Protocol of the Session on September 9, 2010

(Unruhe DIE LINKE)

man sehen würde, was will denn DIE LINKE insgesamt und nicht, was will DIE LINKE da und was will DIE LINKE da und was will DIE LINKE da. Dann gehört dazu ein ordentlicher Gesetzentwurf und dann kann man darüber reden. Aber den populistischen Vorschlag, den Sie vorgelegt haben, lehnen wir ab. Vielen Dank.

(Beifall CDU, SPD)

Für die FDP-Fraktion erhält der Abgeordnete Bergner das Wort.

Danke, Frau Präsidentin. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, als ich diesen Antrag gelesen habe, musste ich mit Gedanken an den Kollegen Kuschel etwas schmunzeln, der uns vor einigen Wochen hier vollmundig verkündet hat, er sei jeden Euro wert, den er hier verdient.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das stimmt aber.)

Vermutlich, Herr Kollege Kuschel, wollen Sie sich also nicht mehr steigern.

(Beifall CDU, SPD, FDP)

Ich freue mich aber über die Bescheidenheit, die Sie hier zutage legen.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ja, so bin ich.)

Die sollten Sie durchaus in Ihrem eigenen Bundesverband etwas weiter transportieren. Ich denke an den Artikel „Hummer und Sichel“ über Ihren Bundesvorsitzenden,

(Heiterkeit und Beifall CDU, FDP)

der jetzt doch sehr, sehr lange gebraucht hat an öffentlicher Unterstützung, um Bescheidenheit zu üben. Oder ich erinnere an der Stelle auch an die Bescheidenheit des Genossen aus dem Saarland mit der „Villa der sozialen Gerechtigkeit“.

(Beifall CDU, FDP)

Gleichwohl ist das Thema interessant und wichtig. Wenn wir uns die Haushaltsentwicklung ansehen, wenn wir uns ansehen, dass auf der Einnahmenseite seit dem Jahr 2000 gar nicht so wesentliche Unterschiede passiert sind, müssen wir doch feststellen, dass es den öffentlichen Haushalten bislang nicht gelungen ist, nachhaltig die Neuverschuldung zu verringern oder sogar ganz auf sie zu verzichten. Thüringen hat Schulden in Höhe von 15,7 Mrd. € bei einem Bruttoinlandsprodukt von 48,9 Mrd. €. Im Jahr 2010, meine Damen und Herren, bringt es dieses Land Thüringen auf eine Neuverschuldung von 821 Mio. € bei einem Haushaltsvolumen von 9,81 Mrd. €. Als wäre das alles nicht weiter schlimm, erleben wir, wie Jahr für Jahr die Schulden weiter nach oben getrieben werden. Auch im Jahr 2011, meine Damen und Herren, wird die Regierung die Grenze der Neuverschuldung voll ausreizen. Das heißt im Klartext, dass nicht weniger Einnahmen das größte Problem darstellen, sondern dass es an einem ernsthaften Sparkonzept und Sparwillen fehlt sowie an der notwendigen Ausgabendisziplin.

(Beifall FDP)

Nehmen wir die Beispiele mit dem Landesarbeitsmarktprogramm von 14,5 Mio. €. Wofür haben wir denn die Arbeitsagenturen? Nehmen wir die Kosten für das Projekt „Zukunftsatlas“, 1,75 Mio. €, keine stichhaltige Begründung. Nehmen wir die Greentech-Agenturen mit Kosten von 2,1 Mio. € oder das Thüringer Erziehungsgeld mit 32,3 Mio. €. Das sind alles Dinge, wo man schon nachfragen muss. Wer sich diesem Kurs nicht massiv entgegenstellt, mutet an wie jemand, der im elften Stock aus dem Fenster gestürzt ist und beim dritten Stock sagt „bis jetzt ist ja alles gut gegangen“.

Meine Damen und Herren, kein verantwortungsbewusster Unternehmer würde, wenn seine Firma nicht richtig läuft, die Privatentnahme erhöhen. Dass das Regierungsschiff in Thüringen bei solchen Schulden richtig gut laufen würde, will doch niemand ernsthaft behaupten, meine Damen und Herren. Da Kollege Ramelow in der Ankündigung in der Presse mit Begriffen operiert hat wie „asozial“, will ich Ihnen sagen, was ich für asozial halte: Asozial ist es, immer neue Schulden anzuhäufen zulasten kommender Generationen.

(Beifall FDP)

Asozial ist es, das Geld kommender Generationen zu verfrühstücken, anstatt die Rahmenbedingungen für einen selbsttragenden Aufschwung zu schaffen,

(Abg. Dr. Pidde)

der die notwendigen Erwerbsquellen damit dauerhaft und langfristig für Arbeitsplätze im eigenen Land entstehen lässt. Asozial ist es, staatliche Alimentationen vor die Hilfe zur Selbsthilfe zu setzen. Asozial ist es, diejenigen, die den Karren ziehen, so lange zu überlasten, bis sie selbst nichts mehr leisten können, meine Damen und Herren.

(Beifall FDP)

Asozial ist es auf jeden Fall nicht, dafür zu sorgen, dass Haushalte saniert werden und Neuverschuldung kein Dauerbrenner mehr sein wird. Deshalb, meine Damen und Herren führt an Ausgabendisziplin kein Weg vorbei, auch wenn sie gelegentlich schmerzhaft ist. Wir meinen, dass unter den Betroffenen Einsicht in die Notwendigkeit besser zu erreichen ist, wenn die Bereitschaft zum Sparen vor der eigenen Tür nicht haltmacht. Das heißt nicht, dass wir populistisch in wohlfeile Abgeordnetenschelte einstimmen würden. Die Grunddiät eines Landtagsabgeordneten in Thüringen liegt ungefähr auf dem Niveau des Gehalts eines Oberbauleiters in einer gut gehenden Baufirma, eines Regelschulrektors nach drei Jahren mit 4.494 € oder eines Oberstaatsanwalts nach vier Jahren mit 4.548 €. Das heißt, und das ist auch in verschiedenen Redebeiträgen heute hier gesagt worden, es besteht an der Stelle kein Grund zur Selbstkasteiung. Gleichwohl stehen wir aber für das Leistungsprinzip auch in der Politik und wir meinen, die Leistung, der wir uns gemeinsam verschreiben, muss heißen, Thüringen zukunftsfest zu machen. Dazu gehört es, den Stopp der Neuverschuldung zu erreichen. Deshalb, meine Damen und Herren, wollen wir ein Diätenmoratorium an den Stopp der Neuverschuldung des Freistaats Thüringen koppeln

(Beifall FDP)

und damit die Bereitschaft zur Ausgabendisziplin fördern. Wir denken, gerade auch mit Blick auf die Kosten der Verfassungsänderung, so wie das hier genannt ist, ist es schlicht und einfach zu wenig, nur nach Beliebigkeit mal zu sagen, jetzt setzen wir mal aus, dann mal wieder nicht, dann setzen wir mal wieder aus, dann mal wieder nicht - so kann das nicht funktionieren, sondern wir meinen, es muss an ein konkretes Kriterium gebunden werden und dieses konkrete Kriterium muss es sein, dieses Land frei zu machen von Neuverschuldung. Dafür werben wir und dafür werden wir in der zweiten Lesung, sofern sie kommt, oder im Ausschuss einen Änderungsantrag einbringen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP)

Es gibt jetzt weitere Redeanmeldungen. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich der Abgeordnete Meyer noch einmal zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie ahnen vielleicht schon, auf welchen Redebeitrag hin ich mich noch mal zu Wort gemeldet habe, um eine kleine Klarstellung zu machen. Herr Ramelow, es geht mir durchaus darum, da bin ich ganz bei Ihnen, dass es vernünftig sein kann und auch vernünftig ist, uns als Parlament gut auszustatten. Allerdings wird das wahrscheinlich jedes Fachministerium von sich auch behaupten. Wenn wir am Ende dieses Jahres feststellen, dass wir für alle anderen Fachministerien deutliche Minuszahlen in den Haushalt 2011 schreiben müssen, weil das Geld nicht reicht, aber bei den Kosten für die Volksvertreter ein dickes Plus steht, dann vermitteln Sie das bitte mal an die anderen Beschäftigten in Verwaltung und Regierung dieses Landes.

(Beifall SPD)

Das ist mein Vergleich gewesen. Völlig in Ordnung, wenn wir der Meinung sind, wir brauchen mehr Geld für unsere Arbeit hier im Parlament, dann müssen wir aber trotzdem ein Zeichen setzen und sagen, Haushaltsdisziplin ist auch für uns notwendig und der Abschnitt im Haushalt „Landtag“ muss sich genauso entwickeln wie alle anderen Abschnitte in den Haushalten auch von 0-18. Das ist meine feste Überzeugung und so viele Möglichkeiten, woanders zu sparen, haben wir nicht. Wenn dann lediglich Symbolitäten kommen - 60.000 € infrage stehen - und nicht einfach konsequenterweise gesagt wird, dann muss eben unser eigenes „Einkommen“ infrage gestellt werden, weil wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wollen und auch brauchen, weil wir aber kein Geld haben, wenn Sie dieses nicht Runterbrechen in den Haushalt hinein, das habe ich mit Symbolismus gemeint und deshalb habe ich auch dieses Beispiel genommen, das genau in diesem Fall passt, weil es im selben Haushalt veranschlagt wird. Das war das Thema, über das Sie sich so freundlich aufgeregt haben. Vielen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als Nächstes habe ich die Wortmeldung der Frau Abgeordneten König, DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste, ich möchte zwei Punkte darstellen, insbesondere für diejenigen, die heute hier zuhören und auch auf der Tribüne sitzen, über welche Summen wir eigentlich reden. Ich glaube, dass das vielen so gar nicht bekannt ist. Die Grunddiät eines Abgeordneten, eines einfachen Abgeordneten in Thüringen beträgt ca. 4.600 € brutto.

(Abg. Bergner)

(Zwischenruf Abg. Bergemann, CDU: Nein, 4.665 € und 57 Cent.)

Sie können dann gern ergänzen, aber ich würde gern meine Zahlen und auch meine Rede erst mal halten. Hinzu kommen 50 Prozent für Krankenversicherung und Pflegeversicherung - ein Zirkabetrag, sofern man denn gesetzlich versichert ist, in Höhe von weiteren 350 € monatlich. Das ist das, was dem Abgeordneten persönlich zur Verfügung steht, abzüglich der Steuern, die jeder Abgeordnete ähnlich auch wie Arbeitnehmer - im Lande Thüringen zahlen muss. Dabei bleibt es aber nicht und das unterstelle ich, dass natürlich auch Abgeordnete ein Stück weit von weiteren Möglichkeiten des Lebens eines Abgeordneten profitieren. Da wäre zum einen die steuerfreie Aufwandsentschädigung für Büros für die politische Arbeit im jeweiligen Wahlkreis. Diese beträgt ca. 1.100 € plus - abhängig von der Entfernung zum Landtag - eine Reisekostenpauschale, die sich zwischen 200 € bis knapp 1.000 € bewegt. Die Reisekostenpauschale ist allerdings nicht das Einzige, sondern hinzu kommt ein für Thüringen bis an die Grenze bis Leipzig geltendes 1.-Klasse-Ticket, welches einen ermächtigt, überall die Bahn zu nutzen, wie man Lust und Laune hat. Zusätzlich, wie gesagt, gibt es auch noch die Reisekostenpauschale. Ich zähle nur auf, was denn ein Abgeordneter, eine Abgeordnete bekommt. Den Umgang damit muss jeder Abgeordnete vor sich selber verantworten.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Nehmen Sie Hartz IV und geben den Rest ab.)

Herr Fiedler, ich finde die Antwort, „nehmen Sie Hartz IV“, ist nicht wirklich eine adäquate Reaktion auf das,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

was wir hier als Abgeordnete bekommen, wenn ich das vorstelle. Hinzu kommt der Mehrbedarf der Abgeordneten. Unterstellt wird, dass sie ja eine gewisse Zeit im Monat am Sitz des Landtags, also in Erfurt, verbringen. Mir persönlich ist unbekannt, welcher Mehrbedarf das ist, denn sofern Übernachtungskosten anfallen sollten, gibt es in Erfurt das Haus der Abgeordneten, welches Abgeordneten frei zur Verfügung gestellt wird. Sollten sie nicht im Abgeordnetenhaus übernachten, gibt es immer noch die Möglichkeit, bis zu einer Summe von 95 € pro Nacht in einem Hotel ihrer Wahl zu übernachten.

(Unruhe SPD)

Herr Barth sagt, das mag falsch sein, dann ziehe ich das zurück. Trotzdem, das Haus der Abgeordneten steht kostenfrei zur Verfügung. So läppern sich doch einige zusätzliche Gelder zusammen, die nicht dagegen sprechen sollen, dass gute Arbeit auch gut bezahlt werden soll. Nur meiner Meinung

nach ist gute Arbeit - und die unterstelle ich jetzt erst einmal grundsätzlich allen Abgeordneten - mit 4.600 € Brutto mehr als gut bezahlt. Aber vielleicht fehlt einigen hier im Hause der Realitätsbezug, nämlich zu denjenigen Menschen, die in Thüringen ein Durchschnittseinkommen von ca. 2.000 € Netto haben. Und selbst das ist hoch in Thüringen.

Als Zweites, eine Reaktion auf Herrn Bergner: Sie sprechen von asozial. Manchmal schaue ich dann doch kurz …

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Davon sprach Ihr Vorsitzender.)

Ich möchte Ihnen kurz erklären, weil ich unterstelle, dass es mein Vorsitzender weiß, woher dieser Begriff kommt.

(Beifall SPD)

Er bezeichnet nämlich die diskriminierende Kennzeichnung von Menschen und Menschengruppen und wurde als solches in der NS-Zeit ursprünglich verwendet. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Es hat sich weiterhin zu Wort gemeldet für die FDPFraktion der Abgeordnete Recknagel.