Protocol of the Session on June 27, 2014

Frau Präsidentin, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich erinnere mich jetzt eigentlich an gar kein Projekt, über das wir so oft und so ausführlich hier im Plenum diskutiert hätten wie über den gemeinsamen Bau einer Justizvollzugsanstalt durch die Freistaaten Sachsen und Thüringen. Wir haben sehr oft und sehr viele Argumente ausgetauscht und haben alle Risiken und Chancen gegeneinander abgewogen. Jetzt gibt es eine deutliche Mehrheit, denke ich, im Parlament und in zahlreichen Sitzungen der Ausschüsse und des Hohen Hauses, die sich bereits wiederholt für dieses wegweisende Projekt ausgesprochen hat. Deswegen sage ich heute kurz und bündig, um dauernde Wiederholung zu vermeiden: Die SPD-Fraktion im Thüringer Landtag stimmt mit einem klaren Ja für das Thüringer Gesetz zu dem Staatsvertrag über die Errichtung und den Betrieb der gemeinsamen Justizvollzugsanstalt in Zwickau. Damit wird durch die Koalition am Ende der Legislaturperiode ein weiteres wichtiges Projekt aus dem Koalitionsvertrag im Bereich der Justizpolitik umgesetzt. Wir haben das versprochen und werden es damit auch halten.

(Abg. Bergner)

(Beifall SPD)

Die Eröffnung der neuen Jugendstrafanstalt Arnstadt, die am Wochenende der Bevölkerung unter dem Motto „Wir schließen auf“ präsentiert wird, beweist, dass der Schutz der Bürger einerseits und eine erfolgreiche Resozialisierung der Strafgefangenen andererseits besser in einem modernen Gefängnisneubau umgesetzt werden kann. Zugleich ergeben sich durch den Bau dieser gemeinsamen Anstalt Synergieeffekte, die den Steuerzahlern in Sachsen und Thüringen zugutekommen werden. Fragen zum zukünftigen Status der Vollzugsbeamten und zum Thema Altlasten auf dem Baugelände in Zwickau-Marienthal haben uns zuletzt nochmals im Ausschuss beschäftigt. Was die Absicherung der Bediensteten anbelangt, so wird der Justizminister selbst noch etwas dazu sagen. Es gab da noch einmal genauere Prüfungen. Das ist wirklich abgesichert, dass keiner der Vollzugsbeamten, die freiwillig in die neue Justizvollzugsanstalt nach Zwickau wechseln werden, irgendwelche Nachteile gewärtigen müsste, in der Bezahlung oder auch nicht bei den sogenannten Zulagen. Das wird also alles gewährleistet werden. Ich denke deswegen auch, dass wir diesen allgemeinen Antrag nicht brauchen, dass alle Verwaltungsvereinbarungen, die künftig getroffen werden, unter Ausschusszustimmungsvorbehalt zu stellen sind. Das ist ein Instrument, das ist, ich sage mal, systematisch sachfremd. Ich kann nicht einerseits sagen, ich eröffne ein Gesetz, die Durchführung eines Gesetzes für Verwaltungsvereinbarungen, und andererseits sagen, pauschal muss aber dann immer quasi ein Parlamentsgremium zustimmen. Ich vertraue wirklich auf die Zusagen und auf die intensiven Bemühungen, den Status der Beschäftigten ausreichend abzusichern, zu dem der Minister, ich sagte es bereits, gleich noch mal Ausführungen machen will, dass wir so eine allgemeine Regelung hier nicht beschließen können. Wir haben auch, denke ich, nicht die Kompetenz, hier einen Beschluss zu fassen über Zustimmungsbedarfe im Land Sachsen. Da steht dann auch in diesem Antrag drin, dass die Justizausschüsse der jeweiligen Länder einen Zustimmungsvorbehalt bekommen.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Das stimmt nicht, Frau Marx. Lesen Sie ge- nau, bitte!)

Ja, okay, dann steht es nicht drin. Dann nehme ich das zurück.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Aber erst mal hier sagen!)

Aber ich halte dann mein Argument aufrecht, dass das, sagen wir mal, technisch eigentlich nicht hineinpasst. Wenn ich generell sage, ich ermögliche in einem Gesetz genauere Durchführung durch Verwaltungsvereinbarungen, und sage dann „Verwaltungsvereinbarungen aber nur mit Zustimmung des

Parlaments“, dann hätte ich die Fragen gleich gesetzlich regeln können und sollen, wenn ich dieses Vertrauen nicht habe. Kollege Scherer hat es bereits gesagt. Wir sind nicht daran gehindert, uns jederzeit, und das hatte der Minister auch im letzten Justizausschuss zugesagt, berichten zu lassen, wie der Stand der Umsetzung jetzt ist, wenn die neue Justizvollzugsanstalt endlich fertiggestellt sein wird, dass wir dann fragen, wie sich die Situation der Beschäftigten darstellt, wie viele Mitarbeiter freiwillig nach Sachsen gewechselt sind, ob die zufrieden sind, ob es da noch irgendwelche offenen Fragen gibt. Da werden wir bestimmt in der nächsten Legislaturperiode von einem Justizminister entsprechend informiert werden. Ich gehe davon aus, dass die Risiken zu möglichen Altlasten auf dem Gelände überschaubar und bezahlbar bleiben, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass sonst die Finanzminister beider Bundesländer diesem Vorhaben wohlwollend zugestimmt hätten. In diesem Sinne stimmt die SPD-Fraktion für den Gesetzentwurf der Landesregierung. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD)

Vielen Dank. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt Herr Abgeordneter Carsten Meyer.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Na ja, Frau Marx, das wollen wir dann mal sehen.

(Beifall SPD)

Welche Gründe die Herren Finanzminister hatten, dem zuzustimmen, darüber könnte man auch spekulieren.

(Heiterkeit DIE LINKE)

Ich komme einmal zu dem Positiven, das auch unsere Fraktion durchaus bei dem vorliegenden Staatsvertrag sieht, dem wir, wie Sie wissen, in der Vergangenheit und auch jetzt wieder zustimmen werden und trotzdem einige Fragen haben, die auch nicht beantwortet sind, allerdings andere, als Herr Bergner sie aufgeworfen hat.

Das Erste, was man sagen müsste und fairerweise sagen muss - auch wenn nur noch ein Mitglied der Regierung aktuell im Raum ist -, dass es das einzig positive Ergebnis einer Länderkooperation überhaupt in fünf Jahren ist, was wir zwischen Thüringen und einem anderen Land hinbekommen haben. Es ist eigentlich eine Peinlichkeit, dass man nur dieses eine hat, aber dieses eine hat man immerhin. Einmal wenigstens ist es gelungen, etwas gemeinsam zu machen mit einem anderen Land, das sogenannte „Blaue Wunder“ einmal kurz in Erinne

(Abg. Marx)

rung gerufen, was mittlerweile schon wieder im Nebel des Vergessens gelandet ist. Man hätte viel mehr machen können, wenn man gewollt hätte. Man will aber nicht, weil man das Thema Länderfusion auch nicht will. Auch da werden wir uns alle wieder sprechen. Herr Scherer, warten wir es einmal ab. In fünf bis zehn Jahren ungefähr sind Sie dann in einer Situation, die Gera jetzt hat oder Eisenach, und dann werden Sie das Problem wieder aufrufen.

(Zwischenruf Abg. Scherer, CDU: … wollen wir doch mal sehen.)

Das werden wir sehen. Das Positive der Länderkooperation bei dem gemeinsamen Standort einer JVA ist jedenfalls richtig gewesen. Es ist auch richtig gewesen, dass man versucht, dieses Problem der Verbesserung der Situation für alle dort Tätigen und Einsitzenden, also alle Mitarbeitern, alle Strafgefangenen sowohl in Westsachsen wie auch in Ostthüringen, schnell zu lösen. Das ist auch der Grund, warum es richtig ist, diesen Staatsvertrag heute zu verabschieden.

Die Negativpunkte, die dagegen stehen: Das Verfahren war der Versuch, Transparenz zu bekommen. Aber er hat nicht wirklich funktioniert. Hätte er funktioniert, da bin ich ziemlich sicher, sind auch die Ostthüringerinnen und Ostthüringer vernünftig genug zu wissen, dass sie eine Chance mit einem Standort in Thüringen vertan haben. Hätte man das gut hinbekommen mit der Transparenz, hätte man die Menschen überzeugen können. Wenn ich mir jetzt ansehe, wie Gera dasteht und wie Gera dastehen könnte, wenn die JVA dort als Großunternehmen demnächst für Gewerbesteuererträge, für Einkommensteuer, auch wenn es nur um Einkommensteuerumlage geht, dienen könnte - eine verpasste Chance. Die hat auch etwas mit dem Thema Transparenz zu tun, dass Ängste ausgesprochen werden durften, die keinerlei Bezug zur Realität haben. Platt gesagt, eine Justizvollzugsanstalt in der Nachbarschaft sorgt dafür, dass das ungefähr die sicherste Nachbarschaft von ganz Thüringen wird und nicht eine unsichere. Aber das nicht verstanden zu haben - in Aga beispielsweise -, ist wirklich bedauerlich. Schade um die vertane Chance und Glückwunsch nach Zwickau.

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Das soll auch so sein. Ja.)

Das ist in diesem Fall vielleicht ein Beispiel dafür, dass die Hohenleubener zum Beispiel das anerkannt haben. Man muss noch einmal als Negativtatbestand darauf hinweisen, dass es natürlich ein völlig unambitionierter Bau wird, was das Thema Energie und Architektur angeht, weil man sich nach dem Motto „Wir sparen Geld“ mit einer Blaupause der JVA in Dresden behelfen will. Das ist überhaupt nicht angemessen, weder der Bauaufgabe noch beispielsweise so etwas wie Klimaschutz. Gestern

hier, ich kann mich gut an die Debatte erinnern, das wäre ein Beispiel dafür gewesen zu sagen, wir machen im Klimaschutz ernst, diese Anstalt wird klimaneutral. Das geht, wenn man nur will. Man will aber nicht. Das geht eigentlich in Richtung Sachsen. Denn da saß unser Justizminister wahrscheinlich schon am kürzeren Hebel. Das Argument der Kosten ist genannt worden.

Die Finanzrisiken bei den Altlasten nenne ich heute ein letztes Mal. Dass wir die gemeinsam tragen müssen, ist so nicht verabredet gewesen. Jetzt ist es so, okay. Dass man Altlasten saniert, ist völlig richtig. Auch da erinnere ich an die Debatte von gestern. Das Versiegelungsziel von null Hektar kann man nur dann erreichen, wenn man sich den Altlasten stellt und diese nachnutzt. In diesem Fall ein Reichsbahnausbesserungswerk, was regelmäßig mit deutlich mehr Kosten saniert werden muss, als man vorher auch nur ansatzweise und seriös planen konnte, das ist auch nicht passiert. Die Kosten werden den nachfolgenden Landtag hier sicherlich noch mehrfach beschäftigen, wenn das bei 2,4 Mio. € bleibt. Ich bin bereit, in der Öffentlichkeit Abbitte zu leisten. Das werde ich nie müssen, nie. Das wäre der erste Bau, wo das passieren kann. Trotzdem ist es wohl richtig, das zu tun, das haben wir als Grüne immer gesagt. Besser als auf der grünen Wiese baut man natürlich auf Altlastenstandorten. Aber vernünftigerweise macht man das mit einer klaren Finanzregelung und die ist in diesem Fall nicht gegeben.

Ich will auch Herrn Bergner in der Form recht geben, dass natürlich das Thema der Nachnutzung unklar ist, der Altstandort, aber ganz anders, als er das macht. Ich gehe sogar so weit zu sagen, Herr Bergner, dass der Bürgermeister in Hohenleuben gerade versagt,

(Beifall SPD)

nämlich darin, dass er schon alleine an der falschen Tür klopft. Warum haben Sie nicht längst Anträge gestellt, über Städtebauförderung Konzeptionen für Ihr Städtchen zu erarbeiten?

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Herr Mey- er, sitzen Sie nicht im Haushalts- und Finanz- ausschuss?)

Ich rede jetzt von Ihnen als Kommunalpolitiker. Davon rede ich jetzt gerade, ja.

(Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Wer redet denn jetzt?)

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Steht da, was... drin ist?)

Ich habe von Antragstellung gesprochen und davon, dass beispielsweise Ihr Kollege beim Altstandort, der jetzt gerade nach Rudisleben umzieht, seit Jahren über dieses Thema diskutiert, Geld bereitgestellt hat, und wenn Sie das Geld selbst nicht ha

ben, den Ausgleichsstock bemühen müssten. Aber das wäre Ihre ureigenste Aufgabe gewesen und nicht, zu glauben - das ist das eigentliche Problem -,

(Beifall SPD)

dass die Justiz jemals in Gera oder in Hohenleuben oder übrigens wahrscheinlich auch in Weimar irgendeine Art von Nachnutzungsnotwendigkeit und vernünftigerweise auch Bedarf an diesen Standorten hätte - nicht die Justiz, vielleicht eine andere Landeseinrichtung, das kann sein, aber höchstwahrscheinlich auch die nicht. Sie haben ein städtebauliches Problem zu lösen und Sie versagen, wenn Sie es nicht als städtebauliches Problem sehen, sondern als Problem eines Fachministeriums im Land. Tut mir leid, das so sagen zu müssen. Aber das hätten Sie vor zwei Jahren schon längst tun können. Dementsprechend ist auch Ihr Antrag, den Sie heute als Entschließung eingebracht haben, von uns natürlich abzulehnen. Das ist schlicht und ergreifend nichts weiter als der Versuch, Ihren Bürgerinnen und Bürgern in Hohenleuben Sand in die Augen zu streuen. Sie haben die Verantwortung. Nicht mehr Herr Poppenhäger hat die Verantwortung dafür, sondern Sie.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Sie wissen doch noch nicht mal, wo das liegt. Sie haben doch vom ländlichen Raum keine Ahnung.)

(Beifall SPD)

Nein, natürlich nicht. Nein, ist schon klar. Ich bin auch nicht in Thüringen geboren, ich bin in keinem Sportverein und habe in Hohenleuben auch nur erst dreimal, übrigens auch mit Ihrer Vorgängerin schon, vor 20 Jahren, zu Ihren Finanzproblemen in Hohenleuben gesprochen, die Sie auch nicht gelöst hatten. Damals ging es um Straßenausbaubeiträge, ein Thema, was Sie heute auch nicht ansprechen wollen. Herr Bergner, wenn Sie auf diesem Niveau weiter diskutieren, dann sind doch alle hier weiterhin froh, dass der 14. September kommt.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Alle. Vielleicht sogar Sie selbst. Dann haben Sie nämlich das Problem nicht mehr, was Sie hier diskutieren müssen.

Was allerdings jetzt den Antrag von den Linken angeht, da ist, glaube ich, die Debatte der Ablehnung durch SPD und CDU gerade in die falsche Richtung gegangen. Verwaltungsvorschriften gehören nicht in einen Ausschuss, Verwaltungsvereinbarungen zwischen den Ländern aber sehr wohl. Wenn ich den Staatsvertrag richtig gelesen habe, werden die Verwaltungsvorschriften, die notwendig sind, in der neuen Strafvollzugsanstalt sowieso sächsische sein (mit denen haben wir gar nichts mehr zu tun, denn vernünftigerweise, da sie in Sachsen liegt, gelten

dort Vorschriften, die für Sachsen gemacht werden). Aber alles, was noch damit zu tun hat, dass auch Thüringer Recht betroffen ist, muss Verwaltungsvereinbarung werden. Dass wir das in einem Ausschuss diskutieren, ist richtig. Es ist übrigens auch deshalb richtig, weil es vernünftigerweise dafür sorgt, dass wir uns daran gewöhnen, dass wir häufiger kooperieren sollten und welche Chancen und auch welche Risiken das bergen könnte. Deshalb ist der Antrag der Linken gut und wir werden ihn unterstützen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Danke schön. Ich sehe keine Wortmeldungen der Abgeordneten mehr. Die Regierung hat sich zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Minister Dr. Poppenhäger.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr geehrte Gäste auf der Zuschauertribüne, sehr geehrte Abgeordnete!

Ich bedanke mich zunächst, dass Sie den Staatsvertrag heute auf die Tagesordnung des Plenums genommen haben.

Noch ein Wort vorab in Richtung FDP: Ich war gestern auf der Justizministerkonferenz - der eine oder andere hat das vielleicht auch in der Zeitung gelesen - und ich habe natürlich auch mit dem Vertreter des Freistaats Sachsen, Herrn Justizminister Martens, über unser gemeinsames so wichtiges Projekt gesprochen. Nur aus Taktgefühl, Herr Abgeordneter Bergner, will ich davon absehen, hier zu sagen, was er zum Wirken der Thüringer FDP in dieser Angelegenheit gesagt hat.

(Beifall DIE LINKE)

Herr Abgeordneter Blechschmidt hat eben seinen Bericht gehalten - dafür danke ich. Er hat die Beschlussempfehlung des Justiz- und Verfassungsausschusses dargestellt. Auch ich bitte Sie, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.