Das gilt insbesondere für die Bedürfnisse der Schwächsten in dieser Gesellschaft. Sie zitierten gerade den Verfassungsgrundsatz in Artikel 15 und haben hoffentlich bemerkt, dass ich die Einzige war, die Ihnen applaudiert hat. Ich stehe voll auf den Füßen der Verfassung, wie meine Fraktion, auf diesem Grundsatz und das ist auch Inhalt unseres Antrags, den Sie leider nicht erkannt haben.
Stattdessen machen Sie böswillige Unterstellungen. Das hat mich jetzt wieder herausgefordert, Ihnen doch mal in einem längeren Redebeitrag die Intentionen unseres Antrags hier darzulegen. Das müssen Sie jetzt auch aushalten.
Mit unserem Antrag stellen wir uns entschieden gegen die Absicht der Bundesregierung, den Bund zunehmend aus der Verantwortung zu entlassen bei der Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung für Empfängerinnen und Empfänger von Hartz IV und das ist berechtigt. Zwar hat der Vermittlungsausschuss dazu schon getagt, aber leider ohne Ergebnis. Es ist keine Einigung hier in Sicht. Woran mag das wohl liegen, wo doch der Verfassungsgrundsatz so eindeutig ist, wie Sie gerade hier erklärten.
Bereits am 07.11.2009 stellte sich der Bundesrat gegen den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur weiteren Absenkung des Bundesanteils an den Kosten für Unterkunft und Heizung. Seitdem schmort das Sechste Gesetz zur Änderung des SGB II im Vermittlungsausschuss - bis heute. Auch zum Siebten Gesetz zur Änderung des SGB II ist der Vermittlungsausschuss angerufen. Vorgesehen ist zwar eine leichte Anhebung der Bundesbeteiligung von 23,6 Prozent im laufenden Jahr auf 25,1 Prozent für 2011, die versprochene Entlastung für die Kommunen aber wird nicht erreicht. Im Gegenteil, die Sozialausgaben steigen und werden zum Sprengstoff für die Kommunen und kommunalen Haushalte. Wir fordern deshalb, dass die gesetzlich vorgeschriebene Entlastung der Kommunen in Höhe von 2,5 Mrd. € jährlich tatsächlich auch eintritt.
Voraussetzung dafür ist, dass sich der Bundeszuschuss an den realen Kosten der Kommunen für Unterkunft und Heizung orientiert. Mit der entsprechenden Maßgabe ist das Gesetzgebungsverfahren auf Bundesebene seitens des Bundesrats ja auch berechtigt gestoppt worden. Interessant ist für die CDU vielleicht, eine von der kommunalpolitischen Vereinigung der CDU/CSU Deutschlands eingesetzte Arbeitsgruppe hat auch hier Vorschläge zur Sicherung der Handlungsfähigkeit der Kommunen erarbeitet und unter anderem auch folgende Maßnahme vorgeschlagen: Die Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft ist an den tatsächlichen Ausgaben zu bemessen.
Man hört es hier aber anders von Ihnen, Herr Günther. Ich frage mich also: Warum tun sich dann die regierenden Parteien so schwer damit? Wie gesagt, eine Einigung ist nicht in Sicht und damit ist die Sache auch immer noch nicht ausgestanden - ein Vierteljahr vertan und die Betroffenen haben Sie nicht im Blick.
Ein weiteres Problem ist hinzugekommen. Frau Schubert sagte es bzw. wies darauf hin. Ein weiteres Problem sind die Warmwasserkosten. Wir sagen, sie sind nicht in die Bemessung des Regelsatzes eingegangen, zusätzliche Kosten für die Kommunen 400 Mio. €. Dieser Fehler ist eingeräumt, dessen Ausräumung ist aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Schlecht bleibt schlecht und auch Verschlimmbesserungen machen es doch nicht besser. Hartz IV muss überwunden werden, ansonsten steuern wir auf eine strategische Verarmung zu.
Deshalb finde ich es gut und unterstütze den Antrag der GRÜNEN, dass dieser Antrag im Sozialausschuss weiterberaten werden soll.
Es verwundert uns nicht, dass auch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen den Weg in den Vermittlungsausschuss gefunden hat. Neben der Kritik an der Neuberechnung der Regelsätze - also ein höchst aktuelles Thema - sind auch die vorgesehenen Satzungsermächtigungen und Pauschalisierungen zu diskutieren. Das Problem zunehmender Wohnkosten lösen wir nicht auf lokaler Ebene. Eine Satzungslösung und Pauschalisierung wird nicht dazu beitragen, dass die Wohnkosten sinken. Grundlage dafür kann auf lange Sicht nur ein Konzept sein, das Mieterinnen und Mieter in den Mittelpunkt nimmt.
Meine Damen und Herren, auf Kosten der Städte und Kreise und letztlich der betroffenen Menschen soll der Bundeshaushalt konsolidiert werden. Eine solche Politik ist verantwortungslos und wird von den LINKEN kategorisch abgelehnt.
Die Vorschläge der Bundesregierung, nach denen die Kommunen künftig selbst entscheiden sollen, wie viel Quadratmeter Wohnfläche einem Hartz-VIEmpfänger zustehen und bis zu welcher Höhe seine Miete übernommen wird, und die Pauschalisierung der Wohnkosten sind eine weitere Kommunalisierung der gescheiterten Sozialpolitik, die nicht nur wir LINKEN ablehnen.
Warum denn wohl? Wir haben dafür gute Gründe. Die Haushaltslage der Kommunen ist enorm angespannt. Für deren Krise sind allerdings vordergründig der Bund und die Länder zuständig, die die Gemeinden, Städte und Landkreise fortwährend mit Aufgaben überfrachten, ohne ihnen dafür ausreichend Kosten zu erstatten.
Allein von 1992 bis 2009 haben sich die Sozialausgaben nahezu verdoppelt. Der Grundsatz im Sozialrecht, dass der individuelle Bedarf des Einzelnen,
der sich aus eigener Kraft nicht selbst versorgen kann, zu decken ist, wird hier eklatant verletzt, denn nunmehr wird die Kassenlage der Kommunen bestimmen, was angemessen und bedarfsgerecht ist. Zukünftig werden arme Kommunen viele arme Menschen und armselige Wohnungen bezahlen können, das Sozialprinzip wird aufgegeben.
Die angestrebten Neuregelungen bedeuten eine Regionalisierung der Angemessenheit. Die sozialen Ungleichheiten nehmen zu in und zwischen den Wohnquartieren einer Gemeinde, zwischen den Kommunen, insbesondere zwischen Stadt und Land und auch zwischen aufstrebenden und strukturschwachen Regionen und Bundesländern. Der Grundsatz, gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilräumen schaffen zu wollen, wird damit aufgegeben. Das dürfen wir nicht zulassen.
Mit einer Pauschalierung wird die gesetzlich vorgeschriebene Pflicht zur Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen, so weit sie angemessen sind, beseitigt und Verdrängungsmechanismen verstärkt. Von dem durch die Thüringer Verfassung festgeschriebenen Recht - Herr Günther, hören Sie gut zu - auf eine angemessene Wohnung kann somit keine Rede sein.
Schon heute gibt die Bemessung der Kosten für Unterkunft und Heizung Anlass zur Besorgnis. Zunehmend ist feststellbar, dass der als angemessen definierte Wohnraum faktisch auf dem Wohnungsmarkt gar nicht ausreichend zur Verfügung steht. Zudem orientiert sich die Verwaltungspraxis bei der Gewährung von Kosten für Unterkunft und Heizung in vielen Fällen nicht an den Vorgaben des Gesetzes - § 22 SGB II - bzw. ignoriert Rechtsprechung. Manche Bescheide werfen mehr Fragen auf als Antworten.
200.000 Klagen 2009 - wir hörten es schon - bundesweit, davon die Hälfte berechtigt. Statt die Entscheidungskompetenz auf die Kommunen zu verlagern und somit die gesetzlichen Unzulänglichkeiten auf dem Rücken Betroffener auszutragen, sollte auf eine einheitliche Rechtsanwendung mehr Transparenz sowie eine Übernahme der Wohnkosten in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen hingewirkt werden.
Wir fordern daher auf der Grundlage des § 27 SGB II durch Rechtsverordnung, orientiert am Bedarfsdeckungsprinzip im Einzelfall, bundeseinheitlich verbindliche Kriterien für die Bestimmung des angemessenen Wohnbedarfs festzulegen.
Meine Damen und Herren, ich betone es hier noch mal für meine Fraktion: Wohnen ist ein Menschenrecht, gerade auch im Alter. Wohnen ist ein gesamtgesellschaftliches Thema, das aber auch bundespolitisch wahrgenommen werden muss. Zwar kann es nicht von dort aus gelöst werden, aber es bedarf grundsätzlicher Kriterien, Wohnen als sozia
le Frage zu klären, denen dann landesspezifische Ideen und Lösungen folgen müssen. Wir wissen, dass zunehmend barrierefreie oder zumindest barrierearme Wohnungen gebraucht werden. Die Menschen wollen bis in das hohe Alter selbstbestimmt in ihren eigenen vier Wänden wohnen. Andererseits wissen wir aber auch, dass die Altersarmut erheblich zunimmt. Das bedeutet, künftig werden viel mehr Menschen auf Grundsicherung im Alter und damit auf Sozialleistungen der Kommune angewiesen sein. Ich höre jetzt schon wieder von der Fraktion der CDU, dass das Angstmache ist. Nein, das wird bittere Realität. Der Bund beteiligt sich bezüglich der Kosten für Unterkunft und Heizung im SGB XII nicht mehr und hat die Finanzierung auf die Kommunen abgewälzt. Wir fordern im Sinne der Gleichbehandlung der Leistungen nach SGB II und SGB XII, dass der Bund zukünftig einen Teil der Finanzierung der Unterkunftskosten auch im SGB XII übernimmt. Zuallererst aber sehen wir den Bund in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass nicht Millionen Menschen dauerhaft auf Transferleistungen angewiesen sind. Auch zu diesem Thema gehören Mindestlöhne und Rentenanpassungen, das sind weitere Stichworte,
die auch im Beschluss des Bundesrates zu finden sind. Solange aber jemand auf Leistungen angewiesen ist, sind die tatsächlichen Kosten zu erstatten.
Zu Punkt B unseres Antrags - Wohnungsbauvermögen. Hier, da stimme ich Frau Schubert zu, möchten wir Antworten. Seit der Föderalismusreform I ist auch das Land in besonderer Verantwortung. Der Bund zieht sich aus der Wohnraumförderung sukzessive zurück. Das im Koalitionsvertrag angekündigte Wohnungsbauvermögen als haushaltsunabhängige Finanzierungsgrundlage ist daher schnell und ohne Umwege besser heute als morgen auf den Weg zu bringen. Neben Berlin und BadenWürttemberg ist Thüringen das einzige Bundesland, das kein Wohnungsbauvermögen bzw. keines mehr hat. Wir fordern daher auf, die gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen, damit Gelder in das Wohnungsbauvermögen eingespeist und zweckgebunden wieder ausgegeben werden können. Neben den Kompensationszahlungen des Bundes sind hier wenigstens auch die Rückflüsse aus den Darlehen der Wohnraumförderung einzustellen. Um die Wohnungsstruktur den sich ändernden Bedürfnissen anzupassen, muss viel Geld in die Hand genommen werden. Vor diesem Hintergrund ist es unverantwortlich, dass Rückflüsse aus Wohnungsbaudarlehen im großen Haushalt verschwinden. Damit wird das neue Wohnungsbaufördergesetz nicht mehr als eine leere Hülle bleiben. Ein noch so gutes landeseigenes Wohnraumfördergesetz, in dem alles steht, was sinnvoll, was wünschenswert für unsere Bürgerinnen und Bürger ist, nützt aber
nichts, wenn es nicht finanzierbar ist. Wohnen muss auch morgen selbstverständlich sein. Also, alles gute Gründe, unserem Antrag zuzustimmen oder die Debatte im Ausschuss fortzuführen. Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, zunächst danke ich der Fraktion DIE LINKE für diesen Antrag. Er gibt uns Gelegenheit, heute hier über ein aktuelles, teilweise strittiges Thema miteinander zu debattieren. Allerdings möchte ich vorweg sagen, ich halte den Antrag für unausgewogen. Hinzu kommt, dass Sie sowohl zwischen verschieden zu betrachtenden Themen als auch zwischen verschiedenen Zuständigkeiten fortwährend in Ihrem Antrag hin- und herspringen. Der eine Teil bezieht sich auf Sachverhalte, für die das Bauministerium sich verantwortlich zeichnet, ein anderer wiederum ist im Regelungsbereich des Sozialministeriums und ein guter Teil des Antrags ist auch im Wirtschafts- und Arbeitsministerium anzusiedeln. Er ist in gewisser Weise auch überflüssig, weil die Landesregierung bereits entsprechend eigener Forderungen handelt sowohl hier als auch im Bundesrat. Sie geben damit zum Teil lediglich wieder, was die Landesregierung schon macht. Ich meine hier etwa den ersten Satz der Ziffer II von Teil A und es ist auch gar keine Frage, dass wir uns und auch die Landesregierung gegen die Absicht der Bundesregierung aussprechen, sich nach und nach aus der Verantwortung für die Finanzierung der Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II zu entziehen. Auch an Ziffer III des Teils A, der sich gegen die Pauschalierung von Leistungen für die Kosten der Unterkunft ausspricht, haben wir nichts auszusetzen.
Summa summarum können wir durchaus einigen wesentlichen Punkten unter Teil A Ihres Antrags inhaltlich folgen, aber wenn die Landesregierung bereits entsprechend handelt, bedarf es auch nicht eines solchen Antrags. Das gilt ebenfalls für den Teil B Ihres Antrags. Auch hier handelt die Landesregierung bereits entsprechend Ihrer Intention. Bereits der Haushalt 2011 ermöglicht uns, landeseigenes Wohnungsbauvermögen zu schaffen. Es wurden bereits die entsprechenden haushaltstechnischen Voraussetzungen dazu geschaffen über die Zuführungen zum Wohnungsbauvermögen, die geleistet werden können. Das Bauministerium hat hierzu bereits einen entsprechenden Gesetzentwurf vorbereitet, allerdings ist dieser noch nicht ganz ab
geschlossen. Es ist ganz klar, dass der entsprechende Gesetzentwurf erst dann dem Kabinett vorgelegt wird, sonst würden wir ja bereits Fakten schaffen, von denen man später nur schlecht wieder zurückkommt.
Nach den mir vorliegenden Informationen ist Ihr Antrag also entbehrlich und meine Fraktion wird diesen Antrag ablehnen. Was die Überweisung an den Ausschuss betrifft, dies betrachte ich auch als überflüssig. Wir haben im Wirtschaftsausschuss bereits einen Antrag, der dort ständig beraten wird, bei dem es um die SGB-II-Reform geht und dort berichtet das Wirtschaftsministerium ständig. Also ist auch eine parallele Überweisung an den Sozialausschuss für uns entbehrlich. Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Aufgabe des Sozialstaats ist es bekanntlich, durch Transferzahlungen Existenzsicherung zu betreiben. Es soll dadurch sichergestellt werden, dass Menschen ohne oder mit geringem Einkommen z.B. nicht von Obdachlosigkeit bedroht werden. Diese Transferleistungen sind steuerfinanziert. So hatte z.B. der Landkreis Sömmerda für das Haushaltsjahr 2010 über 10 Mio. € für die Kosten der Unterkünfte aufzubringen. Die am 01.01.2005 in Kraft getretenen Sozialgesetzbücher II und XII haben die bis dahin praktizierten Angemessenheitsregelungen des Wohngeldgesetzes und des Bundessozialhilfegesetzes aufgegriffen und weitergeführt. Hinsichtlich der Wohnungsgrößenregelungen wurde auf die bundesweiten Regelungen des sozialen Wohnungsbaus zurückgegriffen. Somit war gewährleistet, dass Leistungsempfänger Wohnraum des sozialen Wohnungsmarkts auch finanziert bekommen. Bewusst hat der Bundesgesetzgeber darauf verzichtet, Angemessenheitsgrenzen der Mietkostenhöhe für das gesamte Bundesgebiet zu erlassen. Mit dem Wissen über die Marktgesetze wird klar, dass für den Wohnungsmarkt im Bundesgebiet sehr starke regionale Unterschiede bestehen.
Was wären die Folgen des Antrags der Fraktion DIE LINKE? Grundsätzlich könnte jede Familie oder Einzelperson Leistungsempfänger nach SGB II oder SGB XII werden. Um Leistungsempfänger nach SGB II oder SGB XII zu werden, wäre es nach dem Antrag der LINKEN lediglich erforderlich, so hohe Wohnkosten, bestehend aus Mietund Nebenkosten, entstehen zu lassen, die das jeweilige Einkommen übersteigen.
Das Abstandsgebot zwischen Transferleistungsempfängern und Beschäftigten würde damit gebrochen. Arbeit lohnt nicht mehr, da Hilfeempfänger und Beschäftigte über das gleiche Einkommen zur Bestreitung des Lebensunterhalts verfügen.
Der Wohnungsmarkt wird zerstört, da die Transferleistungsbehörden jeden Mietpreis akzeptieren müssten, die Vermieter werden zwangsläufig höhere Mieten verlangen, vom fairen Wettbewerb ja dann ganz zu schweigen.
Die Möglichkeiten der Pauschalierung von Unterkunftskosten und die Satzungsermächtigungen sind zudem Ausfluss der kommunalen Selbstverwaltung. Sie stellen für die betroffenen Kommunen auch eine Verbesserung der Rechtssicherheit dar. Die bisherigen Regelungen hinsichtlich der angemessenen Unterkunftskosten sorgten nachweislich - das haben wir schon öfter betont - für ausufernden Rechtsstreit vor den Sozialgerichten. Dieses wird nunmehr durch die Pauschale verhindert. Ihr Antrag hilft nicht wirklich den Betroffenen, muss ich sagen.