Protocol of the Session on December 8, 2010

Ich möchte ein paar von unseren Änderungsanträgen wenigstens noch einmal beschreiben. Alle Schulen, die zu einem Hauptschulabschluss bzw. qualifizierten Hauptschulabschluss führen, also Regelschulen, Gemeinschaftsschulen oder Gesamtschulen sollten unserer Meinung nach verbindlich eine flexible Schulausgangsphase gestalten. Damit entfällt das Qualitätssiegel Oberschule für einen Teil der Regelschulen. Eine generelle Flexibilisierung des Schulausgangs für alle Schulabschlüsse, welche sinnvoll und notwendig wäre, wird nicht einmal ansatzweise umgesetzt. Letztlich wird mit dem neu eingeführten Oberschulzertifikat der CDU eine Nähe zum integrativen Schulsystem der DDR vorgetäuscht und mit dem Kniefall vor dieser konservativen CDU-Bildungspolitik zementiert die SPD das bestehende gegliederte, auf frühe Trennung setzende Schulsystem.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Regelschulen ohne Oberschulzertifikat verkommen zukünftig zu wirklichen Restschulen. Die Verkürzung der Übergangszeiten für die Gestaltung wirklicher Gemeinschaftsschulen haben wir eingefordert von Klasse 1 bis Klasse 12. Denn in dieser jetzigen Übergangsphase von 10 Jahren - das muss man sich einmal vorstellen, 10 Jahre, das ist über die Legislatur hinausgehend - wird gar nichts passieren, reiner Etikettenschwindel. Denn es gibt jetzt schon Gesamtschulen, die von 5 bis 13 ähnliche Arbeit machen. Ich kann jedenfalls Außenstehenden oder Eltern in Erfurt nicht erklären, warum sie ihre Kinder zur Gemeinschaftsschule und nicht zur Gesamtschule schicken sollen, wenn man diese Übergangsfristen hat. Da gibt es kein längeres Lernen von 1 bis 10 oder 12 - reiner Etikettenschwindel, ich sagte es schon. Wir wollen übrigens auch Ganztagsangebote nicht nur in Klassen 5 und 6. Die Schuljugendarbeit wurde einmal erfunden, um zusätzliche Angebote zu machen und jetzt überlässt man es den Schulträgern oder den Kommunen vor Ort, Finanzen zu finden, um das in Klasse 5 und 6 ohne zusätzliches Personal zu regeln. Obwohl jetzt schon klar ist, dass in den Grundschulen, zumindest bei den nicht kommunalisierten Schulträgern in Klasse 1 bis 4, das Personal ausgedünnt ist und unmöglich mit diesem Personal für Klasse 5 und 6 eine Fortführung des Ganztagsangebots gesichert werden kann. Bei den Kommunen kommt auch nicht mehr Geld an, da beispielsweise in unserem Kreis die Jugendpauschale schon wieder gekürzt wird, weil die Kofinanzierung fehlt. Wir wollen Ganztagsangebote nicht nur in Klasse 5 und 6, sondern mindestens bis Klasse 10 in jeder Schulart einführen. Wir haben das auch mit Haushaltanträgen morgen gedeckt und diesen Antrag bringen wir heute zur nochmaligen Abstimmung in das Plenum ein.

Außerunterrichtliche Bildung, Erziehung und Betreuung in den Schulen wird über die Grundschule zwar hinaus erweitert, bleibt aber auf die Klassenstufen 5 und 6 in Ihrem Gesetz beschränkt. Wirkliche Gemeinschaftsschulen beziehen die Schüler aller Jahrgänge ein und dazu braucht man natürlich auch die notwendigen personellen und sächlichen Voraussetzungen. Im Ausschuss haben wir übrigens auch beantragt, dass Schulsozialarbeit an jeder weiterführenden Schule stattfinden soll. Das war ursprünglich mal vorgesehen für die Piloten in den Gemeinschaftsschulen. Dagegen haben sich ganz viele Regelschulen ausgesprochen. Das verstehe ich auch, denn sie haben die Probleme und wir brauchen Schulsozialarbeit an jeder Schule und nicht nur an den Gemeinschaftsschulen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das ist übrigens auch immer wieder eine Forderung aus der Schulpraxis; ich erinnere nur an das Kompetenznetzwerk des TLV. Wir fordern und beantra

gen, die wirkliche Eigenverantwortung von Schulen in Thüringen wieder einzuführen. Wir haben einen sehr umfangreichen Änderungsantrag im Ausschuss nochmals vorgelegt; bei der letzten Schulgesetznovelle haben wir den auch schon eingebracht. Wir fordern diese Eigenverantwortung der Schulen in Bezug auf das Schulbudget, in Bezug auf die Personalbewirtschaftung, in Bezug auf die Wahl der Schulleitung. Auch diesen Antrag hatte die SPD in der letzten Legislatur ohne Widerspruch unterstützt, heute kann sie sich daran leider nicht mehr erinnern. Wir werden diesen Antrag nicht heute zur Abstimmung stellen, sondern eine eigene Gesetzesinitiative im nächsten Jahr nur zur Eigenverantwortung starten, um das im Schulgesetz umzusetzen, womit wir Sie dann hoffentlich nicht überraschen werden. Sie haben bis dahin genügend Zeit nachzudenken, ob nicht die Zeit in Thüringen reif ist für Eigenverantwortung.

(Beifall DIE LINKE)

Beantragt hatten wir auch - und diesen Antrag stellen wir heute noch mal zur Abstimmung -, dass jeder Schulträger verpflichtet wird, bis zum Beginn des Schuljahres 2013/2014 mindestens ein Angebot einer Gemeinschaftsschule in seinem Verantwortungsbereich einzurichten. So sah auch einmal die ursprüngliche Vorlage aus dem Ministerium aus; das hat sich dann die SPD leider von der CDU herausverhandeln lassen. Wir meinen, wenn nicht wenigstens jedes Kind in Thüringen - wenn auch freiwillig - die Möglichkeit hat, eine Gemeinschaftsschule auszuwählen, dann kann sich da auch nichts entwickeln. In unserem Landkreis hat es beispielsweise noch nie etwas anderes außer Regelschulen, Gymnasien und Grundschulen gegeben, nicht einmal eine Gesamtschule, da wird sich auch keine Gemeinschaftsschule entwickeln, zumindest nicht, wenn man das alles so schwammig formuliert.

(Zwischenruf Matschie, Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur: Das hängt von Ih- rem Engagement vor Ort ab.)

Ja, natürlich. Wenn ich Landrätin bin, verspreche ich Ihnen, dann schaffen wir das, aber bis dahin wird sich nichts tun.

Wenn man weder Anreize schafft, um Gemeinschaftsschulen zu entwickeln, noch zusätzliche personelle Ressourcen für die Schulen bereitstellt und von den Floatinglehrern, die kein Angebot bekommen und von den nicht neu eingestellten Lehrern noch zusätzliches Engagement erwartet, dann wird sich einfach nichts ändern und da wird es keine Initiative geben. Deswegen sagen wir, wir brauchen die Verpflichtung, ein Angebot einzuführen, damit man das wenigstens ansatzweise umsetzt, was die SPD vor der Wahl den Wählerinnen und Wählern versprochen hat, nämlich längeres gemeinsames Lernen für möglichst viele Schüler, egal ob sie im

Eichsfeld, in Jena oder in Altenburg die Schule besuchen. Deswegen werden wir diesen Antrag heute noch einmal stellen.

Wir wollen natürlich keine zusätzlichen Hürden, die einen Besuch von Gemeinschaftsschulen erschweren oder gar unmöglich machen. Deswegen beantragen wir heute noch einmal, dass der entgeltfreie Beförderungsanspruch für Schüler einer Gemeinschaftsschule in vollem Umfang und zwar für den gesamten Schulweg erfolgen muss. Natürlich weigern sich, wenn sie können, die kommunalen Spitzenverbände, so etwas umzusetzen, denn wenn Sie mit dem KFA das Geld kürzen und im ÖPNV auch 4 Mio. € herausnehmen, ist dann einfach kein Geld mehr dafür da. Aber ohne das Erfordernis, die Schüler zur Gemeinschaftsschule zu transportieren, und damit den Anreiz für Schulträger, solche zu errichten, wird man bei den meisten Landkreisen im Flächenland Thüringen keine Gemeinschaftsschulen errichten können. Deswegen heute auch noch einmal unser Antrag dazu.

Ebenfalls heute werden wir den bereits im Ausschuss gestellten Antrag noch einmal vorlegen, nach dem die Schülerbeförderung zukünftig entgeltfrei auch für die Schüler der gymnasialen Oberstufe und Berufsschulen erfolgen soll. Das sind lange diskutierte Dinge unter der Schülervertretung, unter der Landeselternvertretung. Gerade bei der Berufsschuldiskussion wurde deutlich, dass gar nicht mehr überall das gleiche Angebot vorgehalten werden kann und Schüler auch größere Wegstrecken zurücklegen müssen. Es ist nur legitim, dass man es nicht nur dem Eichsfeld, wo nur die goldenen Türklinken fehlen, überlässt, das entgeltfrei organisieren zu können, sondern dass man einfach sichert, dass allen Kindern in Thüringen solcher Luxus zugutekommt, dass man für den Schülertransport nichts bezahlen muss.

Meine Fraktion hat deswegen auch noch einmal Änderungsanträge zur Berufsschulplanung formuliert. Dazu wird meine Kollegin Susanne Hennig sprechen, deswegen erspare ich mir jetzt Ausführungen. Da unser Gesetz als erstes abgestimmt wird, gehe ich davon aus, dass Sie die Chance haben, das, was IHK sowie der Gemeinde- und Städtebund gut gefunden haben, auch gut zu finden. Wir lassen uns mal überraschen. Die Argumente wird meine Kollegin versuchen, Ihnen noch mal nahezubringen.

Insgesamt finden wir natürlich auch das eine oder andere Gute zwischen den Zeilen, aber, wie gesagt, es ist nicht viel wert, wenn man die entsprechenden Ressourcen zur Umsetzung nicht hat. Die längst überfällige Verpflichtung der Schulen zur individuellen Förderung als generelles Prinzip wird im Gesetz fixiert, das ist richtig und gut so, aber dazu braucht man auch die personellen Ressourcen und da braucht man zum Beispiel für den gemeinsamen

Unterricht auch ein Zwei-Pädagogen-System. Wie man das im Übrigen gestalten kann, sieht man bei vielen freien Schulen, die das schon leben. Wenn man mal genau hinschauen würde, wie die das machen und wie viel Geld die dazu brauchen, dann würde man auch dort nicht kürzen und hier aufstocken und dann hätte man wirklich gute Bildung in Thüringen. Aber wenn man das nur in das Gesetz schreibt, dann ist es nicht das Papier wert, auf dem es steht. So ähnlich habe ich auch den Herrn Busch gestern verstanden, der nicht weiß, wie er mit seinen Lehrern ohne zusätzliche Angebote das umsetzen soll; ähnlich wurde sich auch in der Anhörung geäußert.

Die Schaffung einer erweiterten Möglichkeit von Schulen, auf die Notengebung zugunsten anderer Bewertungsformen zu verzichten, das ist gut so, dass das jetzt im Gesetz steht, aber auch das ist schon längst gemacht worden. Darüber muss man auch nicht weiter reden oder ideologische Grabenkämpfe hier führen. Es gibt einfach Schulen, die das schon beherrschen, und dazu gehört auch einfach ein bisschen mehr pädagogische Kunst, als einfach nur Ziffern zu verteilen. Ich denke, das ist gut so, dass das im Gesetz steht. Auch die Schaffung einer erweiterten Möglichkeit von Schulen, auf das Sitzenbleiben zu verzichten, ist natürlich in unserem Sinne.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Insgesamt sind aber die wenigen Dinge, die ich jetzt zum Schluss genannt habe, für uns, wie gesagt, weil die Umsetzung im personellen und finanziellen Bereich fehlt, leider nicht ausschlaggebend, um dem Gesetz zustimmen zu können, abgesehen davon, dass längeres gemeinsames Lernen, was eigentlich der Ursprung dieser Gesetzesänderung ist, nicht stattfindet. Es ist also für unsere Fraktion nicht so viel wert, um diesem Gesetz zuzustimmen, nicht nur, weil unsere Änderungsanträge weder im Ausschuss angenommen wurden oder unsere fünf Anträge, die wir hier heute stellen, vielleicht dann doch angenommen würden. Das glaube ich nicht. Aber ich habe sie angekündigt, den einen auch namentlich, was den Schülertransport betrifft. Dann schauen wir mal, wie Sie sich möglicherweise ja auch weiterentwickeln.

Also viele Reförmchen, keine Antwort auf PISA. Was sagt der Staatssekretär immer: Wir haben kein Erkenntnisproblem, wir haben ein Umsetzungsproblem. Da werden Sie ähnlich wie beim Kita-Gesetz auch mit diesem Gesetz ein Umsetzungsproblem bekommen, deswegen unsere Ablehnung dazu. Danke.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Danke, Frau Abgeordnete. Das Wort hat jetzt Herr Abgeordneter Emde von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Liebe Frau Sojka, es ist richtig, wir haben Ihre Anträge im Bildungsausschuss abgelehnt. Aber es ist auch richtig, dass Sie einigen unserer Anträge zugestimmt haben, und insofern kann ja wohl nicht alles so ganz falsch sein, was wir dort auf den Weg bringen.

(Zwischenruf Abg. Sojka, DIE LINKE: Was Sie abgeschrieben hatten.)

Ich will es mal unter drei Punkten zusammenfassen, was wir als die Koalitionsfraktionen gemeinsam mit der Landesregierung auf den Weg bringen wollen: Es ist zum einen die Einführung der Thüringer Gemeinschaftsschule, es sind zum Zweiten die guten Entwicklungsoptionen für das Herzstück unserer Thüringer Schullandschaft, die Regelschule, und es ist das Thema, dass wir mehr Landeskompetenz bei der Berufsschulnetzplanung einführen wollen.

Zu Punkt A - die Thüringer Gemeinschaftsschule: Ich bin ja noch kein Fan geworden, aber eines muss man auch mal deutlich sagen, Frau Sojka. Es geht darum, dass wir hier auf freiwilliger Basis, auf Basis eines pädagogischen Konzepts und im Konsens aller Beteiligten - vom Schulträger über die Eltern, natürlich die Lehrerschaft etc. - Gemeinschaftsschulen einführen. Da liegt genau der große Unterschied zu Ihnen, vielleicht auch zu den Vorstellungen der GRÜNEN, und ich halte es für richtig, dass wir diesen Weg gehen und nicht von oben herab sagen, jetzt hat die Gemeinschaftsschule zu kommen - ich habe hier mal von „Revolution“ gesprochen, das Wort nehme ich heute nicht mehr in den Mund -, aber Ihr Antrag, den Sie heute hier wieder stellen, den können wir nur ablehnen. Es wird eben nicht verpflichtend so sein, dass der Schulträger dafür zu sorgen hat, dass es eine Gemeinschaftsschule gibt, denn dann bleibt ja die Frage: Wie tragen das die Pädagogen, die Eltern, die Erzieher, die Sozialpartner? Wie trägt es die Kommune mit? Diese Fragen blieben dann außen vor. Insofern ist der Weg, den wir hier gemeinsam gehen, genau der richtige. Im Übrigen beachtet diese Änderung im Schulgesetz auch, dass es wichtig ist, auf Kontinuität zu setzen. Wir verändern Thüringer Schullandschaft moderat und gemeinsam mit den Beteiligten. Dabei wird Kontinuität und Moderne zusammengebracht. Das ist der richtige Weg. Alle PISA-Studien und andere Vergleiche haben doch immer gezeigt, in den Ländern, die gravierende Umbrüche bei Regierungswechseln hatten, ist es so, dass die Kinder am Ende die Leidtragenden von

(Abg. Sojka)

falscher Schulpolitik waren oder auch sind. Das wollen wir nicht.

Punkt B - Weiterentwicklung der Regelschule - ich habe gesagt, das Herzstück: Wir waren uns sehr schnell einig zwischen CDU und SPD, dass es richtig ist, die Schulpflicht für alle Kinder auszudehnen auf zehn Schulbesuchsjahre.

(Beifall CDU, SPD)

Das ist von anderen Fraktionen so auch mitgetragen worden. Das Ziel, das dahintersteckt, ist, dass wir erreichen wollen, dass 100 Prozent der Schüler eines Jahrganges einen Schulabschluss in der allgemeinbildenden Schule schaffen.

(Beifall CDU, SPD)

Von diesem Ziel soll man nicht lockerlassen. Wir sind diesem Ziel in den letzten Jahren auch schon Stück für Stück nähergekommen, aber haben es noch nicht erreicht.

Was ist jetzt neu? Es ist zum einen die individuelle Schulausgangsphase, die für alle Schulen gilt, aber auch das Qualitätssiegel „Oberschule“, das noch einen obendrauf setzt, und dass ganz bewusst nicht einfach so jeder Schule vergeben wird, sondern die einzelne Schule muss sich bemühen. Ich werde gleich noch sagen, was dahintersteht.

Aber warum individuelle Schulausgangsphase? Es ist so, dass Schüler, die mit 15 Jahren die Schule verlassen, nicht unbedingt in ihrer persönlichen Reife schon so weit sind, dass sie genommen werden, dass sie auf dem Arbeitsmarkt wirklich ankommen. Aber wir wollen es den Schülern, die das schon können und die einen Lehrvertrag nachweisen, auch nicht verwehren, warum denn nicht, dann sollen sie eben in einem Lehrbetrieb auch anfangen können. Aber anderen Schülern wollen wir es ermöglichen, dass sie in zehn Schuljahren - also einem Schuljahr mehr - zu einem vielleicht noch besseren Schulabschluss kommen, dass sie überhaupt zu einem Schulabschluss kommen. Wir wollen dadurch erreichen, dass die Kinder hier individueller gefördert werden in ihrer Berufsorientierung, aber vielleicht auch in der Orientierung auf einen höherwertigen Schulabschluss, den sie zum Beispiel am beruflichen Gymnasium absolvieren könnten. Wir wollen es auch erreichen, indem in dieser Phase, in dieser Zeit mehr Unterricht stattfindet mit Praxisbezug, vielleicht eben auch mehr Praktika etc.

Was macht das Qualitätssiegel „Oberschule“ aus? Es wird von manchen einfach so abgetan, aber es ist so, dass es einen Schulversuch zur individuellen Schulausgangsphase seit über drei Jahren gibt. Dieser Schulversuch von über 20 Schulen war sehr erfolgreich. Warum macht man Schulversuche? Doch wohl, weil man, wenn sie positiv verlaufen, sie in die Praxis überführen möchte. Genau das tun wir jetzt mit der Novelle des Schulgesetzes.

Was sind Bestandteile dieses Schulversuches gewesen? Es geht einmal darum, den Schülern und den Eltern schon in der Klasse 4 zu sagen, welche Möglichkeiten der Schullaufbahn gibt es denn eigentlich. Da ist es nicht so, dass man unbedingt nach Klasse 4 an das Gymnasium wechseln muss und dann, wenn man das nicht schafft, ist alles vorbei. Das wird oft propagiert, ist aber völliger Unsinn, denn es gibt einen gestuften Weg in unserem Schulsystem mit allen Durchlässigkeiten. Ich halte es für durchaus einen richtigen und guten Weg - ich kann es immer nur wiederholen -, dass man sagt, okay, wenn es zu dem Kind passt, dann mache in neun, in zehn Jahren insgesamt deinen Realschulabschluss und danach hast du alle Möglichkeiten, zum Beispiel in drei Jahren noch zum Abitur zu kommen am beruflichen Gymnasium. Ich halte das für einen richtigen Weg. Ich spreche auch ganz dezidiert dagegen, dass man immer an der Frage des Gymnasialbesuches die soziale Ungerechtigkeit festmacht. Ich will es auch ganz klar sagen, weil es bei PISA jetzt in dieser Woche wieder hochgezogen wird, dass in Deutschland die sozialen Disparitäten zu groß werden. Ja, das ist so, aber wie ist es denn in Thüringen? Wir sind in Thüringen Spitzenreiter für ganz Deutschland. Das ist auch gut so und soll auch so bleiben.

(Beifall CDU, SPD)

Habe ich mich jetzt versprochen? Also die sozialen Disparitäten sind in Thüringen am geringsten

(Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- tin: Genau.)

in Deutschland. Das soll auch so bleiben und wir können dort auch noch besser werden. Habe ich mich jetzt richtig ausgedrückt? Ich danke für die Unterstützung von der Regierungsbank. Wir unterstützen Sie ja auch ständig, insofern ist das ein Geben und Nehmen.

(Heiterkeit CDU, SPD)

Ich will einmal darauf hinweisen, was jetzt veröffentlicht wurde zu PISA 2010, das sagt natürlich nichts zu den Länderergebnissen. Das ist klar. Es war immer so, dass ein Jahr später nach den OECD-Berichten dann für Deutschland noch einmal spezifische Länderberichte kamen. Jetzt hat man sich in der Kultusministerkonferenz darauf geeignet, dass dies das IQB tut, das Institut für Qualitätssicherung im Bildungswesen. Das ist ein Institut, das die Länder gemeinsam mit dem Bund ins Leben gerufen haben und genau dieses Institut übernimmt die Aufgabe. Auch wenn es vielleicht nicht so richtig wahrgenommen wurde, 2009 hat dieses Institut einen Bericht vorgelegt, und zwar speziell für die Bereiche Deutsch und Englisch. Teilergebnisse haben wir hier diskutiert. Wir konnten in diesem Länderbericht wieder bestätigt finden, dass die sozialen Disparitäten für Thüringen in keinster Wei

se so gelten, wie das in anderen Bundesländern ist. Am schlechtesten schneidet hier übrigens Berlin ab - ohne dass ich das jetzt weiter kommentieren möchte.

Aber mein Ausgangspunkt war das Thema Schulversuch - individuelle Schulausgangsphase. Es geht also darum, dass frühzeitig die Eltern und Schüler zu einer möglichen Schullaufbahn beraten werden. Das muss die Schule leisten, die das QSiegel tragen möchte. Die Schule muss nachweisen, dass sie ein Mehr an individueller Förderung und individuellem Lernen bietet in allen Jahrgangsstufen. Sie muss nachweisen, dass sie ein Mehr an praxisnahem Unterricht hat. Ich nenne es einfach einmal. Dieses ehemalige Fach UTP, das ist genau das, was uns vorschwebt. Natürlich können wir es keiner Firma vorschreiben. Aber wenn die Schule nachweist, dass sie mit den Firmen in ihrer Region Verträge hat und dass die Schüler einen Großteil, einen guten Teil des Schulalltags auch in diesen Firmen verbringen, dann ist das erreicht, was wir glauben, was wichtig ist für bestimmte Schüler mit praktischen Begabungen.

Als letzten Punkt möchte ich nennen, dass diese Schulen, die dieses Q-Siegel „Oberschule“ erringen wollen, verbindliche Kooperationen mit berufsbildenden Schulen und Firmen in ihrer Region vorweisen müssen.

Ein weiterer Punkt, der uns wichtig ist bei der Weiterentwicklung des Herzstücks, aber auch aller anderen Schularten, ist das Thema Ganztagsangebote. Frau Sojka hat das Thema hier auch wieder kritisch angeschnitten. Ich kann nur sagen, es gibt schon einen Unterschied. Dazu stehen wir auch. Sie wollen mit einem Antrag ins Gesetz schreiben, es ist ein Angebot vorzuhalten von 5 bis 10, ab morgen, wenn es im Gesetz steht.

Wir sagen, wir wollen Angebote entwickeln. Das hat zwei Seiten im Blick. Erstens: Wir sind finanziell und personell gar nicht in der Lage, für alle diese Jahrgangsstufen über Nacht diese Angebote aus dem Boden zu stampfen. Deswegen ist es für uns eine Kannregelung, eine Entwicklungsoption und dort, wo es am wichtigsten ist - in den Klassen 5 und 6. Ab Klasse 7 ist es ohnehin so, dass wir allein durch die Stundentafel in einen Ganztagsbetrieb hineinwachsen.