Protocol of the Session on December 19, 2013

Jetzt ziehen Sie die Schlussfolgerung, weil der Verfassungsschutz versagt hat, deswegen schaffen wir den Verfassungsschutz ab.

(Beifall DIE LINKE)

Ich frage Sie, wer soll denn künftig die Straftaten aufklären, wenn nicht die Sicherheitsbehörden? Diese Schlussfolgerung zu ziehen, die ist völlig naiv.

(Beifall CDU)

(Unruhe DIE LINKE)

Sie entspricht dem Gesellschaftsbild, aber entspricht nicht den Erwartungen an unseren freiheitlichen Staat.

Herr Abgeordneter Mohring, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, natürlich nicht, jetzt nicht, später, Dirk Adams, später.

Nein. Am Schluss?

Ja, am Schluss. Aber jetzt kommt Folgendes und darauf will ich gern noch mal hinweisen. Diese zehn Morde bleiben schrecklich und sie müssen geahndet werden. Das sind wir den Opfern schuldig. Deswegen haben wir auch die zwei Untersuchungsausschüsse eingesetzt.

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: Ja, da hat der Verfassungs- schutz schuld.)

Deswegen hat unser Innenminister neue Sicherheitsgesetze vorgelegt, die wir gerade im Landtag beraten. Aber eines will ich auch sagen, das kommt dazu: Die Morde sind außerhalb dieses Freistaats geschehen.

(Unruhe DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie relativieren schon wieder.)

Gefasst - nein, lasst mich zu Ende reden. Aber gefasst wurden die Mörder in Thüringen durch die Thüringer Polizei. Das bleibt festzuhalten.

(Unruhe DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Unsere Polizei hat nicht versagt, unsere Polizei hat die Mörder gefangen. Sie sitzen nur und haben sich umgebracht, weil wir sie entdeckt haben.

(Beifall CDU)

Nicht die anderen waren es, wir haben sie entdeckt. Das bleibt festzustellen.

(Unruhe DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist ja unerhört.)

(Unruhe CDU)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das ist die Wahrheit.)

Ich teile Ihren Vorwurf. Ich teile Ihren Vorwurf, dass offensichtlich in anderen Bundesländern niemand in der Lage war, sicherheitserkenntlich zu sehen, dass sich da eine Kette von Morden wiederholt. Das bleibt, dieses Versagen muss aufgeklärt werden. Deswegen wird im Bund weiter untersucht, das muss aufgeklärt werden. Da bleibt offensichtlich ein Versagen auf der Strecke, was sich nicht wiederholen darf. Das ist ausdrücklich festzustellen. Aber unsere Polizei hat, nachdem zweimal hintereinander Banküberfälle gewesen sind, erkannt, dass es da einen Zusammenhang gibt und dass es offensichtlich eine längere Kette gewesen ist.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mann, die haben die laufen lassen - das ist unerhört!)

Und deswegen hat unsere Polizei richtig gehandelt.

(Unruhe DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bitte doch um etwas Ruhe. Bitte, Herr Abgeordneter, setzen Sie fort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Die Wahrheit ist manchmal schwer und offensichtlich für einige in diesem Haus auch nicht akzeptabel. Wir wissen und das ist erfreulich festzustellen im ThüringenMonitor -, dass die junge Generation weniger anfällig ist für Vorurteile gegenüber Minderheiten, gegenüber Asylbewerbern, gegenüber Homosexuellen oder Behinderten. Das zeigt, dass Bildung und ein offenes Einschreiten gegen Ausgrenzung Früchte tragen. Daher bleibt es unser Anliegen, menschenfeindlichen Tendenzen entgegenzutreten und uns für eine weltoffene und tolerante Gesellschaft einzusetzen. Dieser Grundkonsens ist doch hoffentlich in diesem Haus gemeinsam festzuhalten. Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Thüringen-Monitor hat in diesem Jahr mit dem Sondergutachten auch zur Methodik Stellung genommen. Dazu haben wir ausführlich im letzten Thüringen-Monitor 2012 gesprochen und haben in einem Extra-Gutachten festgestellt, dass die Güte der Indikatoren, mit denen der Thüringen-Monitor seit 13 Jahren rechtsextreme Einstellungen gemessen hat, offensichtlich auch weiterer wissenschaftlicher Untersuchungen bedarf. Sie erinnern sich an die Debatte im letzten Jahr. Bereits damals haben wir diskutiert, dass die Messung von rechtsextremen Einstellungen in einem Spannungsverhältnis zu der politischen Selbstverortung oder der parteipolitischen Präferenz der Befragten steht. Eine rela

tive Mehrheit der Befragten, die dem rechtsextremen Spektrum zugeordnet wird, sah sich im Thüringen-Monitor 2012, aber auch im Thüringen-Monitor 2013 eher dem linken parteipolitischen Spektrum zugeordnet. Das ist Aussage des Thüringen-Monitors. Ich revidiere an dieser Stelle nur. Offensichtlich bleibt festzuhalten, eine Mehrheit der Befragten, die dem rechtsextremen Spektrum zugeordnet werden, sehen sich selbst eher im linken Spektrum verortet. Insofern müssen wir der Landesregierung danken, dass die Landtagsdebatte des letzten Jahres zum Anlass genommen wurde, die Erhebungsmethoden einer näheren Prüfung zu unterziehen. Dank gilt auch ausdrücklich den Wissenschaftlern, die diese Überprüfung sehr ernsthaft vorgenommen haben.

Untersucht wurde im Kern, ob die Befragten die Einstellungsfrage auf die gleiche Weise verstehen, wie diejenigen, die die Frage entworfen haben, und dazu wurde ein Teil der Befragten schlicht gebeten zu erläutern, was sie unter den abgefragten Begriffen verstehen. Und tatsächlich ist es ein Unterschied gewesen, ob man dabei auch die Frage konkretisiert und fragt allgemein in Deutschland zum Beispiel, die Bundesrepublik ist durch die vielen Ausländer in einem gefährlichem Maße überfremdet, und dann später bei derselben Befragung die Thüringer noch einmal konkret fragt: Thüringen ist durch die vielen Ausländer in gefährlichem Maße überfremdet oder meine Wohnumgebung ist durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maß überfremdet. Und dann stellen wir fest, dass zwar in der allgemeinen Frage 42 Prozent der Thüringer der ersten Frage zustimmen, die Bundesrepublik ist durch die vielen Ausländer in gefährlichem Maße überfremdet, aber im Konkreten in Thüringen sich der Wert auf 25 Prozent reduziert und auf das ganz konkrete eigene Lebensumfeld auf 7 Prozent abmindert. Deswegen war es wichtig, die Methodik noch einmal zu hinterfragen und zu überprüfen, weil sich nämlich dann auch in der platten Wahrnehmung, in der Interpretation des Thüringen-Monitors natürlich ein großer Unterschied ergibt, ob ich der pauschalen Frage zustimme, eher Ja, eher Nein, oder ob ich das konkret auf meine eigene Lebenssituation herunterbreche. Dann ist auch noch ganz entscheidend, dass selbst bei der Frage der Überfremdung Ausgangspunkt für die Frage der Überfremdung ist, dass die Ostdeutschen, die Thüringer sich zunächst auch von Westdeutschen dominiert sehen. Deswegen haben einige von denen, die mit 42 Prozent gesagt haben, sie sehen Überfremdung in gefährlichem Maß, die mit 42 Prozent Ja gesagt haben - es sind viele darunter, die den Ausgangspunkt für die Wahrnehmung der Überfremdung sehen, da sie sich von Westdeutschen dominiert sehen. Ich will das nicht unterstützen, dass das so ist, aber man muss das einmal für die Analyse der Fragen und für die erste Antwort in so einer Telefonbefragung auch noch einmal tiefer ge

hend untersuchen, da zu sagen, dass es daraus auch Schlussfolgerungen gibt und dass offensichtlich, so sagen die Wissenschaftler, das das Tor ist, dass diese Menschen dann eher offen sind für solche extremistischen Ideologien, das ist die Gefahr. Die teilen wir ausdrücklich, dass man das deswegen abändern muss. Deswegen ist unser Schlüsseleinsatz immer wieder derselbe. Bessere wirtschaftliche Bedingungen schaffen, bessere Bildung schaffen, den Leuten ein ordentliches Einkommen geben, gute Bildung ermöglichen, auf Dauer ordentliche Freizeitangebote schaffen, die Menschen, die in der Mitte der Gesellschaft ankommen, die dort ihre Zufriedenheit sehen, die dort ihr Glück sehen, die auf der Demokratie festem Boden stehen, die sich ehrenamtlich engagieren, die haben kein Ohr und kein Auge und keinen Kopf frei für extremistische Ideologien, die wehren das ab. Deswegen alle einladen, alle in der Mitte der Gesellschaft verankern, dann bleibt kein Platz für Extremisten! Das ist die Aufgabe, unsere Arbeit, die wir leisten müssen.

(Beifall CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Welt ist nicht einfach, sondern sie ist hoch kompliziert und Fakt ist, deswegen gibt es auch keine einfachen Antworten.

(Beifall CDU)

Sie liefern nur einfache, flache Antworten, Sie müssen das tun, aber das ist nicht die richtige Antwort. Deshalb ist es gut, dass es in der Mehrheit der Gesellschaft andere gibt, die nicht flache Antworten liefern wollen, sondern die sich Gedanken machen, aber die wissen, in der flachen Antwort liegt auch nicht die Lösung. Deshalb ist es gut, dass es den Thüringen-Monitor gibt, eine Erfindung von uns, keine Erfindung von Ihnen. Die Dauerhaftigkeit ist der Wert an sich und die jahrelange Analyse zeigt uns, dass wir auf einem richtigen Weg sind. Das ist wichtig, an dieser Stelle auch noch einmal festzuhalten.

(Beifall CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will noch auf einen anderen Punkt eingehen, weil der genauso wichtig ist und es sich aus dem diesjährigen Thüringen-Monitor erneut ergibt, als die Thüringer gefragt wurden, wie halten sie es mit Freiheit oder Gleichheit und wie halten sie es mit Freiheit oder Sicherheit. Bei der Frage Freiheit oder Gleichheit sagte - egal, ob die Thüringer erwerbstätig sind, in Ausbildung sind, arbeitslos sind oder übrige Nichterwerbstätige sind - die Mehrheit aller Befragten, egal aus welcher Kohorte, Freiheit vor Gleichheit, in dieser Güterabwägung der Werte immer zuerst die Freiheit und dann die Gleichheit. Eine wichtige Grundlage für unsere freiheitliche Gesellschaft, deshalb haben wir im Herbst 1989 für Freiheit ge

kämpft. Dass die Thüringer sich heute so fest, egal wen man fragt, für Freiheit einsetzen, ist auch kurz vor dem 25. Jahrestag des Falls der Mauer ein zufriedenstellender Wert. Wir können stolz darauf sein, dass wir Thüringer die Freiheit lieben und das auch so zum Ausdruck bringen.

(Beifall CDU)

Aber schon bei der nächsten Frage, Freiheit oder Sicherheit, zeigt sich, dass wir immer wieder in diesem Spannungsfeld stehen und täglich neu, auch wir in der Politik, auch in der Gesellschaft, das Spannungsfeld zwischen Freiheit und Sicherheit austarieren müssen. Ich fand es spannend, dass die Thüringer im Thüringen-Monitor 2013 bei der Frage Freiheit oder Sicherheit sagen, durch alle Kohorten hinweg, über 60 Prozent, fast 70 Prozent im Durchschnitt, in diesem Spannungsfeld Freiheit oder Sicherheit sind wir zuerst für die Sicherheit.

(Beifall CDU)

Sie meinen damit nicht nur innere Sicherheit, sie meinen auch soziale Sicherheit, aber sie nehmen in Kauf, und das ist die entscheidende Auslese aus dieser Umfrage, die Freiheit ein Stück zurückzudrängen, auch wenn sie für die Freiheit sind, wenn es um ihre Sicherheit geht, die Sicherheit im Land, die soziale Sicherheit, dann nehmen sie in Kauf, die Freiheit ein Stück zurückzudrängen zugunsten der Sicherheit - auch das ein spannender Wert und auch danke den Thüringern, für diese mutige Aussage an dieser Stelle. Sie ist auch eine Grundlage für weitere politische Weichenstellungen. Es ist spannend und ich bin dankbar, dass der ThüringenMonitor diese Aussage ausdrücklich 2013 mit aufgenommen hat.

(Beifall CDU)

Ich kann Ihnen sagen, wir werden diese Umfrage auch noch zur Grundlage nehmen für unsere weitere Arbeit. Sie ist wichtig, es bleibt in diesem Spannungsfeld. Ich sage aber auch ausdrücklich, wir werden Thüringen-Monitore haben, wo das genau umkippt, wo die Mehrheit der Thüringer sagen wird, in dem Spannungsfeld Freiheit oder Sicherheit, dann eher die Freiheit, je konkreter wir auch die Fragestellung machen: Welche Sicherheit meint ihr? Meint ihr die Sicherheit im Netz? Meint ihr wirklich eure soziale Sicherheit oder meint ihr die innere Sicherheit? Das wird schwanken. Das ist kein Wert an sich, aber aus der Analyse heraus in dieser pauschalen Bewertung Sicherheit, die alles umfasst, steht sie vor der Freiheit, aber die Freiheit steht vor der Gleichheit.

Dann will ich auf einen allerletzten Wert eingehen, der uns, ich glaube, die meisten in diesem Raum sind auch parteipolitisch verankert, darauf will ich zuletzt noch mal eingehen, nämlich bei der Frage, wie halten es die Thüringer mit ihrer politischen Partizipation. Natürlich ist gefragt worden, wer hat

sich schon mal beteiligt bei Unterschriftensammlungen, bei einer Mitarbeit in einer Partei, wer will sich an Politiker wenden, bei Bürgerinitiativen mitmachen, genehmigte Demos organisieren, Demos gegen Neonazis, nicht genehmigte Demos machen, Steine werfen, all das wurde abgefragt. Und es freut mich außerordentlich, dass die große Mehrheit der Thüringer, über 92 Prozent, sagt, wir wollen zwar politisch partizipieren, aber wir lehnen Gewalt dabei ab. Das ist wichtig. 92 Prozent sprechen sich gegen Gewalt aus.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Sollen doch die Linken Steine werfen.)

Und alle die, die schon Steine geworfen - es soll auch welche hier in diesem Raum geben -, die schon geschottert haben - es soll welche in diesem Raum geben -, die sollten zur Kenntnis nehmen, sie vertreten nicht die Thüringer, wenn sie so was tun.

(Beifall CDU)