorgenommen werden, dass alle Mitgliedstaaten damit leben können. Wir lehnen auch Maßnahmen ab, die einzelne Betriebsformen benachteiligen. Das darf nicht passieren und die 2-Säulen-Struktur ist unserer Meinung nach eine richtige Struktur, sollte auch erhalten bleiben, aber mit einer klaren Trennung, keine Vermischung.
Wir haben 4.700 Betriebe in Thüringen, davon nehmen 2.300 Betriebe an den KULAP-Maßnahmen teil. 26.000 Beschäftigte arbeiten in der Landwirtschaft, 50 Prozent der Fläche Thüringens wird landwirtschaftlich genutzt. Wir müssen auch anerkennen, wenn Bruttoinlandszahlungen genannt werden, dass die Landwirtschaft einen ganz wichtigen Wirtschaftsfaktor ausmacht gerade in Thüringen, besondere auch, wenn es darum geht, die nachgelagerte Produktion von Lebensmitteln zu betrachten. Wichtig ist, dass sie betrieben wird in einer Art und Weise, die es den Landwirten ermöglicht, davon zu leben. Deshalb ist es mit Sicherheit eine unserer wichtigsten Aufgaben, dafür zu sorgen, dass die Thüringer Landwirte, nur weil sie groß sind und effektiv arbeiten, nicht benachteiligt werden. Vielen Dank.
Aus den Reihen der Fraktionen liegen keine Redeanmeldungen mehr vor. Für die Landesregierung Staatssekretär Richwien.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, Thüringen verfügt über eine moderne und leistungsfähige Landwirtschaft. Die europäische Agrarpolitik hat an dieser positiven Entwicklung einen maßgeblichen Anteil, das will ich an der Stelle noch einmal herausschälen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an die etwa 250 Mio. europäischen Finanzmittel, die die Thüringer Landwirte über die 1. Säule der GAP derzeit jährlich erhalten. Ich betone an dieser Stelle deshalb, ohne diese Finanzmittel würde die Landwirtschaft in Thüringen nicht so aussehen, wie wir sie kennen. Ohne diese Finanzmittel wären viele Arbeitsplätze im ländlichen Raum akut gefährdet einschließlich aller negativen Folgen für viele ländliche Regionen in Thüringen, in denen die Landwirtschaft die wesentliche wirtschaftliche Säule darstellt.
Auch in den kommenden Jahren, meine Damen und Herren, wird die landwirtschaftliche Urproduktion die wesentliche Einkommenssäule für die übergroße Zahl der landwirtschaftlichen Unternehmen sein. Die Erschließung neuer Geschäftsfelder Energielandwirte, Direktvermarkter seien an der Stelle genannt - trägt zwar zur Einkommensverbesserung und zur wirtschaftlichen Stabilisierung im ländlichen Raum bei, aber diese betrieblichen Erträge sind noch relativ gering und können nur allmählich ausgebaut werden.
Dazu kommt, die landwirtschaftlichen Betriebe werden zukünftig noch stärker mit Risiken konfrontiert, die sowohl im wirtschaftlichen Umfeld als auch durch Naturereignisse entstehen können. So gehen die Fachleute meines Ressorts unter anderem davon aus, dass die produktionstechnischen Risiken in der Landwirtschaft aufgrund der sich abzeichnenden Klimaveränderungen zunehmen werden. Darüber hinaus müssen wir berücksichtigen, dass die zukünftigen Handelsregelungen, der stärkere Einfluss der Weltmärkte auf die europäische Landwirtschaft und die Einschränkungen der Marktsteuerung einer GAP nach 2013 auf wenige Instrumente die Volatilität der Agrarmärkte erhöht sowie die Preisrisiken und Preisschwankungen vergrößern wird. Wer das nicht in Erinnerung hat, wird sich nur einmal an das vorige Jahr erinnern müssen, welche Preisschwankungen wir in diesem Sektor hatten.
Meine Damen und Herren, Sie sehen, es gibt eine ganze Reihe guter Gründe, sehr genau zu verfolgen, wohin die gemeinsame Agrarpolitik der EU nach 2013 gehen soll, und sich gleichzeitig für die Interessen der Thüringer Landwirtschaft in diesem wichtigen Politikfeld einzusetzen. Auf den Punkt ge
bracht, geht es darum, für die Landwirtschaft in Thüringen und die Menschen, die hier ihr tägliches Einkommen für ihre Familien erarbeiten, Verantwortung zu übernehmen, Verantwortung dafür zu übernehmen, dass mit der Weiterentwicklung der GAP nach 2013 Rahmenbedingungen gesetzt werden, unter denen die Thüringer Landwirte ihre erfolgreiche Arbeit der vergangenen beiden Jahrzehnte fortsetzen können. Denn das erwarten die Menschen von uns - den Politikern.
Ich möchte auf drei Punkte eingehen, die aus meiner Sicht besonders wichtig für die Zukunft der Thüringer Landwirtschaft im Zusammenhang mit der GAP nach 2013 sind. Zum einen möchte ich sprechen über die Kappung - Frau Hitzing hat schon davon gesprochen -, nämlich die Begrenzung der Direktzahlung bei großen Unternehmen. Wir bleiben bei unserer klaren Ablehnung, die Direktzahlung für Betriebe nach oben zu begrenzen. Ziel ist es, dass diese Überlegungen der Kommission kein Bestandteil der GAP nach 2013 werden. Dafür werden wir uns entschieden einsetzen. Denn, meine Damen und Herren, diese Forderung lässt außer Acht, dass in Deutschland alle Betriebe nach hohen Qualitäts- und Umweltstandards wirtschaften und die von der Gesellschaft gewünschten Gemeinwohlleistungen ganz und gar unabhängig von der Betriebsgröße erbringen. Im Übrigen widerspricht der angedachte Arbeitskräftebezug dem Prinzip der Entkopplung und darüber hinaus würde auch hier der Verwaltungsaufwand deutlich steigen, der ist auch durch die Vorredner angesprochen worden. Meine Damen und Herren, dem ist entschieden zu begegnen.
Der zweite Punkt, der mich umtreibt, heißt Direktzahlung und Abgrenzung zwischen dieser ersten und zweiten Säule innerhalb der GAP. Lassen Sie mich jetzt zu dieser Direktzahlung und der Abgrenzung zwischen der ersten und zweiten Säule der GAP kommen. Eine unserer wichtigsten Forderungen bezüglich einer GAP nach 2013 bleibt es: Wir brauchen eine klare Abgrenzung zwischen der ersten und der zweiten Säule. Aus unserer Sicht gibt es hinsichtlich der Vorschläge der KOM, was das geplante Greening in der ersten Säule der GAP betrifft, nach wie vor viele, viele, viele Fragen. Das betrifft in erster Linie die Frage, ob der zusätzliche Nutzen des Greenings in einem angemessenen Verhältnis zu der dadurch verursachten Aufwendung und den Folgen steht. So würde eine Vermischung der beiden Säulen zu Abgrenzungsschwierigkeiten führen, in der Folge würde die Kompliziertheit der GAP deutlich anwachsen - genau das Gegenteil von dem, was notwendig ist. Dazu kommt, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Landwirtschaft würde negativ beeinflusst, der Kostendruck würde logischerweise steigen. Kostenträchtige Zusatzauflagen für die Landwirtschaft würden die bisherige Einkommenswirkung
der entkoppelten Direktzahlung erheblich verringern. Kurzum - es gibt viele Gründe, die Verknüpfung von Zahlung und zusätzlichen Umweltmaßnahmen genauer abzuwägen.
Der dritte Punkt: Steigende Verwaltungs- und Kontrollaufgaben. Wenn aber das Greening für eine bessere Legitimierung der GAP erforderlich ist und diesen Eindruck muss man nach dem gegenwärtigen Verhandlungsstand haben -, dann muss der Mehraufwand für Greening-Maßnahmen an anderer Stelle zum Beispiel durch die Absenkung von Kontrollquoten verringert werden.
Damit bin ich bei meinem dritten Punkt, dem steigenden Verwaltungs- und Kontrollaufwand. Meine Damen und Herren, bereits heute sind die bürokratischen Lasten in den Betrieben und der Agrarverwaltung zur Umsetzung der GAP so erheblich, dass weitere Verwaltungsmehraufwendungen nicht mehr geschultert werden können. Ich befürchte allerdings, dass die in der Kommissionsmitteilung genannten Politikmaßnahmen im Gegenteil zur Erhöhung der Umweltbeiträge und zu zusätzlichen Belastungen beim Verwaltungsvollzug führen werden. Wir werden uns, meine Damen und Herren, in den kommenden Verhandlungen in dem von mir dargelegten Sinne für die Interessen der Thüringer Landwirtschaft einsetzen. Ich bedanke mich ganz herzlich für die Aufmerksamkeit.
Ich sehe keine weiteren Redeanmeldungen und schließe damit diesen Teil der Aktuellen Stunde. Ich rufe auf den vierten Teil
d) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: "Stärkung der Schulsozialarbeit durch die Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepakets in Thüringen" Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/2414
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets sollen künftig verstärkt Schulsozialarbeit und auch die Finanzierung von warmen Mittagessen in Horten geleistet werden. Bis 2013 werden die Bundesmittel für die Schulsozialarbeit durch einen zusätzlichen Anteil im Rahmen der Kosten der Unterkunft (KdU) finanziert. Damit werden den Kommu
nen jährlich rund 400 Mio. € mehr für Kosten der Unterkunft zur Verfügung gestellt, die sie unter anderem auch für die Schulsozialarbeit verwenden können. Für Thüringen bedeutet das jährlich rund 10 Mio. € mehr. Damit die Bildungsleistungen bei den Kindern ankommen, stellt der Bund eben diese finanziellen Mittel für Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter zur Verfügung. Diese Fachkräfte, das wissen wir alle, kennen die Interessen und die Begabungen von Kindern und Jugendlichen. Diese Fachkräfte kennen die Familiensituation. Diese Fachkräfte wissen auch damit umzugehen, wenn innerhalb der Familie mit Armut und mit anderen Benachteiligungen umzugehen ist. Diese Fachkräfte können den Kindern attraktive Angebote unterbreiten und sie können auch Steine beim Bildungszugang aus dem Weg räumen. Leider, das möchte ich ausdrücklich erwähnen, ist es nicht gelungen, in den Verhandlungen einen konkreten Leistungsanspruch der Kinder und Jugendlichen auf Unterstützung durch Schulsozialarbeiter oder ähnliche Fachkräfte rechtlich zu verankern. Das ist tatsächlich nach wie vor ein Manko.
Trotzdem bietet uns auch dieses im Moment auf dem Tisch liegende Verhandlungsergebnis Chancen. Denn tatsächlich stehen in den Jahren 2011 bis 2013 jährlich 150 Mio. € Bundesmittel für den Ausbau speziell der Schulsozialarbeit vor Ort zur Verfügung. Das entspricht insgesamt rund 3.000 Stellen. Diese Mittel gilt es nun auch qualitativ zu nutzen. Das bedeutet für Thüringen rund 200 Stellen zusätzlich. Dass wir die höheren Zuwendungen im Moment im Rahmen der Kosten der Unterkunft bekommen, das ist ein gutes Zeichen. Wir müssen die Mittel in diesem Zusammenhang speziell auch für den Bereich der Schulsozialarbeit nutzen. Denn wir haben uns hier im Hause schon oft mit der Frage der Schulsozialarbeit, deren Verstärkung und deren Ausweitung beschäftigt. Meistens haben wir uns aber aufgrund der Kassenlage damit beschäftigen müssen, dass es um Kürzungen, um Reduzierungen ging. Nun haben wir die Gelegenheit - die wir im Übrigen schon einmal genutzt haben, mit der Stabilisierung und Erhöhung bei der sogenannten Jugendpauschale auf 11 Mio. €, da haben wir einen Trend stoppen können -, mit diesen zusätzlichen Geldern entsprechend zu handeln. Wir haben die Möglichkeit, entsprechend zu handeln mit diesem Betrag für Thüringen von mindestens 10 Mio. € mehr, weil wir in Thüringen die Frage des Essens nach wie vor als Bestandteil in den Horten vorgegeben haben. Insofern gehe ich davon aus und hoffe, dass wir das auch parteiübergreifend unterstützen können, dass wir die zusätzlichen Gelder speziell und nahezu ausschließlich für den Bereich der Schulsozialarbeit einsetzen können. Das heißt, dass die Thüringer Jugendämter auch hier handeln können, weil dieser Auftrag auch an die Kommunen weitergegeben ist, dass die 200 Stellen qualitativ und gut und ordentlich besetzt umgesetzt werden
können im Interesse der Familien, der Kinder und Jugendlichen. Wir möchten auch, dass dieses alles auch unter qualitativ hochwertigen Bedingungen beobachtet wird und dass wir hier unseren Aufgaben gerecht werden können, aber - und darauf will ich auch ganz deutlich hinweisen - ich möchte schon im Namen meiner Fraktion darauf hinweisen, dass diese neu zu schaffenden Strukturen auch ab 2014 von den Kommunen finanziert werden können, weil diese Aufgabe, wenn sie denn weitergegeben wird nach 2014, die zusätzlichen Gelder nicht mehr in der Größenordnung zur Verfügung stehen, wir dieses nicht wieder auslaufen lassen können, was wir ja an verschiedenen anderen Stellen hier schon öfter diskutieren mussten, wie schwierig das ist, in diesem Bereich auf Fachkompetenz zu verzichten. Insofern wünsche ich mir, dass wir parteiübergreifend hier, auch das Ministerium, in dem Fall das Sozialministerium, unterstützen, auch die Ausführungen der Ministerpräsidentin und auch der Sozialministerin unterstützen, die schon die Aufforderung an den Bund gegeben haben, dafür Sorge zu tragen, dass auch ab 2014 die Finanzierung gesichert ist. Das wäre ein tatsächlicher und ein wirklicher Beitrag zur Bekämpfung von Kinderarmut, von Armut bei Jugendlichen und bei Familien. In diesem Sinne hoffe ich auf eine große Unterstützung. Herzlichen Dank.