Protocol of the Session on March 26, 2010

Es gibt den Wunsch auf eine weitere Nachfrage.

Was hat das dann hier bei der Diskussion über den Equal Pay Day zu tun? Wenn Sie regionale Gehaltsunterschiede thematisieren, dann ist das doch keine Frage nach geschlechtsspezifischer Benachteiligung, sondern einer regionalen Spezifikation.

Ja, die kommt noch hinzu. Es ist sozusagen eine doppelte Benachteiligung.

(Beifall DIE LINKE)

Ich hoffe, das ist Ihnen deutlich geworden. Es gibt auch eine Lohndifferenz bei Männern. Nichtsdestotrotz gibt es zusätzlich die Lohndifferenz zwischen vergleichbarer Arbeit von Frauen und Männern. Man redet nicht von gleicher, sondern wir sagen bewusst, gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit und der Arbeit, die Männer in bestimmten Branchen leisten. Das eine ist überhaupt nicht ausschließend für das andere. Haben Sie noch eine Nachfrage?

Das muss er bei mir anmelden. Nein.

Gut, dann mache ich lieber weiter. Der Anteil der erwerbstätigen Frauen in Thüringen, die weniger als 700 € netto im Monat verdienen, ist übrigens innerhalb eines Jahres um 10 Prozent gestiegen - von 27 Prozent im Jahr 2006 auf 38 Prozent im Jahr 2007. Ein Beschäftigungszuwachs hat bei Frauen in den letzten Jahren ausschließlich im Bereich der Teilzeitbeschäftigung stattgefunden, bei Männern

allerdings - der Unterschied ist sehr auffällig - im Vollzeitbereich. Nur noch 34 Prozent der Vollzeitstellen in Thüringen sind mit Frauen besetzt.

Meine Damen und Herren, deswegen sind wir der Meinung, dass wir beim sogenannten Niedriglohnbereich auch über Mindestlöhne reden müssen und dass der Mindestlohn eine ganz wesentliche Forderung bei der Bekämpfung der ungleichen Bezahlung der Geschlechter ist, deswegen haben wir diesen auch in unserem Antrag mit aufgenommen. Ein gesetzlich garantierter Mindestlohn ist eine überfällige Antwort auf Niedriglohn und prekäre Beschäftigung und damit auch für viele Frauen, die kein Einkommen haben, das dafür ausreicht, die Existenz eigenständig zu sichern.

Meine Damen und Herren, wir haben diesen Antrag bewusst mit sehr konkreten Vorgaben in den Thüringer Landtag eingebracht. Heute ist leider Minister Machnig nicht da, denn er müsste uns eigentlich mindestens aus vollem Herzen zustimmen. Schließlich ist er heute mit folgendem Satz auf der Titelseite der „Thüringischen Landeszeitung“ zitiert: „Lohndiskrimminierung ist ein Verstoß gegen die Menschenrechte und darf nicht länger hingenommen werden.“ Wie wahr. Umso verwunderlicher Folgendes:

(Zwischenruf Abg. Dr. Pidde, SPD: Er vertritt gerade Thüringen im Bundesrat.)

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Dann kann er das gleich einbringen.)

Ja, das ist total wichtig, vielleicht können Sie sich den Satz Ihres Ministers zu Herzen nehmen. Denn seit gestern liegt uns nun Ihr Alternativantrag von CDU und SPD vor. Ich hätte mir sehr gewünscht, dass Sie, die Vertreterinnen und Vertreter von SPD und CDU das Gespräch mit uns gesucht und den Versuch unternommen hätten, einen gemeinsamen Antrag auf den Weg zu bringen. Dann hätte ich zumindest glauben können, Ihnen sei am gemeinsamen Vorgehen und an wirkungsvollen Maßnahmen nicht nur an effektheischenden Überschriften gelegen. Sie haben sich für einen Alternativantrag entschieden. Was das bedeutet, wissen oder ahnen leider alle hier im Saal und das finde ich ausgesprochen bedauerlich.

Zu Ihrem Antrag: Wenn wir betrachten, dass wir in Deutschland, und zwar entgegen dem europäischen Trend, einen wachsenden Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen haben, dass wir europaweit zu den Schlusslichtern bei der gleichen Bezahlung von Männern und Frauen gehören, dann kann man keinen Antrag wie diesen vorlegen, der zur Überschrift haben müsste, „Wasch mir den Pelz, aber

mach mich nicht nass“,

(Beifall DIE LINKE)

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von CDU und SPD. Wir sind uns in der Analyse weitestgehend sogar einig. Aber in einer solchen Zeit, in der der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern in Deutschland mehr als 23 Prozent beträgt, kann man sich einen solchen Antrag eigentlich nicht mehr leisten, meine Damen und Herren.

Sie haben die Einführungspassage aus unserem Antrag übernommen, den Forderungskatalog aber haben Sie weggelassen. Ohne konkrete Maßnahmen jedoch verkommt das Anliegen zum zahnlosen Tiger und das können, wollen und dürfen wir uns nicht leisten. Wir haben allen Abgeordneten im Landtag einen Brief zukommen lassen, um für unser Anliegen zu werben. Als Antwort darauf hat uns gestern der Kollege Bergemann von der CDU den Flyer der Frauen in der CDA überreicht mit den Worten: „Auch wir tun was.“ Das freut uns.

(Beifall CDU)

Noch schöner wäre es, wenn nicht nur die Frauen in der CDA tatsächlich etwas täten. In diesem Flyer wird interessanterweise das 10-Punkte-Regierungsprogramm der CDU Thüringens zitiert. Darin heißt es: „Wir wollen die Chancen- und Lohngleichheit von Frauen verwirklichen und fordern eine ausgewogene Berücksichtigung von Frauen in Führungspositionen.“ Daher frage ich Sie und das durchaus ernst gemeint: Was folgt aus diesen hehren Worten? Sie wollen alle zwei Jahre einen Bericht, mehr aber nicht. Das ist uns entschieden zu wenig. Erst wenn der Equal Pay Day auf den 31. Dezember fällt, ist das Ziel der Lohngleichheit, das bereits vor über 50 Jahren - das bitte ich Sie, sich alle mal auf der Zunge zergehen zu lassen - in den römischen Verträgen als verbindliches Ziel festgeschrieben wurde, erreicht. Bis dahin werden wir immer und immer wieder auf diese Ungerechtigkeit aufmerksam machen, denn Frauen sind uns 100 Prozent wert.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Genau deshalb reichen wir Ihnen heute und reiche auch ich Ihnen heute die Hand und bitte Sie, die ideologischen Schützengräben zu verlassen, um gemeinsam für ein Ende der Lohnungleichheit zu streiten. Wir wollen, dass von Thüringen sehr bald das Signal ausgeht, dass wir tatsächlich Vorreiterinnen sind, und zwar nicht nur, indem wir eine Ministerpräsidentin an der Spitze haben. Deshalb geben Sie sich doch einen Ruck und unterstützen Sie unseren Antrag für ein Ende der Lohndiskriminierung.

Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit! Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Danke, Frau Abgeordnete. Das Wort hat Abgeordneter Worm von der Fraktion der CDU.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, heute, am 26. März, findet der Equal Pay Day zum dritten Mal in Deutschland statt. Im Mittelpunkt des Ganzen steht die Forderung nach Entgeltgleichheit für gleichwertige Arbeit von Frauen und Männern. Ich denke, das ist eine durchaus berechtigte Forderung, der wir uns auch anschließen. Ganz klar ist, dass die Wirtschaft in Deutschland zukünftig ohne gut bezahlte Jobs für Frauen, also ohne dieses verfügbare Potenzial auch zu nutzen, die Aufgaben der Zukunft nur schwer meistern kann. Bedauerlich - und das möchte ich an dieser Stelle einmal zum Ausdruck bringen - ist jedoch die Tatsache, dass wir es in Deutschland nicht schaffen, solchen Aktionsbündnissen eine Begrifflichkeit in deutscher Sprache zuzuordnen.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Jawohl!)

Auch wenn das Ganze auf eine US-Initiative zurückzuführen ist, denke ich, es würde gut für die Verständlichkeit sein, das zu überdenken.

Sehr verehrte Damen und Herren von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wir lehnen trotzdem Ihren Antrag zum Thema „Ende der Lohndiskriminierung“ ab, nicht, weil uns das Thema nicht am Herzen liegen würde, das will ich noch einmal deutlich sagen, sondern weil Ihr Antrag handwerklich nicht solide gemacht ist.

(Zwischenruf Abg. Sojka, DIE LINKE: Weil Männer eben fehlen...)

Nein. Ich will das im Folgenden begründen und auf die einzelnen Punkte Ihres Antrags eingehen.

Zu Punkt 1 - das haben Sie schon gesagt, Frau Rothe-Beinlich - gehen wir absolut d’accord. Deshalb haben wir diesen Passus unverändert in den Punkt 1 unseres Alternativantrags übernommen, ihn jedoch dahin gehend erweitert, dass sich die Landesregierung unter anderem auch für Chancengleichheit und gleichwertige Aufstiegschancen einsetzen soll. Hier besteht Einigkeit, was allerdings in den nachfolgenden Punkten nicht der Fall ist, denn schon in Punkt 2 stellen Sie fest, dass die Lohndifferenz bei gleichwertiger Arbeit durchschnittlich 23 Prozent beträgt.

Nach dem Statistischen Bundesamt ist dieser Wert absolut korrekt. Allerdings ist das der Durchschnittswert für ganz Deutschland.

Wenn man sich aber in Punkt 2 Ihres Antrags auch auf Thüringen bezieht, dann gehört zur Wahrheit dazu, dass es ein deutliches Gefälle zwischen den alten und neuen Bundesländern gibt, und in Thüringen und auch in den anderen neuen Bundesländern - das kann man den entsprechenden Statistiken entnehmen - beträgt der Wert im Durchschnitt tatsächlich nur 6 Prozent. An dieser Stelle sage ich deutlich, das sind durchaus 6 Prozent zu viel, da gibt es gar keine Frage, aber zu 23 Prozent ist es ein entsprechender Abstand. Damit lässt sich also feststellen, dass die Lage in Thüringen nicht unmittelbar mit der in Deutschland vergleichbar ist.

Es gibt eine Anfrage der Abgeordneten Rothe-Beinlich.

Herr Worm, könnten Sie uns bitte einweihen, woher Sie diese Zahlen haben, und sie uns ggf. auch zur Verfügung stellen? Denn mir sind die nicht bekannt und ich beschäftige mich durchaus schon länger mit dieser Thematik.

Das kann ich gern machen. Sie stehen im Dossier des Bundesministeriums für Familie, Senioren und Frauen. Aber Sie können es dann gleich im Anschluss bekommen.

Es ist auch nachweislich, dass es Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern in ganz Europa gibt. Das ist ein Fakt. Deswegen ist es zu begrüßen, dass sich die Bundesregierung der Frage der Entgeltungleichheit in den letzten drei Jahren verstärkt zugewandt hat und diese Frage auch entsprechend thematisiert.

In Punkt 3 fordern Sie ausreichende Bereitstellung von Landesmitteln für flächendeckende Betreuungs- und Bildungsangebote für Kinder von Anfang an. An dieser Stelle weiß ich jetzt nicht wirklich, ob das neue Kita-Gesetz, auf das sich die Koalition geeinigt hat und was vor gut acht Wochen hier im Landtag zum ersten Mal diskutiert wurde, völlig an Ihnen vorbeigegangen ist. Auch wenn es um das Berufswahl

spektrum für Mädchen und Jungen geht, möchte ich stellvertretend für die zahlreichen Angebote diesbezüglich, die da an den Standorten Ilmenau, Erfurt und Jena angeboten werden, nur auf die Initiative FrITZI hinweisen und denke, an dieser Stelle macht sich auch sehr deutlich, dass wir hier in Thüringen schon einiges in diesem Bereich haben.

Bei Punkt 4 verweise ich darauf, dass wir uns mit der Thematik „Frauenquote in Aufsichtsräten“ derzeit im Wirtschaftsausschuss beschäftigen und dass eigentlich fraktionsübergreifend auch Einigkeit darüber besteht, dass in diesem Bereich Fortschritte gemacht werden müssen.

Bei Punkt 5, Mindestlohn, verweise ich aufgrund der umfangreichen und vielfältigen Diskussionen zu diesem Thema in diesem Haus lediglich auf Punkt 2 unseres Alternativantrags, in dem wir uns für den Ausbau eines branchenbezogenen Mindestlohns aussprechen. Alles in allem werbe ich an dieser Stelle noch einmal für die Annahme unseres Alternativantrags und die Ablehnung des Antrags von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wir lehnen ebenfalls ab den Änderungsantrag der LINKEN. Hier will ich inhaltlich gar nicht noch einmal tiefgründig darauf eingehen. Ich verweise lediglich auf die ausstehende Novellierung des Thüringer Gleichstellungsgesetzes. Es macht hier wenig Sinn, ohne umfängliche Diskussion einen Passus herauszunehmen und entsprechend neu zu definieren. Nochmals: Wir lehnen auch Ihren Änderungsantrag diesbezüglich ab.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Dr. Lukin, DIE LINKE: Die Frauen der CDU haben aus Protest schon den Saal verlassen.)

Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat Abgeordneter Kemmerich von der FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Gäste, Equal Pay Day heute, am 26. März, zeigt den Tag, wo die Frauen, zumindest statistisch, im Gegensatz zu der männlichen Bevölkerung umsonst gearbeitet haben.

Punkt 1 Ihrer Forderung in dem Antrag ist unterstützenswert, weil wenig kritisch. Danach, Frau RotheBeinlich, weiß ich nicht, ob Sie selbst der statistischen Falle aufgesessen sind, aber es sind ja erst einmal Fakten, dass 34 Prozent der Frauen nur vollzeitbeschäftigt sind, ich kenne die Zahl auch nur aus Deutschland, und 79 Prozent der männlichen Bevöl

kerung ebenfalls vollzeitbeschäftigt sind. Das liegt aber erst einmal an der Berufswahl und die ist bekanntlicherweise in Deutschland frei. Frauen entscheiden sich halt heute immer noch eher - und das sind auch die Gründe - für personalintensive Dienstleistungen, die sind halt etwas schlechter bezahlt.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie kennen sich ja aus damit.)