Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Frau Dr. Kaschuba, die Zurückhaltung, die Herr Barth, mein Fraktionsvorsitzender, eben bei Ihnen erkannt hat, bezog sich nur darauf, heute ist in der Zeitung zu lesen, dass Sie jetzt bereit sind zum Regieren und die CDU es nach 28 Jahren verdient hat, in die Opposition zu gehen und sich auszuruhen.
Da waren wir der Meinung, dass Sie jetzt schon einmal mit der Zurückhaltung formulieren - Landesregierungen sind eben bei diesem Thema zurückhaltend - und Sie vielleicht glauben, dass Sie das dann in einem Jahr auch sein müssen.
So hatte er es verstanden. Auf Ihre Frage, was den Bereich der Schulbildung betrifft - darauf haben Sie mich direkt angesprochen -, es ist natürlich so, wir haben die Diskussion zum Kooperationsverbot in den letzten Jahren verfolgt, es gab wirklich ein Gerangel hin und her. Eigentlich waren sich alle einig, zum Schluss dann aber doch nicht bzw. haben anders entschieden. Da gebe ich Ihnen vollkommen recht. Mit diesem Antrag, von dem ich übrigens nicht der Meinung bin, dass wir zu spät sind, verehrter Herr Dr. Voigt, wollten wir zumindest erreichen, dass wenigstens der Spatz in der Hand gesichert wird. Der ist unseres Erachtens besser als die Taube auf dem Dach. Das war die Begründung dazu.
Was die Abstimmungsverhalten auf unterschiedlichen Ebenen betrifft: Wenn Sie mir sagen, dass Sie in Ihrer Partei auf allen Ebenen immer mit der gleichen Stimme sprechen und immer das gleiche Abstimmungsverhalten haben, da muss ich sagen, das kann ich mir gar nicht vorstellen.
Ansonsten kann man das sehr schön nachvollziehen, wie unterschiedlich die Verhalten waren. Da beißt die Maus tatsächlich keinen Faden ab.
Aber zurück zum Antrag selbst. Auch die Hochschulrektorenkonferenz hat sich in dieser Woche noch einmal ausdrücklich dafür ausgesprochen, doch möglichst schnell wieder den Gesprächsfaden über eine Änderung des Grundgesetzes aufzunehmen, um eine bessere Kooperation von Bund und Ländern bezüglich der Hochschulfinanzierung zu ermöglichen. Das bedeutet, dass dieser Antrag hochaktuell ist, Herr Dr. Voigt, und eben nicht zu spät ist, sondern wir gemeinsam mit der Hochschulrektorenkonferenz in derselben Woche dasselbe Thema besprechen. Ich verstehe es gar nicht, warum Sie meinen, wir sind zu spät.
Die Hochschulrektorenkonferenz sah sich zu diesem Schritt veranlasst, weil sich aus deren Sicht in der Politik immer noch keine Lösung abzeichnet. Das ist schade, weil im Prinzip, wie wir gehört haben, sich alle Parteien einig zu sein scheinen, dass das Kooperationsverbot von Bund und Land im Hochschulbereich nicht mehr zeitgemäß ist.
Auch Herr Minister Matschie hat zu mehr als einer Gelegenheit eine stärkere Beteiligung des Bundes gefordert, zum Beispiel wurde durch ihn im Jahr 2012 ein Investitionsbedarf der Thüringer Hochschulen für die folgenden Jahre mit rund 540 Mio. € beziffert und dazu bemerkte er - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis: „Ohne Beteiligung des Bundes kann der Freistaat diese finanzielle Last nicht schultern. Wir dürfen keinen Investitionsstau riskieren, nur weil das Kooperationsverbot eine Bundesbeteiligung nicht zulässt.“
Vor etwa zwei Jahren haben im Bundestag CDU und FDP einen Vorschlag zur Änderung des Artikel 91 b des Grundgesetzes gemacht. Leider haben damals die Sozialdemokraten frühzeitig deutlich gemacht, dass die Landesregierung mit sozialdemokratischer Beteiligung einer Aufhebung des Kooperationsverbots nicht zustimmen und diese nicht mit tragen würde, wenn nicht gleichzeitig auch eine Lockerung für die Schulen beschlossen wird. Das ist der Knackpunkt und das ist „lieber der Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach“. Das Ergebnis ist nämlich gar keines, was wir mittlerweile haben.
Und wenn man in Betracht zieht, dass damals auch die Union sehr deutlich gemacht hat, dass sie eine solche Bedingung nicht eingehen wird, bedeutet das natürlich auch, man hat es gewusst, diese Bedingung wird nicht erfüllt. Trotzdem sagen die SPDgeführten Länder, wir machen es entweder so oder gar nicht. Das heißt, es ist kein Ergebnis. Ich muss es noch einmal wiederholen. Insofern ist natürlich die Überraschung ziemlich groß: Wenn man sich jetzt den Koalitionsvertrag von CDU und SPD ansieht, darin findet sich kein Wort. Das ist erstaunlich. Und jetzt erzählen Sie mir, wir kommen zu spät, Herr Dr. Voigt.
Kein Wort findet sich, dass eine Grundgesetzänderung auch für den Bildungsbereich in der laufenden Legislaturperiode angestrebt wird. Ganz oben auf der Prioritätenliste der Sozialdemokraten kann das Thema also dann auch nicht gestanden haben. Aber im Koalitionsvertrag steht - Zitat -: „Wir wer
den in den nächsten vier Jahren seitens des Bundes den Hochschulen mehr Geld zur Grundfinanzierung zur Verfügung stellen.“
Nun wird auch immer mal wieder über einen Staatsvertrag diskutiert, der den Ländern einen größeren Anteil an der Umsatzsteuer gibt.
Frau Abgeordnete, es gibt den Wunsch von Dr. Voigt, Ihnen eine Zwischenfrage zu stellen. Darf er denn?
Werte Kollegin Frau Hitzing, ist Ihnen wichtig, dass sich der Bund an der Mitfinanzierung der Hochschulen beteiligt, zum Beispiel in Form der Grundfinanzierung, oder ist Ihnen wichtig, dass das Grundgesetz geändert wird?
Punkt eins, lieber Herr Dr. Voigt: Wenn Sie aufmerksam zugehört hätten, hätten Sie sich die Frage schon selbst beantworten können.
So, jetzt hat er mich aber nicht aus dem Konzept gebracht. Wir waren bei der Tatsache, dass auch ein Staatsvertrag diskutiert wird. Hier geht es darum, einen größeren Teil der Umsatzsteuer in die Hochschulfinanzierung zu stecken. Das hätte für die Länder und damit natürlich auch für unser Bundesland Thüringen durchaus Charme. Niemand hätte in diesem Hause wahrscheinlich etwas einzuwenden gegen diese Variante der Finanzierung. Zur Ehrlichkeit gehört aber auch, dass eine Umlei
tung von Steueraufkommen vom Bund auf die Länder ziemlich schmucklos wäre, denn diese Mittel würden der Finanzstatistik, nicht den Bildungsausgaben des Bundes gutgeschrieben werden. Und da Bildungsausgaben mittlerweile gemeinhin als Zukunftsinvestitionen anerkannt sind, wäre das sicher für jede Regierungspartei ein Verlust der Werbewirksamkeit.
Nimmt man den Wortlaut des Koalitionsvertrags also ernst, dann deutet alles darauf hin, dass der Bund direkt in die Grundfinanzierung einsteigen will. Nach einhelliger Meinung ist dann aber eine Grundgesetzänderung unumgänglich. Es ist natürlich ärgerlich, dass wir dabei schon weiter sein könnten. Wir schulden es aber unseren Hochschulen, meine Damen und Herren, dass wir nun so bald wie möglich zu einer tragfähigen Lösung kommen und Thüringen sollte dabei unbedingt eine aktive Rolle einnehmen.
Wir halten es deshalb nach wie vor für sehr nötig und fair, dass wir zu einer dauerhaften Beteiligung des Bundes an der Grundfinanzierung der Hochschulen kommen. Denn nur dann können unsere Hochschulen verlässlich planen und ihre Strukturen auch über Jahre entwickeln. Diese Verlässlichkeit brauchen sie unbedingt.
Wir haben in mancher hochschulpolitischen Debatte hier im Landtag, nicht zuletzt auch bei der Frage der Qualität der Beschäftigungsverhältnisse des wissenschaftlichen Nachwuchses, gehört, dass viele Probleme an unseren Hochschulen daher rühren, dass der Anteil der Drittmittel an der Hochschulfinanzierung sehr hoch ist. Das ist nichts Negatives, aber das ist der eigene eingeworbene Anteil und auf der anderen Seite sind die Grundfinanzierungsmittel relativ knapp bemessen. Deshalb ist es für die Hochschulen schwierig, sich weiterzuentwickeln und unter anderem auch unbefristete Arbeitsverträge abzuschließen. Tatsächlich sind die Drittmittel 2011 waren es in Thüringen immerhin 144 Mio. € im Grunde genommen kein Problem, aber wenn wir uns ansehen, wie die Drittmittel gestiegen sind und wie die Grundmittel gestiegen sind in den letzten 30 Jahren, muss man feststellen, dass die Grundmittel um 23 Prozent gestiegen sind, während sich die Drittmittel verdoppelt haben. Sie machen jetzt im Durchschnitt ein Viertel der Hochschulhaushalte aus. Das Problem ist also nicht grundsätzlich das Problem, dass das Geld vorhanden ist, sondern dass die Grundfinanzierung der Hochschulen, nämlich die, mit denen sie verlässlich planen können, nicht adäquat gewachsen sind. Das ist das Problem und da liegt auch die Kritik der Hochschulrektorenkonferenz.
Dem Bund blieb aufgrund des Kooperationsverbots in den letzten Jahren nichts anderes übrig - Frau Dr. Kaschuba ist darauf eingegangen -, als zusätzliche Mittel für die Forschung in die außeruniversitären Forschungsorganisationen, Sonderprogramme oder über Projektfördermittel auszureichen. Fast 43 Prozent der Drittmittel der Thüringer Hochschulen stammen aus Mitteln des Bundes und 22,5 Prozent stammen von der DFG, die wiederum auch zum größten Teil durch den Bund finanziert wird. Der Präsident der DFG, Prof. Strohschneider, hat qua Amt einen sehr guten Überblick über die deutsche Wissenschaftslandschaft. Er hat zuletzt immer wieder gefordert, die Balance zwischen Grundfinanzierung der Hochschulen und Drittmittelfinanzierung und der Förderung der außeruniversitären Forschungseinrichtungen wieder in Einklang zu bringen und wiederherzustellen.
Das geht seiner Ansicht nach über eine Beteiligung des Bundes und das geht unserer Ansicht nach nur über das Abschaffen des Kooperationsverbots. Hier muss Thüringen handeln und aktiv werden und ich, meine Damen und Herren, bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe, dass ich Sie mit meinem Redebeitrag überzeugen konnte, dass Sie unserem Antrag zustimmen. Vielen Dank.
Nein, wirklich nicht. Ich erspare mir aber das Herausarbeiten des diskrepanten Abstimmungsverhaltens in Thüringen und im Bund, das hat Frau Kaschuba sehr nett gemacht, dafür bedanke ich mich, da hat sie mir etwas abgenommen, darauf brauche ich nicht mehr einzugehen. Aber ich möchte doch sagen, die SPD in Thüringen braucht keinen Nachhilfeunterricht von der FDP-Fraktion. Wir haben schon im Jahr 2006 im Zuge der Föderalismusreform ganz klar gegen diese Verschlimmbesserungen im Bildungs- und Hochschulbereich Position bezogen. Wir waren damals im Dissens mit der Bundespartei, das kann man sagen. Soweit zum Thema diskrepantes Abstimmungsverhalten. Frau Hitzing, Sie können gerne in den Protokollen der Plenardebatten 2006 dazu nachlesen, Sie werden dort einige Argumente finden, die Sie heute auch
An unserer Position hier in Thüringen hat sich auch nichts geändert. Wir stehen immer noch dazu, dass wir eine umfassende Aufhebung des Kooperationsverbotes wollen. Wir finden aber mittlerweile eine veränderte Haltung anderer Gesprächspartner vor, zum Beispiel unserer Bundespartei. Ich begrüße sehr, dass die sich jetzt auch hinter unserer Haltung versammelt. Ich begrüße auch ausdrücklich, dass die Union, zumindest was die Hochschulen angeht, gesprächsbereit ist und auch ihre Linie etwas geändert hat und bereit ist, den Bund in die Finanzierung mit in die Pflicht zu nehmen. Neuerdings wissen wir nun auch die FDP an unserer Seite und das begrüße ich natürlich ganz besonders.
Damit sind alle Fraktionen in diesem Haus der Überzeugung, dass das Kooperationsverbot zumindest im Hochschulbereich fallen muss. SPD, Linke und Grüne sind darüber hinaus natürlich der Überzeugung, wir brauchen den Fall des Kooperationsverbotes im gesamten Bildungssektor. Gleichzeitig muss ich sagen, ich möchte nicht auf dieses Bild aufspringen, Spatz in der Hand und Taube auf dem Dach, denn am Ende, das wissen Sie so gut wie ich, ist die Verhandlungsposition, wenn man die Gemeinsamkeiten durchsetzt, für das Durchsetzen späterer Forderungen eine um so schlechtere, wenn der eine bekommen hat, was er wollte und wozu er bereit war, und der andere eben nicht.
Außerdem möchte ich Ihnen sagen, wir werden Ihren Antrag ablehnen. Herr Voigt hat bereits begründet, warum das so sein kann und sein muss, denn wir haben im Bund die Situation, dass im Koalitionsvertrag von SPD und CDU/CSU ganz klar gesagt ist, der Bund wird sich verstärkt in der Grundfinanzierung der Hochschulen engagieren. Das geht nicht, ohne in diesem Bereich das Kooperationsverbot aufzuheben und dazu ist eine Grundgesetzänderung notwendig. Ich bin mir also ganz sicher, dass diese Aufhebung kommen wird. Wir brauchen keine Initiative aus Thüringen, wir werden eine Aufhebung des Kooperationsverbots erleben. Unsere Haltung im Bundestag wie im Bundesrat ist hinlänglich klargemacht, damit gibt es da eine ganz breite Mehrheit, das Kooperationsverbot im Hochschulbereich aufzuheben.