4. Ist von der Landesregierung geplant, den Thüringer Entwurf zeitgleich mit der Veröffentlichung eines eventuellen Musterentwurfs der Länderarbeitsgruppe in den Landtag einzubringen?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Hauboldt beantworte ich für die Landesregierung wie folgt.
Zu Frage 1: Wie bereits im Bereich der Gesetzgebung zum Jugend- und Untersuchungshaftvollzug hat Thüringen auch im Bereich des Erwachsenenstrafvollzugs gemeinsam mit Berlin die Federführung einer länderübergreifenden Arbeitsgruppe übernommen. Diese Arbeitsgruppe hat erstmals im September 2009 getagt und im November 2009 ihre eigentliche inhaltliche Arbeit aufgenommen. Die Arbeitsgruppe hat sich darauf verständigt, im Wesentlichen aus drei Gründen eine besonders gründliche und umfassende Herangehensweise zu wählen. Zum einen besteht für den Erwachsenenstrafvollzug bereits eine bundesgesetzliche Grundlage. Anders als im Bereich der Untersuchungshaft und insbesondere dem Jugendstrafvollzug wird die Arbeit also allein von inhaltlichen Fragen, nicht aber von extern gesetzten Zeitvorgaben bestimmt. Zum Zweiten ist es allgemeine Auffassung in der Arbeitsgruppe, dass eine erfolgreiche Resozialisierung zugleich den wirksamsten Schutz der Bevölkerung vor weiteren Straftaten darstellt. Der Entwurf ist daher darauf abzugleichen, dem Leitbild eines behandlungsorientierten Vollzugs, das bereits dem Bundesstrafvollzugsgesetz zugrunde lag, gerecht zu werden und dieses Leitbild weiterzuentwickeln. Das braucht Zeit, schließlich hat der Erwachsenenvollzug sowohl im Hinblick auf die Gefangenzahlen als auch bezüglich des Vollzugsalltags in den Anstalten eine Leitbildfunktion gegenüber dem Jugendstraf- und Untersuchungshaftvollzug. Insbesondere im Bereich der Diagnose und der individuellen defizitorientierten Behandlung wird eine Angleichung der Ländergesetze zum Jugendstrafvollzug unumgänglich sein. Für den Bereich der Untersuchungshaft, hier gilt das nicht, kommt eine deliktorientierte Behandlung hingegen aufgrund der Unschuldsvermutung nicht in Betracht. Es sind daher bei der Arbeit an einem Musterstrafvollzugsgesetz auch stets die möglichen Auswirkungen auf andere Bereiche des Justizvollzugs zu berücksichtigen. Das konstituiert im Wesentlichen die Arbeit der Gruppe. Derzeit ist die Gruppe noch mitten in der inhaltlichen Arbeit. Es wird eingeschätzt, dass mit
Zu Frage 2: In der Arbeitsgruppe wirken Vertreter aus Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen sowie ein Vertreter des Bundesjustizministeriums mit. Anzumerken ist, dass Hamburg, Hessen und Niedersachsen bereits über eigene Landesstrafvollzugsgesetze verfügen - das gilt für Hamburg und Niedersachsen -, bzw. entsprechende Entwürfe Hessen - eingebracht haben. Diese Länder haben in der Arbeitsgruppe Berater- bzw. Beobachterstatus.
Zu Frage 3: Wie ich bereits in der Antwort zu Ihrer ersten Frage ausgeführt habe, befindet sich die Arbeitsgruppe derzeit noch mitten in der inhaltlichen Arbeit. Die Landesregierung hat sich infolgedessen noch keine abschließende Auffassung zu möglichen Abweichungen vom bisher geltenden Strafvollzugsgesetz gebildet.
Zu Frage 4, der letzten Frage: Diese Frage kann zurzeit nicht abschließend beantwortet werden, da sich der Musterentwurf noch in der Erarbeitung befindet. Auch hängt der weitere Umgang mit diesem Musterentwurf davon ab, inwieweit spezifische Belange Thüringens im Bereich des Strafvollzugs Berücksichtigung gefunden haben werden oder diese eventuell noch Berücksichtigung finden müssen. Ob und inwieweit dies der Fall ist, wird erst nach Abschluss der Arbeitsgruppe feststehen.
Im Übrigen ist ein Musterentwurf - wenn er dann vorliegt - noch Abstimmungsprozessen unterworfen, u.a. etwa der Ressortabstimmung, so dass schon daher nicht von einer zeitgleichen Einbringung in den Landtag ausgegangen werden kann. Vielen Dank.
Es gibt dazu Nachfragen. Herr Abgeordneter Blechschmidt und der Fragesteller selbst signalisierten das.
Danke, Frau Präsidentin. Herr Staatssekretär, Sie sprachen in der Beantwortung der 4. Frage von spezifisch thüringischen Belangen. Kann man die in irgendeiner Form verifizieren?
Nein, das kann man zu diesem Zeitpunkt noch nicht verifizieren. Ein Musterentwurf muss von sehr allgemeinen Grundsätzen ausgehen. Wir müssen sehen, ob es notwendig sein wird, den auf die Situation in Thüringen in der einen oder anderen Weise
noch anzupassen, also etwa mit anderen Programmen und Projekten, die wir entworfen haben, wie beispielsweise unserem Suizidpräventionsprogramm. Das muss man dann sehen.
Danke, Herr Staatssekretär, noch einmal eine Frage: Wie ist in Thüringen die inhaltliche Debatte zum Strafvollzug intern organisiert; gibt es da die Form einer Arbeitsgruppe bzw. die Einbeziehung der Bediensteten z.B. der Justizvollzugsanstalten etc.?
Ja, natürlich. Es gibt zunächst mal im Haus selber ständige Gespräche. Der zuständige Abteilungsleiter ist Mitglied der Arbeitsgruppe, er berichtet regelmäßig. In Ihrer Einleitung zu Ihrer Frage haben Sie die Tagung der Mitglieder der Beiräte der Thüringer Justizvollzugsanstalten angesprochen. Da wurde auch ausführlich auf die Arbeit der Arbeitsgruppe Bezug genommen und versucht, diesen Sachverstand mit einzubeziehen. Das wird sich im Laufe der nächsten Zeit sicher noch verstärken, wenn sich die Arbeit konkretisiert. Derzeit ist die Arbeitsgruppe in einer Phase, in der noch eine ganze Reihe von wichtigen Fragen geklärt werden muss.
Danke, Frau Präsidentin. Herr Staatsekretär, inwieweit besteht denn ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Gesetzesvorhaben, ein eigenes Strafvollzugsgesetz in Thüringen perspektivisch auf den Weg zu bringen, und geplanten Investitionen im Bereich der Justizvollzugsanstalten. Also anders gefragt: Wird dann nicht möglicherweise durch Investitionsentscheidungen das Vorhaben eines modernen Strafvollzugsgesetzes unterlaufen?
Ich rufe die nächste Anfrage auf, das ist die der Frau Abgeordneten Sedlacik, Fraktion DIE LINKE, in der Drucksache 5/2136.
Anfang des Jahres wurde ein neuer Fall von Dioxinbelastung in Futtermitteln bekannt. Die Betroffenheit Thüringens stellte sich nach ersten Informationen so dar, dass über 50 Tonnen dieses risikobehafteten Futters in einen Schweinehaltungsbetrieb in Ostthüringen geliefert wurden. Darüber, welche Mengen möglicherweise bereits verfüttert waren bzw. ob und wohin Tiere schon verkauft wurden, gab es nur spärliche und teils spekulative Pressemeldungen. Die Informationspolitik der Landesregierung über die Situation in Thüringen und die Bewertung möglicher Risiken für die Verbraucher war meines Erachtens anfangs völlig unzureichend. Deshalb frage ich die Landesregierung:
1. Welche Mengen des dioxinbelasteten Tierfutters gelangten in welche Höfe mit welchen Produktionsausrichtungen insgesamt nach Thüringen?
2. Welche Sofortmaßnahmen zur Aufklärung der Sachlage (Herkunftsnachweise, Betriebskontrollen, Überwachung von Handelswegen usw.) sind durch wen veranlasst und durchgeführt worden?
3. Wie schätzt die Landesregierung die Aufklärung der Verbraucher in Thüringen seit Bekanntwerden des Dioxinfalles ein?
4. Welche Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung aus den Ereignissen und welche Schritte in Bezug auf Verbesserung des Überwachungssystems wurden mit dem Bund und den anderen Bundesländern vereinbart?
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Die Mündliche Anfrage der Frau Abgeordneten Sedlacik beantworte ich für die Landesregierung wie folgt.
Zu Frage 1: Ein Schweinezuchtbetrieb, ein Hähnchenmastunternehmen, beide im Saale-HolzlandKreis, sowie ein Hobbylegehennenhalter aus dem Landkreis Nordhausen sind im Freistaat betroffen. Diese haben von zwei Mischfutterherstellern aus Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen im Zeitraum vom 13.11.2010 bis zum 27.12.2010 insgesamt 1.184 Tonnen verdächtiges Futter für Ferkel, Hähnchen und Legehennen geliefert bekommen.
Zu Frage 2: Zum einen wurden die betroffenen Betriebe von der zuständigen Futtermittelüberwachungsbehörde überprüft. Die amtlichen Kontrollen ergaben, dass nur in einem Unternehmen noch geringste Futtermengen vorhanden waren. Diese wurden vorsorglich gesperrt und für die Dioxinanalyse beprobt. Mittlerweile sind diese Futtermittel auf
grund der Datenlage wieder freigegeben. Auch für den Schweinezuchtbetrieb, in welchem keine der in Rede stehenden Futtermittel mehr vorhanden waren, konnte aufgrund der Informationen der Überwachungsbehörden aus Sachsen-Anhalt Entwarnung aus Sicht der Futtermittelüberwachung gegeben werden. Die vorgenannten landwirtschaftlichen Betriebe wurden zum anderen auch von den zuständigen Veterinärund Lebensmittelüberwachungsämtern darauf überprüft, welche Tiere über welchen Zeitraum das verdächtige Futter erhalten haben. Außerdem wurde der Verbleib der betreffenden Tiere ermittelt. Einem Betrieb wurde vorübergehend das Verbringen von Masthähnchen aus dem Bestand verboten. Für einen zweiten Betrieb wurde verfügt, die Behörde über die Angaben von Ferkeln zur Mast und die Namen der Empfänger zu informieren, um den Verbleib der Tiere vorsorglich unter Beobachtung zu behalten. Darüber hinaus wurden zwei Schlachtbetriebe, die hinsichtlich der Schlachtung von Tieren das kontaminationsverdächtige Futter erhalten hatten, durch das jeweils zuständige Veterinärund Lebensmittelüberwachungsamt kontrolliert. Der Verbleib des Fleisches wurde ermittelt und noch vorhandene Bestände amtlich sichergestellt. Die genannten amtlichen Maßnahmen konnten nach dem Vorliegen entlastender Analyseergebnisse von Hähnchenund Schweinefleisch aufgehoben werden.
Zu Frage 3: Die Verbraucher sind über das Ausmaß der verdächtigen Futtermittellieferungen nach Thüringen umfassend informiert worden. Da sich nach unseren Erkenntnissen keine kontaminierten Lebensmittel in Thüringen im Verkehr befanden, war eine Verbraucherwarnung vor betroffenen Produkten nicht erforderlich. Hintergründe und weitere Fragen zur Dioxinkontamination sind auf der Homepage des Landesamts für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz zu finden.
Zu Frage 4: Die Ergebnisse haben eindrucksvoll belegt, dass die Zusammenarbeit sowohl zwischen den Ländern als auch zwischen den Ländern und dem Bund sehr gut funktioniert. Erstmals wurde von den Regelungen des § 49 Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch umfänglich Gebrauch gemacht. Das gemeinsam von den Ländern initiierte Verbesserungspotenzial der Überwachungsmaßnahmen findet seinen Ausdruck in den Punkten 7 bis 10 des gemeinsamen Aktionsplans der Länder und des Bundes „Unbedenkliche Futtermittel - sichere Lebensmitteltransparenz für den Verbraucher“, der auf der Sonderkonferenz der Verbraucherschutzund der Agrarminister am 18.01.2011 in Berlin beschlossen wurde.
Ja, Sie sagten, eine Verbraucherwarnung war nicht erforderlich. Wie erfahren aber - verbraucherfreundlich aufbereitet - die Verbraucher von Ihren Meldungen, die wir jetzt gerade erfahren haben. Mir geht es um Verbrauchervertrauen. Meine Frage: Ist von der Landesregierung geplant, eine systematisch und verbraucherfreundlich aufbereitete Internetplattform zu solchen öffentlich bekannten Daten aufzubauen?
Ich habe Ihnen ja vorhin schon gesagt, dass Sie auf der Homepage des Landesamts für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz gewisse Informationen erhalten können. Wenn gewisse Informationen an den Bürger herangebracht werden, gibt es ja mehrere Möglichkeiten. Aber ich will auch noch einmal, Frau Sedlacik, darauf verweisen, dass die beiden Minister Pressekonferenzen abgehalten haben. Sie haben versucht, nach menschlichem Ermessen einen hohen Informationsgehalt an den Verbraucher, an den Bürger heranzubringen. Es gibt mehrere Möglichkeiten. Dass man im Nachhinein dann immer sagt, es war nicht ausreichend, das ist nun einmal so im Leben. Aber ich glaube, dass man hier schon relativ viel gemacht hat.
Herr Staatssekretär, die Beantwortung der Frage 4 - die positive Bewertung des Informationsflusses zwischen den Ländern und dem Bund: Schließen Sie da Niedersachsen mit den Pannen, die da passiert sind, auch mit ein oder würden Sie das dann noch einmal gesondert bewerten wollen?
Da sind Pannen passiert, gar keine Frage. Da sind ja auch diese Pannen aufgezeigt worden. Der Informationsfluss zwischen diesen beiden Bereichen kann bestimmt noch nach meinem Kenntnisstand verbessert werden, das ist gar keine Frage, aber bei einer großen Anzahl, und von der muss man ja ausgehen, von Ländern hat der Informationsfluss geklappt. Dass dann immer einmal der eine oder andere Störfall eintritt, ist klar. Es ist nicht schön und es ist auch nicht gut, aber im Großen und Ganzen, muss ich sagen, hat der Informationsfluss geklappt.
Ich sehe keine weiteren Nachfragen. Danke, Herr Staatssekretär. Ich rufe auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Sojka von der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/2146.
Die Teilnahme Thüringens am EU-Schulobstprogramm wurde mit dem Landeshaushalt 2010 und der Bereitstellung von ergänzenden Landesmitteln beschlossen. Am 7. Oktober 2010 haben Sozialministerin Taubert und Bildungsminister Matschie das EU-Schulobstprogramm in Thüringen öffentlichkeitswirksam gestartet. Laut Thüringer Sozialministerin werden 25 Prozent der Gesamtsumme von ca. 800.000 €, welche im Schuljahr 2010/2011 zur Verfügung stehen, durch das Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit, das Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur und das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz gemeinsam übernommen. Nun wurde mir bekannt, dass das Thüringer Landesverwaltungsamt einen Antrag eines Schulträgers zur Teilnahme am Thüringer Schulobstprogramm aufgrund fehlender Haushaltsmittel des Landes abgelehnt hat. Ich frage die Landesregierung:
1. Welche Summe stand bzw. steht den Schulen jeweils in den Haushaltsjahren 2010 und 2011 insgesamt zur Verfügung, wie hoch war bzw. ist der jeweilige Landesanteil und aus welchen konkreten Haushaltstiteln wurden bzw. werden Landesmittel zur Ergänzung der EU-Mittel bereitgestellt?
2. In welcher Höhe wurden jeweils EU-Mittel und ergänzende Landesmittel im Haushaltsjahr 2010 bis zum 31. Dezember 2010 tatsächlich verausgabt?
3. Wie viele Schulen haben die Teilnahme am EUSchulobstprogramm beantragt und wie viele Anträge in welcher Gesamthöhe wurden bisher aus welchen Gründen abgelehnt?
4. Wie schätzt die Landesregierung den Erfolg der Einführung des EU-Schulobstprogramms in Thüringen ein und welche notwendigen Ergänzungen bzw. Veränderungen sind erforderlich, um Schulobst möglichst allen Schülern im Grundschulalter an den Schulen anzubieten?
Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit, Herr Staatssekretär Dr. Schubert.