genau deshalb war es so gefährlich. Lieber Herr Ramelow, wissen Sie, Sie müssen sich irgendwann mal entscheiden. Entweder ist die FDP die übermächtige Weltregierung, die für alles Übel auf dieser Welt zuständig ist,
oder sie ist völlig egal. Dann haben wir aber auch mit den ganzen Dingen nichts zu tun, aber eines geht nur. Wir sind es aber wahlweise. Sie müssen sich da einfach mal für eines entscheiden.
Doch! Die Realität ist, dass die Wirtschaft in der DDR am Boden war, dass Bischofferode ein Ausnahmebetrieb war, und gerade deshalb war es so gefährlich für die Konkurrenz im Westen. Der zuständige Wirtschaftsminister war Jürgen Bohn von der FDP, der aber an dem Kalifusionsvertrag genauso wenig mitgearbeitet hat, der den genauso wenig gesehen hat wie die allermeisten aus dieser Landesregierung. Dazu hat es auch im Umweltausschuss in der Anhörung entsprechende Aussagen gegeben und ich habe keinen Grund, dem nicht zu glauben. Wir wissen inzwischen - Sie lesen die Akten auch -, wer da in den Beiräten gewesen ist und wie Verträge zustande gekommen sind.
Meine Damen und Herren, wir werden, auch wenn wir uns jetzt Alternativen vorstellen, in Wahrheit auch nie eine Antwort darauf erhalten, ob eventuell ein alternatives Konzept für Bischofferode wirklich zum Scheitern der Kalifusion geführt hätte. Auch das ist nur eine Behauptung, die im Raum steht, die natürlich im Nachhinein nicht mehr zu beweisen ist. Was aber auch klar ist und was auch Teil der Wahrheit ist, ist, dass der Bund, alle anderen Bundesländer und übrigens auch die Gewerkschaften vorrangig die Sicherung der Standorte an der Werra und in Sachsen-Anhalt im Auge hatten und nur Thüringen gegen die Schließung des Werkes in Bischofferode gewesen ist. Bischofferode und die Kalikumpel in Thüringen sind damit letztlich Opfer der Kalifusion geworden. Wir werden die Geschichte aber nicht zurückdrehen können. Deswegen denke ich, dass wir uns damit beschäftigen sollten, wie es weitergeht. Die Arbeitsplätze, die Rohstoffe in Thüringen sind verloren. Das Schicksal der betroffenen Bergleute bleibt. Deswegen denke ich, wenn man an den Dingen nichts mehr ändern kann, dann ist es wichtig, dass man nach vorn schaut. Zu dem Nachvorn-Schauen gehört das, was wir gerade machen: Kalivertrag, die Umweltlasten. Die Umweltfolgen, die bleiben uns. Die Verwahr- und Sicherungsarbeiten dauern mit Sicherheit noch eine ganze Reihe von Jahren. Die Schächte in Bischofferode sollen zwar bis 2016 verfüllt sein, aber es gibt noch eine ganze Reihe weiterer Arbeiten an anderen Standorten.
Meine Damen und Herren, ich habe beruflich einmal ein bisschen mit Bergbau zu tun gehabt. Ich will an der Stelle sagen, Bergbau ist ein gefährliches Geschäft, auch wenn Kali immer so ein bisschen als Salon-Bergbau belächelt wird. In Wahrheit ist das nicht minder gefährlich wie bei der Wismut, wie bei der Steinkohle. Da bin ich überall auch unter Tage gewesen, habe gesehen, wie die Arbeitsbedingungen sind, wie die Kumpel da unten wirklich im wahrsten Sinne des Wortes jeden Tag ihre Haut zu Markte tragen. Dass das auch jetzt
noch so ist, haben wir gerade am Dienstag dieser Woche wieder auf die tragischstmögliche Weise erfahren. Deswegen will ich, auch wenn das hier gar nicht so richtig passt, aber es ist mir ein Anliegen, einmal allen Kumpeln sagen, dass ich größten Respekt vor der Arbeit habe, die da jeden Tag geleistet wird.
Ich gebe zu, ich finde es immer spannend, unter Tage zu fahren, aber ich möchte da auch nicht wirklich tauschen.
Meine Damen und Herren, 700 Arbeitsplätze, 22 Prozent Einwohnerrückgang, Wohnungsrückbau, das sind die Folgen, die die kleine Gemeinde Bischofferode, mit dem Verlust des Werkes verbunden, zu ertragen hatte. Der Bahnanschluss wurde stillgelegt. All diese Dinge mussten und müssen bewältigt werden, aber nach über 20 Jahren muss man auch von erfreulichen Entwicklungen Kenntnis nehmen. Das hat mir bis jetzt ein bisschen gefehlt. 25 Unternehmen haben am Standort des ehemaligen Werkes inzwischen über 300 neue Arbeitsplätze geschaffen. Das ist keine vollständige Kompensation, aber auf jeden Fall schon ein Riesenschritt. Das ist der Weg, den man auch weiter gehen muss, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Deswegen kann man alles schlechtreden, aber man muss eigentlich Mut machen, man muss nach vorn schauen. Das ist das, worum es mir geht. Deswegen sage ich, Frau Scheringer-Wright, Sie haben hier ein paar Zahlen gesagt, ich sage Ihnen, aus meiner Sicht zählt das Eichsfeld wirtschaftlich zu den erfolgreichsten Regionen in unserem Land.
(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: Aber ich habe hier die Antwort der Großen Anfrage!)
Die Zahl der Unternehmen des produzierenden Gewerbes hat sich seit 1993 verdoppelt. Da sind über 4.000 neue Industriearbeitsplätze entstanden.
Die Arbeitslosenquote im Eichsfeld liegt bei 5,4 Prozent und ich sage Ihnen, ich bin froh, dass Leute nach Niedersachsen pendeln können und nicht an der Grenze haltmachen.
Das ist heute genauso selbstverständlich wie, dass die in den Unstrut-Hainich-Kreis pendeln. Das ist doch eine tolle Angelegenheit. Es pendeln auch welche ein. Dass wir mehr brauchen, dass wir auch mehr Einpendler brauchen, ist völlig in Ordnung. Aber dass es die Pendler gibt, finde ich eine schö
ne Sache. Was wir dazu brauchen, ist Unternehmergeist. Wir müssen den Menschen sagen, dass wir das wollen, dass sie Wagnisse eingehen, dass sie Unternehmen gründen, dass sie neue Arbeitsplätze schaffen, dass sie bestehende Arbeitsplätze sichern. Das ist der Job, den wir hier machen müssen, und nicht alles schlechtzureden. Davon bin ich fest überzeugt.
Aber natürlich reicht Mutmachen allein nicht. Wir können schon auch ein paar Voraussetzungen schaffen. Wir haben Geld, wir haben EU-Mittel, Landesmittel, Bundesmittel, mit denen kann man Infrastruktur ausbauen. Die A 38 ist eine tolle Geschichte, ist ein bisschen spät gekommen, aber eine tolle Geschichte für die Ost-West-Anbindung. Nord-Süd ist leider noch nicht ganz so gut. Da fehlen auf der B 247 vor allem noch ein paar ordentliche Ortsumgehungen. Großengottern, einfach mal als Stichwort, damit die Region wirklich in alle Richtungen ordentlich angebunden ist. Das sind Dinge, wo ich glaube, dass sich unsere Landesregierung noch viel stärker einsetzen kann. Stichwort: Prioritätenliste. Zum Bund gehen und sagen, das ist für uns eine Top-Priorität, darauf warten die Menschen nicht nur in Großengottern seit über 20 Jahren, sondern auch die Menschen, die von dieser Verkehrsader insgesamt profitieren. Wir brauchen eine wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik und eine Wirtschaftsförderung, die genau diese kleinen, die sich da ansiedeln sollen, die sich auch angesiedelt haben, im Fokus hat. Da will ich noch mal sagen, die Debatte, die wir dieser Tage schon hatten, noch einmal aufgreifen: Aus unserer Sicht ist es richtig, wenn der Wirtschaftsminister, der neue Wirtschaftsminister sagt, dass er die Wirtschaftspolitik auf die kleinen und mittleren Unternehmen neu ausgerichtet hat. Aber erstens höre ich bisher nur den Satz und kann es nicht recht glauben und zweitens heißt das, Neuausrichtung ja auch, dass es bisher eben nicht so gelaufen ist, dass es die letzten viereinhalb Jahre falsch gelaufen ist.
Der Mittelstand ist es, um den wir uns kümmern müssen. Wir haben im Anschluss einen Antrag der FDP-Fraktion, den wir heute wahrscheinlich leider wieder nicht schaffen werden, in dem es genau um diese Positionen zum Mittelstand geht, Abbau von Bürokratie, Entlastung bei Steuern und Abgaben, bezahlbare Energiepreise, mehr Fachkräfte durch eine gute Ausbildung und eben auch entsprechend Förderung von Wissenschaft, Forschung und Entwicklung. Das sind die Punkte, um die wir uns kümmern müssen. Das sind die politischen Rahmenbedingungen, die dieser Landtag, die diese Landesregierung schaffen muss, damit es auch in Bischofferode, aber nicht nur in Bischofferode, sondern überall im Land weiter vorwärtsgeht.
Zum Schluss, meine Damen und Herren, gestatten Sie mir noch ein paar Sätze zu den Kalialtlasten. Das eine ist die Prüfung des Kalifusionsvertrags, der damit einhergehenden Vereinbarungen. Das läuft. Ich habe da eher gebremste Erwartungen, wenn ich ehrlich sein soll, was die Erkenntnislage und den Erkenntnisgewinn und den Nutzen, den wir davon tatsächlich am Ende haben werden, betrifft. Aber der Generalvertrag, das ist so eine Geschichte. Da hat sich Thüringen vor mittlerweile 15 Jahren verführen lassen. Da hatte man die Dollarzeichen in den Augen gehabt und gesagt, wir übernehmen das alles und lassen uns das vom Bund vermutlich gut bezahlen. Hat leider nicht so ganz geklappt! Jetzt gibt es zwar diese Klausel mit den möglichen Nachverhandlungen, das ließe sich durchaus auch inhaltlich begründen, aber dazu müsste man sich eben zunächst einmal über die strittige Frage mit der Frist einigen, die dort festgelegt ist. Das ist ein Punkt, wo ich zum Schluss meiner Rede die Landesregierung dringend noch einmal auffordere, sich wirklich reinzuknien und den Bund dazu zu bewegen, in Nachverhandlungen zu dem Generalvertrag zu gehen. Das kostet uns richtig Geld. Das haben wir uns dumm abkaufen lassen. Da müssen wir dafür kämpfen, dass wir diesen Fehler wenigstens ein Stück weit wieder geraderücken. Das wäre eine Aufgabe, der sich diese Landesregierung und auch die nachfolgende Landesregierung auf jeden Fall stellen müssen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, zu Beginn erst einmal, ich habe das ja schon gesagt: Es ist sehr gefährlich, unter Tage zu arbeiten. Auch von dieser Stelle aufrichtige Anteilnahme für die Angehörigen des Verunglückten. Das ist schon wichtig, dass wir innehalten und auch einmal daran denken. Das ist eine harte Arbeit, die die Kumpel vor Ort machen. Dass jetzt ein Beamter aus dem Ministerium, der im Ruhestand ist, zu Tode gekommen ist, betrübt uns alle zutiefst.
Meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Ramelow, es wäre besser, Sie würden selber reden. Sie schicken jetzt Leute her, die nicht dabei sind.
Ja, das ist schon in Ordnung, aber man muss wenigstens ein bisschen Bezug zu der ganzen Sache haben, um hier vernünftig zu reden. Das, was ich von der Frau Dr. Scheringer-Wright gehört habe, hat mit dem Thema sehr wenig zu tun. Das ist nur Märchenerzählerei, vom Hörensagen und so weiter und so fort.
Es wäre besser gewesen, Herr Ramelow, Sie hätten das selbst gemacht, das wäre vielleicht authentischer gewesen.
Entschuldigung, aber es sollten Leute über das Thema reden, die wenigstens ein kleines bisschen davon wissen, wie es gewesen ist, ein kleines bisschen wenigstens. Gewerkschafter gegen Gewerkschafter macht sich auch nicht besonders gut. Da bin ich immer sehr komisch und werde dann auch noch einmal darauf eingehen.
Meine Damen und Herren, wir können darüber reden, über den Fusionsvertrag, nach über 20 Jahren. Aber hilft uns das am Ende wirklich weiter, dass wir da immer wieder nur versuchen irgendeinen Schuldigen zu finden, in der Wunde zu bohren, einmal zu versuchen, über den Schatzmeister der CDU zu referieren, Halbwahrheiten zu formulieren? Ich stelle mich auch nicht hin und frage nach Gardasee und solchen Geschichten. Ich lasse das einfach weg, denn es hat keinen Zweck, diese Geschichten zu machen.
Meine Damen und Herren, wo war Ihre Partei 1990, als es darum ging, für die Kalikumpel, alle, dass die in die Knappschaft kommen, dass die eine Sozialversicherung haben, dass die eine Bergmannsrente kriegen?
Wo waren Sie denn da? Nirgendwo. Da gab es einen Gewerkschafter, der hieß Berger. Der hat sich mit Norbert Blüm an einen Tisch gesetzt und die haben es hingekriegt, dass alle Bergleute aus dem Osten in die Knappschaft gekommen sind und heute Bergmannsrente kriegen.