Protocol of the Session on September 10, 2010

Die Landesregierung, Herr Adams, hat, anders als es durch eine disparate Presseberichterstattung möglicherweise bei Ihnen den Eindruck erweckt hat, durchaus eine einheitliche Auffassung. Das ergibt sich schon aus den Wortmeldungen, die Frau Abgeordnete Marx und ich heute hier getätigt ha

ben. Aus ihnen können Sie ersehen, dass die Linie, die sie vertreten hat, und die Linie, die ich hier vertreten habe, deckungsgleich sind. Ich habe gestern auch mit dem Justizminister über die Stellungnahme der Landesregierung ein halbstündiges Gespräch geführt. Zwischen uns passt kein Blatt.

(Unruhe DIE LINKE)

Das ist so. Wir wollen das Grundrecht der Telekommunikationsfreiheit respektieren und wir wollen Einschränkungen nur im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsprinzips, so wie Sie es hier dargestellt haben, nur für schwere Katalogtaten. Aber selbstverständlich sehen wir die Notwendigkeit, dass angesichts der veränderten gesellschaftlichen Kommunikationsmöglichkeiten - man trifft sich nämlich nicht mehr im Wirtshaus im Spessart, wenn man Verbrechen verabredet, sondern macht das auch über Handy - der Staat hier Waffengleichheit mit den Kriminellen haben muss. Vor diesem Hintergrund beteiligt sich die Landesregierung, Herr Adams, auch intensiv an der Evaluation der EU-Datenschutzrichtlinie. Ich habe persönlich mit der zuständigen Generaldirektion verhandelt, bin dort gewesen. Wir liefern unsere Erfahrungen direkt auch der Europäischen Kommission zu und die gehen ein in die Evaluation und Überarbeitung der Datenschutzrichtlinie.

Wir haben auch keinen Schaum vor dem Mund, aber ich muss schon sagen: Frau Abgeordnete Renner, Freiheit und Sicherheit sind seit der Entstehung des modernen Staates in einem Spannungsverhältnis begriffen. Ein Staat, der es nicht schafft, die notwendige Sicherheit seiner Bürger nach innen und außen zu gewährleisten, wird zum sogenannten failed state, wie man das im Völkerrecht nennt. Das heißt, er wird Akzeptanz verlieren, er wird seine Aufgaben nicht erfüllen können. Vor diesem Hintergrund ist es Aufgabe des Staates, sich die notwendigen Instrumente - die notwendigen -, die geeigneten, erforderlichen und zumutbaren, für den Betroffenen zumutbaren Instrumente zu verschaffen, um die Sicherheit, die die vornehmste und vordringliche Aufgabe, der vornehmste Zweck des Staates ist, sicherzustellen. Was dazu notwendig ist, kann man nicht, Herr Bergner, dadurch bestimmen, dass man den Kopf in den Sand steckt und sagt, aus altliberaler Freiheitsideologie machen wir uns darüber keine Gedanken, sondern man muss in eine Evualation des tatsächlichen Geschehens eintreten. Da ist es auch kein Zufall, dass die Kommission, das BKA, das Max-Planck-Institut im Auftrag des Bundesjustizministeriums an konkreten Fällen ermitteln - Sie dürfen natürlich jetzt auch nicht zuhören, wenn ich geschwätzt habe, Frau Renner, insofern gilt gleiches Recht für alle - insofern ist es auch kein Zufall, dass mehrere Stellen sich mit dieser Evualation beschäftigen. Ich werde gern im Innenausschuss Ihnen weitere eindrucksvolle Belege dafür liefern, dass wir den vornehm

(Abg. Renner)

sten Staatszweck ohne dieses Instrument nicht werden erfüllen können.

Vielen Dank, Herr Innenminister. Ich habe jetzt keine weitere Wortmeldung und auch nicht das Signal, dass das Berichtsersuchen an sich nicht erfüllt wäre. Ich kann also davon ausgehen, dieses Berichtsersuchen ist erfüllt. Wir haben den Antrag auf Überweisung des Sofortberichts, also die Weiterführung der Berichterstattung und Diskussion des Sofortberichts und dem dazugehörigen Änderungsantrag im Innenausschuss.

Wer sich dieser Überweisung anschließen kann, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Danke schön. Wer dagegen ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen der SPD und der CDU. Enthaltungen? Entschuldigung, ich habe die FDP nicht gesehen, Entschuldigung. Die FDP war auch dafür, aber als es um den Bericht ging und die Aussprache zum Sofortbericht haben alle Fraktionen signalisiert, dass genau die Debatte so laufen soll. Es müssen auch alle Fraktionen damit einverstanden sein, dass eine Überweisung stattfindet. Da das nicht der Fall ist, ist keine Überweisung möglich.

Deshalb kommen wir jetzt zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 5/1467. Wer für diesen Änderungsantrag ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Stimmen der FDP. Ich bitte um die Gegenstimmen. Das sind die Fraktionen der SPD und der CDU. Das ist die Mehrheit. Gibt es Enthaltungen? Das ist nicht der Fall. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Da der Änderungsantrag abgelehnt worden ist, brauchen wir jetzt nicht mehr über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abzustimmen. Ich schließe den Tagesordnungspunkt an dieser Stelle.

Wir nehmen einen Wechsel im Präsidium vor, es geht sofort weiter.

Meine Damen und Herren, ich rufe auf den Tageordnungspunkt 16

Zukunft der Schulen in freier Trägerschaft sichern Antrag der Fraktion der FDP - Drucksache 5/1412

Für die FDP-Fraktion hat Abgeordnete Hitzing um Begründung des Antrags gebeten.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, in unserem Antrag zur Zukunft der Schulen in freier Trägerschaft möchte ich noch einmal auf das Thema eingehen, das wir in der Aktuellen Stunde im letzten Plenum schon angesprochen haben. Diesen Antrag möchte ich wie folgt begründen:

Im Freistaat besuchen fast 25.000 Schüler Schulen in freier Trägerschaft, die sich für die Vielfältigkeit dieser Schulen entschieden haben, für die Vielfältigkeit der Thüringer Schullandschaft entschieden haben, die sich für freie Schulen und für teilweise ganz besondere pädagogische Konzepte entschieden haben. Diese Schulen werden mit viel persönlichem Einsatz und viel persönlichem Engagement von Trägern wie privaten Initiativen und vor allem auch kirchlichen Trägern getragen. Die Schulen in freier Trägerschaft erfüllen dabei einen Bildungsauftrag, der freien Trägern und den Eltern als grundgesetzlich verbrieftes Recht garantiert wird.

(Beifall FDP)

Der Gesetzentwurf der Landesregierung stellt dieses Recht mit den vorgesehenen Kürzungen, aber auch mit den vorgesehenen zusätzlichen verschärften Verwaltungsauflagen - diese im Übrigen nur für die Schulen in freier Trägerschaft - massiv infrage.

(Beifall FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Gleichheitsgrundsatz ist nach unserer Meinung in mehreren Paragraphen im Gesetzentwurf nicht beachtet und darauf werde ich später auch noch einmal eingehen. Die staatliche Unterstützung der Schulen in freier Trägerschaft ist keine lästige und auch keine freiwillige oder gar milde Gabe der Landesregierung, nein, sie ist in Thüringen eine Pflicht.

(Beifall FDP)

Sie ist in dieser grundgesetzlichen Pflicht, für alle Thüringer Kinder eine Wahlfreiheit sowie Chancenund Bildungsgerechtigkeit sicherzustellen.

Sehr geehrte Damen und Herren, Schulen in freier Trägerschaft haben den gleichen Bildungsauftrag wie Schulen in öffentlicher Trägerschaft und sie erfüllen diesen auch, und das überdurchschnittlich gut.

(Beifall FDP)

Auf besondere Qualitätsmerkmale und auch besondere Eigenschaften dieser Schulen in freier Trägerschaft sind wir heute übrigens schon bei dem Tagesordnungspunkt der Kollegin Rothe-Beinlich eingegangen, als es nämlich um die Thematik ging, was ist besser und was ist schlechter, was machen die Schulen in freier Trägerschaft zum Beispiel beim Thema der Jahreswiederholung. Da waren sich doch auch viele einig, dass dieses Vorwärtsdenken gerade auch in diesen Schulen sehr weit schon im Vordergrund steht. An manchen Stellen,

(Minister Prof. Dr. Huber)

und deshalb sage ich das hier, erfüllen sie ihren Bildungsauftrag sehr gut und überdurchschnittlich gut.

Herr Minister Matschie hat auf die gestiegenen und seiner Meinung nach zu hohen Kosten der Schulen in freier Trägerschaft hingewiesen. Diese gestiegenen Kosten erklären sich a) aus dem Wunsch der Thüringer Eltern, ihre Kinder noch stärker als bisher auf Schulen in freier Trägerschaft zu schicken, und b) auch aus dem im Vergleich zu anderen Bundesländern stärker gestiegenen Kosten für die staatlichen Schulen.

(Beifall FDP)

Der zweite Platz, den unser Freistaat im Bildungsmonitor 2010 erreicht hat, wurde unter anderem auch durch die gute Arbeit der Schulen in freier Trägerschaft erreicht.

(Beifall FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist also meines Erachtens unbedingt wichtig, das alles in Gänze zu sehen. Man kann es tatsächlich nicht auseinandernehmen. Was macht nun aber das Ministerium, anstatt auch diese Herausforderung anzunehmen, die sich auch entsprechend dem Kienbaum-Gutachten, das das Kultusministerium einmal in Auftrag gegeben hat, und auch entsprechend dem Bildungsmonitor 2010 und anderen Untersuchungen ergeben - warum wird dort gerade gespart, wo das Geld nachgewiesenermaßen effizient und wirkungsvoll zum Einsatz kommt, zum Wohle unserer Kinder eingesetzt wird? Das ist widersinnig. Das Kienbaum-Gutachten, welches leider nicht fortgesetzt wurde, stellt aber die Kostenerhöhung in den öffentlichen Schulen auch sehr nachvollziehbar dar. Es ist also für die Schulen in freier Trägerschaft ganz wichtig, hier nicht zu sparen, denn Sparen mit Verstand sieht anders aus und muss nicht bei den Schulen in freier Trägerschaft angesetzt werden.

(Beifall FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Thüringer Eltern werden unseres Erachtens doppelt bestraft. Sie finanzieren mit ihren Steuern die Schulen in öffentlicher Trägerschaft und gleichzeitig bezahlen sie auch die Elternbeiträge für die Schulen in freier Trägerschaft.

Frau Abgeordnete, wir sind knapp schon über die 5 Minuten, die zur Begründung vorgesehen sind.

Herzlichen Dank, Herr Präsident. Ich bin an dieser Stelle am Ende und bitte Sie um eine lebhafte Diskussion.

(Beifall FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich hoffe, dass nicht Sie am Ende sind, sondern nur Ihre Rede und eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt. Als Erstem erteile ich das Wort dem Abgeordneten Metz von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, noch eine kurze Vorbemerkung. Ich glaube, in der Landesregierung und auch in der Regierungskoalition macht es sich niemand so einfach und sagt, wir kürzen jetzt das ganze Geld für die Schulen in freier Trägerschaft. Das, was Sie hier unterstellen, lasse ich wirklich langsam nicht mehr auf mir sitzen. Wir haben eine ernsthafte Situation. Wir haben Vorgaben im Haushalt und wir diskutieren auch sicherlich nicht ohne wirklich klare Überlegungen. Aber niemand in der Landesregierung hat gesagt, wir wollen die Schulen in freier Trägerschaft zerstören oder irgendetwas, was hier aufgebaut wird.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das hörte sich im Wahlkampf teil- weise anders an.)

Frau Hitzing, noch eine Vorbemerkung zum Motor der Reformpädagogik. Ja, wir haben auch freie Schulen, die Motor der Reformpädagogik sind. Aber wir haben gleichermaßen auch staatliche Schulen, wenn wir uns Jenaplan und Lobdeburg anschauen. Das heißt, zu sagen, die Schulen in freier Trägerschaft sind die Reformschulen in Thüringen, das stimmt einfach so nicht.

(Beifall CDU)

Aber sie sind ein wichtiger Bestandteil der Thüringer Schullandschaft. Ihr Antrag geht in gewisser Art und Weise auch in eine Richtung, die ich verstehen kann. Wir haben aber Einsparungen in allen Bereichen vor und wir müssen die auch im Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur vornehmen. Schulen in freier Trägerschaft, ich habe es gesagt, sind wichtig und leisten eine wichtige Arbeit in der Bildungslandschaft in Thüringen. Ich denke, viele Schulen schauen aktuell auf die Situation und auf die Debatten, die wir hier im Landtag führen. Ich muss Ihnen als Abgeordneter ganz offen sagen, das Königsrecht, wie viel wir finanzieren, in Ihrem Punkt 1, wie viel Geld wir für Schulen in freier Trägerschaft ausgeben, das ist immer noch aufseiten des Landtags. Lassen Sie uns also bei der Haushaltsdiskussion genau darüber diskutieren. Auch im Hinblick auf Punkt 2 im Antrag bei der anstehenden Novellierung des Thüringer Gesetzes über Schulen in freier Trägerschaft und daraus resultierende Forderungen, das ist auch Königsrecht des Landtags; nicht die Aufforderung an die Landesregierung, hier tätig zu werden. Auch in Bezug auf Punkt 3, bei der

(Abg. Hitzing)

anstehenden Novellierung des Thüringer Gesetzes über Schulen in freier Trägerschaft, ist der Landtag in der Entscheidungsbefugnis. Ich lade Sie ein - ich weiß, dass Sie da kämpferisch sind -, bei den Haushaltsdebatten und bei den Diskussionen um das Gesetz mit uns hart im Ausschuss zu diskutieren.

Lassen Sie mich noch einen Punkt sagen. Ich denke, wir müssen nachhaltig eine Finanzierungsstruktur hinbekommen, auch über das Gesetz, um möglichst wenig bei den tatsächlichen Direktzuweisungen herunterzugehen. Dabei wird auch die Überlegung zu einer Landeskinderklausel zwischen den Koalitionspartnern sowie mit dem Ministerium intensiv diskutiert. Lassen Sie uns keine pauschalen Denkverbote erteilen, weil wir ernsthaft darüber reden müssen, wo wir Schwerpunkte setzen, in welchen Bereichen wir kürzen.

Zu Punkt 4: Ich finde es bemerkenswert, dass Sie als Freie Liberaldemokratische Partei FDP im Bund eine solche Kürzungsorgie vornehmen für Kinder aus Hartz-IV-Familien und uns mit diesem Antrag unterstellen, wir würden nicht alle Kinder gleichwertig behandeln,

(Beifall SPD)

Frau Hitzing, das finde ich, gelinde ausgedrückt, eine kleine Schweinerei. Damit soll es belassen sein. Wir bitten um Ablehnung des Antrags und um intensive Debatte im Ausschuss.

Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt Abgeordnete Hitzing von der FDP-Fraktion.