Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Gäste muss ich nicht mehr begrüßen. Die Solarförderung, finde ich, ist ein sehr widersprüchli
ches Metier. Aber eins sollte klar sein, ohne das Erneuerbare-Energien-Gesetz, welches diese Förderung regelt, hätten wir nicht das erreicht, was wir erreicht haben, wäre die Solarindustrie nicht auf die Beine gekommen. Das ist nun einmal eine Tatsache und wir brauchen die Solarindustrie ganz dringend, Herr Recknagel, auch wenn es nicht Ihre Meinung ist. Das ist überhaupt keine Frage.
Wer das bestreitet, der hat eigentlich nichts, aber auch gar nichts begriffen, weil daran die Eindämmung des Klimawandels hängt. Wenn wir hier als Erbsenzähler auftreten und meinen, wir könnten vorrechnen, was das alles kostet,
der sollte einmal überdenken, was ein Klimawandel kostet, der ungezügelt vonstatten geht, Herr Recknagel.
Es wird nun mal gemessen, dass die Erde sich erwärmt. Das sind Messergebnisse, das ist keine Ideologie der Roten, der Grünen oder von wem auch immer. Das wird gemessen, Herr Recknagel, und das sollte die FDP endlich einmal begreifen, wenn wir über solche Dinge reden.
Das relativiert nämlich grundsätzlich die ganze Einstellung zu den erneuerbaren Energien und vor allem zur Solarindustrie.
Die Kürzung, die angedacht ist, finden wir nicht schlecht im Sinne der Verbraucher, das ist keine Frage. Aber Punkt zwei, dass man das Schrittmaß wieder verkürzen will - also was wir 2010 hatten, diese 7.000 MW, die installiert worden sind -, dass wir das reduzieren wollen auf dreieinhalb, finde ich unangemessen aus folgendem Grund: Diese 7.000 MW sind etwa 1,2 Prozent unseres Energieaufkommens bundesrepublikanisch betrachtet. Wenn wir das zurückfahren auf die Hälfte, dann haben wir 0,6 Prozent Umstellung pro Jahr. Wie lange wollen wir denn umstellen im Sinne der Erhaltung unserer Welt und vor allem der Eindämmung des Klimawandels? Wie lange soll das dauern? Die Frage möchte ich hier einmal beantwortet wissen. Ich sage, Kürzung der Vergütung ja, vor allem weil es in Abstimmung mit den Verbänden geschehen ist, aber das Schrittmaß zu verkürzen, dafür sind wir nicht. Es bringt einfach eine ganze Reihe von Problemen mit sich. Einmal werden die Investoren verunsichert, was nicht gut sein kann. Die Installationsbetriebe bangen um ihre Aufträge, es geht ja um eine Halbierung der Aufträge, die man 2010 hatte. Wir schützen auch unsere Industrie - und das ist für
mich ein offenes Problem - auch nicht vor der chinesischen Konkurrenz. Das muss ich deutlich sagen. Deswegen wundert mich auch die Diskussion von der FDP. Von dieser Partei aus wurde ganz sicher diese globalisierte Welt und das freie Handeln gewollt.
Viertens: Offensichtlich haben die Netzbetreiber doch ein erhebliches Problem - und das soll der letzte Punkt sein, den ich ansprechen möchte - der schnellen Anpassung der Netze an die Realitäten und vor allem an die Erweiterung durch Wind- und Solarstrom. Ich neige dazu, dass die Netzbetreiber strukturell überfordert sind, nicht, dass ihnen Know how fehlt, aber strukturell sind sie einfach nicht in der Lage, diese Aufgabe zu bewältigen. Ich halte es für einen Widerspruch, dass die Bundesnetzagentur Kostenvorgaben macht und andere private und kommunale Unternehmen diese realisieren sollen. Das erinnert mich doch ein bisschen an die staatliche Planwirtschaft in der DDR. Ich weiß, wovon ich rede. Ich bin der Meinung, Planung und Realisierung sollten in einer Hand sein, wie immer jetzt dieses Konstrukt, diese Organisationsform aussieht. Bei den Bundesautobahnen geht das auch. Ich kann mir nicht vorstellen, dass private Unternehmen dieses zentrale Energiesystem in ein dezentrales umwandeln können, weil sie über kurz oder lang gegen ihr Interesse verstoßen müssten. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, die Solarindustrie ist eine - und das sollte auch die FDP zur Kenntnis nehmen - Schlüsselindustrie für Thüringen. Bundesweit haben wir derzeit 83.000 Beschäftigte in der Solarwirtschaft. Wir haben im Bereich der erneuerbaren Energien um diese Zahl auch einmal zu nennen - 340.000 Beschäftigte bundesweit. Derzeit ist die Tendenz steigend. Potenzialanalysen erlauben die Annahme, dass wir im Bereich der Solarwirtschaft bis zu 160.000 Beschäftigte in den nächsten Jahren erreichen können, das heißt eine Verdoppelung des Beschäftigungseffektes am Markt, wenn wir eine stetige, glaubhafte und verlässliche Förderung der Solarwirtschaft und natürlich der Produkte am Markt zulassen.
Das Thema „Wo stehen die deutschen Produkte und haben wir die Fackel schon abgegeben als Marktführer?“ sehe ich völlig anders. Zum einen
sind wir vom Platz 10 gestartet im internationalen Ranking und sind jetzt ganz weit vorn und zum Zweiten ist in den Zahlen nachzulesen, dass 50 Prozent der weltweiten Installationen aus deutscher Produktion kommen. Das ist eine Zahl, die gigantisch hoch ist. Das bedeutet, dass wir einen Spitzenplatz haben und diesen gilt es zu halten.
Das geht nicht damit, dass man in dem Augenblick, wo man merkt, dass etwas funktioniert, in dem Augenblick, wo man merkt, es entwickelt sich etwas, wenn man dann den Deckel drauflegt und sagt, jetzt haben wir etwas gemacht, jetzt passiert da etwas und es kommt Bewegung rein, jetzt müssen wir bremsen, das ist der falsche Weg. Das ist natürlich so, wie bei jeder anderen Technologie, der Standort spielt eine tragende Rolle. Das heißt, was passiert am Standort, was passiert am Binnenmarkt, was sind die Bedingungen für die Installation von Anlagen dort, wo sie produziert werden? Das sind ganz entscheidende Fragen.
Zum Thema Förderung will ich Ihnen sagen, dass auch die Hauptkonkurrenten in Asien überall staatliche Förderungen für diese Anlagen haben. Das ist kein deutsches Alleinstellungsmerkmal, dass diese Anlagen gefördert werden. Diese werden auch mit öffentlichen Fördermitteln in China produziert. Was begrüßenswert ist - und da gebe ich den Vorrednern recht -, ist, dass Herr Röttgen jetzt den Dialog sucht mit der Solarwirtschaft, bevor er Kürzungen vornimmt. Er hat gelernt, auch aus den Protesten der Wirtschaft, aus dem, was auch meine Fraktion zu diesem Thema deutlich gemacht hat, daraus hat er gelernt und mittlerweile ist es gut, dass man gemeinsam mit der Branche nach Möglichkeiten sucht, mit der Einspeisevergütung umzugehen. Das ist in diesem Bereich zumindest anders als im Bereich der Bundeskanzlerin, die Energiegipfel veranstaltet ohne die Vertreter der Erneuerbaren einzuladen. Das jedenfalls kann man dem BMU zugutehalten. Das ist eine gute Sache.
Wir brauchen kalkulierbare Grundlagen für diese Wirtschaft und wir brauchen vernünftige Planungsgrundlagen für die Zukunft, dass diejenigen, die investieren wollen, wissen, was auf sie zukommt, und zwar nicht deshalb, weil sie jetzt gerade einmal „Spitz auf Knopf“ irgendeine Anlage realisieren muss, die vielleicht hätte größer werden können, wenn man sie Monate später realisiert hätte.
Zum Thema Strompreise muss ich auch noch etwas sagen. Es ist einfach eine Legende, dass die erneuerbaren Energien an den Strompreissteigerungen schuld sind.
Gerade einmal 9 Prozent des Strompreises werden durch die erneuerbaren Energien verursacht. Wenn man das rezipiert, bedeutet das, 91 Prozent des Strompreises resultieren aus anderen Kostenfaktoren. Es ist auch ein Fakt, Herr Kollege Barth, dass seit 2008 die Preise an der Leipziger Strombörse im Sinkflug sind, das heißt, die Preise fallen. Wenn die Preise fallen und der Endverbraucher davon nichts mitkriegt, dann liegt das mit Sicherheit nicht an den erneuerbaren Energien, sondern an denjenigen, die in Monopolstrukturen Strom verkaufen und diese Preissenkung nicht an die Betreiber weitergeben.
Noch einen Satz dazu. Zur Hetze gegen Erneuerbare im Bereich der Strompreise habe ich genug gesagt, aber was passiert in Thüringen. Das 1000-Dächer-Programm ist schon genannt worden, über 100 Anträge, klares Erfolgsmodell. Es gibt auch keine Doppelförderung an der Stelle, das will ich noch einmal klarstellen. Das Land schließt hiermit eine Investitionslücke, es schließt die Eigenkapitallücke von Kommunen, von Verbänden, die sonst nicht investieren konnten. Das ist ein Fakt. Ein Großteil dieser Anlagen, fast alle diese Anlagen, hätte es ohne diese Förderung überhaupt nicht gegeben. Es gibt jetzt - heute hat das Ministerium es noch mal vorgestellt - eine Brachflächeninitiative für 350 Hektar, 56.000 Haushalte könnten mit dem Strom versorgt werden. Städte wie Weimar und Suhl könnten ihre Haushalte versorgen. Wer für zukunftsfähige Wirtschaft ist, der muss für erneuerbare Energien und für Solarförderung sein. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Titel dieser Aktuellen Stunde, von der FDP beantragt, ist „Zukunft der Solarförderung in Thüringen“. Was ich bis jetzt besonders vonseiten der FDP und der CDU gehört habe, war ein sich Aufregen darüber, dass man mit der Solarbranche immer noch Geld verdient und dass sie das abschaffen wollen. Das finde ich ziemlich interessant bei der ehemaligen Wirtschaftsversteherpartei FDP, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Zumindest wir GRÜNEN nehmen auch ihren Titel ernst und möchten zunächst zu dem Thema Stellung nehmen, wie wir die Zukunft der Thüringer Solarförderung sehen. Wir sehen in dem Programm, das Minister Machnig und die Landesregierung aufgelegt haben, ein gutes Projekt, in dem ich viele Elemente meiner früheren Tätigkeit bei der Naturstiftung David wiedererkennen kann. Es ist unglaublich wichtig, wenn man Schlüsseltechnologien voranbringen will, auch eine breite Akzeptanz, eine breite Erfahrung mit diesen Technologien zu ermöglichen, auch in den Bereichen, in denen man sich das nicht leisten könnte. Genau das ist das Ziel dieser Fördermaßnahme. Nichts ist so gut, dass man es nicht weiterentwickeln könnte. Hier stellen wir uns zum Beispiel vor, dass man bei der Frage, wer darf Empfänger sein, nachbessert. Wenn man nämlich ausschließt, dass natürliche Personen auch Antragsteller sein können, schließt man die Pioniere aus. Die Pioniere, die kleinen Tüftler, die diese Technologie vorangebracht und marktreif gemacht haben, schließen wir in der Förderung in Thüringen aus. Da müssen wir nachjustieren. Hier brauchen wir eigene Elemente, dass auch das in Thüringen möglich ist. Und wir sollten stärker kriteriengeleitet Förderungen ausgeben. Zum Beispiel ist die Frage guter architektonischer Integration besonders in Fassaden überhaupt noch nicht in der Architektenkammer unter den Architekten angekommen, nicht, dass die das nicht wollten, das ist einfach eine offene Frage: Wie macht man das, wenn man zu wenig Möglichkeiten hat, diese Gestaltungselemente einmal in der Realität auszuprobieren. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, Herr Minister. Hier sollten Sie noch einmal rangehen. Auch die Frage zu möglichen Testreihen: Wie können wir das denn vernünftig realisieren? Wir haben im letzten Herbst viel über die Situation an Photovoltaikanlagen im Brandfall diskutiert im Innenausschuss und auch hier im Landtag, hier Testreihen zu ermöglichen, so dass Kommunen sagen, wir setzen das einfach einmal fest. Die in Erfurt oder in irgendeiner anderen Stadt gebaute Solaranlage soll einen Fernausschalter haben. Wie bewährt sich das in der Praxis? Das sind alles Punkte, wie man die Thüringer Solarförderung fortentwickeln sollte.
Herr Weber hat schon etwas über die Standortrelevanz bei Unternehmen gesagt. Das lässt sich einfach nur noch einmal unterstreichen durch die Äußerung des Vorsitzenden des Branchenverbandes Solarvalley, Herrn Hubert Aulich, den eigentlich hier, denke ich, alle kennen sollten. Der sagt - das unterstreicht das, was Herr Weber auch gesagt hat -, die deutschen Unternehmen müssten aber mit enormem Druck aus Asien zurechtkommen. Er führt das dann hinterher aus: Durch günstige Kredite und enorme staatliche Investitionen hätten die asiatischen Konkurrenten enorme Wettbewerbsvorteile. Die FDP ist jetzt dafür, dass wir die Wettbewerbsvorteile, die wir schaffen können, sofort zu
rückdrehen. Das ist, ehrlich gesagt, ein Angriff auf die ostdeutsche Wirtschaft, auf dieses kleine, sich wunderbar entwickelnde Pflänzchen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Noch einmal ganz kurz, was die FDP zu verhindern versucht. Wir haben uns einmal eine Zahl herausgesucht. Eine Stadt wie Eisenach hat in der Stromproduktion allein ein Wertschöpfungspotenzial von 8 Mio. €. Rechnet man das hoch auf ganz Thüringen, kommen wir in die Richtung 100 Prozent erneuerbarer Energien, die hier möglicherweise regional geschaffen werden, da sind wir in dem Bereich von über 1 Mrd. € Wertschöpfung im Jahr in Thüringen. Wertschöpfung, die wir krisensicher in Thüringen gestalten könnten, wenn wir es nur schaffen, der FDP ihre Grenzen zu zeigen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Erstaunlich ist auch, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass hier immer wieder von der Förderung auf der Bundesebene gesprochen wird. Auf der Bundesebene fördert die Bundesrepublik Deutschland mit keinem Cent den Einsatz von Photovoltaik, mit keinem Cent, meine sehr verehrten Damen und Herren. Die Verbraucherinnen und Verbraucher bezahlen es über erhöhte Einspeisevergütungen an die Investoren. Sie vergessen komplett, dass die initiativeergreifenden Investoren in PV-Anlagen die Infrastruktur für eine sichere, krisensichere, wertschöpfungsorientierte, regionale Energieversorgung dieses Jahrhunderts bilden. Das lehnen Sie vollkommen ab, in Ihren Blick zu nehmen. Das ist aber ein wichtiger Punkt, den Sie endlich begreifen sollten. Hören Sie auf, die Solarindustrie anzugreifen. Stellen Sie sich der Zukunft und hören Sie auf, immer die Neinsager zu sein! Vielen Dank.
Ich habe keine Redeanmeldungen mehr aus den Fraktionen. Für die Landesregierung, nehme ich an, Herr Minister Machnig.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist in der Debatte viel Richtiges gesagt worden, ich will das nicht wiederholen. Dass die Solarbranche eine Leittechnologie des 21. Jahrhunderts ist, gehört inzwischen zu den Binsenweishei
ten in der energiepolitischen Diskussion, weil - und das ist wichtig - damit eine neue energiepolitische Philosophie auch endlich greift. Diese energiepolitische Philosophie heißt, wir konzentrieren uns nicht mehr auf zentralisierte Energiestrukturen, sondern mit der Photovoltaik- und der Solarbranche ist eines verbunden, wir sind in der Lage, dezentrale Strukturen aufzubauen. Das brauchen wir in den nächsten Jahren. Das wird im Übrigen auch mehr Wettbewerb schaffen, ärgert natürlich die EVUs, weil ihr Geschäftsmodell infrage gestellt wird. Aber - und das ist entscheidend - wir werden in den nächsten Jahren eines erleben, ein dynamisches Wachstum dieser Branche und auch mehr installierte Leistungen vor allen Dingen auf den internationalen Märkten. Das ist entscheidend.
Wenn man sich ein bisschen mit Zahlen beschäftigt, dann stellt man Folgendes fest: Wir hatten einen Branchenumsatz im Jahr 2009 von 19 Mrd. € in der Solarbranche und dieser Branchenumsatz wird bis zum Jahr 2020 auf etwa 33 Mrd. € steigen. Herr Weber hat richtigerweise auf die Beschäftigungseffekte hingewiesen, die damit verbunden sind. Wir werden bis zum Jahr 2020 in etwa eine Verdoppelung der Beschäftigung haben. Das zeigt, dass die Strukturen richtig sind, dass das EEG richtig ist, im Übrigen ein Gesetz, das genauso eine hohe Exportquote hat wie die Solarbranche insgesamt. Über 50 Länder in der Welt haben inzwischen nach deutschem Vorbild ein EEG eingerichtet, weil es das beste Instrument ist, um diese Erneuerbarenbranche zu fördern. Ich glaube, dass wir von daher gut beraten sind, am EEG festzuhalten.
Vielleicht können Sie mir mal zuhören, ich habe Ihnen auch nicht dazwischengequasselt, das ist mir schwergefallen, aber ich habe auch nicht dazwischengequasselt und ich mache das, was ich für richtig halte.