Protocol of the Session on June 27, 2014

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Das kommt darauf an.)

Wenn Sie aufgepasst hätten, ich habe auch mit dem Kopf geschüttelt, Frau Berninger, ich habe genauso mit dem Kopf geschüttelt wie der Justizminister und in meinen Augen auch zu Recht.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Mal sehen, welcher Auffassung Sie sind, wenn es kommt.)

Der Verfassungsgeber, Frau Berninger, hat ganz zu Recht verschiedene Stufen von Regelungen vorgesehen, es gibt Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften. Gesetze regeln den Grundsatz und Verwaltungsvorschriften bestimmen Einzelheiten. Hierzu kommt noch hinzu, dass zwei Länder hier an der Verwaltung dadurch beteiligt sind, dass es mehrere paritätisch besetzte Kommissionen gibt, die für die Bauphase, für die finanzielle Seite und den eigentlichen Vollzug einvernehmliche Lösungen finden sollen. Hier ganz grundsätzlich eine Behandlung jeder Verwaltungsvereinbarung im Landtag zu fordern, geht zu weit und erschwert eine gemeinsame Entscheidung. Das wird auch nicht dadurch besser, dass das „insbesondere“ für bestimmte Verwaltungsvereinbarungen gelten soll. Das ist an sich eine unsinnige Aussage, wenn im Satz vorher steht, dass Verwaltungsvereinbarungen ohne jede Einschränkung generell der Zustimmung des Justizausschusses unterliegen und möglicherweise, das kann man aus Ihrem Antrag nicht genau sehen, auch noch der Strafvollzugskommission.

Wir werden deshalb den Änderungsantrag der Linken ablehnen, was den Landtag nicht hindert, sich im Einzelfall auch mit einer Verwaltungsvereinbarung zu befassen. Ebenso wenig sind wir zukünftig daran gehindert, die Altlastenfragen oder die laufenden Kosten im Blick zu halten, was mit einem Zustimmungserfordernis zu einer Verwaltungsvereinbarung sowieso nicht möglich wäre.

Was die Thüringer Bediensteten angeht, hatte ich bei der letzten Diskussion schon betont, dass wir davon ausgehen, dass das Thüringer Ministerium mit Fingerspitzengefühl auf Einzelprobleme eingeht und wir uns gegebenenfalls auch einschalten würden. Auch dies lässt sich durch ein Zustimmungserfordernis zu einer Verwaltungsvereinbarung nicht im Entferntesten kontrollieren.

Ebenso abzulehnen ist der Entschließungsantrag der FDP-Fraktion. Schon wenn man auf den Zeitpunkt schaut, 01.09.2014, ist dies völlig illusorisch.

Die CDU-Fraktion sieht die Errichtung und den Betrieb einer gemeinsamen Haftanstalt mit Sachsen als Pilotprojekt auch für weitere gemeinsame Projekte an, die zu seiner zukunftsfähigen Wahrnehmung staatlicher Aufgaben beitragen können. Wir stimmen dem Staatsvertrag in der von der Regie

rung vorgelegten Form deshalb vorbehaltlos zu. Danke schön.

(Beifall CDU, SPD)

Vielen Dank. Das Wort hat jetzt für die FDP-Fraktion der Abgeordnete Bergner.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Gäste auf der Zuschauertribüne, heute findet schon die zweite Beratung des Gesetzentwurfs zum Staatsvertrag über die Errichtung und den Betrieb einer gemeinsamen JVA in Zwickau statt. Vielleicht fragen sich jetzt einige, warum ich das Wort „schon“ verwendet habe. Im Mai wurde der Gesetzentwurf erst in den Ausschuss verwiesen. Das, meine Damen und Herren, macht grundsätzlich nur dann Sinn, wenn es Bedenken gibt und somit Beratungsbedarf besteht und gegebenenfalls noch eine Anhörung stattfinden soll. Eins steht schon mal fest: Eine Anhörung hat nicht stattgefunden und wurde im Justizausschuss auch nicht beschlossen. Ansonsten würden wir nämlich heute nicht über den Gesetzentwurf beraten. Leider konnten unseres Erachtens aber die bestehenden Bedenken eben nicht durch die Beratung im Ausschuss behoben werden. Vielmehr habe ich das Gefühl, dass hier nach dem Motto verfahren wird „Augen zu und durch“ oder „Kopf in den Sand“.

(Beifall FDP)

Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, gerade von der Linken, die die Anhörung nicht wollte - ich nehme mal eine Ausdrucksweise, die Ihr Kollege Kuschel aus Ihrer Fraktion gerne nimmt -: Man sollte ja auch Fehler eingestehen können. Deswegen gebe ich die Möglichkeit, auch einen Fehler einzugestehen und wieder auszubügeln. Es gibt eine Petition zum Mitzeichnen, die genau mit dem Ziel beantragt ist, eine Anhörung zu erreichen. Deswegen bitte ich Sie auch dringend, heute diese Entscheidung nicht vor dieser Anhörung zu treffen, sondern dem Inhalt dieser Petition Rechnung zu tragen.

(Beifall FDP)

Ich bin der Auffassung, dass wir nicht so lax mit unseren Bediensteten und mit den Steuergeldern umgehen sollten.

(Beifall FDP)

Die FDP hat von Anfang an ein sorgfältigeres Vorgehen eingefordert. Aber alles, was wir zu hören bekommen, sind oft nicht mehr als Mutmaßungen. Das fängt bei der Kostenschätzung an und hört bei der Behandlung der Bediensteten noch lange nicht auf.

(Abg. Scherer)

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, alles ist bisher sehr vage - und dann einen Staatsvertrag abzuschließen ohne jedes Ausstiegsszenario, der uns mindestens 30 Jahre bindet, finde ich schon abenteuerlich und verantwortungslos, meine Damen und Herren.

(Beifall FDP)

Die Kosten werden derzeit für Thüringen auf ca. 67,5 Mio. € geschätzt - 67,5 Mio. €. Die Frage ist: Worauf beruhen denn diese Schätzungen? Das K1-Gutachten, worin die Baukosten der JVA geschätzt wurden - ich habe schon öfter darüber gesprochen -, ist eben nicht viel mehr als eine Grundlagenermittlung, das hat die Landesregierung selbst so gesagt. Praktisch befinden wir uns also noch in einer Vorplanungsphase und entscheiden über angeblich 67,5 Mio. € ohne Ausstiegsszenario. Ich will an der Stelle sagen - Sie wissen ja, ich bin Bauingenieur -: Es sind in dieser Planungsphase noch erhebliche Verschiebungen in den Kosten möglich. Selbst wenn man die Entscheidung pro Zwickau jetzt schon gut finden sollte, für den Fall einer Kostenexplosion im weiteren Planungsprozess kein Ausstiegsszenario zu haben, das halte ich für grob fahrlässig. Sie sind dabei, den Thüringer Flughafen zu bauen.

(Beifall FDP)

Bisher, meine Damen und Herren, ist es für uns eben noch nicht ersichtlich, welche Kosten wegen der Altlastensanierung auf dem Gebiet des Reichsbahnausbesserungswerks tatsächlich auf uns zukommen werden. Ich habe es auch in den vorangegangenen Beratungen gesagt: Bei einer Baugrunduntersuchung, bei einer Altlastenuntersuchung hat man immer nur punktuelle Aufschlüsse, das heißt, dazwischen befinden sich immer große Risiken. Aber wir sollen einen Vertrag gut finden, in dem noch nicht einmal bei einer solchen Kostenexplosion die Möglichkeit besteht, vor Baubeginn die Notbremse zu ziehen.

Für alle zusätzlich entstehenden Kosten - und da ist das, was, Frau Kollegin Berninger, Sie gesagt haben, schon fast blauäugig - haften wir selbstverständlich nach dem Staatsvertrag nach einem Verteilungsschlüssel. Da kann der Minister freundlich nicken oder nicht, es ist so und es ist so im Vertrag drin und die Sachsen werden den Teufel tun, nicht auf den Vertrag zu bestehen.

Wie man zu diesem Zeitpunkt schon die Höhe der Einsparungen zum Eigenbau einer JVA in Thüringen in Höhe von 6 Mio. € feststellen kann, ist mir als Baufachmann ein Rätsel. Das ist, meine Damen und Herren, jede Menge weiße Salbe.

(Beifall FDP)

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Die Landes- regierung hat hellseherische Fähigkeiten.)

Deswegen wüsste ich schon gern auch im Detail, wie die Landesregierung diesen Kostenvergleich erstellt hat, welche Maßstäbe man für den Eigenbau in Thüringen angesetzt hat. Genau diese Grundlagen sind nie zur Verfügung gestellt, sind uns nie nachprüfbar vorgelegt worden. Das wird alles im Nebel bleiben.

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Herr Bürger- meister!)

Ja, Herr Kollege, natürlich bin ich auch Bürgermeister für Hohenleuben und natürlich stehe ich auch für meinen Standort Hohenleuben ein. Aber das ist noch lange nicht der Punkt. Ich habe mich für Thüringer Standpunkte insgesamt eingesetzt. Das können Sie in allen Protokollen nachlesen, das können Sie auch in der Einwohnerversammlung von Aga nachlesen und das sollten Sie auch tun, dafür sind Sie nämlich gewählt.

(Beifall FDP)

(Unruhe CDU)

Meine Damen und Herren, einen weiteren Kritikpunkt will ich auch nennen. Ich kann nicht nachvollziehen, wie die Landesregierung eigene Standorte ins Aus schießt, ohne sich für einen Thüringer Standort stark zu machen oder vorher zu klären, wie die Situation der eigenen Standorte vor Ort ist. Das ist einer, meine Damen und Herren, der größten Kritikpunkte, die ich an dem Vorgehen der Thüringer Landesregierung habe. Ich will auch sagen, dass vor dem Abschluss des Staatsvertrags die Situation der Bediensteten eben nicht geklärt ist. Das halte ich für grob fahrlässig. Wir geben uns dort Verhandlungsmasse aus der Hand.

Ich will aber jetzt auf unseren Entschließungsantrag und den Änderungsantrag der Linken eingehen. In der ersten Beratung zum Staatsvertrag wollte uns Frau Kollegin Marx erklären, dass wir uns doch eher um die Nachnutzung kümmern sollten, da Hohenleuben als JVA-Standort tot sei. Frau Marx, auch wenn Sie nicht alle Anträge der FDP kennen müssen - wenn Sie hier vorn auftreten und irgendwelche Behauptungen aufstellen, sollten Sie sich vorher informieren. Das würde Ihnen gut tun und Ihrer Rede auch. Ich will Ihnen das auch noch einmal erläutern. Wir haben am 15.02.2012, am 15.02., Herr Kollege Scherer, hören Sie gut zu, mit der Drucksache 5/4039 schon einen Antrag zur Nachnutzung der Thüringer JVA-Standorte gestellt und ich kann Ihnen noch sagen, Frau Marx, wer damals von Ihrer Seite zu dem Antrag gesprochen hat. Genau, Sie waren es selber. Dass Sie sich nicht mehr an die Rede erinnern, liegt wahrscheinlich daran, dass Sie sich nicht einmal die Mühe gemacht haben, eigene Argumente zu bringen, sondern nur auf die Rede des Koalitionspartners verwiesen haben, der sich auch 2012 verweigert hat, über die Nachnutzung zu sprechen. Deswegen ist es heute lä

cherlich, sich hinzustellen und zu sagen, die Zeit würde nicht reichen.

(Beifall FDP)

Und mit Ihren Reden

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Das macht es nicht besser.)

zeigen Sie deutlich, wie Sie sich für den ländlichen Raum und für die Bediensteten in den Justizvollzugsanstalten in Gera und Hohenleuben interessieren, nämlich überhaupt nicht.

Unseren Antrag haben CDU und SPD damals mit der Begründung abgelehnt, dass der Antrag zu früh sei, Herr Kollege Scherer, und deswegen haben wir Ihnen jetzt und hier und heute erneut einen Entschließungsantrag zu diesem Staatsvertrag vorgelegt. Dass die Zeit zur Erstellung eines Nachnutzungskonzepts für diese Legislaturperiode sehr kurz ist, liegt einzig und allein daran, dass Sie den Antrag 2012 mit der gleichen Arroganz wie heute abgelehnt haben.

(Beifall FDP)

(Zwischenruf Abg. Scherer, CDU: Es ist viel zu früh dafür.)

Eine Justizvollzugsanstalt, meine Damen und Herren, hat auf ihre Umgebung weitreichende Einflüsse in das gesellschaftliche Leben hinein und auf die Leistungsfähigkeit der jeweiligen Kommunen. Der Wegfall eines Justizstandorts führt ohne entsprechenden Kompensationskonzept zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betroffenen Kommunen. Der Justizminister war damals der Ansicht, dass man über ein Nachnutzungskonzept erst dann nachzudenken braucht, wenn dieser neue Standort feststeht. Spätestens mit der Zustimmung zum Staatsvertrag steht der Bau der neuen JVA und somit die Schließung der Standorte Gera und Hohenleuben fest. Ich hoffe, Sie lassen Ihren Worten auch Taten folgen und stimmen heute unserem Entschließungsantrag zu.

Und jetzt zum Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE. Ich bin ein wenig überrascht vom Änderungsantrag, da ich mir auch im Ausschuss dort mehr Unterstützung bei dem Thema gewünscht hätte. Die Fraktion DIE LINKE hat aber in einem durchaus recht. Es soll nachträglich beim Staatsvertrag viel über Verwaltungsvereinbarungen geregelt werden. Da hat der Landtag aber grundsätzlich keinen Zugriff mehr drauf. Deswegen ist die Idee nicht verkehrt, bei den Verwaltungsvereinbarungen die Zustimmung des Fachausschusses zu verlangen, aber - ich sage es noch einmal - wir geben uns jetzt schon mit der Zustimmung zum Staatsvertrag vor diesen Vereinbarungen viel Werkzeug aus der Hand.

(Beifall FDP)

Besser wäre es, die entsprechenden Klärungen vorneweg herbeizuführen und wenigstens, Herr Minister, eine Ausstiegsmöglichkeit aus dem Vertrag drin zu haben für den Fall, dass die versprochenen Einigungen eben so nicht zustande kommen, wie es im Sinne der Bediensteten der Justizvollzugsanstalten in Thüringen ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie kennen unsere, Sie kennen meine Position und ich will hier deutlich machen, dass wir uns gerne überzeugen lassen würden mit guten Argumenten, wenn Thüringen sich bemüht hätte und seinen Sorgfaltspflichten nachgekommen wäre. Solange wir aber davon nicht überzeugt sind, können wir diesem Staatsvertrag nicht zustimmen. Aber, meine Damen und Herren, Sie sollten schon wenigstens bereit sein, sich mit uns über ein Nachnutzungskonzept auseinanderzusetzen. Deswegen bitte ich Sie, ich appelliere an Sie, wenn Sie schon dem Staatsvertrag zustimmen, wenigstens auch einem Nachnutzungskonzept zuzustimmen. Ich appelliere dort auch an die Abgeordneten aus dem Kreis Greiz, Herr Kollege Emde, auch an Sie als Wahlkreisabgeordneten. Das alles ändert nichts an unserer grundsätzlichen Kritik, da wir den Staatsvertrag nicht für zustimmungsfähig halten, aber wenigstens über Nachnutzungskonzepte sollten Sie bereit sein zu reden. Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP)

Danke schön. Für die SPD-Fraktion hat das Wort die Frau Abgeordnete Marx.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich erinnere mich jetzt eigentlich an gar kein Projekt, über das wir so oft und so ausführlich hier im Plenum diskutiert hätten wie über den gemeinsamen Bau einer Justizvollzugsanstalt durch die Freistaaten Sachsen und Thüringen. Wir haben sehr oft und sehr viele Argumente ausgetauscht und haben alle Risiken und Chancen gegeneinander abgewogen. Jetzt gibt es eine deutliche Mehrheit, denke ich, im Parlament und in zahlreichen Sitzungen der Ausschüsse und des Hohen Hauses, die sich bereits wiederholt für dieses wegweisende Projekt ausgesprochen hat. Deswegen sage ich heute kurz und bündig, um dauernde Wiederholung zu vermeiden: Die SPD-Fraktion im Thüringer Landtag stimmt mit einem klaren Ja für das Thüringer Gesetz zu dem Staatsvertrag über die Errichtung und den Betrieb der gemeinsamen Justizvollzugsanstalt in Zwickau. Damit wird durch die Koalition am Ende der Legislaturperiode ein weiteres wichtiges Projekt aus dem Koalitionsvertrag im Bereich der Justizpolitik umgesetzt. Wir haben das versprochen und werden es damit auch halten.