Das Gesetz muss bis zum Jahresende neu gefasst werden; dazu gehört diese Überprüfung. Ich will die Punkte nennen, die wir hier vorgesehen haben. Sie wissen, dass die Berechnungsgrundlage für die Zuschüsse pro Schüler an den Schulen in freier Trägerschaft die Kosten im staatlichen Schulsystem sind. Jetzt gab es - das wissen Sie - ein Gerichtsurteil, das die Kosten im staatlichen Schulsystem in die Höhe getrieben hat, nämlich das Urteil, dass verbeamtete Lehrer, die in Teilzeit verbeamtet waren, Vollzeit arbeiten dürfen. Viele haben das in Anspruch genommen, arbeiten wieder Vollzeit und deshalb haben wir sogenannte Überhänge, insbesondere in den Regelschulen und in den Gymnasien, die wir zusätzlich finanzieren müssen. Diese zusätzlichen Kosten gehen auch in die Berechnung dessen ein, was die Schulen in freier Trägerschaft bekommen. Nun frage ich Sie mal ganz ehrlich: Ist das wirklich sachgerecht? Muss man da so aufschreien, wenn wir sagen, wir wollen nicht mehr auch die Überhänge, die wir im staatlichen System notgedrungen finanzieren müssen, gleichzeitig weiterreichen in den Kosten für die Schulen in freier Trägerschaft, sondern wir wollen hier nur die notwendigen Kosten ansetzen. Oder auch die Frage: Wie gehen wir mit den Wartefristen um? Unser Nachbarland Sachsen zum Beispiel diskutiert gerade darüber, die Wartefristen auf vier Jahre zu verlängern. Wir bleiben ganz ausdrücklich bei der Wartfrist von drei Jahren, aber wir wollen die Ausnahmen einschränken. Es gibt kein Bundesland, das so viele Ausnahmen von der Wartefrist zulässt wie Thüringen. Deshalb ist es doch sinnvoll, darüber zu reden. Mein Vorschlag ist: Die Wartefrist muss für jede Schule gelten und sie wird nicht einfach ausgesetzt, wenn ein Träger schon eine Schule gleicher Schulart betreibt. Ich halte das für sinnvolle Diskussionspunkte. Der Referentenentwurf ist im Kabinett zur Kenntnis genommen worden, ist jetzt in die Anhörung gegangen und wir werden dann im September wahrscheinlich die zweite Kabinettsbefassung haben und dann dem
Parlament entsprechende Vorschläge vorlegen. Dazu gehört dann im Nachgang auch die Finanzverordnung, die unter der gesetzlichen Ebene die Prozentsätze regelt, die den Schulen in freier Trägerschaft zustehen.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, ich bitte darum, dass wir hier eine sachgerechte Debatte führen, dass wir keinen Alarmismus machen. Und, Frau Rothe-Beinlich, wenn Sie davon gesprochen haben, dass ich Angst schüre, wenn ich über notwendige Einsparungen rede, dann bitte ich darum, selbst auch darauf zu achten, dass wir nicht über Gebühr hier Angst schüren, auch nicht bei den Schulen in freier Trägerschaft.
Wir werden vernünftig mit den Trägern reden über das, was möglich ist. Die ersten Gespräche sind auch schon gelaufen. Wir haben in der letzten Woche auf Fachebene alle Träger eingeladen und mit ihnen gesprochen. Es gibt das Anhörungsverfahren, was jetzt läuft, bevor das Kabinett endgültig zu diesem Gesetzentwurf beschließt, alles so, wie es unsere Regularien vorsehen und wie es auch sinnvoll ist.
Deshalb bitte ich darum, dass auch Sie dann, wenn der Gesetzentwurf in das Parlament kommt, konstruktiv damit umgehen. Sie werden auch in der parlamentarischen Beratung alle Chancen haben, Ihre Ideen und Überlegungen einzubringen. Ich bitte Sie an dieser Stelle auch, das nicht mit anderen Aufgaben im Schulsystem einfach zu vermengen. Wir diskutieren an vielen Stellen über Veränderungen. Wir werden auch im staatlichen Schulsystem schauen, wo die Effizienzreserven sind, da sind wir dabei. Wir diskutieren über notwendige Veränderungen im Bereich z.B. der Berufsschulen und des Berufsschulnetzes bei zurückgehenden Schülerzahlen. Wir diskutieren natürlich auch über den Personaleinsatz in den Schulen insgesamt. Wir stellen alles, was notwendig ist, auf den Prüfstand, um zu einer für die Bürger kostengünstigen Aufgabenerfüllung zu kommen.
Ich hoffe, dass das Parlament uns in dieser Aufgabe unterstützt und - das will ich auch noch mal deutlich sagen - natürlich sind die Gemeinschaftsschulen ein neuer Impuls für das Schulsystem, aber wir beschäftigen uns nicht nur damit. Wir haben viele Aufgaben der Schulentwicklung, an denen wir arbeiten. Dazu gehört die Umsetzung des gemeinsamen Unterrichts, das heißt, die Integration von behinderten Schülerinnen und Schülern im normalen Schulsystem. Dazu gehört die kommunale Vernetzung und Verankerung der Schulen. Dazu gehört die Verbesserung der Berufsorientierung an den Schulen und viele weitere Beispiele ließen sich
nennen. An den Grundschulen sind gerade neue Lehrpläne eingeführt worden - also, wir arbeiten an vielen Stellen an der Verbesserung des Bildungssystems und wollen, dass wir die Aufgaben, die wir dort im Bildungssystem haben, für die Bürger kostengünstig ausführen können. Die Schulen in freier Trägerschaft sind ein wichtiger Bestandteil, dabei bleibt es, aber wir müssen konstruktiv miteinander diskutieren, wie wir diese Aufgaben auch in Zukunft sinnvoll finanzieren können. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Minister Matschie. Wir haben jetzt durch den Redebeitrag des Ministers 6 Minuten Redezeit für die Parlamentarier. Zu Wort gemeldet hat sich der Abgeordnete Barth.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Minister, das muss natürlich zwangsläufig so noch mal ein bisschen reflektiert werden, was Sie hier gesagt haben. Ihr Haus hat in seinem Haushalt 2010 gegenüber 2009 einen Aufwuchs von etwa 260 Mio. € erlebt, das sind über 10 Prozent - 13/14 Prozent - etwa Aufwuchs gegenüber dem Landeshaushalt 2009. Von diesen 260 Mio. € sind 10 Mio. € Anteil Erhöhung der Umlagen der Zuschüsse für die Schulen in freier Trägerschaft. Das ist begründet allein und einzig durch die Tatsache, dass es entsprechend mehr Schüler an Schulen in freier Trägerschaft gegeben hat, denn die Umlagen werden ja nun mal schülerbezogen gezahlt. Noch einmal: Die Tatsache, dass Sie den Schulen in freier Trägerschaft mehr Geld geben als im Jahr vorher, hat nichts damit zu tun, dass Sie die Schulen besser leiden können oder besser stellen wollten, sondern schlicht und ergreifend damit, dass diese Schulen entsprechend mehr Resonanz, entsprechend mehr Zuspruch gefunden haben, ausweislich höherer Schülerzahlen übrigens in Zeiten zurückgehender Insgesamtschülerzahlen, in Zeiten des demographischen Wandels,
der von sinkenden Schülerzahlen gekennzeichnet ist. Wenn Sie, Herr Minister, dann in einer Debatte, in der es um die Gemeinschaftsschulen geht, völlig ohne Not,
völlig ohne irgendeinen zeitlichen Druck isoliert herausgreifen, bei der Debatte, wie die Gemeinschaftsschulen bezahlt werden sollen, die Frage der Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft
aufzurufen, dann, sehr geehrter Herr Minister, ist es keine Frage abstrakten Sparens mehr, sondern dann ist es tatsächlich eine Frage, dass Sie hier erkennbar zwei Schularten gegeneinander ausspielen, dass Sie hier derjenige sind, der Unsicherheit, ja Verängstigung in die Schulen in freier Trägerschaft trägt, weil es bei einem Haushalt von 2,2 Mrd. € sicherlich eine Menge Punkte gibt - und noch mal 260 Mio. € Erhöhung, da haben Sie auch eine Menge Interessengruppen bedient im letzten Jahr -, bei denen Sie auch Erwartungen geweckt haben, dass Sie ausdrücklich und isoliert diesen Punkt herausgreifen und sagen, das Geld für die Gemeinschaftsschulen holen wir uns bei den freien Schulen. So kommt die Debatte nämlich an. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das bei so einem Haus wie dem Ihrigen möglicherweise keine Absicht ist. Wenn es keine Absicht war, dann sollten Sie vielleicht mit dem noch einmal reden, der Ihnen den Floh ins Ohr gesetzt hat.
Herr Minister, Sie zündeln an der Stelle oder Sie lassen zündeln, Sie lassen es laufen. Deswegen noch einmal ausdrücklich: Für einen Punkt bin ich Ihnen dankbar; die Schulen in freier Trägerschaft sind nicht, wie Ihr Kollege Metz gesagt hat, eine Ergänzung des Schulsystems, des Schulwesens in Thüringen,
Sie sind übrigens auch gesetzlicher Anspruch; es ist mehrfach zitiert worden aus dem Grundgesetz. Deswegen ausdrücklich meine Aufforderung: Lassen Sie bitte diese Spiele, diese politischen Gefechte in der Öffentlichkeit, dass Sie die Gemeinschaftsschule, die Sie ideologisch wollen, die ich ablehne - das ist eine andere Baustelle -, hernehmen und den Eindruck erwecken, dass Sie die befördern, indem Sie andere benachteiligen. Denn eine interessante Frage bleibt zum Schluss: Auch bei der Gemeinschaftsschule gibt es keinen Zwang, dass es die nur in staatlicher Trägerschaft geben darf. Warum es hier keine Elterninitiative gibt, die vielleicht eine Gemeinschaftsschule als Schule in freier Trägerschaft etabliert, ist auch ein Punkt, der vielleicht mal ganz interessant zu hinterfragen ist. Danke.
Sie haben noch drei Minuten Redezeit. Aber es hat sich der Minister zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Minister.
Herr Kollege Barth, das ist ein Punkt, den ich nicht so stehen lassen kann und auch nicht so stehen lassen will. Zunächst einmal, es gibt natürlich auch schon Initiativen in freier Trägerschaft, die Gemeinschaftsschulen auf den Weg bringen wollen, weil es ein attraktives Schulmodell ist. Zweitens bitte ich Sie noch einmal, die Größenordnungen zu beachten, über die wir hier diskutieren. Wir haben eine Anschubfinanzierung vorgesehen für Gemeinschaftsschulen, die notwendig ist für Qualifizierungsmaßnahmen, für Lehrmaterial, was entwickelt werden muss, für Neuorganisation von Unterrichtsformen in der Größenordnung von etwas über 400.000 € Anschubfinanzierung. Wir haben auf der anderen Seite eine Größenordnung an Ausgaben für die Schulen in freier Trägerschaft, die sich bei 130 Mio. € bewegen. Allein diese Relationen machen deutlich, dass hier überhaupt nichts gegeneinander ausgespielt werden kann.
Die Schulen in freier Trägerschaft - Herr Barth, das wissen Sie doch genauso gut wie ich - werden unabhängig davon gefördert, ob sie Gymnasien, Regelschulen, Grundschulen, Gemeinschaftsschulen oder Waldorfschulen sind. Die freien Träger können den Anspruch haben, dass das, was sie pädagogisch an Konzepten schulisch umsetzen wollen,
von uns gefördert wird, unabhängig davon, um welches Konzept es sich handelt. Dabei wird es auch in Zukunft bleiben. Eines kann ich Ihnen an dieser Stelle nicht ersparen, es ist völlig unglaubwürdig, sich hier vorn hinzustellen in den Haushaltsberatungen und den Mund weit aufzureißen und zu sagen, es wird viel zu wenig gespart und wir leben auf Kosten der kommenden Generationen.
Wenn man ganz vorsichtig daran geht, Aufgaben zu überprüfen und Einsparpotenziale zu suchen, Herr Barth, dann stellen Sie sich hier vorn auch wieder hin und sagen, das geht alles nicht. Sie können sich nur für eins von beiden entscheiden, sonst müssten Sie schizophren werden.
Vielen Dank. Als Nächste hat sich Frau Abgeordnete Sojka zu Wort gemeldet. Wir haben jetzt wieder fünf Minuten Redezeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Was mich ärgert, ist, dass Sie diese Gemeinschaftsschule und die freien Schulen in einem Atemzug nennen und das eine gut finden und das andere nicht. Mir muss wirklich mal einer von Ihnen erklären, der die Gemeinschaftsschule nicht gut findet, was dort anders ist, als beispielsweise in den reformpädagogisch orientierten freien Schulen.
Weil ich diese Schulen kenne und ihre gute Arbeit schätze, wollen wir beispielsweise Gemeinschaftsschulen.
Unsere Kritik richtet sich nur darauf, dass dies nirgendwo stattfindet. Einige der Schulen, die sich schon reformpädagogisch orientiert haben, tauschen einfach nur das Türschild aus und machen ihre gute Arbeit weiter; die freien Schulen selbstverständlich auch. Bei den freien Schulen gibt es sogar ein paar, die von Klasse 1 bis 12 oder bis 13 gemeinsam lernen. Wenn Eltern ihre Kinder in einer freien Grundschule anmelden, dann werden die natürlich auch an eine freie Regelschule oder ein Gymnasium weitergeführt. Das ist das gleiche Konzept, reformpädagogische Ansätze, individuelle Betreuung, meistens kein Stundenklingeln, keine Noten oder erst später, kein Sitzenbleiben, eben wirklich gute Schule. Und das wünsche ich mir für alle Kinder in Thüringen.
Wenn man als Beispiel meinen Heimatort Altenburg nimmt, da ist die Schülerzahl endlich. Wenn sich da eine neue Gemeinschaftsschule - egal, ob frei oder staatlich - gründen würde, dann hätten Eltern was davon und würden das gut finden, wenn sie kein Schulgeld zahlen müssten, natürlich noch mehr als wenn sie Schulgeld zahlen müssten. Deswegen stimmt es mich durchaus traurig, dass die Eltern, die Schulentwicklung voranbringen wollen, in freie Schulen ausweichen, wie das in Weimar beispielsweise mit dieser inklusiven Schule stattgefunden hat, einfach weil das Schulamt jahrelang negiert hatte, dass es dort eine Elterninitiative gibt, die inklusive Bildung will. Das ist doch ein Ausdruck dafür, dass im staatlichen Schulsystem nicht entsprechend und schnell reagiert werden kann.
Trotzdem fordert die CDU unverständlicherweise weiter die Verbeamtung. Wir fordern, dass all diese Dinge, kein Sitzenbleiben, keine Noten, nicht als Teufelszeug an die Wand gemalt werden. Das wäre ja so schlimm, als würde das Abendland untergehen. Eigentlich ist es doch aber das, was die freien Schulen und die Gemeinschaftsschulen vergleichbar macht. Wir müssen doch wirklich mal gut über
legen, was tut allen Kindern in Thüringen gut, damit sich schnell in der Bildungslandschaft in Thüringen etwas verändert. Ich denke, da sind die Schritte des jetzigen Ministers einfach unzweckmäßig, zu kurz geraten oder bei Einschränkungen im finanziellen Bereich auch nicht hilfreich. Es bringt eigentlich die, die Partner sein müssten, gegeneinander auf. Und das wollen wir nicht.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Sojka. Wir haben noch zwei Minuten Redezeit. Gibt es weitere Wortmeldungen? Das sehe ich nicht. Dann schließe ich den ersten Teil der Aktuellen Stunde und rufe den zweiten Teil der Aktuellen Stunde auf
b) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Thema: „Umsetzung des Thüringer Kita-Gesetzes in Bezug auf die Personalberechnung“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/1326
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, wie es scheint, macht uns die Umsetzung des Kindertagesstättengesetzes genauso viel Arbeit wie seine Durchsetzung. Erst haben wir jahrelang für einen besseren Personalschlüssel gekämpft und jetzt scheint der Kampf anzustehen, um den Rechtsanspruch auf den erhöhten Personalschlüssel auch tatsächlich einzulösen. In den ersten Monaten nach der Verabschiedung sah es so aus, als müssten wir nur aus verständlichen Gründen gegen den Gemeinde- und Städtebund argumentieren - er hat ja aus Kostengründen das Gesetz abgelehnt -, der von Anfang an wenig Begeisterung für die Neuerung zeigte. Erste Anzeichen aus Ihrem Ministerium, Herr Matschie, legten jedoch schon die Befürchtung nahe, dass es auch dort Widerstände gegen Ihr eigenes Gesetz gab. Es dauerte Monate, bis Ihre Internetseite aktualisiert wurde, und die Rechtsverordnungen sind immer noch nicht da. Es wurden merkwürdige Verlautbarungen aus Ihrem Hause bekannt, die da lauteten, Bedarfspläne seien nur deklaratorisch, was so viel heißt, eigentlich ist es egal, ob man Bedarfspläne aufstellt oder nicht.
Gutwillige konnten zu diesem Zeitpunkt noch vermuten, dass dieses Unterlaufen des Gesetzes aus den untersten Hierarchien Ihres Hauses kommt. Aber seit der Sondersitzung im Bildungsausschuss