Der Frauenanteil in der Führungsebene, in der höheren Führungsebene in Unternehmen lag 2008 bei gerade 21 Prozent und bei Unternehmen, die über 200 Beschäftigte haben, lag die Zahl bei lächerli
chen 9 Prozent. Je größer die Unternehmen, desto weniger Frauen sind auch Vorgesetzte. Ich nenne einmal ein Beispiel, wo es anders läuft und wo man sich des Equal Pay Days und dessen Bedeutung auch bewusst ist. Ein großes schwedisches Möbelhaus mit vier großen Buchstaben hat diese Woche eine besondere Aktion, nämlich 23 Prozent weniger für alles, was Frauen dort erwerben, vielleicht liegt das z.B. daran, dass in der Führungsebene, von der ich sprach, eine Frau sitzt.
Frauen benennen es, zeigen auf, wo das Problem liegt, und machen drittens auch einen Vorschlag. Ich hoffe aber nicht, dass das der Grund ist, warum heute der oder die eine Abgeordnete nicht dem Plenum beiwohnt. Wir wissen, dass Frauen im Schnitt höhere und vor allen Dingen bessere schulische Bildungsabschlüsse erreichen als Männer. Deswegen stellt sich immer wieder die Frage: Woran liegt es? Die zweite Frage ist: Wie kann Politik darauf reagieren? Es geht darum, dass es auch auf Bundesebene inzwischen Initiativen gibt, die wir sicherlich in Thüringen genauso gut diskutieren können. Es gibt den Bericht einer Sachverständigenkommission, der ganz eindeutig sagt:
Erstens: Geringfügige Beschäftigungsverhältnisse dürfen nicht mehr gefördert werden, Individualbesteuerung und Mindestlöhne müssen eingeführt werden.
Zweitens: Die Entgeltungleichheit zwischen Frauen und Männern muss beseitigt werden, z.B. indem bei der Vergabe öffentlicher Aufträge Maßnahmen zur Gleichstellung im Unternehmen berücksichtigt werden.
Wenn Sie dieses alles in ein Paket gießen plus die Frage einer guten Infrastruktur für Betreuung, weil wir Familienbetreuung und eine gute Infrastruktur brauchen, damit das funktioniert, und weil ganz oft die Familienarbeit nach wie vor bei Frauen liegt, dann kommen wir dem Ganzen auch ein Stück näher. Ich bin mir sicher, dass in der Aussprache nachher jemand hier nach vorn kommen wird und sagen wird, aber in Thüringen ist ja alles gar nicht so schlimm, das betrifft ja viel weniger. Da haben Sie völlig recht, das statistische Moment der 23 Prozent trifft auf Thüringen nicht zu, es sind hier weniger. Aber das hat auch seinen Grund und es ist kein Grund, auf den wir stolz sein können. Thüringen ist Niedriglohnland Nummer 1, da ist nicht mehr viel Marge nach oben, um den Frauen zusätzlich etwas abzuzwacken.
Deswegen, ich betone es noch einmal, wir wollen für die gleiche Verantwortung den gleichen Lohn. Ich ermuntere alle Abgeordneten, bei unserer Aktion, die wir am Freitag hier vor dem Landtag durchführen, bei einer Unterschriftensammlung mit dabei zu sein und auch zu zeigen, dass Sie genau das unterstützen. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, liebe Besucher auf der Besuchertribüne, herzlichen Dank zunächst einmal an die Kollegen von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Sie haben ein wichtiges Thema aufgegriffen, sozusagen zwischen dem hundertjährigen Bestehen des Internationalen Frauentags und dem Equal Pay Day. Insofern herzlichen Dank für die Beantragung dieser Aktuellen Stunde.
In den letzten hundert Jahren haben Frauen in ihrem Kampf gegen tradierte Rollenverständnisse zwischen Männern und Frauen, im Kampf um die Anerkennung und politische Teilhabe, im Kampf um die Geschlechtergerechtigkeit zweifelsohne viel erreicht. Das gilt für viele Bereiche, für Bildung, Politik, auch für die Wirtschaft. Aber klar ist, ein paar Tage nach dem 100. Jahrestag des Internationalen Frauentags sind wir von einer wirklichen hundertprozentigen Gleichstellung in Deutschland weit entfernt. Das betrifft vor allem wichtige gesellschaftliche Bereiche, aber auch die Wirtschaft. Studien belegen, Frau Siegesmund hat es eben schon einmal angesprochen, obwohl ich keine Werbung für ein bestimmtes Unternehmen oder Möbelhaus machen will, dass Unternehmen mit einem hohen Frauenanteil ein signifikant besseres Unternehmensergebnis erzielen, deutlich bessere Rentabilität haben. Eine aktuelle Studie „Führungskräfte-Monitor“ des DIW sagt auch, dass wir nur 27 Prozent Führungskräfte in der Privatwirtschaft haben, die weiblich sind. Unabhängig davon, ob man nun für oder gegen eine Quote der Beteiligung von Frauen in Führungspositionen oder in Aufsichtsgremien ist, wobei hier natürlich wünschenswert wäre, wenn sich die weiblichen Vertreter im Bundeskabinett mal auf eine einheitliche Linie verständigen könnten, muss der Grundsatz gelten, Frauen für gleiche Arbeit auch den gleichen Lohn oder das gleiche Entgelt zu bezahlen.
Wenn wir einen Blick über die Grenzen Deutschlands hinaus werfen, dann können wir, glaube ich, alles andere als stolz sein. Wir haben ein Problem in Deutschland, aber wir haben natürlich auch ein europäisches Problem. Wir haben eine Entgeltlücke in Europa, die liegt bei 17,5 Prozent. Meine Kollegin hatte bereits darauf hingewiesen, dass wir im Bundesdurchschnitt bei 23 Prozent liegen. Das heißt, gemessen an den europäischen Mitgliedstaaten liegen wir auf einem unrühmlichen fünftletzten Platz nach der letzten Untersuchung von Eurostat im Jahr 2009. Deshalb, glaube ich, ist Deutschland, ist die Bundesregierung nach wie vor aufgerufen, entschieden gegen Lohnunterschiede bei Frauen und Männern vorzugehen. Eine wichtige Forderung ist und bleibt die Eindämmung prekärer Beschäftigungsverhältnisse, aber auch der flächendeckende bundeseinheitliche gesetzliche Mindestlohn. Hier sollten wir endlich ideologische Grenzen überwinden und von unseren anderen europäischen Nachbarstaaten, ich meine hier ausdrücklich vergleichbare Industriestaaten, lernen. Richtig ist aber auch, dass im Freistaat das Gefälle der Einkommen zwischen Männern und Frauen wesentlich niedriger ist als im bundesdeutschen Schnitt. Aber auch da kann man wenig stolz sein, weil es im Wesentlichen daran liegt, dass auch die Thüringer Männer im Durchschnitt immer noch deutlich geringere Einkommen beziehen als ihre westlichen männlichen Kollegen. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, wir wissen oder wir sollten zumindest wissen, was wir an den Frauen haben. Das gilt natürlich im Privaten, das gilt aber auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen, das gilt auch für die Wirtschaft. Frauen sind ein wichtiges Rückgrat der Thüringer Wirtschaft. Ohne die Leistungen der Frauen würde der Freistaat heute nicht an der Spitze der wirtschaftlichen Entwicklung im Vergleich der ostdeutschen Bundesländer stehen. Der Freistaat hat den höchsten Anteil an weiblichen Beschäftigten im Vergleich zu allen anderen Bundesländern. In 2009 waren in Thüringen 68,5 Prozent erwerbstätig, in Westdeutschland lediglich 64,7 Prozent. Gut ausgebildete, selbstbewusste Thüringerinnen sind deshalb ein wichtiges Humankapital für die Zukunft. Stichwort „Anerkennung“ heißt aber auch, es kommt darauf an, wie Frauen angestellt, wie Frauen bezahlt werden. Das heißt, die Rahmenbedingungen und die Arbeitsbedingungen auf dem Thüringer Arbeitsmarkt sind entscheidend. Der Thüringer Arbeitsmarkt ist nach wie vor, das wissen wir, ein gespaltener Arbeitsmarkt und deshalb gilt es auch immer wieder, trotz aller positiven Arbeitsmarktstatistiken, deutlich zu machen, dass wir hier entsprechend auch den Maßnahmen, die die Landesregierung bereits in die Wege geleitet hat, vorankommen müssen. Wir werden die bestehende Lücke von 200.000 Fachkräften bis 2020 nicht schließen können. Wir brauchen höhere
Ich bin sofort fertig, danke. Wir brauchen gute Arbeit, das heißt Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Chancengleichheit, Karriere, gesellschaftliche Verantwortung. In diesem Sinne herzlichen Dank für diese Aktuelle Stunde und in diesem Sinne sind alle Männer insgesamt aufgefordert, da ein Stück voranzukommen. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, wir beschäftigen uns hier im Hohen Haus mit einem Thema, welches selbstverständlich ist „Frauen verdienen 100 Prozent“. Aber in der Überschrift und in den Wortbeiträgen wird ein Zustand erklärt, ein gesellschaftlicher Zustand, der vor 50 Jahren vorherrschend war, denn die Überschrift geht ja weiter: „gleicher Lohn und gleiche Anerkennung nicht nur am Frauentag“.
Sie sagen, Frauen verdienen 100 Prozent sowohl beim Lohn als auch bei der Anerkennung und das nicht nur am Frauentag. Ich sage Ihnen, volle Anerkennung haben die Frauen, und ich sage Ihnen auch, das hat Herr Lemb gerade gesagt, wir sollten bedenken, was wir an den Frauen haben. In meiner Partei brauche ich keinen Feiertag und das kenne ich so auch nicht, um Anerkennung zu haben, nicht aus meinem Umfeld.
Frauen und Männer sind gleichberechtigt und haben sowohl eine gesetzliche als auch eine gesellschaftliche Gleichstellung. Was bei solch einem emotionalen Thema wichtig ist, das sind die Fakten und Fakt ist, Sie wollen in die Tarifautonomie und die Unternehmensfreiheit eingreifen. Aber wenn Sie
das Leben der Menschen von oben herab lösen, lösen Sie wahrscheinlich nicht das eigentliche Problem.
Fakt ist, statistisch verdienen Frauen weniger als Männer. Fakt ist auch, dass Frauen in weniger Führungspositionen zu finden sind als Männer. In der Entgeltstatistik findet sich eine größere Disparität, aber wenn wir genau hinschauen, finden wir auch die Gründe dafür. Lassen Sie mich die bitte benennen: Frauen wählen zum Teil Berufe und Ausbildungen, die nach Einschlagen der entsprechenden Laufbahn nicht so bezahlt werden wie z.B. technische Berufe
oder aus den MINT-Fächern. Der gleiche Effekt trifft im Übrigen auch Männer, wenn sie sich für nicht technische Berufe in solchen Sparten entscheiden.
Fakt ist auch, dass Frauen ihre Berufslaufbahn häufiger als Männer wegen familiärer Verpflichtungen oder familiärer Planungen unterbrechen und verändern. Das kann man den Frauen im Übrigen auch nicht vorschreiben, das entscheiden sie selbst, wie sie das tun.
Im Übrigen entscheiden das auch Männer selbst, ob sie das tun wollen oder nicht. Zu den statistischen Fakten gehört aber auch, dass die Gehaltsunterschiede z.B. bei einem metallverarbeitenden Betrieb oder bei einem Autozulieferer oftmals tatsächlich zu finden sind, weil im technischen Bereich meist mehr Männer beschäftigt sind und in dem sächlichen oder bürobetriebenen Betrieb mehr Frauen, und da gibt es eben unterschiedliche Gehaltsgruppen. Dort finden sie dann auch eher den Mann als Ingenieur und die Frau in der Verwaltung. Das ist vollkommen natürlich und das liegt im Übrigen daran,
wie eine Frau sich entscheidet, welchen Beruf sie ergreifen möchte, und wie ein Mann sich entscheidet, welchen Beruf er ergreifen möchte. Gott sei Dank muss hier niemand nach Plan einen Beruf ergreifen, weil das irgendjemand so möchte. Das macht hier noch jeder so, wie er es will.
Wenn Sie nun aber nach direkt vergleichbarer Tätigkeit schauen - und damit meine ich wirklich ganz direkt vergleichbare Tätigkeit in einer Firma, die nach bestimmten Vorgaben bezahlt -, dann gibt es keine Unterschiede für gleiche Arbeit.
Und in den Zeiten des Fachkräftemangels wird es sich auch kein Unternehmen erlauben, eine Frau, die hochqualifiziert ist, einem Mann vielleicht nicht vorzuziehen. Sie werden die Frau einstellen. Zwischen den einzelnen Betrieben gibt es Unterschiede,
die sind auch natürlich. Aber es wird doch nicht gesagt, das ist eine Frau, deshalb bekommt die weniger Geld, und das ist ein Mann, der bekommt automatisch mehr Geld, wenn die Frau genauso gut qualifiziert ist an derselben Stelle.