Protocol of the Session on November 12, 2010

(Beifall DIE LINKE)

(Heiterkeit im Hause)

Diese zunehmende Selbstsicherheit wird sich natürlich auch in der Wirtschaft widerspiegeln. Aber und das finde ich genauso natürlich und auch gut der Wunsch, eine Familie zu gründen, ist ein absolut akzeptabler, wünschenswerter und auch begründeter Wunsch. Wir haben oftmals den Fall, dass junge Mütter dann auch wirklich selbst entscheiden wollen, ja, ich will auf der einen Seite natürlich meine Verantwortung wahrnehmen im Beruf, aber ich will auch diejenige sein, die zum Beispiel, wenn die Kinder noch ein bisschen kleiner sind, das Kind zu Hause betreut und nicht der Papa. Aber das ist eine Entscheidung in der Familie selbst. Selbstverständlich sind wir - und das ist auch gut so - heute so weit, dass sowohl Väter als auch Mütter das entscheiden, ob sie sich um die Kinder kümmern zu Hause und wer von beiden mehr unterwegs ist. Das hat auch die Kollegin Rothe-Beinlich dargestellt, wie das geht, wenn die Mutti länger unterwegs ist, dass sich der Vati dann um die Kinder kümmert. Das ist absolut schön so. Ich beziehe mich da auf einen TA-Artikel, Frau Rothe-Beinlich. Das ist in allen Familien eine sehr gute Entwicklung in den letzten Jahren gewesen. Wenn aber dann doch eine

(Abg. Lemb)

Frau entscheidet, ich möchte an einer bestimmten Stelle nicht weitergehen, dann muss man auch sagen - so ehrlich muss man sein -, man kann natürlich die Frauen auch nicht dazu zwingen, in die Führungsposition zu gehen, und man kann sie auch nicht dazu zwingen, eine Quote zu erfüllen. Das möchte ich noch einmal festhalten, das entscheiden wir Frauen ganz allein. Frauen ticken etwas anders als Männer, sonst wäre das Leben im Übrigen sehr langweilig.

(Beifall FDP)

Deshalb möchte ich zum Schluss kommen und Ihnen sagen, wir werden der Beschlussempfehlung so, wie sie jetzt vorliegt, zustimmen. Danke.

(Beifall FDP)

Vielen Dank. Als Nächste spricht Frau Abgeordnete Astrid Rothe-Beinlich.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Frau Arenhövel, liebe Gäste - Frauen wie Männer - hier im Hohen Hause, wir haben schon sehr spannende Ausführungen gehört und ich habe heute wirklich einiges dazugelernt. Vielen Dank, Frau Holzapfel, insbesondere auch für Ihren Beitrag. Ich glaube, es hat sich wirklich etwas getan. Das meine ich ganz ernst. Als ich den Antrag hier im Januar eingebracht habe, hatten wir mitnichten eine doch so sachliche und trotzdem belebende Debatte hier im Haus. Insofern sage ich ganz deutlich, ich bin froh über diese Diskussion, wie sie hier gelaufen ist, auch wenn ich mir natürlich ein anderes Ergebnis unterm Strich gewünscht hätte, denn unser Antrag ging doch über einiges hinaus, was jetzt im Konsens quasi zusammengeschrieben wurde. Nichtsdestotrotz - und das hat mein Kollege Adams auch schon ausgeführt - werden wir selbstverständlich diesem ersten Schritt zustimmen, weil wir glauben, dass tatsächlich einiges ins Rollen gekommen ist, sich einiges bewegt in die richtige Richtung, auch wenn noch ganz viel zu tun ist.

Damit es ein Stück weit schneller geht, weil wir auch glauben, dass es dafür noch klarere Rahmenbedingungen braucht, wenn einige Zielvorgaben Herr Adams hat es ja ausgeführt - auch im Antrag der LINKEN noch mit vielen Kannbestimmungen ausgeführt sind, werden wir selbstverständlich auch diesem Antrag zustimmen. Insofern auch vielen Dank für diese Bereicherung zum Antrag.

Wir haben gestern nicht nur Herrn Prof. Huber hier im Hause gratuliert, sondern wir haben gestern noch eine weitere Personalie kennengelernt bundesweit, die nämlich auch ins Bundesverfassungs

gericht gewählt wurde, das ist Frau Rechtsprofessorin Susanne Baer.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte ihr von dieser Stelle aus gratulieren, denn sie ist eine der streitbarsten Feministinnen, die ich kenne. Frau Susanne Baer hat vor einiger Zeit gesagt, lassen Sie mich zitieren: „Frauen treffen an sich nicht klügere Entscheidungen als Männer,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

in Vorständen und Aufsichtsräten ist es jedoch von Vorteil, wenn die Gremien gemischt besetzt sind. Themen werden aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet, Entscheidungen werden deshalb besser.“ Das sagte sie unlängst auf dem Deutschen Juristentag in Berlin. Da kann ich ihr nur recht geben. Immerhin haben wir jetzt zwei Frauen im Bundesverfassungsgericht. Das ist auch gut so, das sage ich ganz deutlich, deshalb Gratulation auch an dieser Stelle.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das Institut zur Zukunft der Arbeit hat gerade gestern eine interessante Studie herausgegeben, und zwar geht es darin um die Frage der Einschätzung der eigenen Leistung. Frau Holzapfel, das passt ganz gut zu einigem, was Sie gesagt haben. Ich möchte nämlich hier eine Einschätzung von Herrn Reuben, der diese Studie vorgestellt hat, zitieren - mit Erlaubnis, Frau Präsidentin -, die da lautet: „Die männliche Selbstüberschätzung ist nach unseren Beobachtungen der Hauptgrund dafür, dass Frauen trotz objektiv besserer Eignung vielfach die Führungsposition verwehrt bleibt. Darunter leidet dann der Erfolg der gesamten Gruppe.“ Das lässt sich sicherlich auch auf Aufsichtsräte etc. übertragen.

Frauen in Aufsichtsräten sind noch immer absolute Mangelware, das ist deutlich geworden. Sie haben mir ja einen ambitionierten Auftrag mitgegeben, liebe Frau Holzapfel, Ihnen diese Frauen zu bringen. Deswegen hatten wir übrigens in unserem Antrag auch genau so etwas vorgesehen, nämlich die Einrichtung einer Datenbank,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

in die sich qualifizierte Frauen eintragen können, die die fachlichen Eignungen mitbringen. Ich bin davon überzeugt, dass es davon ganz, ganz viele gibt. Dass wir im wahrsten Sinne des Wortes etwas an der Kultur unserer Gremien ändern müssen, an der Beratungskultur,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

vielleicht auch an Zeiten, in denen getagt wird, das ist ganz klar, auch und gerade wenn wir die Verein

(Abg. Hitzing)

barkeit von Familie und Beruf im Blick behalten wollen. An dieser Stelle kann ich mir natürlich nicht den Hinweis ersparen, dass ich mir noch mehr Männer und Väter wünsche, die sich auch und gern selbstverständlich um die Kinder oder um die Pflege ihrer älteren Angehörigen kümmern.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir wissen, dass die freiwillige Selbstverpflichtung der Wirtschaft von 2001, die sich da nannte „Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft“, bisher leider grandios gescheitert ist, dann glaube ich allerdings, dass wir gesetzliche Rahmenbedingungen brauchen. Sie wissen auch - das wird für Sie nicht ganz neu sein -, dass unsere Bundestagsfraktion deshalb auch einen entsprechenden Antrag im Bundestag eingebracht hat, um eine feste und verbindliche Quote festzuschreiben, und zwar orientiert an europäischen Vorbildern. Ich möchte drei noch einmal benennen: Das ist zum einen Norwegen; die Norwegerinnen und Norweger haben seit 2006 eine 40-Prozent-Quote erfolgreich umgesetzt, die inzwischen sogar übererfüllt wurde, und die haben auch eine solche Datenbank übrigens eingeführt und hatten ganz schnell entsprechend viele qualifizierte Frauen, die sich gemeldet haben. In Frankreich ist in diesem Jahr erst eine Quote von 20 Prozent für die nächsten drei Jahre und bis in sechs Jahren eine Quote von 40 Prozent festgesetzt worden. In Finnland fordert der Corporate Governance Kodex seit diesem Jahr eine gut gemischte geschlechtliche Besetzung der Aufsichtsräte und auch in Spanien gibt es übrigens eine solche Regelung. Nicht zuletzt hat auch die EU-Kommissarin Viviane Reding vor Kurzem erst eine gesetzliche Quote gefordert, weil sie ebenfalls feststellen musste, dass Quoten zwar - das habe ich schon mehrfach so gesagt - nicht charmant sind, aber einzigartig wirkungsvoll und nur wenn es Quoten gibt, tatsächlich auch die entsprechende Besetzung mit Frauen in diesen wichtigen Positionen erfolgt.

Aus unserer Sicht ist es höchste Zeit, von den Appellen zu gesetzlichen Regelungen zu wechseln und deshalb gibt es auch den entsprechenden Gesetzentwurf auf Bundesebene. Deshalb werden wir - Frau Holzapfel, da gebe ich Ihnen völlig recht dieses Thema auch immer wieder hier im Landtag haben, denn spätestens wenn der Bericht hier vorliegt, sind wir natürlich gespannt und werden eine weitere Diskussion haben.

Eine spannende Frage ist auch immer die Frage nach Sanktionen. Die Sanktion, die wir vorschlagen, ist, dass, wenn ein quotenwidrig zusammengesetzter Aufsichtsrat Beschlüsse herbeiführt, diese nichtig werden. Daher glaube ich, dass man damit dann eine Handhabe hat, darauf hinzuwirken, weil jeder Aufsichtsrat ein Interesse daran haben

müsste, selbstverständlich bindende und geltende Beschlüsse zu fassen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich am Schluss noch drei weitergehende Forderungen formulieren, denn wie Sie sicher zu Recht schon befürchtet oder geahnt haben, wird das nicht unser letzter Antrag in diese Richtung sein, sondern vielmehr ein erster Schritt, um die Repräsentanz von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen. Da wissen wir im Übrigen natürlich auch Frau Arenhövel an vielen Stellen an unserer Seite. Zum einen fordern wir selbstverständlich auch die Vorstände der DAX-Unternehmen und irgendwann auch aller Unternehmen zu quotieren. Derzeit gibt es nämlich nur in vier von 200 DAXVorständen Frauen. Wir fordern des Weiteren ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft, weil wir auch hier nicht mehr an die freiwillige Selbstverpflichtung glauben und es aus unserer Sicht höchste Zeit ist, und zum Dritten einen Mindestlohn, der vielen Frauen im Niedriglohnsektor ganz besonders zugute kommen würde und prekäre Beschäftigung und geringfügige Beschäftigung zurückdrängt, um die eigenständige Existenzsicherung von Frauen zu erreichen. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Zu Wort gemeldet hat sich für die Landesregierung Staatssekretär Staschewski.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich möchte ganz besonders - weil ich das jetzt etwas beobachtet habe - die jungen Frauen und Männer auf der Zuschauertribüne begrüßen und euch und Ihnen auch noch mal ganz klar sagen: Warum beschäftigen wir uns denn hier so lange damit? Warum gibt es hier so intensive Debatten? Warum muss sich denn jetzt auch noch der Wirtschaftsstaatssekretär zu Wort melden? Warum ist dieses Thema so wichtig? Ich trete diesen Beweis an: Frauen können auch länger als Männer reden oder Männer können sehr viel kürzer als Frauen reden. Ich sage nur zwei, drei Sätze dazu. Ich bitte zu beachten, uns fehlen 200.000 Fachkräfte bis 2020 in Thüringen. Das war der erste Satz. Wir können auf keine einzige Frau verzichten, genauso wie wir auf keinen einzigen jungen Mann hier in Thüringen verzichten können.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Da gibt es im Übrigen Konsens über alle Parteien und wir haben uns überall in allen Gremien, in de

(Abg. Rothe-Beinlich)

nen wir diskutiert haben, im Vorfeld dieser Plenarsitzung waren und sind wir uns einig, dass wir uns da richtig bemühen müssen. Jetzt geht es einfach nur darum, wie ist der Weg dorthin. Über Quoten oder nicht, machen wir die Quote 50, 40 oder 30 Prozent. Das ist die Debatte hier. Ihr habt teilweise ein bisschen ungläubig geguckt, warum man sich hier so lange und ausführlich darüber unterhalten kann. Ich will nur sagen, es gibt auch auf Bundesebene diese Debatte, verschiedene Gremien fordern eine Quotierung, auch wieder über alle Parteien hinweg, in der SPD genauso wie die Frauen in der CDU oder bei den LINKEN und bei den GRÜNEN. Es gibt auch Länder in Europa, die haben schon so eine Quote in Führungsgremien, z.B. Norwegen, die machen damit auch gute Erfahrungen. Aber eines ist wichtig, und das soll auch ein Signal an euch, an Sie auf der Zuschauertribüne sein, wir werden gemeinsam den Weg gehen und versuchen, Frauen verstärkt in Führungsgremien einzubinden, weil wir sie brauchen, weil wir nicht auf die Qualifikation und auf die gute Ausbildung von Frauen verzichten können. Ich finde, wir sollten uns jetzt nicht in Überbietungswettbewerben verzetteln, sondern eines muss klar sein, dass wir den Weg, den wir alle einstimmig in den Gremien beschlossen haben, jetzt auch weiter verfolgen.

Übrigens brauchen wir keine neuen Frauen, Herr Adams, sondern wir brauchen die Chancengerechtigkeit von Frauen und Männern, die wir haben, die sind gut genug. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielen Dank. Gibt es weitere Wortmeldungen? Ich sehe nicht. Dann kommen wir zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Abgestimmt wird über die Neufassung des Antrags, die in der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Technologie und Arbeit in der Drucksache 5/1565 enthalten ist. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Enthaltungen? Bei 1 Enthaltung und 1 Gegenstimme, Zustimmung aus allen Fraktionen. Damit ist die Beschlussempfehlung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE. Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um sein Handzeichen. Danke schön. Zustimmung bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. Wer ist gegen diesen Entschließungsantrag? Ablehnung bei der FDP, der CDU und der SPD. Damit ist der Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE abgelehnt. Ich schließe den Tageordnungspunkt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 18

Identifizierbarkeit von Polizeikräften im Einsatz erleichtern Antrag der Fraktion der FDP - Drucksache 5/1079 dazu: Beschlussempfehlung des Innenausschusses - Drucksache 5/1788

Das Wort hat der Abgeordnete Bergner aus dem Innenausschuss zur Berichterstattung. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, liebe Besucherinnen und Besucher, ich habe die Ehre, Ihnen Bericht erstatten zu dürfen zu dem Antrag der FDP-Fraktion „Identifizierbarkeit von Polizeikräften im Einsatz erleichtern“.

Erstens - Antragsinhalt: Die Landesregierung wird aufgefordert,

1. Möglichkeiten zu prüfen, die eine individuelle Identifizierbarkeit von handelnden Polizeikräften im Einsatz erleichtern und diese zeitnah in die Praxis umzusetzen;

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)