Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserem heutigen Sonderplenum des Thüringer Landtags, das ich hiermit eröffne. Ich begrüße die Gäste auf der Zuschauertribüne und die Vertreterinnen und Vertreter der Medien.
Die heutige Sitzung wurde gemäß Artikel 57 Abs. 2 Satz 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen in Verbindung mit § 19 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags aufgrund eines Antrags der Fraktion DIE LINKE einberufen. Die entsprechende Unterrichtung liegt Ihnen in der Drucksache 5/7448 vor. Ich möchte Sie im Übrigen darauf hinweisen, dass zwischen dieser Sondersitzung und der danach folgenden regulären Plenarsitzung, die um 14.00 Uhr planmäßig beginnen soll, aus technischen Gründen in jedem Fall 30 Minuten Pause notwendig sind.
Für die heutige Sitzung hat als Schriftführer neben mir Frau Abgeordnete Kanis Platz genommen, die Rednerliste führt Herr Abgeordneter Koppe.
Es haben sich für heute entschuldigt: Herr Abgeordneter Fiedler, Herr Abgeordneter Günther, Herr Abgeordneter Metz, Herr Abgeordneter Dr. Mario Voigt und Herr Minister Geibert.
Gestatten Sie mir noch folgenden allgemeinen Hinweis: Die Fraktionen der CDU und DIE LINKE haben mich darüber unterrichtet, dass durch deren Mitarbeiter Heiko Senebald, CDU, sowie Annette Rudolph, Stefan Wogawa, Frank Schenker und Petra Lahn, Fraktion DIE LINKE, in den März-Plenarsitzungen von den dafür vorgesehenen Flächen im Plenarsaal Bild- und Tonaufnahmen von den Abgeordneten der jeweils eigenen Fraktion gefertigt werden sollen. Gemäß Ältestenratsbeschluss vom 15. Dezember 2009 ist dazu keine Genehmigung, sondern lediglich die Unterrichtung der Präsidentin erforderlich. Die Parlamentarischen Geschäftsführer wurden informiert.
Nun Hinweise zur Tagesordnung: Zu dem Tagesordnungspunkt wurde ein Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/7490 verteilt. Die Landesregierung hat mitgeteilt, zu diesem Tagesordnungspunkt von der Möglichkeit eines Sofortberichts gemäß § 106 Abs. 2 Geschäftsordnung Gebrauch zu machen.
Mitteldeutschen Kali AG und der Treuhandanstalt vom 13. Mai 1993 bei der Thüringer Landesregierung, deren Umgang und das verfassungsgemäße Informations- und Kontrollrecht des Thüringer Landtags Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/7457 dazu: Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/7490
Werte Kolleginnen und Kollegen, zuallererst möchte ich begrüßen auf der Zuschauertribüne die KaliKumpel von Bischofferode
und den Bürgermeister von Menteroda, Gerhard Jüttemann und die Kollegen, die betroffen sind von dem, was wir heute hier zu diskutieren haben. Und es ist mir eine besondere Freude, auch Herrn Peine heute hier begrüßen zu können - Herr Peine, seien Sie herzlich willkommen!
Werte Kolleginnen und Kollegen, wir haben diese Aktuelle Stunde beantragt, weil in der „Thüringer Allgemeinen“ eine ganze Fortsetzungsserie zum Thema Fusionsvertrag und Kali-Auseinandersetzung Bischofferode zu lesen war. Man konnte dort lesen, dass in einem Ministerium ein kompletter Aktenberg vorhanden gewesen sein soll, der einem anderen Ministerium zugestellt werden sollte, und ähnliche Dinge. Das war der Anlass, warum wir gesagt haben, wir hätten gerne als Parlament Klarheit, da wir als Parlament der Haushaltsgesetzgeber sind und über alle Konsequenzen jeweils zu entscheiden haben, die auf diesen Verträgen basieren. Also der Kali-Verschmelzungsvertrag, soweit er dem Rahmenvertrag der Altlastenfreistellung unterliegt, ist Gegenstand intensiver Beratung hier im Hohen Haus und auch in Zukunft wird es darum gehen, dass wir Altlasten finanzieren müssen, die auf diesen Verträgen basieren. Bisher war es immer so, dass der Thüringer Landtag keine Gelegenheit hatte, den kompletten Kali-Verschmelzungsvertragstext, den kompletten Text lesen zu können, um ihn in der eigenen Arbeit bearbeiten zu können. Es gibt sicherlich auch interessierte Menschen in der Öffentlichkeit, die sehen möchten: Um was ist es eigentlich historisch gegangen? Aber uns als Parlamentariern ist es immer darum gegangen, abschätzen zu können, ob die Entscheidungen, die wir getroffen haben und die wir noch treffen müssen, auf
solidem juristischen Fundament basieren oder ob möglicherweise der Freistaat Thüringen über den Tisch gezogen worden ist, unabhängig von den bitteren Opfern, die die Kali-Kumpel von Bischofferode erleiden mussten und alle Kali-Kumpel, deren Betriebe und Werke geschlossen worden sind. Das ist schon ein Drama, das vor 20 Jahren massiv Thüringen beeinträchtigt und die Thüringer Region geschädigt hat.
Aber wenn wir jetzt, nachdem der Thüringer Landtag 2011 einstimmig beschlossen hat, dass der Landtag endlich diese Dokumente zur Kenntnis nehmen möchte, um sie bearbeiten zu können, um die eigene Arbeit darauf aufbauen zu können, nachdem wir jetzt in der Zeitung lesen, die Landesregierung soll die Verträge haben und es gibt eine Video-, eine Fernsehsequenz, in der Herr Illert 1998 bei einer Anfrage der Kollegin Dagmar Becker von der SPD zitiert wird, dass sie den gesamten Vertrag gehabt hätten. Zwischen haben und hätten liegt irgendwo die Wahrheit.
Deswegen haben wir die Sonderplenarsitzung beantragt, um der Landesregierung die Bitte zu übermitteln, für Klarheit zu sorgen. Wir sind nicht hier, um Geschichtsaufarbeitung zu machen - da hat jeder von uns eine eigene Sicht -, was vor 20, vor 25 Jahren passiert ist und ob es wirklich richtig und sinnvoll war, die Kali-Reviere in den neuen Bundesländern einfach zu schließen, zu schleifen und es einem einzelnen westdeutschen Konzern zu überlassen, über die Zukunft von uns allen und von den Menschen in den Regionen allein zu bestimmen. Das ist eine Betrachtung, die in die zeithistorische Dimension gehört. Aber über die Frage, ob wir Altlastenfreistellung in Zukunft absichern, ob wir möglicherweise bis zu 2 Mrd. € noch absichern müssen, die in die Sicherung der Gruben gesteckt wird mit Ewigkeitsgarantie, da hätte ich das Bedürfnis, dass wir als Abgeordnete uns eigenständig sachkundig machen.
Deswegen war die Bitte an die Landesregierung, wenn es irgendwie geht, für Klarheit zu sorgen. Dann kam die jähe Wende am Montag, indem eine Mehrheit von Fraktionen - ich weiß nicht wer alles, ich habe jetzt Kenntnis von den Fraktionen FDP und GRÜNE, wir haben zusammen gesessen, Werner Pidde hat mir später signalisiert, dass bei ihnen auch ein Aktenordner eingetroffen ist, ich weiß nicht, ob ein Aktenordner bei der CDU eingegangen ist -, jedenfalls sind nach meinem Kenntnisstand vier von fünf Fraktionen mit Material versehen worden, in das ein 62-seitiger Kali-Fusionsvertrag, Verschmelzungsvertrag beigeheftet ist. Deswegen haben wir nach der Aktualität den Entschließungsantrag modifiziert und darauf aufgebaut und sagen, es
muss jetzt geprüft werden, ob die vorhandenen Materialien aus einem Ministerium stammen. Da ist die Frage der Anzeige zur Kenntnis zu nehmen, die Herr Gnauck angekündigt hat. Aber die Frage, die viel spannender für uns als Abgeordnete ist: Liegt irgendetwas von diesem Material in den Ministerien vor, wenn ja, wo? Darüber muss heute geredet werden und, liebe Frau Ministerpräsidentin, für Klarheit gesorgt werden, denn es geht nicht darum, ob Kali+Salz noch irgendwelche Geheimverträge offenlegt, sondern es geht um die Frage, ob das Parlament endlich in die Lage versetzt wird, seine originären Aufgaben eigenständig zu erfüllen. Dafür muss jetzt endlich die Transparenz geschaffen werden. Vielen Dank.
Danke schön. Die Landesregierung erstattet einen Sofortbericht zu Nummer I des Antrags. Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Reinholz das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, zu I berichte ich namens der Landesregierung wie folgt: Ich weise vorab nochmals auf die vielfältigen, jahrelangen Bemühungen der Landesregierung hin, von den Vertragsparteien die Herausgabe des Kali-Fusionsvertrags und die Aufgebung des Sperrvermerks zu erlangen. Das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz hat sowohl die Geschäftsvorsorgerin der BvS als auch die Kali+Salz unmittelbar mehrfach um die Herausgabe des KaliFusionsvertrags und die Aufhebung des Sperrvermerks gebeten. Diese Schreiben datieren aus dem Januar 2012, Juni 2012 und zuletzt aus März 2014. Zeitnah erfolgte jeweils die Ablehnung mit Verweis auf die Vertraulichkeitsvereinbarung. Selbst das BMF als Aufsichtsbehörde wurde im März 2012 auf StS-Ebene angeschrieben. Die Ablehnung durch das BMF erfolgte noch im selben Monat.
Zu Punkt I.1: Eine Kopie von Unterlagen, deren Authentizität nicht geklärt ist, liegt seit dem 23.07.2013 dem Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie vor. Diese Kopie wurde mit Schreiben vom 24.07.2013 durch Herrn Staatssekretär Staschewski an Herrn Staatsekretär Richwien mit der Bitte um Kenntnisnahme und weitere Verwendung versandt. Das Schreiben ging am 26. Juli 2013 im TMLFUN ein. Mit Schreiben vom 15.08.2013, Posteingang 15.08.2013 im TMWAT, retournierte Herr Staatssekretär Richwien die Kopie
an Herrn Staatssekretär Staschewski. In diesem Brief teilte er weiter mit, dass eine Verwertung des Vertragstextes aufgrund der darin enthaltenen Verschwiegenheitsklausel rechtlich nicht möglich ist. Eine Bitte um Prüfung dieser rechtlichen Einschätzung von Herrn Staatsekretär Richwien sowie die Kopie der Unterlagen wurden am 20.08.2013 von Herrn Staatssekretär Staschewski an Herrn Staatssekretär Prof. Herz verschickt. Am 26.08.2013 übergab Herr Staatssekretär Prof. Herz die Kopie der Unterlagen sowie eine schriftliche rechtliche Würdigung (Schreiben vom 22.08.2013) persönlich und ausschließlich an Herrn Staatssekretär Staschewski. Darin wird die von Herrn Staatssekretär Richwien mitgeteilte Rechtsauffassung bestätigt.
Parallel wurde eine Kopie der Unterlagen am 29.07.2013 durch Herrn Staatssekretär Staschweski an Frau Ministerin Walsmann übersandt. Frau Walsmann wurde dabei auch über die Übersendung der Kopie der Unterlagen an Herrn Staatssekretär Richwien informiert. Mit Schreiben vom 30.08.2013 retournierte Frau Ministerin Walsmann die Kopie der Unterlagen vollständig an Herrn Staatssekretär Staschewski. In diesem Schreiben äußerte sie ebenfalls rechtliche Bedenken und teilte mit, dass aus ihrer Sicht diese Unterlagen nicht verwendet werden dürfen.
Beide rückübersandten Kopien befinden sich seit dieser Zeit unter Verschluss im TMWAT. Im TJM ist nach Rücksendung der durch das TMWAT übersandten Kopien seit August 2013 eine weitere Kopie als Arbeitsfassung verblieben. Der Austausch zwischen den Ministerien erfolgte immer in versiegelten Umschlägen und per Behördenkurier.
Zu I.2: Vonseiten des TMWAT können weder die Vollständigkeit noch die Authentizität der ursprünglich dem TMWAT übermittelten Unterlagen geklärt werden. Um deren Vollständigkeit zu verifizieren, müssten die Unterlagen des TMWAT mit einem von den Vertragsparteien des Kali-Fusionsvertrags beglaubigten Original abgeglichen werden. Ein Original liegt der Landesregierung aber nicht vor. Eine von K+S überreichte Kopie des Artikels 16 lag dem Landesverwaltungsamt 1995 vor. Kopien der Artikel 16.1 bis einschließlich 16.7 und 17.1 bis einschließlich 17.4 des Kali-Fusionsvertrags sind der damaligen Landesregierung von den Vertragsparteien im Zusammenhang mit einer Entscheidung zur Freistellung der K+S und dem Abschluss des sogenannten Generalvertrags zur Verfügung gestellt worden.
Zu I.3: Das TMWAT hat - wie bereits ausgeführt das TJM um eine Einschätzung gebeten, ob die zur Prüfung beigefügten Dokumente seitens der Landesregierung offengelegt werden dürfen. Das TMLFUN als auch die TSK und das TJM haben dem TMWAT in ihren Schreiben mitgeteilt, dass der Vertrag eine Vertraulichkeitsklausel enthält. In allen
Antworten der Ministerien und der Staatskanzlei wurde auf die Gefahr eines Verstoßes gegen § 17 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb hingewiesen. Ungeachtet der Tatsache, dass der Landesregierung ein von den Vertragsparteien autorisiertes Vertragsexemplar nicht vorliegt, könnte ein unbefugtes Offenlegen über eine strafrechtliche Relevanz hinaus aus Gründen des Wettbewerbs- oder Datenschutzes zivilrechtliche Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche nach sich ziehen.
Zu I.4: Die Vertragsparteien des Kali-Fusionsvertrags haben in der Vergangenheit mehrfach ihre Zustimmung zu einem Offenlegen des Vertrags verweigert. Aus diesem Grunde sah die Landesregierung keine Veranlassung, den Landtag zu unterrichten, dass dem TMWAT Unterlagen unklarer Herkunft und unklarer Authentizität zugeleitet worden waren.
Zu I.5: Im Schreiben vom 15.08.2013 teilt Herr Staatssekretär Richwien Herrn Staatssekretär Staschewski mit, dass eine Verwertung der Unterlagen ohne Genehmigung der Vertragspartner nicht möglich ist. Diese Rechtsauffassung wurde Herrn Staatssekretär Staschewski mit Schreiben vom 22.08.2013 durch Herrn Staatssekretär Prof. Herz bestätigt. Die Landesregierung hat dementsprechend die Kopie der Unterlagen nicht für die Beantwortung der Großen Anfrage in Drucksache 5/7331 nutzen können. Die Antwort, insbesondere auf die in diesem Zusammenhang interessierenden Fragen 99 bis 107, ist wahrheitsgemäß und vollständig erfolgt.
Zu II: Die Forderung, alle der Landesregierung vorliegenden, mit dem Kali-Fusionsvertrag zusammenhängenden Unterlagen zugänglich zu machen, ist in dieser Pauschalität rechtlich nicht erfüllbar. Die Landesregierung hat sich, wie bereits ausgeführt, in der Vergangenheit intensiv bemüht, die Zustimmung der Vertragsparteien des Kali-Fusionsvertrags zur Veröffentlichung des Vertragswerks zu erlangen. Wie dem Fraktionsvorsitzenden der Linken aus dem an ihn gerichteten Antwortschreiben der Kali+Salz AG vom 17. März dieses Jahres bekannt ist, beanspruchen die Vertragsparteien nach wie vor die Geltung der zwischen ihnen abgeschlossenen Vertraulichkeitsvereinbarung, so dass der Landesregierung nach wie vor in rechtlicher Hinsicht die Hände gebunden sind. Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. Ehe wir in die Aussprache eintreten, möchte ich Sie darüber informieren, dass die SPD-Fraktion um eine Auszeit von 20 Minuten gebeten hat. Es ist parlamentarischer Brauch, dass wir diesem auch folgen. Ich würde dann bitten, dass wir um 12.40 Uhr wieder hier im Saal sind.
Ich sehe, die SPD-Fraktion ist wieder anwesend, so dass ich die Sitzung erneut eröffne. Gemäß § 29 Abs. 2 Satz 3 unserer Geschäftsordnung werden Berichte der Landesregierung in doppelter Redezeit behandelt. Ich frage: Wer wünscht die Beratung des Sofortberichts? Ich sehe, alle Fraktionen. Dann kommen wir in die Beratung. Als Erster hat das Wort Abgeordneter Bodo Ramelow von der Fraktion DIE LINKE.
Werte Kolleginnen und Kollegen, ich habe den Sofortbericht mit Respekt zur Kenntnis genommen und will ausdrücklich sagen, ich kann das Vorgetragene gut nachvollziehen. Auf dem Informationsstand, den wir in der vergangenen Woche debattiert haben und der uns veranlasst hat, den Antrag zu stellen, war das erst mal eine exakte Wiedergabe von dem, was man auf, sagen wir mal, „lustige Art“ in der „Thüringer Allgemeinen“ lesen konnte, aber man nicht ganz einordnen konnte, ob ihr ein neues Postversandsystem ausprobiert oder ob man Rohrpost schicken sollte oder Ähnliches.
Klar geworden ist, es ist eine heiße Kartoffel und jeder schiebt sie zu jemand anderem. Aber auch das kann ich bei dem Gegenstand, um den es geht, erst einmal nachvollziehen. Ich glaube aber, dass man und ich will es jetzt auch deutlich öffentlich wahrnehmbar tun -, indem ich mich auch ein bisschen korrigiere, indem ich sage, es geht nicht um die Veröffentlichung und ich sage, in dem Ursprungsantrag steht, DIE LINKE fordert von der Landesregierung die Veröffentlichung. Das würde ich nach Kenntnis der Information, wie wir es jetzt in den Fraktionen haben, zurücknehmen und präzisieren. Es muss einen Verfahrensweg geben, wie wir zwischen Regierung und Parlament die vorliegenden Dokumente bearbeiten und bewerten können. Ob am Ende eine Veröffentlichung von allem oder Teilen herauskommt, muss das Parlament entscheiden. Die Regierung ist hier eher diejenige, die damit rechnen muss, Schadensersatzforderungen von Kali+Salz zu kriegen. Ich glaube, dass uns das nicht weiterhilft. Das wäre ein Nebenkriegsschauplatz, der von dem eigentlichen Thema ablenken würde, was unsere Motivation ist, auch heute so intensiv zu thematisieren, und warum wir es weiterhin thematisieren. Es hilft nichts, die Annahme dieser Akten zu verweigern. Es hilft nicht. Wenn die Forderung stehen würde, bitte, liebe Landesregierung, übernehmt diese Akte, um sie zu veröffentlichen, dann würde ich wieder die Reinholz‘schen Ausführungen akzeptieren, aber wenn die Aussagen der Landesregierung stimmen, wir wollen prüfen und bewerten, ob dieses Material aus der Landesregierung stammt, dann müssen Sie die Akte entgegennehmen. Wie wollen Sie es denn sonst prüfen? Mit Herrn Gnauck habe ich gestern mehrfach telefoniert, wir haben uns immer wieder intensiv verstän
digt und es ist weniger eine Konfrontation Landesregierung - Opposition, sondern eine Konfrontation, wie gehen wir mit der Situation um und wie kommen wir zu einem Ergebnis, das uns operationell hilft? Deswegen habe ich zur Kenntnis genommen, dass Herr Gnauck gestern in der Pressekonferenz zu den Journalisten gesagt hat, das ist wie bei Herrn Friedrich und er möchte nicht in die Situation kommen wie Herr Friedrich. Herr Gnauck, es gibt nur einen Unterschied: Der Herr Friedrich hat etwas gewusst, das er erzählt hat. Das hätte er nicht erzählen dürfen. Deswegen hat er möglicherweise ein Geheimnis verraten. Wollen Sie damit sagen, Herr Gnauck, dass Sie ein Geheimnis kennen?
Da müssten wir die Offenlegung des Geheimnisses verlangen, weshalb Sie das mit Herrn Friedrich verglichen haben. Deswegen meine Anmerkung.
Die zweite Geschichte ist, Sie erstatten Strafanzeige gegen unbekannt wegen Geheimnisverrat. Das kann ich nachvollziehen, haben wir auch telefonisch besprochen. Also es ist ja nicht so, dass ich das jetzt irgendwie kritisiere. Ich will nur sagen, wie wollen Sie denn feststellen, ob es ein Geheimnisverrat ist, wenn Sie die Akte einfach nicht annehmen? Ich habe sie Ihnen angeboten. Ich habe gesagt, nehmen Sie die Akte und ich will es noch einmal präzise sagen, damit es auch im Protokoll steht und jeder gehört hat: Die Übergabe der Akte zielt nicht auf den Wunsch, dass Sie sie veröffentlichen, sondern die Übernahme der Akte zielt zu dem Wunsch, das Parlament zu beteiligen und in der Regierung zu klären, ob sich diese Dokumente, die in der Akte sind, im Umweltministerium befinden. Laienhaft - ich bin nicht der Umweltminister - komme ich zum Ergebnis, wenn ich Blatt für Blatt durchblättere, es muss aus dem Umweltministerium sein. Aus dem Wirtschaftsministerium kann es nicht sein. Es sind sämtliche Altlasten-Rahmenverträge drin, Altlasten-Bearbeitungsstände, es sind lauter einzelne Entwicklungsstände einschließlich der vertraulichen Unterlagen zu Merkers. Nach meinem Kenntnisstand sind die Merkers-Unterlagen nie an das Parlament gegangen, also müssen sie aus einem Ministerium kommen, wo die Merkers-Unterlagen liegen und am Ende liegt der 62-seitige Vertrag Kali-Fusion drin und jetzt komme ich zu dem Argument, dass Kali+Salz Schadensersatz, Unterlassungsanspruch und Ähnliches öffentlich geltend macht. Das kann Kali+Salz nur gegenüber Personen machen, die unberechtigt den Vertrag veröffentlichen würden. Da ich den Anspruch nicht erhebe oder nicht mehr erhebe, dass Sie ihn veröffentlichen sollen, sondern wir ihn bearbeiten wollen, und zwar zwischen Regierung und Parlament, zwischen den Ausschüssen im Parlament, die basierend auf den Unterlagen Entscheidungen treffen müssen, und die kann man nur treffen, wenn man die Informationen kennt. Da will ich noch einmal auf diese
Klausel, die offenkundig - Herr Reinholz hat es angesprochen - Prof. Herz geprüft hat, nämlich die Klausel, ob eine rechtlich bindende Geheimhaltungsverpflichtung in dem Vertrag drinsteht. In der Tat steht drin, sie darf nicht Dritten gegenüber offengelegt werden. Die Frage ist, wer ist Dritter? Ich habe Herrn Reinholz genau zugehört. Sie haben gesagt, der Artikel 16.7 hat dem Umweltministerium und dem Landesverwaltungsamt vorgelegen. Herr Reinholz, ich frage, ob ich das richtig gehört habe.
(Zuruf Reinholz, Minister für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz: 16 hat vorgelegen, ja.)
Meine Frage ist, ob 16.7 vorgelegen hat, denn - ich will es auch sagen - es geht mir gar nicht darum, hier jetzt eine Examinierung zu machen, sondern hier in der Akte ist auf einmal der 16er drin, ohne den 16.4, den 16.5 und ohne den 16.7. Das ist in der Akte. Da ist für mich die Frage: Ist das das Material aus dem Umweltministerium? Das wäre doch eine spannende Frage. Ich kann das doch gar nicht beantworten, weil der 16.7, meine Damen und Herren - und jetzt muss ich etwas tun, bei dem mich Kali+Salz dann möglicherweise verklagt, das ist mir auch völlig egal, denn wenn ich das Parlament darüber nicht informieren darf, können wir immer nur gebetsmühlenartig entgegennehmen, dass wir zur Geheimhaltung verpflichtet sind -, ist die Bund-Länder-Regelung in dem Kali-Verschmelzungsvertrag. Da heißt es: „Die Vertragsparteien nehmen zur Kenntnis, daß die Treuhandanstalt beabsichtigt, im Zusammenhang mit den ihr obliegenden Verpflichtungen zur Umweltaltlastenfreistellung gemäß den Bestimmungen dieses Rahmenvertrags die ihr in dem in Anlage 15 enthaltenen Beschluß des Bundes und der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen vom 22. Oktober 1992 zustehenden Rechte in vollem Umfang zu wahren und durchzusetzen.“ Das heißt, in dem Kali-Verschmelzungsvertrag, wo drei Parteien, nämlich die Mitteldeutsche Kaliindustrie, die Treuhandanstalt und die Kali+Salz AG einen Vertrag schließen, stehen wir auf einmal in Artikel 16.7 explizit drin, und zwar in der Wahrung unserer Rechte, und zwar zum Thema Altlastenfreistellung. Das ist das Thema, das 1998 dann zum Rahmenvertrag geführt hat,