Protocol of the Session on January 27, 2011

(Beifall FDP)

Aus den genannten Gründen werden wir den Antrag der Fraktion DIE LINKE ablehnen. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP)

Danke, Herr Abgeordneter Untermann. Die Regierung wünscht das Wort. Herr Staatssekretär Staschewski, bitte.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, die Landesregierung ist ja direkt angesprochen worden, insofern möchte ich doch noch einmal die einen oder anderen Sachen aus Sicht der Landesregierung darstellen. Mit ihrem Antrag greift die Fraktion DIE LINKE zum einen das derzeit im Gesetzgebungsverfahren befindliche Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch auf. Das ist ja in der Tat sehr umstritten. Ich möchte noch einmal daran erinnern, dass es hier um die sogenannte Satzungslösung zur Ermittlung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung geht. Wie Sie wissen, befindet sich dieser Gesetzentwurf derzeit im Vermittlungsverfahren von Bundesrat und Bundestag. Zum anderen wird dem Antrag eine angemessene Beteiligung des Bundes an den Kosten für Unterkunft und Heizung gefordert. Die Beteiligung des Bundes an den Aufwendungen,

meine Damen und Herren, für Unterkunft und Heizung im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende haben wir hier schon mehrmals diskutiert. Auch die Haltung der Landesregierung, die sich übrigens auch mit der Forderung der anderen Bundesländern deckt, dürfte den Abgeordneten bekannt sein.

Wie Sie wissen, wurde das Sechste SGB-II-Änderungsgesetz vom Bundesrat eindeutig abgelehnt und der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat angerufen. Wir haben vor allem als Länder kritisiert, dass die in § 46 Abs. 7 SGB II aufgeführte Formel zur Fortschreibung des Beteiligungssatzes sich eben nicht an den Ausgabenentwicklungen, sondern an der Entwicklung der Anzahl der Bedarfsgemeinschaften orientiert. Das, denken wir, ist eben genau der falsche Weg. Wir vertreten daher als Landesregierung die Auffassung, dass durch eine Umstellung der Anpassungsformel auf die tatsächliche Kostenentwicklung eine realistische Berechnungsgrundlage geschaffen werden kann.

Am 10. November nun hat der Vermittlungsausschuss letztmalig getagt letztes Jahr und wir konnten uns nicht mit der Bundesregierung einigen. Der Vermittlungsausschuss hat das Verfahren ohne Einigungsvorschlag abgeschlossen. Es wurde am 26. November durch den Bundesrat mit Unterstützung von Thüringen ein Einspruch gegen dieses Gesetz erhoben und er wurde dann am 26. November mit der Bundestagsmehrheit zurückgewiesen leider, muss ich sagen, weil hier die Interessen der Länder nicht berücksichtigt wurden.

Die Forderung nach Änderung der Anpassungsformel wurde vom Bundesrat nunmehr wieder in das Gesetzgebungsverfahren zum Siebten Gesetz eingebracht. Auch dieser Gesetzentwurf befindet sich inzwischen im Vermittlungsverfahren. Wir werden hier auch hart bleiben. Das ist ganz klar Meinung der Koalition und dieser Landesregierung, dass wir hier auch weiterhin für die Rechte entsprechend kämpfen wollen.

Wir wollen, dass auch in Zukunft die geltende Rechtslage garantiert werden kann. Wir wollen auch, dass die Bestimmungen der Angemessenheit der Aufwendungen, die in der Vergangenheit zu zahlreichen Widerspruchsverfahren bei den Leistungsträgern und Klageverfahren vor den Sozialgerichten geführt haben, verbessert werden, und wir wollen, weil zwischenzeitlich zu dieser Thematik eine Reihe von höchstrichterlichen Entscheidungen ergangen sind, dass sich das an der Verwaltungspraxis zu orientieren hat.

Die vorgesehene Neuregelung des Bundes verfolgt das Ziel, die Vorschriften zu den Leistungen für Unterkunft und Heizung rechtssicher und transparent auszugestalten. Über die in § 22 a enthaltene Ermächtigung für die Länder sollen die Länder künftig die kommunalen Träger durch Gesetz ermächtigen

(Abg. Untermann)

oder verpflichten können, durch Satzungen zu bestimmen, welche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in ihrem Gebiet angemessen sind. Die Länder sollen also regeln können, dass die Satzungen der vorherigen Zustimmung der obersten Landesbehörde oder einer von ihr bestimmten Stelle bedürfen.

Der Bund erhofft sich durch diese Satzungslösung eine Entlastung der Sozialgerichte und eine Verwaltungsvereinfachung in den Grundsicherungsstellen. Seitens der Länder, seitens auch Thüringens besteht hierfür absolutes Unverständnis, warum eine solche bedeutende Regelung in dem ohnehin strittigen Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des SGB II und SGB XII enthalten sein soll und muss.

Es wurde daher eindeutig gefordert, diesen Teil aus dem aktuellen Gesetzgebungsverfahren herauszulösen und zunächst auf breiter Ebene mit den Ländern und den Kommunen zu diskutieren. Dieser Forderung ist der Bund bisher leider nicht nachgekommen. Aus Sicht der Landesregierung muss gesichert sein, dass die Satzungslösung zu keiner Leistungsminderung im Einzelfall führt. Eine generelle Pauschalierung der Leistungen lehnen wir grundsätzlich ab.

Sofern die Gesetzesinitiative umgesetzt wird, ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Satzungsermächtigung zunächst um keine verpflichtende Regelung handelt. Die Länder können dann festlegen, ob sie die Kommunen ermächtigen bzw. verpflichten, eine Satzung zu erlassen. Vor dem Erlass übrigens einer landesgesetzlichen Regelung ist unsere Auffassung, dass diese mit den kommunalen Trägern der Leistungen nach dem SGB II diskutiert werden muss.

Für das TMBLV - meine Kollegin Eich-Born - kann ich noch anfügen, dass das TMBLV sich dafür einsetzt, die Voraussetzungen zur Einrichtung eines Wohnungsbauvermögens für das Haushaltsjahr 2011 zu schaffen. Dazu wurde ja bereits ein entsprechender Titel in den Haushaltsplan aufgenommen. Darüber hinaus - um auch auf die Frage von Frau Schubert abschließend zu antworten - ist noch vom TMBLV ein Prüfbericht zur Thüringer Wohnraumförderung erstellt worden. Der wird derzeit in der Haushaltsstrukturkommission beraten. Nach Vorlage eines belastbaren Prüfungsergebnisses der Haushaltsstrukturkommission wird der Gesetzentwurf dann dem Kabinett zu einer Entscheidung vorgelegt. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, SPD)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Die Rednerliste ist erschöpft. Wir kommen zur Abstimmung. Es ist Ausschussüberweisung beantragt worden sowohl

an den Ausschuss für Bau, Landesentwicklung und Verkehr als auch an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit.

Wir beginnen mit der Abstimmung zur Überweisung des Antrags in der Drucksache 5/1760 an den Ausschuss für Bau, Landesentwicklung und Verkehr. Wer für die Überweisung ist, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? Das sind die Stimmen der Fraktionen SPD, CDU und FDP. Gibt es Enthaltungen? Das ist nicht der Fall. Damit ist die Überweisung abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? Das sind die Stimmen der SPD-, der CDU- und der FDP-Fraktion. Gibt es Enthaltungen? Das ist nicht der Fall. Damit ist auch die Überweisung abgelehnt.

Da beide Überweisungen abgelehnt wurden, stimmen wir jetzt über den Antrag ab. Wer diesem Antrag „Soziales Wohnen sichern“ der Fraktion DIE LINKE zustimmen kann, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. Gegenstimmen? Die kommen aus den Fraktionen SPD, CDU und FDP. Enthaltungen? Die kommen aus der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 9 und eröffne den Tagesordnungspunkt 10

Erklärung der Landesregierung gemäß § 50 der Geschäftsordnung des Landtags zum Verbleib der GoetheZeichnungen aus dem Hirschhügel-Konvolut und zur Entwicklung der Klassik Stiftung Weimar Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/1761

Wünscht die Fraktion das Wort zur Begründung? Nein, das ist nicht der Fall. Die Landesregierung erstattet an dieser Stelle einen Sofortbericht. Das Wort hat Herr Staatssekretär Prof. Merten.

Hochverehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, über den Verbleib der Goethe-Zeichnungen aus dem Hirschhügel-Konvolut haben wir zu verschiedenen Anlässen bereits ausgiebig diskutiert und zuletzt ist über das Thema im Ausschuss ausführlich beraten wor

(Staatssekretär Staschewski)

den. Ich hatte seinerzeit selbst hinreichend und sehr weit informiert. Das breite öffentliche Interesse an der Aufklärung des Sachverhalts ist verständlich, denn schließlich handelt es sich um Kulturgut allerersten Rangs. Wir kommen diesem Wunsch nach Klärung natürlich sehr gern nach. Was ich dabei allerdings für bedenklich halte, ist, ich nenne es einmal „das künstliche Hochkochen“ der Debatte, denn längst liegen alle Fakten auf dem Tisch. Sie sind Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, hinlänglich bekannt. Das ständige Wiederholen bekannter Fakten ist alles andere als sachdienlich, es führt vielmehr zu unfruchtbarer Unruhe, Unruhe in der Öffentlichkeit, Unruhe vor allem aber auch beim Eigentümer bzw. den Eigentümern der Zeichnungen. Denn es wird damit eine Stimmung erzeugt und verbreitet, die die Eigentümer in eine schwierige, ja unmögliche Verhandlungssituation bringt. Der Freistaat Thüringen wird alles dafür tun, um die kostbaren Goethe-Zeichnungen zurückzugewinnen und vor allem wieder öffentlich zugänglich zu machen. Diese Bemühungen werden jedoch regelrecht unterwandert, wenn sich die Eigentümer dauerhaft an den öffentlichen Pranger gestellt sehen.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Ach, der, der fragt, ist schuld?)

Um Missverständnissen gleich vorzubeugen, es kann niemandem verwehrt werden, sich ein persönliches Urteil über das Verhalten des Alteigentümers der verkauften Zeichnungen zu bilden, aber Moral und Ethik stehen hier nicht in der öffentlichen Debatte. Das Recht steht eindeutig aufseiten des Eigentümers.

Damit komme ich zur Sache selbst. Zu den ersten beiden Punkten des Antrags - der Darstellung der Geschehnisse im Zusammenhang mit dem Verkauf einerseits sowie den vertraglichen Grundlagen, auf denen das geschehen ist, anderseits - werde ich zusammenhängend darstellen, sie sind nämlich sachlogisch eng miteinander verbunden. Ausgangspunkt ist das Jahr 1994, in dem Herr Graf Nicolas Henckel von Donnersmarck mit der Rechtsvorgängerin der Klassik Stiftung Weimar einen Dauerleihvertrag über die Goethe-Bilder abgeschlossen hat.

Zur Vorgeschichte dieses Vertrags ist Folgendes zu sagen: Herr Nicolas Graf Henckel von Donnersmarck ist Alleinerbe des 1993 verstorbenen Dr. Victor Graf Henckel von Donnersmarck. Dieser hatte im September 1990 einen Antrag zur Anmeldung auf Rückübertragungsansprüche gestellt. Der Antrag bezog sich auf das land- und forstwirtschaftliche Grundvermögen Hirschhügel und unter anderem auf 40 Handzeichnungen, von denen mindestens 39 sicher auf Johann Wolfgang von Goethes Hand zugeordnet werden konnten. Der einstige Grundbesitz der Familie Henckel von Donners

marck, Schloss Hirschhügel, einschließlich des Inventars war 1945 im Zuge der Bodenreform enteignet worden. Die Goethe-Zeichnungen aus dem Hirschhügel-Konvolut befanden sich vor der Enteignung im Schloss Hirschhügel. Nach der Enteignung wurden sie 1951 dem Goethe-Nationalmuseum übergeben, in dessen Obhut sie sich bis zum Abschluss des Dauerleihvertrags befanden. Der vom Vermögensgesetz wegen der Enteignung auf besatzungsrechtlicher Grundlage ausgeschlossene Anspruch auf Rückübertragung der Immobilie Schloss Hirschhügel ist vom Thüringer Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen 1998 bestandskräftig beschieden worden. Zu den Handzeichnungen war eine Entscheidung der Ämter zur Regelung offener Vermögensfragen in der Sache nicht erforderlich. Die zivilrechtliche Übertragung des Eigentums an diesen Zeichnungen an Herrn Graf Nicolas Henckel von Donnersmarck war bereits vor Inkrafttreten des eine Rückübertragung beweglicher Sachen regelnden Ausgleichsleistungsgesetzes erfolgt.

Nun einige Einzelheiten zu den Bestimmungen des Dauerleihvertrags zwischen Herrn Graf Nicolas Henckel von Donnersmarck und der Klassik Stiftung Weimar: Der Vertrag regelt, dass alle fünf Jahre eine Absprache über dessen Verlängerung erfolgen kann. Falls eine solche Absprache nicht erfolgt, wird der Dauerleihvertrag stillschweigend verlängert. Unabhängig davon ist Herr Graf Nicolas Henckel von Donnersmarck jederzeit berechtigt, die Leihgaben mit dreimonatiger Kündigungsfrist während seiner Laufzeit mittels Kündigung zu beenden. Als Herr Graf Henckel von Donnersmarck Anfang des Jahres 2009 an die Klassik Stiftung Weimar mit der Bitte herantrat, ihm das Konvolut der 45 Handzeichnungen vorübergehend auszuhändigen, hat er ausdrücklich betont, dass es sich nicht um eine Rückforderung im Sinne des § 2 Abs. 2 des Dauerleihvertrags handelt, sondern erklärter Wunsch war es, die Blätter bei einem Sachverständigen im Hinblick auf offene Zuschreibungsfragen und weitere wissenschaftliche Erforschungen untersuchen zu lassen. Zugleich plante er, wie er der Stiftung seinerzeit mitgeteilt hat, hochwertige Fotos seiner Leihgaben für den eigenen Gebrauch anfertigen zu lassen. Danach sollte sie die Klassik Stiftung wieder zurückerhalten. Zudem gab es andererseits keine Absprache hinsichtlich der Nichtverlängerung des Vertrags aus dem Jahr 2009, so dass dieser ab Herbst 2009 für weitere fünf Jahre fortlief. Im Sommer 2009 kam es indes zu einem weiteren Vertrag zwischen der Klassik Stiftung Weimar und Herrn Graf Henckel von Donnersmarck. Als im April 2009 die Klassik Stiftung das Konvolut an den Eigentümer herausgegeben hatte, bereitete das GoetheNationalmuseum gerade eine Ausstellung mit Landschaftszeichnungen Goethes vor. 10 der 45 Zeichnungen waren dafür ausgewählt worden. Herr Graf Henckel von Donnersmarck versprach dem verant

(Staatssekretär Prof. Dr. Merten)

wortlichen Kurator, die ihm ausgehändigten Zeichnungen rechtzeitig zurückzugeben, damit sie in der Ausstellung gezeigt werden können. Einer Bitte des Ausstellungsbüros um Übersendung der Bilder im Sommer kam Herr Graf Henckel von Donnersmarck dann auch nach. Zugleich bat er darum, die aus dem Konvolut herausgelösten zehn Goethe-Zeichnungen zum Gegenstand eines zeitlich befristeten Vertrags für diese Sonderausstellung zu machen. Die Stiftung schloss diesen Ausstellungsleihvertrag am 30. Juli 2009; dieser bekam einen Nachtrag, der die Laufzeit der Leihgabe auf den 31. Dezember 2009 begrenzte.

Zum Punkt „Pflichten und Rechte der Klassik Stiftung Weimar“ möchte ich Folgendes ausführen: Als die Rechtsvorgängerin der Klassik Stiftung Weimar 1994 den Dauerleihvertrag mit Herrn Nicolas Graf Henckel von Donnersmarck schloss, ging sie nach einer Prüfung davon aus, dass er der berechtigte Eigentümer der Goethe-Zeichnungen ist. Auch nach Einschätzung des Thüringer Finanzministeriums wurde unmittelbar vor Vertragsabschluss das Eigentum an den richtigen Berechtigten übertragen. Als Herr Graf Henckel von Donnersmarck Anfang 2009 um Herausgabe der Zeichnungen bat, ist die Stiftung dieser Bitte in Übereinstimmung mit § 2 Abs. 2 des Dauerleihvertrags auch nachgekommen. Auch was den befristeten Ausstellungsleihvertrag über zehn Zeichnungen aus dem Konvolut betrifft, ist der Stiftung kein Vorwurf zu machen. Sie hat den Vertrag aus transport- und versicherungsrechtlichen Gründen geschlossen, auch, weil der Eigentümer ihn zur Bedingung für die Herausgabe gemacht hat. Als im Dezember 2009 erste Verdachtsmomente auftraten, die Goethe-Zeichnungen könnten nicht mehr an die Klassik Stiftung Weimar zurückkehren und stattdessen sogar verkauft werden, hat die Stiftung sofort reagiert. Sie hat umgehend den Antrag gestellt, das Konvolut in das Verzeichnis national wertvollen Kulturguts aufzunehmen und damit vor der Ausfuhr ins Ausland zu schützen. Nach der Antragstellung hat das Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur unverzüglich ein Kulturgutschutzverfahren eingeleitet.

Damit komme ich zum Punkt „Aufsichts- und Handlungspflichten des Thüringer Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur“: Mit der Einleitung des Verfahrens wurde ein vorläufiger Ausfuhrschutz nach dem Kulturschutzgesetz bewirkt. Nach der Verfahrenseinleitung hat das zuständige Fachreferat unseres Hauses die Stiftung dann mehrfach zur Klärung der Sach- und Rechtslage aufgefordert. Parallel hierzu hat das Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur eigene intensive Recherchen zur Sachlage vorgenommen. Zudem wurden in Abstimmung mit dem Thüringer Finanzministerium eigene rechtliche Prüfungen durchgeführt. Mir ist bei dieser Sache noch einmal wichtig

zu betonen, unser Ziel war es und unser Ziel ist es, diesen Sammlungsbestand unter allen Umständen für den deutschen Kulturraum und möglichst für Weimar zurückzugewinnen.

Doch es ist gerade in Anbetracht der Sach- und Rechtslage eine äußerst sensible Angelegenheit, die Verhandlungsgeschick und Zurückhaltung erfordert. Eine aufgebauschte politisch motivierte Debatte ist dabei wenig hilfreich. Was die zehn Bilder betrifft, für die ein befristeter Leihvertrag noch einmal extra geschlossen wurde, gehen die Stiftung und unser Haus nach einer rechtlichen Einschätzung von einer Teilkündigung, das heißt von einer konkludenten Kündigung des Dauerleihvertrages von 1994, aus.

Hinsichtlich der übrigen 35 Bilder besteht der Dauerleihvertrag weiter. Daraus ergibt sich für die Klassik Stiftung Weimar ein Anspruch auf erneute Übergabe der 35 Bilder, also ein Besitzverschaffungsanspruch. Dieser Anspruch ist allerdings praktisch nicht durchsetzbar, da die Bilder von Herrn Henckel von Donnersmarck im Rahmen eines Kaufvertrages an den Käufer übergeben und übereignet worden sind. Außerdem könnte Herr Graf Henckel von Donnersmarck den Besitzverschaffungsanspruch durch Kündigung des Dauerleihvertrages, die an keinerlei Bedingung geknüpft ist, zum Erlöschen bringen, bevor er sich durchsetzen ließe. Ein entsprechender Anspruch gegenüber dem Käufer und dem neuen Eigentümer der Bilder besteht nicht, weil dieser gutgläubig das Eigentum ohne bestehende Ansprüche Dritter auf Besitzverschaffung erworben hat. In jedem Fall wäre der Rechtsweg wenig Erfolg versprechend und hiernach gerade riskant.

Strafrechtliche Konsequenzen für Herrn Henckel von Donnersmarck sind nicht denkbar. Einerseits kommt aus dem StGB weder eine Unterschlagung noch ein Betrug in Betracht. Andererseits greifen die speziellen Straftatbestände aus dem Kulturschutzgesetz in diesem Falle nicht. Vor allem aber birgt die Einleitung rechtlicher Schritte gegen Herrn Henckel von Donnersmarck die Gefahr, dass er weitere Dauerleihverträge mit der Stiftung kündigen wird.

Insgesamt 200 weitere Archivalien und Kunstgegenstände hat er der Stiftung als Dauerleihgabe überlassen. Eine Möglichkeit zur Rückgewinnung der Bilder sollte daher unbedingt auf dem Verhandlungswege und mit der notwendigen Diskretion gesucht werden. An genau diesen Umständen zeigt sich aber auch, warum zum Beispiel die Stiftung sozusagen nicht präventiv einen Antrag auf Kulturschutz gestellt hat oder warum sie die zehn Zeichnungen Ende 2009 vertragsgerecht an den Eigentümer übergab. Das Kulturgutschutzgesetz hält zwar die Kulturschätze im Land, es regelt aber nicht, dass ein Privateigentümer diese Kulturgegen

(Staatssekretär Prof. Dr. Merten)

stände auch öffentlich ausstellen und zugänglich machen muss. Kommt es zu den erhofften Absprachen, Verträgen, Dauerleihgaben zwischen Privateigentümern und öffentlichen Kultureinrichtungen, ist das ein großer Glücksfall und das Ergebnis freundlicher freundschaftlicher Verhandlungen. Niemand ist dazu rechtlich verpflichtet.

Schon seit 1885 besteht über die Henckel-von-Donnersmarck-Vulpius-Stiftung eine Zusammenarbeit mit der Familie Henckel von Donnersmarck. Diese gute und vertrauensvolle Beziehung wäre nachhaltig gestört worden durch eine präventive Aufnahme der Dauerleihgaben in den Kulturgutschutz. Es gab zudem keinen Grund und - lassen Sie mich das ausdrücklich hinzufügen - auch keinen Anlass zu befürchten, dass einige Leihgaben jemals veräußert werden könnten.

Abschließend noch einen Punkt zur „Erwartung an die Klassik Stiftung Weimar und an deren künftigen Präsidenten“ und die neue Satzung der Klassik Stiftung Weimar. Blickt man auf die Entwicklung der Klassik Stiftung Weimar, so hat sie in den letzten Jahren einen guten Schritt in die richtige Richtung getan. Dennoch gibt es nach wie vor Verbesserungsmöglichkeiten und auch Nachholbedarf. Die Stiftung ist nach wie vor im Umbruch. Ich erwarte u.a. von der Stiftung, dass sie künftig offensiver mit unserem kulturellen Kapital in Thüringen wuchert, vor allem natürlich mit dem reichen Erbe des Kosmos Weimar. Dazu stellen wir uns ein schärferes Profil, klarere Konturen und neue Akzente vor. Das bedeutet auch eine Wirkung weit über Deutschland hinaus, eine Präsenz im internationalen Diskurs. Details dazu legt der Masterplan vor, dessen Umsetzung Aufgabe der Stiftung für die nächsten Jahre sein wird. Eine große Unterstützung bekommt die Stiftung dabei durch ein Investitionsprogramm, das Bund und Land eigens dafür aufgelegt haben. Für den Zeitraum von 2008 bis 2017 stellen allein der Bund und der Freistaat Thüringen jeweils - das ist zu betonen - zu gleichen Teilen eine Fördersumme von 90 Mio. € zur Verfügung. Zusammen mit Spenden und Drittmitteln ergibt sich ein Gesamtvolumen von 150 Mio. €. Im Mittelpunkt wird die Entwicklung des Stadtschlosses zum Zentrum der musealen Vermittlung stehen, das bedeutet die denkmalgerechte Herrichtung. Das zweite Großprojekt ist die Errichtung des Bauhaus-Museums.

Ebenso bedeutsam wie diese Vorhaben wird eine Vielzahl von Projekten sein, die der Bestandssicherung und -erhaltung dienen. Dazu zählen als wichtige Maßnahmen die Restaurierung von Druck- und Handschriften, vor allem des Goethe- und SchillerArchivs, der Herzogin Anna Amalia Bibliothek und der Graphischen Sammlung sowie deren umfassende Katalogisierung, die Wiederbeschaffung der durch den Brand verloren gegangenen Bestände der Herzogin Anna Amalia Bibliothek und die Grundsanierung des Goethe- und Schiller-Archivs.

Ein zukünftiger Präsident bzw. eine zukünftige Präsidentin ist genau dann geeignet, wenn er oder sie eine zukunftsträchtige substanzielle Weiterentwicklung der Stiftung voranbringen kann und ihr den gebührenden Platz im kulturellen und wissenschaftlichen Raum schafft. Schließlich erfordert die hervorgehobene Stellung mit hoher Verantwortung eine herausragende Führungspersönlichkeit, die die Stiftung nach dem Gesetz nach außen vertritt und nach innen maßgeblich prägen wird.

Was die neue Satzung angeht, möchte ich dazu Folgendes sagen: Die Überarbeitung der geltenden Satzung der Klassik Stiftung Weimar obliegt dem Stiftungsrat der Klassik Stiftung Weimar. Er entscheidet auch über die in § 9 Abs. 1 Satz 4 des Gesetzes festgeschriebene Möglichkeit, ein Präsidium zu bilden oder einen Einzelvertreter vorzusehen. Der Stiftungsrat wird sich im Zusammenhang mit der anhängigen Stellenbesetzung hinsichtlich der Stiftungsleitung sowie des Verwaltungsdirektors mit dem Entwurf einer überarbeiteten Stiftungssatzung befassen. Dabei wird auch die Stellungnahme des Thüringer Rechnungshofs selbstverständlich berücksichtigt werden.