Protocol of the Session on November 11, 2010

Nein, wenn Sie gute Argumente haben, Herr Emde, bin ich sehr offen, auf gute Argumente freue ich mich immer sehr. Mein Punkt ist, dass diese 150 € nichts anderes erzeugen als Mitnahmeeffekte und dass sie kein wirksames familienpolitisches Instrument sind. Wer sich das genauer anschaut, kann das auch gut sehen.

Wir haben ein gutes Kita-Gesetz. Wenn ich im Land unterwegs bin und davon erzähle, man reibt sich die Augen und sagt „Wow Thüringen“. Also das haben wir gut hinbekommen.

(Beifall SPD)

Darauf können wir auch stolz sein.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Wir - nicht Sie!)

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da muss auch die SPD stolz darauf sein, da können auch GRÜNE und LINKE sehr stolz darauf sein, nicht nur, weil wir zugestimmt haben, sondern weil 95 Prozent Ihres Kita-Gesetzentwurfs dem entsprechen, den wir auch mit ausgearbeitet haben. Also heften Sie sich das gern an die Brust. Das können wir an der Stelle aber genauso.

Dieses Kita-Gesetz sollte deutschlandweit Schule machen. Und wenn die CDU unbedingt mit einer Idee deutschlandweit Schule machen möchte, dann heften Sie sich doch lieber das an die Brust und nehmen Sie nicht das Familienfördergesetz, was eine völlig verquere Familienpolitik einläutet.

Mein Schlusssatz: Nehmen Sie diese Studie, die über 250 Seiten zur Evaluation des Familienfördergesetzes hat, doch ernst und schauen Sie da mal rein. Da steht auch drin, dass Investitionen in Infrastruktur vorrangig sinnvoll sind, um moderne Familienpolitik zu machen, und eben nicht Investitionen oder direkte Transferleistungen.

Ich bitte deshalb die Abgeordneten, unseren Gesetzentwurf zu überweisen und in den Ausschüssen zu diskutieren und am Ende natürlich zuzustimmen. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Siegesmund, würden Sie noch ausdrücklich sagen, an welche Ausschüsse?

(Zuruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Soziales und HuFA.)

Soziales und HuFA. Danke. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Gumprecht für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, eine Frage an die Einreicher von FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sind Ihnen Familien wichtig? Ich war entsetzt über den Beitrag von Herrn Koppe. Ich hatte damit nicht gerechnet, er hatte das Niveau - ich sage es einmal - fast einer Büttenrede. Auf dem Dorf würde man sagen: „Das war ja gequirlte …“ - oh Entschuldigung, ich will nicht sagen, was in das Klo hineinfällt.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, wieso wollen Sie denn eine direkt für Familien zugeschnittene Leistung, wie es beide Anträge fordern, nun streichen?

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Weil sie nicht zeitgemäß ist.)

Das glaube ich nicht. Das Landeserziehungsgeld ist nämlich eine Leistung für junge Familien und damit machen wir Familienpolitik und viele Familien schätzen dies. Nach dem Bundeselterngeld ist für Familien in Thüringen einfach nicht Schluss. Denn wir sagen Ja zur Familie und bauen ihnen damit nach wie vor eine Brücke - ich werde noch darauf eingehen -, und zwar so, nicht wie wir es denken, sondern individuell, wie es die Eltern wünschen. Jede Familie hat die Freiheit, sich für den eigenen persönlichen Lebensweg zu entscheiden. Durch diese Freiheit wollen wir auch die Familien stark machen. Die Abschaffung dieser Freiheit bedeutet einen deutlichen Rückschritt, eine Abkehr, ich sage, von einer modernen Familienpolitik in Thüringen, wie sie in Deutschland ohne Vergleich ist. Wir geben nämlich in Thüringen den Familien Freiheit und Verantwortung. Gleichzeitig geben wir ihnen aber durch die materielle Leistung Halt und Unterstützung, dies in der breiten Weise durch das Landeserziehungsgeld, den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem ersten Lebensjahr, die Möglichkeiten der Unterbringung in Einrichtungen der Stiftung FamilienSinn und die staatliche Förderung für viele weitere familienpolitische Maßnahmen. Ist nun die Unterstützung junger Familien Geldverschwendung, wie es die Kollegen der FDP jüngst auf ihrem Landesparteitag - wie wir heute hörten diskutierten? Meine Antwort heißt: Nein.

(Beifall CDU)

Die Unterstützung von Familien und die Förderung unseres Nachwuchses ist nämlich gut angelegtes Geld.

Meine Damen und Herren, Sie haben vorhin angesprochen, ob denn die Summe, die wir hier den Familien damit ausreichen, wirklich ausreichend ist. Es ist keine große Summe, aber sie gibt ihnen eine Unterstützung. Wir hatten sogar im Wahlkampf versprochen, dass wir diese Leistung erhöhen wollen. Das ist mit dem Koalitionsvertrag nicht möglich, aber wir stehen dazu, dass wir diese Leistung erhalten. Wir wissen auch, wo die materiellen Grenzen des Haushalts jetzt sind.

Meine Damen und Herren, Politik muss an die Zukunft denken, dazu gehört auch eine entsprechende solide Haushaltspolitik. Doch eine familienfördernde Leistung, wie man es aus dem Antrag lesen kann, als Last, als nicht der Effizienz und Effektivität entsprechend zu erkennen, erschließt sich mir keineswegs. Kinder sind Zeichen der Zeit und sind die Zeichen für die Zukunft, die sie uns ermöglichen, meine Damen und Herren. Auch Ihnen von den GRÜNEN sind Studien bekannt, die sich mit der Kinderbetreuung, der Thüringer Familienpolitik und dem Landeserziehungsgeld auseinanderge

(Abg. Siegesmund)

setzt haben. Ich erinnere an die Gutachten der Professoren Opielka und Winkler zur Thüringer Familienoffensive. Danach hat nämlich das Landeserziehungsgeld nicht dazu geführt, dass Eltern Ihre Kinder zu Hause lassen, wie oft beschworen. Im Gegenzug zeigt die Studie vielmehr, dass unsere Eltern die gute Betreuung in den Kindereinrichtungen in Thüringen schätzen. Wir haben sie im letzten Jahr weiter verbessert mit dem Kita-Gesetz.

(Unruhe im Hause)

Jetzt streiten sich zwei Herren; ich würde solange warten, Frau Präsidentin.

Der Streit möge bitte jetzt nicht stattfinden, damit der Herr Abgeordnete Gumprecht weiterreden kann. Das ist sein ausdrücklicher Wunsch und ich unterstütze ihn darin.

(Beifall CDU)

Danke. Meine Damen und Herren, die Studie wirft unter anderem auch die Frage auf, wann ein Kind krippenreif ist. Das lässt sich nicht pauschal für alle Kinder gleich beantworten, sondern bedarf der individuellen Entscheidung für jedes Kind durch die Eltern.

In einer ernsthaften Auseinandersetzung mit dieser Frage und möglichen Folgen ist es nur richtig, Voraussetzungen für Familien so zu schaffen, dass der Übergang von Familien in die Krippen- oder KitaBetreuung im Sinne des Kindes und der Familien vollzogen werden kann. Durch das Landeserziehungsgeld wird es für Mütter und Väter möglich, in den Beruf mit verkürzten Arbeitszeiten nämlich wieder einzusteigen, nicht, wie es eben behauptet wurde, und das Kind in eine Betreuung zu geben. Dementsprechend verbessert sich die wirtschaftliche Situation von Familien, nicht wie Sie behaupten, es entsteht Armutsrisiko, denn das Familiengeld ist zusätzlich, z.B. zu den Hartz-IV-Leistungen.

Meine Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle auch auf den Geschwisterbonus hinweisen, durch den die Unterstützung für Familien mit mehreren Kindern gewährleistet wird. Thüringen braucht Nachwuchs und wir wollen Kinder und wir wollen Familien helfen. Diese zu unterstützen und zu fördern, ergibt sich auch aus der Thüringer Verfassung. Dort heißt es nämlich und ich darf zitieren und darauf hinweisen: „Wer in häuslicher Gemeinschaft Kinder erzieht oder für andere sorgt, verdient Förderung und Entlastung.“

(Beifall CDU)

Das ist das Zitat unserer Verfassung und daran halten wir uns. Das Landeserziehungsgeld ist ein Bei

trag zur Förderung von Familien. Natürlich ist das Landeserziehungsgeld nicht vollkommen auskömmlich. Wir haben uns deshalb, wie ich schon sagte, auch dafür eingesetzt, dies zu erhalten, und wir wissen auch, dass es angesichts der angespannten Haushaltslage Grenzen für eine Erweiterung gibt und wir bei diesem Familiengeld bleiben wollen. Die gesunde Entwicklung von Kindern und dazu gehört auch die gesunde psychische Entwicklung, sehr geehrte Damen und Herren, muss unser aller Interesse sein. Wer von Ihnen möchte gesunde Entwicklung von Kindern hier in Zahlen ausdrücken? Eine Familie, Mutter und Vater sind für Kinder und ihre Entwicklung wichtig. Die Kommission öffentlicher und interdisziplinärer Dialog der Deutschen Analytischen Vereinigung sagt dazu unmissverständlich - ich darf zitieren, Frau Präsidentin: „Es ist Forschungs- und Erfahrungswissen und keine Ideologie, dass für die Entwicklung des kindlichen Sicherheitsgefühls, für die Entfaltung seiner Persönlichkeit und für eine seelische Gesundheit eine verlässliche Beziehung zu den Eltern am förderlichsten ist. Gerade in den ersten drei Lebensjahren ist die emotionale und zeitliche Verfügbarkeit von Mutter und Vater von großer Bedeutung.“

Meine Damen und Herren, wir haben uns in Thüringen dazu entschieden, den Eltern die Freiheit zu geben zu entscheiden, was für ihr Kind gut ist. Wir haben uns dazu entschieden, Familien zu fördern und ihnen Hilfestellung zu geben, damit sie mit ihren Fragen nicht allein sind. Wir haben uns in Thüringen dafür entschieden, dass Familie und Beruf vereinbar sein können. Das Thüringer Familiengeld gehört zu dieser Entscheidung. Der Antrag von Ihnen beiden, von den GRÜNEN und der FDP,

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist ein Gesetzent- wurf.)

dieser Gesetzesantrag gehört nicht zu dieser Entscheidung, meine Damen und Herren. Wir werden deshalb Ihren Antrag nicht mittragen.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Schade.)

(Beifall CDU)

Danke, Herr Abgeordneter Gumprecht. Es hat jetzt das Wort Abgeordneter Bärwolff für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, heute geht es um zwei Gesetzentwürfe von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bzw. der FDP zur Abschaffung des Landeserziehungsgeldes. Auch bei diesem Thema können wir festhalten, dass DIE LINKE, da

(Abg. Gumprecht)

mals noch als PDS, die Familienoffensive der Landesregierung von Anfang an abgelehnt hat

(Beifall DIE LINKE)

und dabei insbesondere die Einführung des Landeserziehungsgeldes. Was damit einherging, war vor allem die Umstellung eines einkommensabhängigen Zuschusses, einer einkommensabhängigen Unterstützung für Familien, die in einen gleich hohen monetären Zuschuss umgewandelt wurde, womit man altbackene konservative Familienpolitik umsetzen wollte. Das, worum es uns geht, ist keine Kritik an den Familien, die sagen, wir wollen unser Kind lieber zu Hause behalten, sondern was wir kritisieren, ist, dass sie dafür belohnt werden, wenn sie ihr Kind nicht in die Kita schicken. Wer also sein Kind bis zum Schuleintritt zu Hause betreuen möchte, der soll dies tun, dagegen ist gar nichts einzuwenden. Aber diejenigen Familien, die auf den Besuch der Kita verzichten, auch noch mit einer Herdprämie oder einer Zuhausebleibprämie zu versehen, das halten wir für recht schwierig. Die Ausnahme, wo wir im Familienrecht einiges geändert haben, ist die, wenn das Zuhausesein für das individuelle Kindeswohl gefährdend ist, dann kann jetzt nach Familienrecht der Besuch in der Kita angeordnet werden. Das bedeutet aber auch, dass die Gerichte und die Fachwelt die Kita als Betreuungseinrichtung und auch als Bildungseinrichtung, in der ganz viel Persönlichkeitsbildung stattfinden kann, wahrgenommen und erkannt haben. Herr Gumprecht, das würde Ihr Argument, was Sie hier angesprochen haben, dass wir gerade diejenigen Eltern unterstützen müssen, die für eine ganz besondere Bindung zu ihren Kindern stehen wollen, ein Stück weit ad absurdum führen, wenn sogar Gerichte jetzt schon den Besuch einer Kita verordnen können. Für uns stellt sich die Frage: Warum müssen eigentlich Menschen dafür belohnt werden, dass sie der ideologischen Vorstellung einer so konservativen Partei wie der CDU gerecht werden? Als die CDU noch allein regiert hat, war das noch verständlich, da hat man dieses ideologische Bild auch umsetzen können. Jetzt regiert sie mit der SPD. Warum müssen Leute belohnt werden, wenn sie Leistungen nicht annehmen? Das hat Herr Koppe schon ausgeführt, Frau Siegesmund ähnlich, das wäre in etwa so, dass ich, wenn ich keine Autobahn benutze, dann Steuern wiederbekomme, wenn ich keine Hochschulen benutze, Steuern wiederbekomme. Das ist also in der Tat eine fragwürdige Regelung, bei der man sich wirklich fragen muss, was das soll.

(Zwischenruf Abg. Dr. Zeh, CDU: Das ist ei- ne Erziehungsleistung für unsere Gesell- schaft.)

(Unruhe CDU)

Herr Dr. Zeh, ich komme gleich noch auf Ihr Argument zu sprechen. Ich denke schon, dass wir diese

Kindergartenbenutzungsprämie, so will ich sie durchaus nennen, abschaffen sollten aus verschiedenen Gründen.