Protocol of the Session on October 7, 2010

Bitte, Frau Abgeordnete Klaubert.

Sie haben jetzt in dem vorletzten Satz gesagt, nach Abwägung des Pro und Kontra, es ist die Zeit noch nicht reif. Was schätzen Sie denn, wann die Zeit reif ist für die Herabsenkung des Wahlalters?

Frau Vizepräsidentin, die Zukunft zeichnet sich dadurch aus, dass sie unbekannt ist. Möglicherweise wird die biologische und erziehungswissenschaftliche Forschung uns auch zu Einsichten führen, die die von Herrn Metz hier in Aussicht gestellte Entwicklungsrichtung gerade nicht nahelegen werden. Vielleicht wird es auch anders sein - warten wir es ab.

(Beifall CDU, SPD)

(Zwischenruf Abg. Metz, SPD: Wir haben gu- te Erziehungswissenschaftler in der Regie- rung.)

Vielen Dank, Herr Minister. Ich sehe eine weitere Wortmeldung. Herr Abgeordneter Adams, bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Minister Huber! Was aber wenn? Sie haben geschlossen mit den Worten, dass ein Mensch in Thüringen, eine junge Frau, ein junger Mann mit 16 den Gang in Richtung Weimar nur mit seinen Eltern antreten kann. Was, wenn die Eltern Ja sagen? Ich glaube, dann wird

(Abg. Blechschmidt)

man die Debatte des Landtags hier auch noch einmal intensiv nachlesen und ich glaube, dann werden die Richter über die Argumente hier richten. Ich glaube, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass es wenig überzeugen wird, mit Konsistenz und Kohärenz zu argumentieren, weil dieses Verfassungsgebot in Schleswig-Holstein, Berlin, Niedersachsen usw. Nordrhein-Westfalen ebenso gilt und es wird kein Argument sein, das Wahlrecht zu verweigern. Es ist auch so, dass der Verweis auf das BGB, glaube ich, hier nicht stichhaltig ist, weil das BGB meines Wissens nach ebenso in Berlin, Sachsen-Anhalt usw. gilt. Es kann kein Problem sein.

Wir haben in der Bundesrepublik eine Phase gehabt, in der die allgemeine Volljährigkeit bei 21 lag und das Wahlrecht ab 18 gewährt war. Auch das kann unsere Verfassung nicht erschüttern, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich glaube, dass es deshalb gute Argumente gibt, verwaltungsvereinfachend unseren Verfassungsgerichtshof in Weimar gar nicht anrufen zu müssen, sondern heute zu entscheiden, dass junge Menschen in Thüringen natürlich wählen können. Es ist hier besonders vom Kollegen Kellner - darauf will ich noch einmal eingehen - gefragt worden: Warum soll es denn immer sein, dass es auf der kommunalen Ebene anfängt, auf der kommunalen Ebene Regelungen geschaffen werden, die sich dann auf Landesebene durchsetzen? Wir haben das ja in Thüringen hier auch mit unseren Bürgerbegehren und Volksbegehren exakt so gemacht. Wir hatten ja zuerst die Herabsetzung der Quoren für Bürgerbegehren auf der kommunalen Ebene und dann auf der Landesebene.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, meiner Meinung nach ist das exakt das Bild dieses Staates. Erinnern wir uns doch - und das ist so toll in diesen Tagen - an das Jahr 1990. Wie war denn das, als wir die neue Bundesrepublik gestaltet haben? Wir haben zuerst eine frei gewählte Volkskammer gewählt, die einen neuen Weg eingeschlagen hat. Danach haben wir in den Kommunen gewählt - ich glaube, es war damals der 18. Mai gewesen -, Kommunalwahlen. Danach haben die Kommunen die Länder gebildet und diese Länder sind dem Grundgesetz beigetreten und dann haben wir unseren gesamtdeutschen Bundestag gewählt wie wunderbar. In dieser Logik steckt viel drin. Deshalb beginnen wir mit der Absenkung des Wahlalters auf der kommunalen Ebene ganz logisch. Das sollte Ihnen auch einleuchten und da sollten Sie mit Feuer und Flamme dabei sein. Ich will wirklich nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, hier über Freiheit dozieren, aber wenn Herr Kellner sagt, wie es denn sein kann, dass wir beim Strafrecht die Grenzen weit ziehen, und genauso man aufgefordert sei, beim Wahlrecht die Grenzen weit zu ziehen - ja, das ist ja das Wesen der Freiheit.

Da, wo der Staat Grenzen setzen will, muss er sich überlegen, wo er sie hinsetzt, und er darf sie nicht zu eng ziehen. Er muss sie im Interesse des Bürgers immer so weit wie möglich ziehen. Das Interesse von 16-Jährigen ist es, ein weiteres Recht zu haben, nämlich wählen zu können - das Recht, nicht die Pflicht, wie wir das früher hatten. Dieses Recht haben Sie, heute die Chance zu geben. Ich bitte Sie ganz herzlich: Bitte lassen Sie uns in einer namentlichen Abstimmung hier das Gesicht zeigen,

(Beifall DIE LINKE)

wer ist dafür, dass dieses Grundrecht erweitert wird. Sie haben die Chance, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Adams. Es gibt eine weitere Wortmeldung. Der Innenminister, bitte.

Herr Abgeordneter Adams, ich möchte jetzt kein juristisches Seminar mit Ihnen machen, möchte aber doch so viel sagen: Maßstab des Thüringer Verfassungsgerichtshofs wird sein, ob der Gesetzgeber vernünftige Gründe hatte bei der Konkretisierung des Demokratieprinzips und der Festlegung des Wahlalters auf 16 Jahre.

(Beifall CDU)

Diese guten Gründe haben wir seit 20 Jahren gehabt. Es wird insoweit keine - das ist jedenfalls meine Prognose - verfassungsrechtliche Nachbesserungspflicht geben.

Was Ihre Beispiele angeht: Der Unterschied zwischen dem BGB und dem schleswig-holsteinischen Kommunalrecht ist, das BGB gilt in Thüringen, das schleswig-holsteinische Kommunalrecht nicht. Aber das können wir bilateral vertiefen.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Innenminister. Ich sehe jetzt keine weitere Wortmeldung. Herr Adams, habe ich Sie richtig verstanden, Sie bitten um eine namentliche Abstimmung? Gut.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Abgestimmt wird direkt über den Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 5/ 478 in zweiter Beratung. Ich bitte um namentliche Abstimmung.

Hatte jeder die Gelegenheit, seine Stimme abzugeben? Ich frage noch einmal: Hat jeder seine Stimme abgeben können? Dann schließe ich die Abstimmung und wir kommen zur Auszählung.

(Abg. Adams)

Sehr verehrte Damen und Herren, wir haben ein Ergebnis. Es haben von 83 anwesenden Abgeordneten 82 ihre Stimme abgegeben. Davon sind auf die Jastimmen 37 entfallen, auf die Neinstimmen 45. Es gab keine Enthaltungen (namentliche Abstim- mung siehe Anlage 1). Damit ist der Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 5/478 abgelehnt. Ich schließe damit den Tagesordnungspunkt 1.

Sehr verehrte Damen und Herren, formal rufe ich noch einmal den Tagesordnungspunkt 41

Fragestunde

auf, um den letzten und ganz wichtigen Satz noch zu verkünden, dass selbstverständlich die nicht beantworteten Fragen der Fragestunde innerhalb von drei Wochen durch die Landesregierung beantwortet werden, und zwar in schriftlicher Form entsprechend § 91 Abs. 2 Satz 4 der Geschäftsordnung. Hiermit schließe ich diesen Tagesordnungspunkt wieder.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 2 in den Teilen

a) Fünftes Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/1397 ZWEITE und DRITTE BERATUNG

b) Zehntes Gesetz zur Änderung des Thüringer Abgeordnetengesetzes Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/1398 ZWEITE BERATUNG

Folgender Hinweis: Der Landtag ist bei der Feststellung der Tagesordnung übereingekommen, das Fünfte Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen in der Drucksache 5/1397 heute in zweiter und - sofern keine Ausschussüberweisung beschlossen wird - in dritter Beratung zu behandeln.

Wir beginnen jetzt mit der zweiten Beratung des Fünften Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen in der Drucksache 5/1397. Gibt es hierzu Wortmeldungen? Das sehe ich nicht. Dann schließe ich die zweite Beratung und ich eröffne die gemeinsame Aussprache zur dritten Beratung des Fünften Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen in Drucksache 5/1397 und zur zweiten Beratung des

Gesetzentwurfs in der Drucksache 5/1398. Zu diesem Punkt liegt mir eine Rednerliste vor und das Wort hat der Abgeordnete Herr Dr. Pidde von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, für die SPD-Fraktion habe ich ja schon in der ersten Lesung zu dem Gesetz ausgeführt, dass wir es für nicht richtig halten, wenn Abgeordnete ihre Diäten selber beschließen sollen. Wir finden es gut, wenn die Diäten abhängig sind von objektiven Fakten; und wir haben es ja in Thüringen so geregelt, dass sie abhängig sind von der durchschnittlichen Einkommensentwicklung der Bevölkerung, dass die Diäten so jährlich entsprechend automatisch angepasst werden.

Diese Indexregelung hat Thüringen als erstes Land eingeführt, andere Länder sind gefolgt. Hessen, Brandenburg, Niedersachsen, Bayern verfahren genauso wie wir. In weiteren Bundesländern wird gegenwärtig die Diskussion dazu geführt. Nun wird ja hier immer so suggeriert, auch in der letzten Beratung zu diesem Thema, die Diäten gehen damit automatisch immer nach oben. Es ist ja gut, wenn die Lohnentwicklung in Thüringen so positiv ist, dass sie sich erhöht, dann ist es ja auch gut. Das ist aber nicht immer so. In Brandenburg zum Beispiel hatten wir schon ein Jahr, in dem der Index, an den das gekoppelt ist, gefallen ist und entsprechend auch die Diäten. Und auch das ist dann richtig. Deshalb erkläre ich noch einmal für die SPD-Fraktion, wir stehen zu der Indexregelung, sie hat sich bewährt. Wir haben auch nicht unbedingt etwas dagegen, wenn man sie mal aussetzen würde, aber ständiges und wiederholtes Aussetzen stellt die Gesamtregelung infrage. Dann kann man es auch gleich lassen. Wir sind auch bereit, über irgendwelche Modifikationen zu reden, ob der Index nun wirklich der entscheidende Fakt ist und sich richtig zusammensetzt; über alles kann man reden. Aber darum geht es Ihnen ja nicht.

Sie haben gesagt, Sie wollen eine umfassende Änderung des Abgeordnetengesetzes, haben das auch beim letzten Mal hier ausgeführt und das Moratorium sei nur der Einstieg dazu. Ich möchte Sie deshalb noch einmal auffordern, lassen sie die übliche Wurstelei, legen sie einen ordentlichen Gesetzentwurf vor, so wie Sie sich die ganze Regelung vorstellen und dann steigt natürlich auch die Chance, dass Sie mit ihrem Vorschlag ernst genommen werden. Wir lehnen den vorliegenden Vorschlag jedenfalls ab. Danke schön.

(Beifall SPD)

(Vizepräsidentin Hitzing)

Danke, Herr Abgeordneter Dr. Pidde. Es hat jetzt das Wort die Abgeordnete Rothe-Beinlich von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, angesichts der Tatsache, dass wir uns jetzt beim Tagesordnungspunkt immerhin heute schon in der Beratung drei befinden, ist es noch bedauerlicher, dass es keine gemeinsame Beratung gibt mit einem weiteren Gesetzentwurf. Ich weiß, es ist schwierig, weil es die erste Beratung ist. Aber es liegt ja ein weiterer Gesetzentwurf vor zu beiden Punkten, genauso wie auch von der LINKEN, von der FDP und ich will an dieser Stelle schon einmal sagen, dass wir diesem auch zustimmen. Ich hätte es sehr schön gefunden, wenn wir beide hier hätten in der Sache, das wäre aus meiner Sicht jedenfalls auch gut gewesen und durchaus sachlich richtig, das gemeinsam zu diskutieren. Denn das Moratorium, was eben schon angesprochen wurde, wird ja auch von der FDP gefordert, allerdings bis zu einem Zeitpunkt, bis das Land ohne eine Neuverschuldung auskommt. Wir haben durchaus Sympathie auch für diesen Vorschlag, der von ihrer Seite kommt.

DIE LINKE hat gefordert, im Prinzip die Erhöhung der Abgeordnetenentschädigung einmalig auszusetzen. Zumindest wird ja diese Jahreszahl auch in ihrem Entwurf mit benannt. Da sagen wir ganz deutlich, wie auch schon bei der ersten Beratung im letzten Monat, das ist das richtige Signal. Angesichts dieser Haushaltslage, gerade heute, wo wir über den Haushalt gesprochen haben, wäre es auch ein richtiges Signal, daher diesem Antrag zuzustimmen. Wenn wir gegen Banker Boni, so will ich es mal nennen, bei Banken mit staatlicher Beteiligung etc. sind, müssen wir auch bei uns selbst ansetzen und deswegen halten wir es auch für richtig, hier durchaus zuzustimmen. Das war im Übrigen auch der Grund, warum wir vor einigen Monaten - einige werden sich erinnern - auch gegen die Erhöhung der Fraktionszuschüsse gestimmt haben. Auch das haben wir schon in der ersten Beratung zu diesem Gesetzentwurf ausgeführt.

Wir meinen allerdings, dass das derzeitige Berechnungsverfahren, die Bezüge an die Lohnentwicklung der abhängig Beschäftigten zu koppeln, durchaus richtig ist, dass man dieses auch im Blick haben muss. Es kann keine Alternative sein, das möchte ich auch noch einmal ganz deutlich sagen, alle paar Jahre hier im Parlament eine Debatte darüber zu führen, ob es 15 oder 20 Prozent Erhöhungen geben solle. Das würde der Demokratie - so meinen wir jedenfalls - noch mehr schaden. Wir sind allerdings der Überzeugung, dass es eigentlich

eine weitergehende Beratung zu dieser Problematik braucht. Wenn wir in den nächsten Wochen sehr intensiv mit Sicherheit den Haushalt diskutieren werden, werden wir auch in die Diskussion mit einbringen die Überlegung, beispielsweise die Zahlung, die im Moment geleistet wird, generell um 10 Prozent oder so zu senken. Wir werden einen solchen Vorschlag ausarbeiten. Aber ich gehe davon aus, dass das auch von anderen Oppositionsfraktionen kommen wird, da Sie auch angekündigt haben, dass dies jeweils nur ein erster Schritt sein soll, um über diese Frage zu diskutieren.

Wir möchten noch einmal sagen, dass wir sowohl dem Antrag von Ihnen folgen werden als auch dem Antrag der FDP, und hoffen, dass wir zu einer ernsthaften Diskussion darüber kommen, wie ein glaubwürdiger Beitrag zur Haushaltskonsolidierung auch von uns selbst geleistet werden kann. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Danke, Frau Rothe-Beinlich. Es hat jetzt das Wort der Abgeordnete Bergner von der FDP-Fraktion.

Danke, Frau Präsidentin. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, bereits im September habe ich bei der entsprechenden Debatte auf die Notwendigkeit zum Sparen hingewiesen. Auch in der heutigen Haushaltsdebatte haben wir gesehen, dass der ausreichende Wille zum Sparen aus unserer Sicht fehlt. Dort entscheidet sich unser Ansatz von Ihrem. Wir sind der Meinung, dass wir keine wohlfeile Abgeordnetenschelte transportieren sollten, der Eindruck könnte dabei durchaus entstehen, auch wenn eine gewisse Sympathie auch bei mir vorhanden ist. Aber wir sollten uns schon vor Augen führen, dass die bestehende Regelung dem Grunde nach nämlich das an die statistische Entwicklung des Einkommens zu binden - vernünftig ist. Wir sollten auch sehen, dass die Vergütungen für Abgeordnete in meinen Augen durchaus angemessen sind, wenn wir uns vor Augen führen, dass etwa ein Regelschulleiter oder auch ein Oberbauleiter in meinem Alter oder ein ganz normaler Maschinenbauingenieur tarifmäßig Entlohnungen haben, die etwa in der Größenordnung eines ganz normalen Abgeordneten liegen.

Aber wir meinen, wir sollten diese Debatte, die wir heute und hier führen, an das Leistungsprinzip koppeln. Und wir sehen eine notwendige Leistung, die wir hier miteinander bringen müssen, darin, Thüringen zukunftsfest zu machen. Das heißt für uns, dafür Sorge zu tragen, dass wir neuverschuldungsfrei sein müssen.

(Beifall FDP)