Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Ministerpräsidentin hat auch was zum Kommunalen Finanzausgleich gesagt, der wäre transparent, nachvollziehbar und verlässlich.
Also entweder sind die Kommunalos alle dämlich oder so! Bei den Zahlen, die vorliegen, diese Behauptung aufzustellen, das schlägt dem Fass den Boden aus.
Und Sie haben es selbst erkannt, die SPD fordert 100 Mio. € mehr Nachschlag - das haben wir uns nicht mal getraut. Wir haben gesagt, wir wollen die Hälfte der Steuermehreinnahmen für die kommunale Ebene. Also das wären bei den 111 Mio., ich sage mal 60 oder 55, und wissen da, das reicht nicht aus. Aber die SPD fordert mal 100 Mio. und die CDU, das werden wir jetzt am Wochenende erleben, was die in Gera machen, wird sich Herr Fiedler nachträglich ein Geburtstagsgeschenk machen oder so. Aber die werden irgendeinen Betrag nachschießen, aber nicht, weil sie erkannt haben, dass ihr jetziger Finanzausgleich zwar ehrlich ist, er legt die Strukturprobleme offen, das haben wir immer gesagt, das ist der Verdienst auch von Herrn Dr. Voß als Finanzminister, das ist so. Aber es fehlt der zweite Schritt. Ich muss natürlich jetzt, wo die Situation offenliegt, auch reagieren und Instrumente den Kommunen in die Hand geben, damit es eben tatsächlich weitergeht und ich nicht dann immer wieder nachschießen muss. Das kann nicht die Lösung sein. Die CDU wird aber jetzt am Wochenende irgendwas machen, wir lassen uns überraschen. Wir halten das als Sofortmaßnahme für erforderlich. Wir sagen aber auch, wir brauchen jetzt eine Diskussion noch vor der Landtagswahl, wo die Reise hingehen soll für die kommunale Ebene.
Noch mal: Die kommunale Ebene ist bereit. Ich zitiere noch mal das Beispiel der Gemeinde Wildenspring, 200 Einwohner, im Ilm-Kreis - die wollen, aber es nimmt sie keiner. Und die, die sie wollen, haben keine gemeinsame Flurgrenze. Wir sind so unflexibel, dass es da nicht weitergeht. Ein Teil der Maßnahmen, die freiwillig vonstatten gegangen sind, meine Damen und Herren, da sind wir uns doch einig, das waren doch keine zukunftsweisenden Maßnahmen, das waren Abwehrreaktionen nicht alle, zum Teil.
Ich will mal zwei typische nennen: Barchfeld-Immelborn im Bereich Bad Salzungen. Eine Gemeinde entsteht da mit weniger als 5.000 Einwohnern und schwächt das Mittelzentrum Bad Salzungen. Das kann doch nicht sein! Oder noch mal - extra für den Herrn von der Krone - das Amt Wachsenburg. Das war doch mit Blick auf die Region keine zukunftsträchtige Entscheidung. Das war aus Blick der Verantwortlichen der Wachsenburggemeinde in Ordnung, die haben nur die Möglichkeiten. Das ist überhaupt kein Vorwurf an die Leute in Ichtershausen und der Wachsenburggemeinde. Die haben das genutzt, was wir ihnen ermöglichen. Das ist ein Vorwurf an diese Landesregierung, dass sie das einfach zulässt.
Also in Ichtershausen entsteht ein weiteres Bürgerhaus, das ist doch in Ordnung. Arnstadt hat überhaupt nichts mehr, wir schließen jetzt noch den letzten Jugendklub, wir haben keinen Haushalt, nichts. Und es liegt nicht an den Akteuren in Arnstadt, sondern das ist ein strukturelles Problem und liegt auch an der Siedlungspolitik im 8. Jahrhundert, das muss man sich mal überlegen, weil das Kloster Ichtershausen etwas früher besiedelt war als die Gera-Aue. Da wird die Gewerbesteuer aus dem Erfurter Kreuz jetzt hälftig verteilt wegen der Siedlungspolitik im 8. Jahrhundert, meine Damen und Herren. Also, Herr Voß, Tradition ist gut, aber beim besten Willen,
also im 21. Jahrhundert noch anhand dieser Siedlungsstruktur des 8. Jahrhunderts die Gewerbesteuer zu berechnen! Ich sage noch mal, das ist kein Vorwurf an die Leute in Ichtershausen, aber an der Entwicklung des Erfurter Kreuzes hat doch Ichtershausen keine eigenen Potenziale eingebracht, sondern es war die Landesentwicklungsgesellschaft, das war in Ordnung, das Land, und es waren natürlich die Orte der Region. Arnstadt hat da andere Kapazitäten als Verwaltung; Ichtershausen konnte das ja gar nicht machen mit einer Bauverwaltung - ich weiß nicht - von ein oder zwei Mitarbeitern. Die haben das Planungsrecht gemacht, das ist in Ordnung, auf Vorgaben. Aber noch mal: Solche Gemeindeneugliederungen schaffen neue Konflikte raumordnerisch und landesplanerisch. Die werden uns noch weiter beschäftigen und es wird wieder viel Geld kosten, das in der Zukunft zu korrigieren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Regierungskoalition und die Ministerpräsidentin haben eine weitere Chance vertan, heute hier noch mal für die letzten Monate tatsächlich ein Zukunftsprojekt auf den Weg zu bringen.
Die Chance ist weg, offensichtlich. Vielleicht wird die heutige Debatte noch mal zum Nachdenken anregen. Wir appellieren weiterhin an die SPD: Es gibt für Ihre Reformansätze, die die Ministerpräsidentin ja genannt hat - unter Schmerzen hat sie die genannt, ich kann mir das vorstellen; das wäre genauso, als wenn mich der Mohring zwingen würde, aus dem Programm der CDU hier vorne zu zitieren.
Von daher kann ich das alles menschlich nachvollziehen. Aber es gibt Mehrheiten in diesem Haus für Ihre Überlegungen als SPD
und es liegt an Ihnen, ob Sie weiter den Koalitionsfrieden wahren nach der Devise „egal, was ist“ oder sagen: Wir nutzen jetzt die strategischen Mehrheiten in diesem Haus und begrenzen den Stillstand in diesem Land auf inzwischen vier Jahre und ein paar Monate, aber quälen uns nicht weiter bis ins nächste Jahr hinein. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich danke Ihnen, Frau Ministerpräsidentin, für die Regierungserklärung zur Verwaltungsreform 2020.
In den vergangenen 20 Jahren wurde die Thüringer Landesverwaltung grundlegend neu auf- und umgebaut. Unsere Verwaltungsorganisation braucht einen Vergleich mit anderen Bundesländern nicht zu scheuen. Gleichwohl wissen wir, dass Strukturveränderungen unabdingbar sind. Die Gründe sind bekannt: die fiskalischen Rahmenbedingungen, der demografische Wandel, aber auch die Auswirkungen der Europäisierung und der Globalisierung. Die zukünftige Verwaltungsstruktur muss den Anforderungen an ein modernes Verwaltungsmanagement mit mehr Effizienz, mehr Transparenz und mehr Bürgernähe gerecht werden. Unsere Verwaltung ist sehr unterschiedlich, teilweise vielfältig, der Bürger sagt, unübersichtlich an manchen Stellen aufgebaut.
Meine Fraktion hat im Sommer vergangenen Jahres ein Papier mit dem Titel „Diskussionsbeitrag zur Optimierung der Landesverwaltung in Thüringen“ vorgelegt. Unser Leitgedanke war und ist, für eine übersichtliche und effiziente Verwaltungslandschaft im Freistaat Thüringen mit schnellen und transparenten Verwaltungsverfahren zu sorgen. Die Bürgerinnen und Bürger sollen Verwaltungsleistungen aus einer Hand unkompliziert und ohne lange Verwaltungswege erhalten. Wir wissen, nur eine leistungsfähige und kostengünstige Verwaltung wird in den nächsten Jahren den erforderlichen Spielraum für zukunftsorientierte Investitionen sichern können.
Zudem wollen wir gerade zur Frage der Kommunalisierung, Privatisierung und länderübergreifenden Zusammenarbeit nur dann dies nutzen, wenn es einerseits nachweisbare Einsparungen bringt oder bei gleichem Aufwand zu einer höheren Leistung führt.
Unser Positionspapier aus dem Sommer 2012 war ausdrücklich als Beitrag zum offenen Diskurs über die Zukunft der Verwaltungsstrukturen gedacht als Ausgangspunkt eines offenen Dialogprozesses. Beteiligt waren Experten aus ganz unterschiedlichen Bereichen des Freistaats Thüringen. Stellvertretend möchte ich hier den ehemaligen Präsidenten des Landesverwaltungsamtes, Herrn Stephan, nennen, dem ich von dieser Stelle aus nochmals danke. Er kennt die inneren Abläufe der Thüringer Verwaltung wie kein Zweiter. Er ist der Fachmann, der die Potenziale und Wirkmechanismen einer Verwaltung und einer Reform auch in der praktischen Umsetzung am besten beurteilen kann. Übrigens wird er am 6. Dezember, wenn ich recht weiß, mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt.
Meine Damen und Herren, der ergebnisoffene Austausch mit Fachleuten und einer interessierten Öffentlichkeit fand weitgehend im Internet statt. Der von unserer Fraktion eingerichtete Blog zählte über 25.000 Zugriffe. Damit haben wir eingelöst, was derzeit allenthalben von einer modernen Politik gefordert wird, nämlich Transparenz und Bürgerbeteiligung. Aus den Diskussionen mit Verwaltungsexperten und mit Bürgern haben wir wichtige Impulse erhalten. Die Ergebnisse der Debatte wurden gebündelt und ich selbst habe der Expertenkommission Funktionalreform diese Ergebnisse zur Verfügung stellen können.
Meine Damen und Herren, das Angebot zum Dialog haben wir selbstverständlich auch allen Fraktionen dieses Hauses unterbreitet. Für ihren Einstieg in die fachliche Auseinandersetzung danke ich Herrn Ramelow von den Linken, aber auch Ihnen, Herr Adams, von den Grünen. Gerade mit Ihren kontrastierenden Blickwinkeln haben Sie den Diskurs bereichert.
Das habe ich nicht gesagt. Bei anderen, und auch das gehört zur Wahrheit, war eine regelrechte Unlust zu spüren gewesen, sich überhaupt fachlich mit den Wirkmechanismen einer damit verbundenen Reform auseinanderzusetzen. Stattdessen wurde gebetsmühlenartig die Generalklausel einer Ge
Und jeder weiß auch, dass gerade im anstehenden Konsolidierungsprozess dieses eine Unzeit ist und eine aufgesetzte Gebietsreform zusätzlich Geld bindet.
Meine Damen und Herren, ich bin wohl einer der wenigen, die selbst eine Gebietsreform auf Kreisebene durchgeführt haben. Ich kann sehr ausführlich darüber berichten, was Vor- und Nachteile sind, wie sie organisatorisch zu leisten sind, was es für den Bürger gebracht hat und wie der Zusammenhalt in einer Gemeinde ist.
Ich denke, das ist sehr umfangreich, das ist ein Thema, ich sage, deshalb weiß ich, was damit zusammenhängt, und ich trage die Meinung, dass wir sehr gesunde Kreisstrukturen haben.
Meine Damen und Herren, die Expertenkommission Funktional- und Gebietsreform der Landesregierung hatte einen klaren Auftrag. Sie sollte nachweisen, erstens, ob, zweitens, in welchem Umfang, und drittens, in welchem Zeitrahmen Funktionalund Gebietsreform zu Einsparungen führen. Bei der Gebietsreform ist die Expertenkommission in der Umsetzung ihres Auftrags, so schätzen wir es ein, gescheitert. Trotz intensiver Recherchen konnte die Expertenkommission nicht den Nachweis erbringen, ob Gebietsreformen überhaupt zu Einsparungen führen, geschweige denn, den Umfang oder den Zeitraum prognostizieren. Der Grund ist einfach, meine Damen und Herren, ich sage, es gibt diese Einsparungen nicht.
Aber auch in anderer Hinsicht möchte ich vor überzogenen Erwartungen und Illusionen warnen. Manche glauben, eine Reform sei etwas, das ein Problem ein für alle Mal löst. Die Erfahrung lehrt etwas anderes. Eine Reform ist ein Teil eines steten Prozesses der Veränderung und der Verbesserung oder, um es mit einer Fußballweisheit sinngemäß zu sagen, nach der Reform ist vor der Reform.