Protocol of the Session on February 25, 2011

Insofern wollen wir auch eine möglichst natürliche Geburt unterstützen und da sind die Hebammen die allerersten Ansprechpartnerinnen und auch die kompetentesten Ansprechpartnerinnen.

Ich möchte noch auf einen Punkt zu sprechen kommen, den wir im Gespräch mit den Hebammen immer wieder gehört haben, der ihnen im wahrsten Sinne des Wortes das Leben schwer macht. Das ist die fehlende Anerkennung der Hebammen sowohl in der Öffentlichkeit,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

wenn man nämlich sagt, wir haben doch genügend Krankenhäuser, wo man das Kind gebären kann, weil da gar nicht auf die Idee gekommen wird, die erste Ansprechpartnerin sollte aber die Hebamme sein. Es ist aber auch die fehlende Anerkennung vonseiten der Ärztinnen und Ärzte, die fehlende Anerkennung vonseiten der Krankenkassen. Das ist natürlich etwas, was die gut ausgebildeten Frauen in Thüringen haben wir ja nur Frauen in diesem Beruf - sehr schmerzt, wenn sie verspüren müssen, dass ihre wichtige Arbeit nicht in dem Sinne wertgeschätzt wird.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich möchte die Gelegenheit auch nutzen, über ein Thema zu sprechen, das ich hochproblematisch finde, das ist die gestiegene Anzahl der Kaiserschnittgeburten, die wir beobachten, und zwar deutschlandweit.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Diese werden ja auch noch propagiert von bekannten, gern zitierten „Vorzeigemüttern“, die aus Schönheitsaspekten sagen, ich bin doch nicht verrückt, ich bringe doch mein Kind nicht auf natürlichem Wege zur Welt, sondern ich lasse einen Kaiserschnitt machen, als ob das eine freie Auswahl wäre, wie ich lutsche dieses Halsbonbon oder ich nehme lieber Salbei oder ich schlucke dazu Tropfen. Das ist tatsächlich ein Problem, wenn wir wissen, dass die Zahl der Kaiserschnitte inzwischen derart angestiegen ist, dass es schon fast „unnormal“ ist, eine normale Geburt zu wagen. Das halte ich für problematisch.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Wenn wir nachschauen, was die Gründe dafür sind und was uns die Hebammen erzählen, was uns auch viele Frauen erzählen, aber auch Ärzte zum Teil zugestehen, dann sind - ich muss es so sagen - Kaiserschnittgeburten schlichtweg attraktiver für die Kliniken. Sie bringen nämlich „längere Liegezeiten“ der betroffenen Frauen in den Kliniken. Sie bringen andere unkreative Abrechnungsmöglichkeiten mit sich. Das ist ein Problem. Ich glaube, das müssen wir ehrlich ansprechen, gerade wenn wir über das Gesundheitswesen diskutieren und die steigenden Kosten diskutieren. Wir wissen, dass viele der Kosten vermieden werden könnten, wenn wir tatsächlich - ich nenne es einmal so - das Primat auf die natürliche Geburt wieder legen würden, und da, wie gesagt, sollten die Hebammen unsere ersten Verbündeten sein.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich möchte aber auch noch einmal auf die Problematik der schon benannten Haftpflichtprämie bei den Hebammen zu sprechen kommen. Die ist es ja, die den Hebammen im Moment das Leben derart schwermacht, weil sie die Existenz im wahrsten Sinne des Wortes bedroht. Die Verdreifachung der Haftpflichtprämie für das Berufsrisiko Geburtshilfe in den letzten Jahren ist für die Hebammen nicht verkraftbar. Noch 2009 betrug die Prämie 2.370 €, seit dem 1. Juli sind es knapp 3.700 € und ein weiterer Anstieg ist absehbar. Wenn wir uns anschauen, da gibt es unterschiedliche Zahlen im deutschlandweiten Vergleich, aber jetzt auch natürlich aufgrund der Antworten, die wir auf die Anfrage bekommen haben, dass die Hebammen etwa 15.000 € „Jahresgewinn“ - so will ich es einmal in Anführungszeichen nennen - erwirtschaften, dann sind das etwa 1.250 € pro Monat, und das für einen enormen verantwortungsund anspruchsvollen Job. Das ist einmal durchgerechnet worden auf einen Stundenlohn vom Deutschen HebammenVerband, der auf 7,45 € pro Stunde kommt. Das - das sage ich ganz deutlich - kann nicht akzeptabel sein,

das ist noch unter allen Forderungen, die wir für einen Mindestlohn haben.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das kann es natürlich so nicht geben, zumal die Rufbereitschaft und die 24-stündige Verfügbarkeit selbstverständlich auch mit dazugehören. Wenn wir uns das also anschauen und diese Zahlen im Blick haben, dann können wir das ganz leicht ausrechnen, dass die Hebammen für die ersten sieben Geburten allein für die Haftpflichtprämie arbeiten. Die ersten sieben Geburten decken gerade einmal die Kosten der Haftpflichtprämie, die sie zahlen müssen. Es kommt aber auch noch dazu - und das wissen auch viele nicht -, dass die Hebammen von ihrem Honorar auch noch die Kranken- und Rentenversicherung bezahlen müssen. Sie sollen mobil sein. Das heißt, sie brauchen in der Regel einen Pkw, um unterwegs zu sein, und müssen gegebenenfalls auch noch eine Praxis unterhalten. Das Grundproblem ist die Reichsversicherungsordnung von 1911. Da, finde ich, spricht allein der Name für oder gegen sich, ganz wie man es nimmt. Er ist genauso alt, wie er klingt. Dass die Reichsversicherungsordnung von den Sozialgesetzbüchern zwar nach und nach abgelöst worden ist, aber eben mit einer Ausnahme, und die Ausnahme sind die Regelungen zu Schwangerschaft und Geburt. Das sind nun mal die einzigen leistungsrechtlichen Regelungen, die noch immer nicht in das Sozialgesetzbuch überführt wurden und die noch immer in der Reichsversicherungsordnung stehen.

Ich möchte an dieser Stelle auch noch einmal erinnern an die rot-grüne Bundesregierung, die überhaupt damit begonnen hatte, die Versorgung mit Hebammenhilfe in das SGB V durch den § 134 a im Jahr 2004 einzufügen. Das war allerdings - das gebe ich gleich durchaus zu bedenken - nur ein erster Schritt. Der § 134 a regelt allein die Tarifverhandlungen zwischen dem Spitzenverband, der Krankenkasse und den Berufsverbänden. Alle anderen Regelungen finden sich noch immer in der Reichsversicherungsordnung, ohne dass sich im SGB auch nur ein Hinweis dazu findet. Diese Situation steht gewissermaßen symptomatisch für die Lage der Hebammen. Es fehlt ihnen trotz aller öffentlichen Bekenntnisse an der nötigen Unterstützung aus der Politik, aber auch aus vielen anderen Kreisen der Gesellschaft, das muss man auch so deutlich sagen. Wäre dies anders, wäre die Reichsversicherungsordnung vielleicht längst abgewickelt.

Ich möchte vier Forderungen benennen, die aus unserer Sicht entscheidend sind, damit wir die Situation der Hebammen tatsächlich verbessern und nicht nur postulieren, was alles gut wäre. Wir brauchen, das steht fest, eine solide Datengrundlage, um die Forderungen der Hebammen natürlich auch belegen zu können. Wir brauchen dringend eine

Überführung der Leistungen aus der Reichsversicherungsordnung in das SGB. Wir brauchen - und das brauchen vor allen Dingen natürlich auch die Hebammen - eine effektive Interessenvertretung, denn auch in Thüringen ist es der Fall, es sind mitnichten alle Hebammen im Deutschen HebammenVerband z.B. vertreten, der übrigens neulich erst sein 20-jähriges Bestehen gefeiert hat, sondern es gibt auch diverse Hebammen, die eben nicht in diesen Verband eingetreten sind. Genau die sind natürlich noch sehr viel schwerer zu erfassen und deren Situation ist noch viel schwerer zu beschreiben. Und, das hatte ich vorhin schon benannt, wir brauchen eine höhere gesellschaftliche Anerkennung vor allem seitens der Politik, der Ärzte, der Ärztinnen, aber auch selbstverständlich von den Krankenkassen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich noch einen ganz kurzen Punkt erwähnen, der mir wirklich wichtig ist. Gerade mit Blick darauf, dass es uns ja darum gehen muss, Regelungen zu finden, die dazu führen, dass die Hebammen und auch die angehenden Eltern sich künftig auch Hebammen selbstverständlich „leisten“ können und dieser Beruf auch so anerkannt wird, dass die Betroffenen, sprich die Hebammen, davon leben können. Ich denke, dass wir selbstverständlich dazu auch die von Herrn Rösler jetzt angekündigte Studie nutzen sollten. Nichtsdestotrotz braucht es ein gemeinsames Vorgehen natürlich für diese vier Punkte, die ich eben schon genannt habe, und ein klares Signal auch aus dem Thüringer Landtag, dass sich alle Fraktionen an die Seite der Hebammen stellen, um mit ihnen gemeinsam für lebenswerte Arbeitsbedingungen zu streiten, denn, ich sage es ganz deutlich, Frau Stange hat es vorhin erwähnt, jedes Kind wird zuerst durch die Hände einer Hebamme begrüßt. Das soll ja auch weiter so sein. Wir wollen selbstverständlich auch, dass diese Hände gewissermaßen auch behütet arbeiten können. In diesem Sinne schließe ich mich durchaus dem Antrag der Fraktion DIE LINKE an, hier noch einmal dezidiert und durchaus auch differenziert im zuständigen Ausschuss dazu zu beraten. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich. Es hat jetzt das Wort der Abgeordnete Koppe für die FDPFraktion.

Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, bisher ist zu diesem Thema schon so allerhand gesagt worden. Ein paar kurze Punkte möchte ich schon noch einmal ansprechen. Im Au

(Abg. Rothe-Beinlich)

gust letzten Jahres haben wir uns mit den Vertretern des hiesigen Deutschen HebammenVerbandes getroffen und uns über die teilweise prekäre Situation, auch das ist schon einmal angeklungen, des Berufsstandes intensiv ausgetauscht. Daraufhin habe ich mich persönlich beim Bundesminister für Gesundheit für ein rasches Angehen der Problematik, für eine gute Lösung stark gemacht. Am 09.11.2010 fand dann in Berlin das erste Spitzengespräch mit Vertretern der Hebammen und Minister Rösler statt, auf dem wiederum der Minister selbst den Hebammen seine Hilfe und die des Ministeriums zugesagt hat. Bei diesem Gespräch bestand Einigkeit darüber, dass zum einen valide Daten zu erheben seien, bevor man sich auf Bundesebene etwa an eine Novellierung des auch schon angesprochenen § 134 a SGB V machen kann. Am 16.11.2010 hat dann der Minister bei seinem Besuch in Thüringen genau dies mehrfach betont und klargestellt, dass die Hebammen Hilfe von der Politik erwarten können. Zu diesem Gespräch waren auch Vertreter der Thüringer Hebammen eingeladen, konnten aber aufgrund ihres am selben Tag stattfindenden 20-jährigen Jubiläums leider nicht daran teilnehmen. In mehrfachen Telefonaten danach haben wir den hiesigen Hebammen unsere Unterstützung und die des Bundesministers zugesichert sowie das weitere Vorgehen auf Bundesebene erläutert. Mitnichten wurden einfach, wie das ja manchmal in der Politik der Fall sein soll, die entsprechenden Referate im Ministerium allein mit der Lösungssuche beauftragt. Im Gegenteil, wir haben uns auf allen Ebenen dafür eingesetzt, auch die Betroffenen selbst mit an den Tisch zu holen, an welchem über das weitere Vorgehen entschieden werden soll im Sinne einer optimalen Lösung, also mit ihnen gemeinsam, das weitere Vorgehen zu besprechen. Dies hat dazu geführt, dass bei der Ausarbeitung des Untersuchungs- und Erhebungsgegenstandes die Hebammen direktes Mitspracherecht hatten und haben, so dass sichergestellt ist, dass auch die tatsächlichen Probleme dieses Berufsstandes ermittelt und untersucht werden können.

Am 08.02.2011 fand daher eine weitere Gesprächsrunde in Berlin statt, auf der letzte Details der Untersuchung erläutert werden konnten. Wir warten jetzt also gespannt auf die Zahlen und dann, das will ich noch einmal betonen, wird das BMG handeln. Es bleibt also festzuhalten, dass die Betroffenen selbst von Anbeginn auf allen Ebenen und bei jedem Schritt eingebunden waren und dies auch weiterhin sind. In diesem Sinne bin ich fest davon überzeugt, dass wir uns spätestens in diesem Jahr gemeinsam mit den Hebammen über eine auskömmliche Lösung im Sinne einer guten Zukunft für ihren Berufsstand freuen können. Vielen Dank.

Danke, Herr Abgeordneter Koppe. Es hat jetzt das Wort der Abgeordnete Dr. Hartung für die SPDFraktion.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren, zunächst Danke für die Frage, Danke für die sehr informativen Antworten. Es war sicher eine wichtige Frage mit wichtigen Antworten und sie waren informativ, das war von verschiedenen Rednern schon gesagt worden. Was uns allen natürlich völlig klar ist, ist die enorme Wichtigkeit von Hebammen.

(Beifall SPD)

Niemand wird das ernstlich bezweifeln. Auch ich persönlich durfte das relativ dramatisch erfahren in meinem allerersten Dienst als Notarzt, also wirklich der erste, als ich mitten in der Nacht zu einer Gebärenden gerufen wurde und ich schaute zu meinen beiden Rettungsassistenten, die waren beide relativ blass und hatte Schweißperlen auf der Stirn und weit und breit war keine Hebamme zu sehen, es kam auch keine. Da war mir die Bedeutung von Hebammen auch relativ klar und wichtig, da hätte ich gern eine dabei gehabt.

(Zwischenruf Taubert, Ministerin für Soziales, Familie und Gesundheit: Ein gesundes Kind?)

Gesundes Kind. Diese Situation ist aber glücklicherweise die Ausnahme, auch deswegen, wie gesagt, es ist zehn Jahre her, in dieser Zeit hat die Zahl der Hebammen deutlich zugenommen. Bei sinkenden Geburten, also von 16.246 Geburten 2001 auf 15.763 Geburten 2009, haben wir einen Anstieg der gemeldeten Hebammen von etwa 50, also von etwa 10 Prozent.

Es ist unabhängig, Frau Rothe-Beinlich, ob das nun reale Hebammen sind oder ob das gemeldete Hebammen sind. Die Entwicklung ist doch deutlich, es gibt einen Anstieg. Das heißt, entweder sind die Hebammen, die es vorher gab jetzt in ganz Thüringen tätig und haben sich viel häufiger angemeldet als vorher, das kann ich nicht glauben, weil sie 24 Stunden für die von ihnen betreuten Mütter verfügbar sein müssen, da können sie nicht gleichzeitig in Eisenach und in Greiz arbeiten, sondern ich denke, es ist tatsächlich ein Zuwachs an Hebammen. Dass die vielleicht in mehreren Kreisen arbeiten, das mag sein.

Eine regionale Unterversorgung, das ergeben die Antworten auf die Fragen auch, gibt es nicht. Beruhigend ist dabei die Tatsache, dass der Kostendruck der Krankenkasse - das ist in der Ausführung sehr gut nachzulesen - nicht zu einer Zunahme der Hausgeburten geführt hat, bei gleichzeitigem Erhalt der Wahlfreiheit für die Frauen. Überhaupt nicht be

(Abg. Koppe)

ruhigend - da muss ich mich den Vorrednern teilweise anschließen - ist die Zunahme der Kaiserschnittentbindungen um gut 44 Prozent. Das heißt, mittlerweile wird in Thüringen jedes vierte Kind eben nicht von den Händen der Hebamme begrüßt, sondern von denen des Gynäkologen.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber das ist doch nicht normal.)

Natürlich, ist es auch nicht. Ich sage ja, es ist nicht beruhigend. Das habe ich gesagt, Frau Rothe-Beinlich, wenn Sie zugehört hätten, wäre Ihnen klar, dass wir einer Meinung sind.

(Beifall SPD)

Aber das Problem ist, dass es eben nicht nur die Krankenhäuser sind, die haben auch ihren Anteil, ein Kaiserschnitt bringt eben mehr Geld, als eine natürliche Geburt, aber es ist auch so, dass die Eltern durchaus bestimmen wollen, an welchem Tag ihr Kind geboren wird, dass es kosmetische Ursachen gibt. Es ist eine beängstigende Entwicklung unserer Zeit, dass moderne Medizin praktisch ohne Frage nach dem tatsächlichen Sinn und ohne Nachfrage nach der tatsächlichen Notwendigkeit in Anspruch genommen wird. Hier brauchen wir aber keine Gesetze, hier brauchen wir Aufklärung. Ich denke, auch mit den Antworten auf diese Frage, ist eine Argumentationshilfe gegeben.

Zur Einkommensstruktur der Hebammen: Ich glaube, diese Frage ist sehr komplex, weil jede Hebamme in Thüringen eine ganz eigene Beziehung an Einkommen hat. Es gibt angestellte in Krankenhäusern, die nebenbei freiberuflich tätig sind, in unterschiedlicher Stundenzahl im Krankhaus beschäftigt sind, mit unterschiedlichen Verhältnisse zu der entsprechenden Klinik, da gibt es Absprachen - ich sage jetzt mal nicht, gegenseitige Deals -, es gibt unterschiedliche Verhältnisse zu Geburtshäusern und Ähnlichem. Das ist ein sehr individueller Mix und auch ein sehr komplexes Thema und es ist schwierig, von außen in diese Problematik einzugreifen. Was davon aber völlig unbenommen ist - und da stimme ich den meisten meiner Vorredner zu -, ist die Tatsache, dass jede nicht unabweisbare finanzielle Aufwendung, die mit dem Beruf zusammenhängt, sich in der Gebührenordnung widerspiegeln muss. Das heißt, ausdrücklich auch, die Gebührenordnung muss den gestiegenen Beiträgen in der Haftpflichtversicherung angepasst werden und es ist eine Fußnote, die ich jetzt hier gern setzen möchte - das hat bis jetzt kein anderer gemacht, zumindest ist es mir nicht aufgefallen -, die Tatsache, dass die Beiträge so enorm gestiegen sind, hat nichts damit zu tun, dass wir mehr Geburtszwischenfälle haben. Es hat etwas damit zu tun, dass glücklicherweise die Kinder, die einen Geburtsschaden oder einen Schaden unter der Geburt erleiden,

eine wesentlich höhere Lebenserwartung haben, als es noch früher der Fall war und deswegen natürlich die Aufwendungen für diese eventuell behinderten Kinder höher sind. Die Grundlage ist eigentlich eine positive Meldung. Auch ein Kind, das unter der Geburt einen Schaden erleidet, hat heute eine vielleicht nicht normale - aber eine wesentlich höhere Lebenserwartung als es früher der Fall war. Ich betone das noch einmal, diese gestiegenen Aufwendungen müssen sich in der Gebührenordnung niederschlagen. Das ist aber nicht in erster Linie eine Aufforderung an die Politik, das ist in erster Linie eine Aufforderung an die beiden Verhandlungspartner, nämlich den Bundesverband der Hebammen und die Vertreter der Kassen.

Wer eine Schwangere wählen lassen möchte, wie und wo sie ihr Kind zur Welt bringt, der muss auch die finanziellen Grundlagen schaffen, dass Freiberuflichkeit bestehen kann. Diese Freiberuflichkeit wollen wir alle und das heißt, es muss dann in diesen Verhandlungen auch eine auskömmliche Regelung für alle Hebammen gefunden werden. Nur wenn das nicht der Fall ist, dann ist selbstverständlich die Politik in der Pflicht, um Regelungen einzuführen.

Der Vergleich der Kosten einer Klinikentbindung mit denen einer Hausgeburt - das ist auch abgefragt und aufgeführt worden - macht deutlich, dass auch die Krankenkassen durchaus ein Interesse haben, diesen Verhandlungsspielraum, der sich ergibt, auszunutzen. Im Sinne der Kassen, aber vor allem im Sinne der Schwangeren und der sicheren, gut betreuten Geburt muss man an die Verhandlungspartner appellieren, dass sie zu einem vernünftigen Ergebnis kommen. Vielen Dank.

(Beifall CDU, SPD)

Vielen Dank, Herr Dr. Hartung. Ich habe jetzt niemanden mehr auf der Rednerliste. Aber Frau Ministerin hat jetzt um das Wort gebeten. Bitte, Frau Ministerin.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, wir haben uns sehr intensiv mit der Situation der Hebammen und Entbindungspfleger in unserem Freistaat sowie der entsprechenden Versorgungssituation für unsere schwangeren Frauen und jungen Mütter befasst. Im Ergebnis hat die Landesregierung auf die 100 Fragen in der Großen Anfrage, Situation der Hebammenarbeit in Thüringen, eine umfassende Antwort gegeben, die Ihnen in der Drucksache 5/1616 vorliegt. In Auswertung der der Landesregierung vorliegenden Daten, Zahlen und Fakten bleibt festzustellen, dass

(Abg. Dr. Hartung)

es in Thüringen keine Defizite in der Versorgung mit Hebammenleistungen gibt. Das gilt sowohl für den stationären als auch für den ambulanten Bereich. Nach dem Ergebnis der Abfrage der Krankenhäuser sind in keinem der Thüringer Krankenhäuser, die sich an der Umfrage beteiligt haben, Hebammenstellen unbesetzt bzw. haben die Thüringer Krankenhäuser jeweils ausreichend Beleghebammen vertraglich gebunden. Die Versorgung mit Hebammenhilfe ist auch nach der Vertragspartnerliste „Hebammen des GKV-Spitzenverbands“ sichergestellt. Entsprechend können wir davon ausgehen, dass unsere Thüringer Schwangeren auch auf Basis bestehender Angebote die freie Entscheidung haben, wo sie entbinden wollen. Nach wie vor entscheiden sich in Thüringen rund 95 Prozent unserer Frauen für eine stationäre oder auch ambulante Entbindung im Krankenhaus, wo neben Hebammen und ihren mitgebrachten Beleghebammen, auch ärztliche Geburtshelfer und Kinderärzte für den Bedarfsfall bereitstehen.

Thüringen verfügt über 26 Standorte gynäkologischer und geburtshilflicher Krankenhausabteilungen, die gut erreichbar sind. Die Thüringer Geburtskliniken haben sich auf die ganz persönlichen Bedürfnisse und Wünsche von Schwangeren und ihren Partnern eingestellt, damit sich diese auch rundum gut versorgt fühlen. Die Zahlen der Hausgeburten und Geburtshausgeburten sind nach Angaben des Deutschen HebammenVerbands seit dem Jahr 2000 deutlich rückläufig. Gab es im Jahr 2000 85 Hausgeburten und 267 Geburtshausgeburten, waren es im Jahr 2009 nur noch 42 Hausgeburten und 162 Geburtshausgeburten. Nach erst jüngst durch die Präsidentin des Deutschen HebammenVerbands, Frau Martina Klenk, abgegebener Bewertung, ist dieser bundesweit feststellbare Rückgang vor allem bedingt durch die sinkenden Geburtszahlen. Zudem steht diese Entwicklung in keinem direkten zeitlichen Zusammenhang mit der Erhöhung der Berufshaftpflichtversicherungen. Es sei auch betont, dass wir im Rahmen der intensiven Befassung mit der Thematik keine Informationen zu Beschwerden von Frauen und Familien über eine defizitäre Versorgung erhalten haben. In der Beantwortung der Großen Anfrage wie auch der vorangegangenen Mündlichen Anfrage 5/992 und des Antrags der CDU-Fraktion haben wir das Thüringer Landesamt für Statistik, die Landesärztekammer Thüringen, die Thüringer Krankenhäuser und Gesundheitsämter, die gesetzlichen Krankenkassen sowie den Hebammenlandesverband selbst einbezogen. Nach den uns durch das Thüringer Landesamt für Statistik zur Verfügung gestellten Zahlen zu den im Freistaat Thüringen fest angestellten, freiberuflichen oder als Beleghebamme tätigen Hebammen und Entbindungspflegern sowie nach den durch die Krankenkassen benannten Zahlen zu Verträgen mit freiberuflich tätigen Hebammen gemäß § 134 a SGB V ist die Anzahl der Hebammen

in Thüringen in den letzten zehn Jahren deutlich angestiegen. Bei den freiberuflich tätigen Hebammen von 2001 mit 215 Hebammen auf 2009 mit 286 Hebammen, bei der Anzahl der im Krankenhaus angestellten Hebammen von 2002 mit 210 Hebammen auf 2009 mit 193 Hebammen, Beleghebammen von freiberuflich tätigen Hebammen im Jahr 2002 18 im Jahr 2009 77. Es sei an dieser Stelle kurz erwähnt, dass es im Freistaat keinen tätigen Entbindungspfleger gibt, daher wird in der Folge ausschließlich von Hebammen gesprochen.