Protocol of the Session on January 22, 2014

(Minister für Wirtschaft, Arbeit und Technologie Höhn)

wenn man das mal mit einem Skispringer vergleicht, der nicht nur die Anlaufspur absolviert hat, der seinen Absprung absolviert hat, der mitten im Flug ist und sich dann überlegt, ach, vielleicht wäre ich doch jetzt lieber besser oben geblieben oder stehen geblieben, meine Damen und Herren, ich halte das für absurd. Welche Auswirkungen das haben kann, haben wir leider in einem Skisprungwettbewerb vor Kurzem selber erst sehen können.

Meine Damen und Herren, zudem müsste nach Auffassung des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Technologie auch jede Umbauvariante oder jede andere nicht von der Notifizierung umfasste Variante wieder neu zur Notifizierung vorgelegt werden. Im schlechtesten Fall kann dies Monate dauern. Wir wissen, im Moment ist sowieso eine Phase in Brüssel, wo Entscheidungen etwas länger dauern, als uns das lieb ist. Deshalb kann eine solche Verfahrensweise für uns nicht der Weg sein. Wir wollen, und das sage ich in aller Deutlichkeit, keine Verzögerungen bei dem jetzt eingeschlagenen Verfahrensweg.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu den beabsichtigten möglicherweise alternativen Finanzierungsvorschlägen nur so viel: Es liegt eine Antwort im Nachgang auf eine Mündliche Anfrage, ich glaube, es war der Abgeordnete Blechschmidt, ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, aber es dürfte so gewesen sein, vor, die wir nachgeliefert haben. Da das ein öffentliches Dokument ist, darf ich an dieser Stelle aus der Antwort zitieren, die unser Haus unter Zuarbeit des Kollegen Carius vom Thüringer Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Verkehr gegeben hat. Ich zitiere: „Es ist und war zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt, Stadionsanierungen in Erfurt bzw. Jena mit Fördermitteln bestehender BundLänder-Programme der Städtebauförderung zu fördern.“ Ja, das Prinzip „Wasch mich, aber mach mich nicht nass“ funktioniert an dieser Stelle wie so oft eben nicht.

Meine Damen und Herren, die Vorteile einer Multifunktionsarena liegen doch klar auf der Hand. Die spätere Nutzung wird auf eine wesentlich breitere Basis gestellt, weil eben nicht nur durch Fußballspiele, sondern auch durch andere Veranstaltungen und Nutzungsmöglichkeiten Einnahmen erzielt werden. Jedenfalls fußt das Konzept nicht nur auf einem einzigen Nutzer. Im Übrigen, um auch da Legendenbildungen vorzubeugen, wie ich so hin und wieder mal in der Presse lesen durfte, dass hier europäische Mittel im Spiele wären, das ist falsch, das habe ich in früheren Pressemitteilungen ebenfalls schon klargestellt. Ich sage es ganz deutlich, wir setzen 15 Mio. € Landesmittel ein und durch die Mechanismen der GRW wird jeder Euro mit einem Euro vom Bund aufgestockt. Diese Verfahrensweise garantiert, dass ein Stadion bzw. eine polyvalen

te Multifunktionsarena in dieser Größenordnung überhaupt finanzierbar ist.

Natürlich muss ich an dieser Stelle auch die in der Öffentlichkeit geäußerten Kritiken des Thüringer Rechnungshofs reflektieren. Ich muss ehrlich gestehen, ich habe nicht alles so ganz verstanden, was da an Kritik kam, vor allen Dingen deshalb, weil alle jetzt vorgebrachten, öffentlich vorgebrachten Bedenken und offenen Fragen, also jetzt Januar 2014, bereits im Mai 2013 durch umfängliche Stellungnahmen und Zuarbeiten des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Technologie ausgeräumt bzw. beantwortet wurden. Darüber hinaus haben wir auf Bitten des Rechnungshofs im Oktober letzten Jahres zu genau denselben Fragen noch einmal allen Mitgliedern der Landesregierung sowie dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten des Rechnungshofs Rede und Antwort gestanden. Das war in dieser Befassung des Kabinetts am 15. Oktober durch Herrn Staatssekretär Staschewski.

Meine Damen und Herren, ich sage es in aller Deutlichkeit, Unwahrheiten und falsche Behauptungen werden durch ständiges Wiederholen nicht richtiger. Meine Damen und Herren, noch ein Satz, weil ich etwas zur Kenntnis nehmen musste, das sage ich ganz offen, auch wenn ich erst wenige Wochen im Amt bin, das hat mich ganz besonders geärgert, dass der Versuch unternommen wird, den aufgezeigten Förderweg, der durch das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie, aber vor allen Dingen auch namentlich meinen Vorgänger im Amt, Matthias Machnig, hier aufgezeigt worden ist, ein solches Projekt über die GRW-Förderung zu realisieren, als unseriös, als - Moment, ich muss mal nachschauen, ich habe mir das vorhin notiert, wie das genannt worden ist - auf wacklige Füße gestellt sei oder sonstige Zitate.

Meine Damen und Herren, seit mehr als 20 Jahren ist das Wirtschaftsministerium für die GRW-Förderung zuständig. Und es gab noch nicht einen einzigen Fall, wo die Beamtinnen und Beamten, die in diesem Hause dafür zuständig sind, sich irgendwelcher Verstöße oder Rechtsbrüche oder falschen Entscheidungen hätten zeihen müssen. Ich will das ganz deutlich sagen: Diese Vorwürfe weise ich in aller Entschiedenheit zurück.

(Beifall SPD)

Ich nehme für mich in Anspruch, dass es damit also ausreichend Expertise gibt, um eine fundierte Förderentscheidung zu gewährleisten. Es bleibt dabei, meine Damen und Herren, die Multifunktionsarena ist eine sinnvolle Lösung auch im Hinblick auf den schon in der Debatte erwähnten zukünftigen ICEKnoten in Erfurt und die damit wachsende Attraktivität Erfurts als Tagungs- und Veranstaltungsort. Diese Chance, meine Damen und Herren, müssen wir ergreifen. Da bin ich gewillt, auch für das Haus diese Entscheidung so aufrechtzuerhalten, wie das

(Minister für Wirtschaft, Arbeit und Technologie Höhn)

bis jetzt der Fall gewesen ist. Ich habe die Gewissheit erlangt, gemeinsam mit der Stadt, gemeinsam mit dem Oberbürgermeister, aber auch gemeinsam mit dem später höchstwahrscheinlichen Hauptnutzer, dem Fußballclub FC Rot-Weiß Erfurt, haben wir hier Partner an der Seite, die dieses Projekt, dieses Vorhaben, in die Realität umsetzen wollen.

Wenn es andere Vorschläge gibt - da greife ich das auf, was, glaube ich, Kollege Adams in seiner Rede gesagt hat, wenn es alternative Finanzierungskonzepte geben soll - ich sage ganz deutlich, sie sind mir nicht bekannt, außer in einschlägigen Zeitungsund Presseveröffentlichungen -, dann müssen die auf den Tisch gelegt werden. Aber sinnvollerweise, meine Damen und Herren, tut man so etwas am Anfang eines Verfahrens und nicht mittendrin.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, abschließend gestatten Sie mir noch ein persönliches Wort.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Das war die längste Rede in einer Aktuellen Stunde.)

Ja, das ist wohl wahr, die Chance habe ich jetzt, Kollege Barth.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Du hast sie voll genutzt.)

Vorher hatte ich sie nicht.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Meine Damen und Herren, ein persönliches Wort. Ich bedauere wirklich sehr, dass dieses Thema der Errichtung einer Multifunktionsarena hier am Standort des altehrwürdigen Steigerwaldstadions zum Spielball politischer Diskussionen in der Stadt Erfurt, aber auch in der Region geworden ist. Das hilft niemandem. Es schadet der Stadt. Es schadet der Region. Es schadet damit dem Freistaat Thüringen. Und diejenigen, die wider besseres Wissen eine solche Diskussion entfachen, sollten sich ihrer Verantwortung bewusst sein und ihr gerecht werden.

Ganz zum Schluss fällt mir das Zitat oder der Satz des alten Indianers ein, der mal gesagt hat: Wenn das Pferd tot ist, dann sollte man absteigen. Danke schön, meine Damen und Herren.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Durch die Redezeit der Regierung hat sich wieder Redezeit für die einzelnen Fraktionen ergeben. Das wären für die Fraktion der FDP 3 Minuten 50, für die anderen Fraktionen jeweils 2 Minuten und ich habe Wortmeldungen. Der Abgeordnete Thomas Kemmerich von der Fraktion der FDP hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, erneut, liebe Gäste, liebe Fans von RotWeiß! Herr Minister, zunächst vielen Dank für den letzten, ausdrücklich letzten Teil Ihrer Rede - ich halte es auch nicht für zumutbar, dass wir das zum Spielball auf dem Rücken der Stadt Erfurt, der Bürger dieser Stadt, der Fans des Sports als reines Wahlkampfgetöse austragen und den ersten Teil der Rede, der sehr neutral und sachlich beleuchtet hat, wie der Stand der Dinge ist.

Ich möchte aber auch noch auf etwas anderes zu sprechen kommen, nämlich auf das eigentliche Risiko, was wir zu tragen haben als Erfurter, als Steuerbürger, als Bürger Thüringens auch, und das ist der durchaus bemerkenswerte Dilettantismus, der bei der Umsetzung dieses Projektes zu verzeichnen ist. Dazu noch ein paar Fakten, die hier bis jetzt noch nicht genannt worden sind. Wir haben am 28. Mai letzten Jahres eine Ausschreibung begonnen, die musste zurückgenommen werden, weil sie fehlerhaft war und gewisse Fristen nicht eingehalten worden sind. Insofern haben wir dann am 4. September 2013 eine neue Ausschreibung beginnen müssen, sind arg im Zeitverzug. Ich erinnere an die ersten Meldungen, wo es um den Stadionneubau ging, da war die Rede davon, dass wir Ende 2013 eröffnen können. Jetzt sind wir schon in 2016. Diese Zeitverzögerungen, das müssen wir uns alle vor Augen führen, werden uns Geld kosten. Jedes Jahr steigen die Baupreisindizes mit 3/3,5 Prozent. Das heißt, drei Jahre Verzögerung zu 10 Prozent Baukostensteigerung sind schlappe 3,5 Mio. Das ist erheblich viel Geld und das ist das eigentliche Risiko. Das wird, wie gesagt, durch die mangelnde Fähigkeit der Stadtverwaltung

(Beifall FDP)

getragen, ein solches Verfahren profihaft state of the art durchzuführen. Aber, liebe CDU, das wird auch dadurch getragen und weiter verschärft, dass Sie dieses Verfahren weiter verzögern. Beides sollten wir den Erfurter Bürgern, den Fans des Sports und auch den Steuerzahlern nicht zumuten, sondern endlich das umsetzen, was längst Beschlusslage ist, und das zügig, professionell und damit im Sinne aller Beteiligten. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Danke schön. Es hat sich Minister Carius zu Wort gemeldet. Möchten Sie jetzt sprechen oder wollen Sie erst die Abgeordneten reden lassen? Sie möchten jetzt. Bitte.

(Minister für Wirtschaft, Arbeit und Technologie Höhn)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Kollege Höhn, den ich sehr schätze, ist nach einem alten rheinischen Grundsatz vorgegangen: Man muss immer die Wahrheit sagen, aber nicht die ganze. Das gilt für die Städtebauförderung und es ist hier eine Frage gestellt worden. Wenn ich eine Frage erhalte, ob die Stadionförderung für Jena aus Städtebaufördermitteln von Bund und Land finanziert werden soll, dann muss ich darauf klar antworten, das ist nicht beabsichtigt. Es ist aber sehr wohl beabsichtigt, soweit sind wir im Gespräch mit der Stadt Jena, über einen Zuschuss, Schuldendiensthilfe etc., darüber muss man dann im Einzelnen diskutieren, solche Voraussetzungen zu schaffen. Dann gilt, meine sehr verehrten Damen und Herren, natürlich das, was für Jena gilt, auch für Erfurt, denn diese Landesregierung - bei allem Streit über die Frage des Wie - ist sich völlig im Klaren darüber, dass wir zweitligafähige Stadien brauchen, sowohl in Erfurt als auch in Jena. Dafür müssen wir die entsprechenden Voraussetzungen schaffen. Da gibt es überhaupt keine Diskussion. Daran halten wir fest und in diesem Sinne wünsche ich beiden Vereinen den möglichst baldigen Aufstieg in die nächste Liga. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank. Das Wort hat Abgeordneter Bodo Ramelow von der Fraktion DIE LINKE.

Werte Kolleginnen und Kollegen, liebe Besucher auf der Tribüne von Rot-Weiß und dem Oberbürgermeister, Frau Hoyer! 2009 beim Superspiel Bayern München gegen Rot-Weiß Erfurt oder Rot-Weiß Erfurt gegen Bayern München hat Dieter Althaus versprochen, dass das Steigerwaldstadion mit 18 Mio. saniert werden soll. Die Zeitung mit den großen Buchstaben hat das als Fakt, als Ergebnis verkündet und danach wollte sich niemand mehr daran erinnern. Ich habe dann als Oppositionsführer und als bekennender Nichtfußballer Kontakt zu Herrn Rombach aufgenommen und habe gesagt, was können wir tun, was könnten wir für Impulse schaffen, um die Sanierung auf den Weg zu bringen, denn die Stadt Erfurt allein kann es nicht stemmen. Die Stadt Erfurt hat sowieso eine bestimmte Millionensumme, die sie in die Sanierung stecken muss, aber das reicht nicht, um das Stadion fit zu machen. Wir haben dann einen Plan entwickelt, der Herr Rombach und ich. Ich habe das mit allen Fraktionen beredet, auch mit der Ministerpräsidentin, habe eine Runde durch alle Fraktionen und alle Mitstreiter gemacht, habe gesagt, wir brauchen eine Patronatserklärung, um aus dem Spielbetrieb einen

Eigenbetrieb zu entwickeln und wir brauchen eine Bürgschaft des Landes, um das Geld aufnehmen zu können, um die Sanierung dann in drei Bauabschnitten zu machen. Wir sind dann zu Herrn Machnig gegangen und aus dem Gespräch kam die Multifunktionsarena. Ich habe mich dann zurückgezogen, denn ich gebe zu, wenn das Ministerium sagt, es hat einen besseren Plan, ich mich von dem Plan überzeugen lasse. Ich habe den Plan unterstützt, weil ich der Überzeugung war, dass der Kongressteil in der Multifunktionsarena für die ICE-City gebraucht wird. Jetzt höre ich - und deswegen war ich innerlich auch für Alternativdiskussionen offen -, dass man das Geld zur Sanierung doch aus dem Landeshaushalt finden könnte. Also könnte man einen Moment darüber reden. Aber sollte man nicht erst einmal in der Regierung darüber reden? Warum wird die ganze Bevölkerung in Geiselhaft einer Landesregierung

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

genommen, die nicht mehr in der Lage ist, miteinander umzugehen, und warum werden die Fans von Rot-Weiß wie die letzten Dödels behandelt? 2009 bekommen sie 18 Mio. € versprochen und niemand erinnert sich mehr daran. Dann kommt der rechtsmittelfähige Bescheid, den Kollege Höhn erläutert hat und wofür ich dankbar bin, und ich sage: Ja, es gibt Risiken. Wir könnten jetzt noch mal über Risiken reden, aber ich denke, die sind alle abgewogen worden. Dann muss man sie tragen - oder warum hat die Regierung dann den Bescheid freigegeben? Das verstehe ich überhaupt nicht.

(Zwischenruf Geibert, Innenminister: Das hat die Regierung nicht gemacht.)

Ach, das hat die Regierung nicht gemacht, das hat das Ministerium ohne die Regierung gemacht, das ist interessant.

(Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- tin: Aufbaubank.)

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Frau Präsidentin, ich glaube, die Zeit dieser Regierung ist zu Ende. Ich glaube, man sollte diesem Drama ein Ende setzen, das ist ein unglaublicher Skandal, wie mit Erfurt und den Fans von Rot-Weiß umgegangen wird.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Als Nächster hat das Wort Abgeordneter Dirk Adams von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. 2 Minuten und 30 Sekunden, Herr Adams.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, es spitzt sich zu und das ist die wirkliche Frage. Frau Kollegin Walsmann stellte dar, 11 Mio. € - und da habe sie sich vorher noch mal erkundigt - könnten möglicherweise - dabei schaute sie zum Kollegen Carius - aus dem Landeshaushalt hierfür bereitgestellt werden. Sie sagt, sie hat sich vorher noch mal erkundigt. Kollege Höhn sagt: Stimmt nicht, haben wir nämlich abgefragt, dafür gibt es ein Schriftstück, geht nicht. Jetzt kommt Herr Carius und sagt: Geht doch. Frau Ministerpräsidentin, was gilt denn jetzt?

(Zwischenruf Carius, Minister für Bau, Lan- desentwicklung und Verkehr: Bund/Länder.)

Ich bitte Sie wirklich