Protocol of the Session on November 21, 2013

Also wir haben vieles auf den Prüfstand zu stellen, wir haben einen wichtigen Schritt hier vorgelegt, wir

gehen diesen Reformweg so, wie wir ihn für Thüringen immer gegangen sind,

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist unglaublich.)

23 Jahre Erfolg für Thüringen, Thüringen an der Spitze der neuen Länder,

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Thüringen in der Mitte Deutschlands und auch in vielen Spitzenrankings angekommen, das kommt nicht von ungefähr, das kommt von einem guten Miteinander von Regierung und Menschen im Land, die bereit sind, die Ärmel hochzukrempeln, die bereit sind, ihr Leben selber in die Hand zu nehmen, die bereit sind, wirtschaftliche Strukturen aufzubauen, die aber auch für ihre kommunalen Strukturen stehen und da die entsprechenden Entwicklungen, wie gesagt, thüringengemäß voranbringen. Dafür stehen wir und da ist diese Verwaltungsreform ein Beitrag. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Sie wollten noch die Frage von Herrn Adams beantworten.

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Meine auch zum Kabi- nettsbeschluss.)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Vielen Dank, Frau Ministerpräsidentin. Frau Ministerpräsidentin, würden Sie mir recht geben, dass im Expertengutachten bezogen auf die Gebietsreformenvergleiche neben den Ländervergleichen sich auch Ausführungen finden, dass es als verwaltungswissenschaftlich gesichert gilt, dass bis zu einer Größenordnung von 10.000 Einwohnern in Gemeinden Effizienzgewinne nachzuweisen sind, in der Prognose als Skalierungseffekt, aber auch in der Empirie, in dem nachschauenden Betrachten?

Ja, also das schreiben die Experten. Das stimmt, aber es ist nicht das einzige Kriterium, sondern thüringengerechte Lösung heißt auch, dass wir daneben Potenzial immer wieder effektivieren, dass es immer wieder eine Leistung im Ehrenamt gibt, die überhaupt nicht bezahlbar ist. Auch das haben wir mit in Rechnung gestellt.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Was hat das damit zu tun?)

(Ministerpräsidentin Lieberknecht)

Eine ganze Menge, das macht nämlich unser Land liebens- und lebenswert.

Und zu den Kabinettsbeschlüssen: Selbstverständlich ist die Regierungserklärung im Kabinett mit allen Kolleginnen und Kollegen komplett abgestimmt. Deswegen habe ich auch in den zwei Teilen, was die Gebietsreform betrifft, hier berichtet. Und selbstverständlich gibt es zu den einzelnen Reformschritten dann die entsprechenden Kabinettsbefassungen. Im Übrigen, wenn über die Hälfte des Kabinetts, zwei Drittel, in der Regierungskommission sitzt, können Sie davon ausgehen, dass das einvernehmlich ist. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Ich glaube, jetzt kann ich davon ausgehen, dass alle Aussprachewünsche erfüllt sind. Ich schließe die Aussprache zur Regierungserklärung und damit den Tagesordnungspunkt 1.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 5

Gesetz zur Gebührenfreiheit der Freien Sammlung bei Bürgerbegehren nach § 17 a und § 96 a Thüringer Kommunalordnung Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/6856 ERSTE BERATUNG

Frau Abgeordnete Berninger hat für die Fraktion DIE LINKE das Wort zur Begründung.

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, in § 17 Abs. 1 der Thüringer Kommunalordnung im ersten Satz ist zu lesen: „Die Bürger können über wichtige Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der Gemeinde die Durchführung eines Bürgerentscheids beantragen (Bürgerbegehren).“ In § 17 a ist dann geregelt, dass das Bürgerbegehren in freier Sammlung dann zustande gekommen ist, wenn ihm sieben vom Hundert der Stimmberechtigten innerhalb von vier Monaten zugestimmt haben. Eine demokratische Regelung, die wir in harten Debatten miteinander hier errungen haben, die aber mit dem Verwaltungskostengesetz noch Hürden enthält, die wir jetzt abbauen wollen. Die Fraktion DIE LINKE bemängelt, dass mit der im Verwaltungskostengesetz geregelten Erhebung von Gebühren, der Möglichkeit, Gebühren bei freier Sammlung zu erheben, dieses demokratische Recht eines Bürgerbegehrens eingeschränkt wird. Das wollen wir verändern

(Beifall DIE LINKE)

und wollen die Bürgerbegehren in dem Punkt 13 des Gebührenbefreiungskatalogs ins Verwaltungsverfahrensgesetz mit reinschreiben, damit solche Gebühren eben nicht mehr erhoben werden können. Wir hatten im Ilm-Kreis gerade ein Bürgerbegehren zur Rekommunalisierung der Abfallwirtschaft und ich will Ihnen mal ein Beispiel sagen, warum wir darauf gekommen sind, das jetzt per Gesetz zu ändern.

Die Stadt Ilmenau hat nämlich die Initiatorinnen des Bürgerbegehrens mit einem Gebührenbescheid von 100 € belastet für Infostände zur freien Sammlung in Ilmenau. 100 € für den Zeitraum von vier Monaten mag nicht allzu hoch erscheinen, wenn wir aber mal daran denken, dass möglicherweise alle 950 Gemeinden in Thüringen einen solchen Bescheid erlassen könnten für die freie Sammlung, dann sind wir schnell bei Gebührenhöhen von 1 Mio. €. Wenn wir dann noch, die Stadt Ilmenau hat es gemacht, je Infostand etwa 10 € Auslagen berechnen, sind wir ganz schnell bei sehr viel mehr als über 1 Mio. € und damit bei einer unheimlich hohen finanziellen Hürde für die Initiatorinnen und Initiatoren eines solchen Bürgerbegehrens. Wir wollen das ändern, wir haben das Problem im Innenausschuss angesprochen. Da ist uns deutlich geworden, ja, das ist so gewollt, diese finanzielle Hürde will die CDU-Fraktion bestehen lassen. Deswegen haben wir uns entschlossen, Ihnen einen Gesetzentwurf vorzuschlagen, der liegt Ihnen jetzt vor. Wir sind sehr gespannt auf die Debatte.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich eröffne die Aussprache und rufe für die SPDFraktion als ersten Redner den Abgeordneten Hey auf.

Frau Präsidentin, vielen Dank. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Fraktion DIE LINKE oder eben Frau Berninger führt hier aus, dass auf Grundlage des Thüringer Verwaltungskostengesetzes und des Thüringer Straßengesetzes von einzelnen Gemeinden Gebühren bei der Erteilung von Sondernutzungen zur Durchführung einer freien Sammlung bei Bürgerbegehren erhoben worden sind. Das Beispiel, das Sie genannt haben, war Ilmenau, wenn ich mich recht entsinne. Dadurch, sagen Sie, kann die Durchführung von Bürgerbegehren erheblich eingeschränkt oder aus finanziellen Gründen auch zum Teil unmöglich gemacht werden. Ich war ein bisschen erstaunt, Frau Berninger, Sie haben eine Gemeindeanzahl in Thüringen genannt, die wir schon lange nicht mehr haben - über 900, glaube ich, haben Sie hier ausgeführt.

(Ministerpräsidentin Lieberknecht)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: 840, aber wenigstens.)

Richtig, genau, Herr Kuschel, so ist es. In § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 13 des Thüringer Verwaltungskostengesetzes soll die Verwaltungskostenfreiheit auf Bürgerbegehren erweitert werden, so ist das in Ihrem Gesetzentwurf auch subsumiert worden. Im Thüringer Straßengesetz soll in § 21 Abs. 1 die Gebühren- und Auslagenfreiheit im Zusammenhang mit der freien Sammlung geregelt werden. Ich verstehe das Ansinnen generell, ich habe auch schon mal in meinem Leben eine freie Sammlung durchgeführt, nicht mit einem Stand, ich bin da mit einer Kladde rumgelaufen und kann zumindest das Ansinnen dieses Gesetzentwurfs nachvollziehen.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Sind Sie auch dafür?)

Dazu kommen wir dann noch, Herr Kuschel.

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Das sind doch immer zwei Sachen bei der SPD.)

Nein, nein. Grundsätzlich gilt festzustellen, über die konkrete Art und Weise der Durchführung der freien Sammlung entscheiden die Initiatoren selbst. Es ist die Frage, ob sie bei den verschiedenen Varianten zum Beispiel diese Amtsstubensammlung wählen. Das ist möglich, da werden dann die Eintragungslisten für das Bürgerbegehren von Amts wegen ausgelegt. Sie können einen anderen Weg gehen. Es gibt freie Sammlungen im Sinne des § 17 a oder § 96 a der Thüringer Kommunalordnung. Das kann dann also auch auf einer Straße sein oder auf einem Platz, der von Bürgern regelmäßig frequentiert wird. Ich denke, dass Frau Berninger auch darauf abgestellt hat. Und dann obliegt es der Kommune zu entscheiden, ob hier eine Gebühr erhoben wird nach einer Sondernutzung, die insoweit ja vorhanden wäre, wenn ich sage, ich will nicht nur mit einer Kladde rumlaufen, sondern ich nehme da einen Tisch mit einem Schirm und werbe dann für bestimmte Gesetzesinitiativen, für ein Bürgerbegehren, was auch immer - dann obliegt es also der Gemeinde, diese Sondernutzungsgebühren zu erheben. Sie kann das tun, §§ 18 und 19 Thüringer Straßengesetz, sie muss es aber nicht. Jetzt habe ich gehört Ilmenau, das war das einzige Beispiel, was hier gebracht wurde. Es gibt sicherlich - ich nehme an, Herr Kuschel wird nachher auch noch hier vorne an das Pult gehen - noch das eine oder andere Beispiel, wo es auch vorgekommen ist, Gebühren zu erheben. Aber das ist aus meiner Sicht heraus, glaube ich, nicht der Regelfall. Das Problem scheint zu sein, dass es einzelne Kommunen tun, andere nicht. Aber ich würde es nicht als generelles Problem darstellen bei mehr als 800 Kommunen, zwei oder drei oder vier oder fünf - ich weiß nicht, welche Quantität nun hier angegeben wird, das kann Herr Kuschel dann gern noch machen.

Ich will einfach nur mal an dieser Stelle an die Kommunen appellieren, dass man, gerade wenn es um bürgerschaftliches Engagement geht - wobei man natürlich immer fein trennen muss, Herr Kuschel, ich will das gleich sagen, es gibt ja verschiedene Gesetzesinitiativen und verschiedene Bürgerbegehren und nur mal angenommen, käme also eine Partei aus der rechten Ecke auf die Idee, auch mal so eine Straßensammlung durchzuführen, dann bin ich schon der Überzeugung,

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Des- wegen sperren sich die Demokraten auch selbst aus.)

ist es nicht so schlecht, wenn die Kommune dann zum Beispiel Gebühren erhebt.

(Unruhe DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Sie sagen, es hilft ja kein Appell. Das habe ich eben schon mitbekommen. Wenn ich also sage, man sollte eigentlich an die Kommunen appellieren, solches bürgerschaftliches Engagement nicht durch Gebührenforderungen zu unterbinden, Sie sagen, wir sollten das in eine Gesetzesform gießen - ich teile diese Auffassung nur bedingt, denn es ist auch ein Abwägen zwischen einem Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung und dem Schutz der Initiatoren vor Gebühren bei anstehenden Straßensammlungen -, da müssen wir uns entscheiden als Gesetzgeber, wie wir uns da verhalten wollen. Für mich ist es generell ein Problem, das will ich auch gleich sagen, unabhängig von dieser Gesetzesinitiative, wenn Sie einzelne Fälle - und ich gehe davon aus, dass es in Thüringen nach wie vor Einzelfälle sind -, wenn Sie die nehmen, um ein Gesetz immer wieder zu regulieren, wenn Sie also immer wieder bestimmte Ausnahmetatbestände versuchen durch bestimmte Regularien in Gesetzen und Gesetzesänderungen auszuschalten, dann ist das aus meiner Sicht heraus nicht immer unbedingt der Sache dienlich. Wir sollten als Gesetzgeber, das ist meine feste Überzeugung, nicht allzu viel regulieren wollen, wobei ich die Erhebung von Gebühren bei dieser Thematik durchaus kritisch sehe. Ich denke aber, dass der überwiegende Teil der Kolleginnen und Kollegen hier im Raum zum Beispiel auch in kommunalpolitischen Funktionen, im Gemeinderat, im Stadtrat, überall da, wo wir eben auch noch verankert sind, da auch seine Stimme mit in die Waagschale werfen kann und versuchen wird, da hoffentlich auch seinen kommunalpolitischen Einfluss geltend zu machen. Jetzt habe ich mitbekommen, Frau Berninger hat das vorhin auch schon angedeutet, wir hatten dieses Thema bereits ausführlich auch im Innenausschuss besprochen. Ich habe das Protokoll ein bisschen anders übersetzt, habe da vor der Plenardebatte auch noch mal reingeguckt und kann da jetzt nicht den festen Willen, den Sie abgeleitet haben, seitens der CDU daraus erken

nen, solche Sachen tatsächlich immer wieder durchführen zu lassen oder den Kommunen diesen Handlungsspielraum zu geben. Es gab da schon durchaus kontroverse Diskussionen und deswegen - ich weiß nicht, wie Herr Kuschel sich nachher verhalten wird, der sicherlich zu diesem Problem reden wird - würde ich einer neuerlichen Überweisung dieses Gesetzentwurfs an den Innenausschuss auch nicht namens meiner Fraktion zustimmen wollen.

Außerhalb dieser Vermutung möchte Ihnen Frau Berninger eine Frage stellen. Gestatten Sie das?

Gern, ich bin auch am Ende meiner Rede.

Bitte.

Das ist sehr freundlich, Herr Hey. Als Innenausschussvorsitzender frage ich Sie: Gestehen Sie zu, Herr Hey, dass Zwischenrufe, in denen der politische Wille einer Fraktion zum Ausdruck kommen kann, gegebenenfalls im Protokoll nicht wiedergegeben sind?

Das gestehe ich Ihnen nicht nur als Innenausschussvorsitzender zu und gebe Ihnen recht. Es ist nicht so, dass Zwischenrufe in einer Ausschuss-Sitzung protokolliert werden. Ich weiß zwar nicht, worauf diese Frage abzielt, aber das kann, denke ich, der zweite Redner aus Ihrer Fraktion dann sicherlich in seinem Redebeitrag hier noch genau darstellen.

Ich möchte jetzt erst einmal für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Herrn Abgeordneten Adams aufrufen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, man kann das Gesetz, das hier uns die Linke vorschlägt, unter eine ganz einfache Überschrift stellen: „Mehr Demokratie wagen“.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist so einfach und es ist überhaupt nicht kompliziert, sehr geehrter Herr Hey. Sie haben ja selbst

gesagt, dass es sinnvoll wäre, und ich kann das nur bestätigen. Es ist überhaupt nicht schwierig und es ist überhaupt nicht so, wie Sie versuchen es darzustellen, dass hier ein Einzelfall wieder geklärt werden soll, sondern es ist genau andersherum. Wir haben jede Menge Punkte, an denen wir in der gesetzlichen Regelung der Kommunalordnung schon die Möglichkeit haben, nicht nur die Möglichkeit, sondern wo ausgeschlossen ist, dass Gebühren erhoben werden. Was wir hier wollen, ist eigentlich nur noch, die freie, selbstbestimmte Sammlung für ein solches Bürgerbegehren mit aufzunehmen. Niemand von uns würde als Partei im Wahlkampf für einen Stand Geld bezahlen. Das würde auch die kleinen Parteien enorm begrenzen. Die CDU könnte das immer, da gibt es von BMW eine Spende und dann kann man das gut bezahlen. Aber es geht doch darum, Vielfalt zu ermöglichen. Diese Vielfalt auch in der außerparlamentarischen Demokratie, in den Formen der Bürgermitbestimmung zu fördern, das muss doch unser Ziel sein. Ein Blick in Statistiken zeigt doch eines ganz deutlich: Thüringen ist bei den Möglichkeiten des Mitbestimmens der Bürgerinnen und Bürger ganz, ganz weit hinten.