Protocol of the Session on November 11, 2010

(Abg. Berninger)

sich im Vorfeld durch besseres Wissen vermeiden ließen. Das war der erste Punkt, über den ich reden wollte.

Der zweite Punkt, der mir fehlt, ist das Inverkehrbringen von gefährlichen Tieren. Auch hier müssen wir darauf achten, dass gerade im Bereich des Handels das nötige Fachwissen vorhanden ist. Ich war eine Zeit lang Zoohändler, ich kenne das aus eigenem Erleben. Wenn ich in eine Zoohandlung gehe und in einem unabgedeckten Aquarium schwimmen Rotfeuerfische herum, deren Flossenstrahlen Gift enthalten, das lebensgefährlich ist, dann ist das eine Gefahr, wo ich sage, da hat der Zoohändler nicht die nötige Fachkompetenz, um diese Tiere in Verkehr zu bringen. Das heißt, auch hier muss die entsprechende tiefgründige Kenntnis da sein, auch das muss in den Beratungen mit berücksichtigt werden. Das wäre mir ein wichtiges Anliegen, dass das noch mit berücksichtigt wird. Danke.

Danke, Herr Kummer. Herr Bergner von der Fraktion der FDP hat sich noch einmal zu Wort gemeldet.

Danke, Herr Präsident. Keine Angst, es dauert nicht lange. Meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Kollege Augsten, sicher mag es auf Bundesebene etliche Gründe geben, grüne Vorstöße abzulehnen,

(Beifall FDP)

wir reden aber heute über das, was hier im Landtag passiert. Sicher ist es weit hergeholt, die industrielle Tierhaltung von Schweinen vergleichen zu wollen mit der Haltung von Hunden.

(Beifall FDP)

Aber wenn Sie schon die Ausführungen zu § 6 des Tierschutzgesetzes heranziehen, dann sollten Sie natürlich wissen, dass es dort eine Ausnahmeregelung gibt. Da kommen wir zu dem Beispiel der Katzen, und zwar geht es in dieser Ausnahmeregelung um den Schutz vor unkontrollierter Fortpflanzung und genau das ist der Unterschied und so ehrlich sollten wir auch miteinander umgehen. Danke schön, meine Damen und Herren.

(Beifall FDP)

Danke, Herr Abgeordneter. Frau Abgeordnete Mühlbauer, geht es um eine Anfrage an den Abgeordneten Bergner? Diese wird von Herrn Bergner nicht zugelassen. Da mir aus der Mitte des Hauses

jetzt keine weiteren Redebeiträge vorliegen, rufe ich den Innenminister noch einmal auf.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, die Regelungen des Schutzes der Bevölkerung vor gefährlichen Tieren sind ähnlich kompliziert wie die Regelung des Nichtraucherschutzes. Sie sine ira et studio, also ohne Schaum vor dem Mund und nüchtern vorzunehmen, ist fast ein Ding der Unmöglichkeit. Das macht die Diskussion pikant. In der Sache geht es natürlich darum, dass dem Staat ein Schutzauftrag für die körperliche Unversehrtheit und für das Leben der Menschen obliegt und dass dieser abzuwägen ist mit der freien Entfaltung der Persönlichkeit. Die Unversehrtheit der körperlichen Integrität und des Lebens haben dabei zwangsläufig Vorrang. Und weil das so ist, Frau Berninger, habe ich in der Tat, nachdem ich erst der Auffassung war, wir hätten eine hinreichende Gefahrhundeverordnung, festgestellt, dass diese Gefahrhundeverordnung, weil sie in ihrer ersten Ziffer, die der Abgeordnete Bergner zitiert hat, eine abstrakt generelle Umschreibung gefährlicher Hunde enthält, unter erheblichen Vollzugsdefiziten leidet. Das Problem ist, dass die Verodnung, wie man in Amerika sagt, „law in the books“ und nicht „law in action“ war. Weil das die Wirklichkeit nicht erreicht hat, haben wir uns dazu entschlossen, diese Regelung durch ein Gesetz, wie wir es hier vorgelegt haben, abzulösen. Das ist eine Änderung, die sachlich begründet ist. Ausbildung, mehr Personal, Herr Bergner, ist keine Alternative, zumal Sie bei jeder anderen Gelegenheit einen Abbau des Personals bis zur Handlungsunfähigkeit der Landesregierung fordern. Dass Sie ausgerechnet hier, bei den gefährlichen Tieren, dem Personalaufwuchs das Wort reden, wundert mich.

Was nun die Stellungnahmen und die 267 Einträge in den Blogs angeht: Selbstverständlich haben wir die zur Kenntnis genommen. Wir haben aber auch zur Kenntnis genommen, dass wir ungefähr dreimal so viele E-Mails und Zuschriften erhalten haben, die ein hartes Durchgreifen, eine Abschaffung aller Kampfhunde und Ähnliches gefordert haben. Es ist eine etwas verzerrte Wahrnehmung, wenn man nur diese 267 Einträge nimmt. Weder das eine noch das andere ist für uns ausschlaggebend gewesen. Ausschlaggebend war, ein Zusammenleben zwischen den Hundehaltern und den Nichthundehaltern in Thüringen organisieren zu wollen, das körperliche Integrität und das Recht, Hunde zu halten, in einen vernünftigen Ausgleich bringt. Da kann die Rasseliste, das zeigen nun mal die Erfahrungen, weil sie der Verwaltung klare Anhaltspunkte gibt, ein Stück weiterhelfen. Natürlich gibt es, wie die Veterinärmediziner sagen, keine Hunderassen, die an sich gefährlich sind. Aber das Bundesverfassungsgericht hat, als es diese vier Rasselisten, die

(Abg. Kummer)

wir jetzt auch im Gesetz haben, in seinem Verbot bestätigt hat, gesagt, dass dies nun einmal Hunderassen sind - und das hat der Abgeordnete Dr. Augsten ganz richtig gesagt -, die, wenn sie zubeißen, schlimmere Schäden anrichten als Dackel, und die insofern auch vielleicht mit einer Waffe - die Hundehalter mögen es mir verzeihen - vergleichbar sind. Eine Waffe an sich ist nicht gefährlich. Das Schlimme ist immer derjenige, der sie in der Hand hält. So ähnlich ist es mit dem anderen Ende der Leine auch. Weil wir eine gefestigte Rechtsprechung haben, die diese vier Rassen, die wir in unserem Gesetz aufführen, als gefährlich, als nicht importierbar qualifiziert, brauchen wir, glaube ich jedenfalls, für diese vier keine Datenlage. Im Übrigen haben wir, und da hat der Herr Vizepräsident Gentzel natürlich recht, keine ausreichenden Anhaltspunkte. Deswegen haben wir ja in dem Gesetzentwurf auch eine Rechtsverordnungsermächtigung vorgesehen, wo wir, wenn wir entsprechende Daten haben, für andere Rassen ergänzende Regelungen treffen können. Das, glaube ich, geht auch in die Richtung der Evaluation, die Herr Gentzel hier gefordert hat.

Zu Frau Renner wollte ich noch sagen: Warum beschränken wir uns bei den Regelungen - die haben Sie ja, Frau Renner, vielleicht doch im Wesentlichen goutiert - auf große Hunde und nicht auf alle Hunde? Der Eingriff in das Eigentum und in die freie Entfaltung der Persönlichkeit der Hundehalter unterliegt nun einmal dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Er muss abgewogen werden mit dem Schutzgut der körperlichen Integrität Dritter. Der Dackel hat insoweit eben nicht dasselbe Risikopotenzial wie die großen Hunde, die wir hier aufgeführt haben. Deswegen ist die Landesregierung der Auffassung, dass eine Erstreckung der Chippflicht, der Versicherungspflicht, des Hundesführerscheins und Ähnliches auf alle Hunderassen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen würde.

(Zwischenruf aus dem Hause: Schwachsinn.)

Schwachsinn ist das sicher nicht.

Der Abgeordnete Bergner hat gefragt, warum es überhaupt eine Erlaubnis gibt. Herr Bergner, Forschungsbedarf zum Beispiel kann ein Grund sein, dass man mit den vier Rassen trotzdem noch arbeiten muss, und für diese Fälle sehen wir das vor.

Herr Innenminister, es gibt den Wunsch auf eine Anfrage durch den Abgeordneten Dr. Augsten. Lassen Sie die zu?

Natürlich.

Herr Dr. Augsten.

Vielen Dank. Herr Minister, um noch einmal auf den Dackel zurückzukommen. Meinen Sie nicht auch, dass der ein Recht hat, von jemandem betreut zu werden, der die Sachkunde nachgewiesen hat?

Der Dackel mag dieses Recht haben. Die Frage ist, ob der Staat den Halter zwingen darf, die Sachkunde zu erwerben. Dass die Tierhaltung von einem unterwiesenen und versierten Halter besser ist als durch einen Ignoranten, da besteht kein Zweifel. Aber die Frage ist, ob der Staat so fürsorglich, so patronisierend gegenüber seinen Bürgern auftreten darf, dass er sie dazu zwingen kann. Das ist der Aspekt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Deswegen können wir, glaube ich, mit der Überlegung, es tut dem Dackel gut, eine solche Halterverpflichtung nicht einführen.

Letzte Bemerkung zu Herrn Kummer: Darüber könnten wir nachdenken; es fällt aber nicht in unsere Zuständigkeit, sondern ist Gewerberecht.

(Beifall CDU)

Danke, Herr Innenminister. Weitere Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt sehe ich nicht. Deshalb schließe ich die Aussprache und wir gehen in die Abstimmung, und zwar sowohl beim Antrag der Fraktion wie beim Gesetzentwurf der Landesregierung über die Ausschussüberweisung.

Ich beginne mit der Abstimmung zum Gesetzentwurf der Landesregierung in der Drucksache 5/1707. Wenn ich alles richtig notiert habe, besteht der Wunsch auf Überweisung erstens an den Innenausschuss, zweitens an den Ausschuss für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz und drittens an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit. Ich vernehme keinen Widerspruch, dann tun wir das in dieser Reihenfolge. Wer den Gesetzentwurf der Landesregierung an den Innenausschuss überweisen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Ich stelle Einstimmigkeit fest.

Wer den Gesetzentwurf an den Ausschuss für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz überweisen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind Stimmen von den Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? Das sind die Stimmen von der Fraktion der CDU, Fraktion der SPD. Enthaltungen? Die

(Minister Prof. Dr. Huber)

FDP-Fraktion enthält sich. Damit ist diese Überweisung abgelehnt.

Ich frage jetzt, wer stimmt einer Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit zu, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind Jastimmen bei der Fraktion DIE LINKE, bei der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? Gegenstimmen bei den Fraktionen der SPD, CDU und der FDP und somit auch abgelehnt.

Da wir nur eine Überweisung an den Innenausschuss haben, erübrigt sich die Abstimmung über die Federführung.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/1531. Hier ist die Ausschussüberweisung identisch beantragt.

Ich beginne auch hier mit dem Innenausschuss. Wer diesen Antrag der Fraktion DIE LINKE an den Innenausschuss überweisen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Zustimmung von den Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP. Gegenstimmen? Das sind die Stimmen der Fraktionen von SPD und CDU.

Wer den Antrag an den Ausschuss für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz überweisen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen von den Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? Von den Fraktionen der FDP, der CDU und der SPD. Auch damit ist die Ausschussüberweisung abgelehnt.

Als Letztes frage ich, wer diesen Antrag an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit überweisen will, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Jastimmen bei den Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Neinstimmen? Neinstimmen bei den Fraktionen der SPD, der CDU und der FDP. Damit gibt es keine Ausschussüberweisung für den Antrag.

Wir müssen jetzt zur Abstimmung über den Antrag kommen. Also stimmen wir jetzt direkt über den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/ 1531 ab. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Da sehe ich Zustimmung bei der Fraktion DIE LINKE. Wer stimmt gegen den Antrag? Gegenstimmen von den Fraktionen der SPD und der CDU. Wer enthält sich der Stimme? Die FDP enthält sich. Damit ist dieser Antrag abgelehnt. Bei den GRÜNEN gibt es die Enthaltung.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die gesamte Fraktion.)

Ja.

(Heiterkeit im Hause)

So, ich versuche es jetzt. Ich schließe damit diesen Tagesordnungspunkt. Gut, schönen Dank.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 8

Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes zur Gleichstellung und Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 5/1732 dazu: Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/1828

ERSTE BERATUNG

Ich weise darauf hin, dass der Landtag gestern bei der Feststellung der Tagesordnung übereingekommen ist, dieses Gesetz heute in erster und morgen in zweiter Beratung zu behandeln. Wünscht die Landesregierung das Wort zur Begründung ihres Gesetzentwurfs? Frau Ministerin Taubert, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Präsident! Mit dem vorgelegten Entwurf des Ersten Gesetzes zur Änderung des Thüringer Gesetzes zur Gleichstellung und Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen vom 16. Dezember 2005 soll die Befristung des Gesetzes, die auf den 31. Januar datiert ist, aufgehoben werden. Mit dem Gesetz wird sowohl der sich aus Artikel 3 des Grundgesetztes als auch der sich aus Artikel 2 der Thüringer Verfassung ergebende Auftrag, die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu fördern und deren Benachteiligung zu verhindern, umgesetzt. Dies erfolgt insbesondere durch die Regelungen zur Schaffung von Barrierefreiheit im Bereich Bau und Verkehr, aber auch hinsichtlich der Kommunikation zwischen Menschen mit Behinderungen und in der öffentlichen Verwaltung. Dabei handelt es sich um eine andauernde gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die auch weiterhin besteht und gerade im Bereich der Barrierefreiheit nur Schritt für Schritt umgesetzt werden kann. Darüber hinaus stehen Bund und Länder gegenwärtig vor der Aufgabe zu prüfen, inwieweit zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Deutschland ein konkreter Handlungsbedarf besteht. Vor diesem Hintergrund hat die Thüringer Landesregierung beschlossen, dass die Landesregierung im Rahmen eines Fachforums unter Beteiligung der Thüringer Akteure eine erste Auswertung der Wirksamkeit des Thüringer Gesetzes zur Gleichstellung und Integration behinderter Men

(Vizepräsident Gentzel)

schen vornehmen soll. Im Ergebnis der am 24. Juli durchgeführten Veranstaltung wurden neun Arbeitsgruppen, die durch die verschiedenen Ressorts federführend betreut werden, eingerichtet. Diese beschäftigen sich schwerpunktmäßig mit den sich aus der UN-Konvention ergebenden Handlungsfeldern und sollen gleichzeitig eruieren, inwieweit ein Bedarf zur Änderung des Thüringer Gleichstellungsgesetzes gesehen wird. Erst nach Vorlage und Bewertung der Ergebnisse der Arbeitsgruppen ist es sinnvoll, mit einer inhaltlichen Überarbeitung des Gesetzes zu beginnen. Da die Ergebnisse der Arbeitsgruppen zu den Handlungsfeldern und zu den inhaltlichen Änderungen des Gesetzes erst Ende des Jahres vorliegen werden und auch die Zeitspanne für die Erarbeitung eines Gesetzes sowie die sich anschließende Dauer des Gesetzgebungsverfahrens berücksichtigt werden muss, soll zunächst lediglich die Befristung des Gesetzes aufgehoben werden. Eine inhaltliche Novellierung ist jedoch noch in dieser Legislaturperiode vorgesehen. Vielen Dank.

Vielen Dank, Frau Ministerin Taubert. Wünscht die Fraktion DIE LINKE das Wort zur Begründung ihres Entschließungsantrags? Nein. Dann eröffne ich jetzt die Aussprache. Das Wort hat die Kollegin Stange von der Fraktion DIE LINKE.