Protocol of the Session on June 20, 2013

Das sollte die alleinige Grundlage sein und heute sollte eigentlich hier jeder Einzelne für sich entscheiden, wie geht er mit diesem Thema um. Da spielt Fraktionszwang, ich glaube, bei diesem Thema keine Rolle und sollte keine Rolle spielen.

(Beifall DIE LINKE, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sage noch einmal, hier geht es auch nicht um Kommerzialisierung. Da will ich jetzt gar keine Diskussion machen, was jetzt schon mit Kommerzialisierung im Bestattungswesen möglich ist. Ich will hier nicht jetzt das Thema noch bringen, wie finden und wo finden Verbrennungen statt, welchen Kommerz gibt es dort. Ich will auch nicht über Kosten von Bestattungen reden und dergleichen mehr, darum soll es heute nicht gehen. Aber es geht darum, den Willen und die Freiheit des einzelnen Menschen für seinen letzten Weg anzuerkennen, um nichts anderes geht es. Da muss ich die Frage stellen, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU und der SPD: Warum nehmen Sie sich das Recht heraus, über meinen Willen, wie ich von dieser Welt gehen will, hier zu entscheiden? Meine Damen und Herren, das Recht hat hier in diesem Haus keiner.

(Unruhe CDU)

Ich möchte noch mal bekräftigen, was Kollege Bergner gesagt hat. Wenn Sie vernünftig mit diesem Thema umgehen wollen, dann lassen Sie uns darüber in den Ausschüssen reden. Danke.

(Zwischenruf Abg. Holzapfel, CDU: Was soll denn unser Stadtrat dazu sagen?)

(Beifall DIE LINKE, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Abgeordneter Kubitzki.

(Zwischenruf Abg. Kubitzki, DIE LINKE: So eine dumme Kuh da drüben. Da nehme ich sogar einen Ordnungsruf in Kauf.)

Herr Abgeordneter Blechschmidt.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich würde gerne aus der Diskussion noch mal drei Stichworte aufgreifen. Das erste Stichwort finde ich beim Beitrag vom Kollegen Gentzel, Stichwort Schimäre. Die eine kann natürlich auch die andere herbeiführen. Die Nächste, die dann folgt - ja, ich gebe Ihnen recht, natürlich, das jetzige Bestattungsgesetz lässt es zu, eine Baumbestattung. In Erfurt gibt es sie, aber nur begrenzt, in der Hinsicht, dass es dort für gestorbene Kinder getan werden darf. Keine Frage, sie dürfen es. Hier geht es aber - um deutlich zu sagen - nicht nur um die Frage der Baum- oder Waldbestattung innerhalb eines Friedhofs in einer Friedhofssatzung, sondern hier geht es darüber hinaus - ich habe vorhin davon gesprochen -, über die Friedhofsmauer hinaus. Und das ist gegenwärtig nicht möglich. Demzufolge greift das Stichwort Nummer 2 - der Kollege Kubitzki hat es schon getan -, die Würde. Ja, es gibt die Würde nach dem Tod, die Würde, die man zu achten hat, wenn man die letzte Ruhestätte gefunden hat. Auch die gilt es zu achten und, wie gesagt, mit den entsprechenden Möglichkeiten einer sozialen Kommune, also mit der Gesellschaft diese Grabstätte auch „zu schützen“. Aber vor dieser Würde, das zu schützen, kommt die Würde der letzten Entscheidung, wo ich hin möchte und wie ich bestattet werden möchte. Die Würde muss ich auch beachten und auch in meine Entscheidung einbinden. Da bitte ich, Kollege Gumprecht, dass man das auch dann beachtet bei der Argumentation „Würde über den Tod hinaus“. Dazu gehört auch mein letzter Wille, der über den Tod hinaus wirkt.

Das letzte Argument, die Anonymisierung des Vorgangs. Da habe ich den Eindruck, dass hier Ursache und Wirkung verdreht werden. Der Wunsch, anonym bestattet zu werden, der wächst in den letzten Jahren. Und wir als Politik haben nur darauf zu reagieren oder wir reagieren darauf und lassen es zu. Jetzt mittlerweile durch die Waldbestattung entsteht eine neue Form gegebenenfalls der Anonymisierung von Bestattungen und wir müssen darauf reagieren. Also ich will deutlich sagen, nicht das Gesetz oder das, was wir hier machen wollen,

(Abg. Kubitzki)

wird die Anonymisierung befördern, sondern sie ist da, sie bewegt sich und wir müssen darauf reagieren und müssen den entsprechenden Weg finden.

Ich wollte es nur noch mal deutlich sagen, weil eben auch in der Presseerklärung - ich glaube, es war die der Katholischen Kirche - das so ein wenig aus meiner Sicht im umgekehrten Ursache-Wirkungs-Prinzip dargestellt worden ist. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Abgeordneter Blechschmidt. Ich sehe jetzt keine weiteren Redemeldungen aus den Reihen der Abgeordneten. Einen Moment, Herr Minister, bevor Sie das Wort haben, Herr Abgeordneter Kubitzki, ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf für den Zwischenruf gegenüber der Frau Abgeordneten Tasch.

(Zwischenruf Abg. Kubitzki, DIE LINKE: … habe ich Holzapfel …)

Also, Herr Abgeordneter, Sie präzisieren, es war gegenüber der Frau Abgeordneten Holzapfel für die „dumme Kuh“.

Herr Minister, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten, das Thüringer Bestattungsgesetz lässt die Errichtung von Friedhöfen in der Form eines Bestattungswaldes zu.

(Beifall SPD)

Die Gemeinden und die öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften haben als Träger von Friedhöfen das Recht, im Rahmen der Gesetze die Friedhöfe mit unterschiedlichen Konzepten bzw. nach ihrem religiösen Selbstverständnis zu errichten und zu gestalten. Da der Wunsch nach naturnahen Beisetzungsformen häufiger wird, haben einige Thüringer Kommunen Teile ihrer Friedhöfe so gestaltet, dass dort Baumbestattungen möglich sind. Zum Beispiel verfügt der Waldfriedhof der Stadt Zella-Mehlis über eine solche Abteilung mit Waldcharakter, die Städte Erfurt und Weimar bieten ebenso die Baumbestattungen an.

Der vorliegende Gesetzentwurf zielt aber insbesondere darauf ab, Friedhöfe als Bestattungswälder auch dann zuzulassen, wenn diese nicht eingefriedet sind und kein öffentliches Bedürfnis für zusätzliche Bestattungsflächen vorliegt. Das betrifft explizit solche, die nach dem sogenannten Friedwaldkonzept betrieben werden sollen. Der Regelungsvorschlag zu § 25 Thüringer Bestattungsgesetz, nach dem Gemeinden Friedhöfe auch dann anlegen könnten, wenn dafür kein öffentliches Bedürfnis

vorliegt, durchbricht Grundentscheidungen der Thüringer Kommunalordnung zur Aufgabenwahrnehmung der Kommunen.

Das Bestehen und die Ausgestaltung einer gemeindlichen Aufgabe Bestattung bzw. Friedhofsorge hat sich nicht, wie in der Begründung des Gesetzentwurfs behauptet, nach der Leistungsfähigkeit einer Gemeinde, sondern allein nach den Bedürfnissen der örtlichen Gemeinschaft, das heißt, nach den Bedürfnissen der Gemeindebevölkerung zu richten. Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sind nach gefestigter Rechtsprechung diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf die örtliche Gemeinschaft einen Bezug haben, also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben der Menschen in der Gemeinde betreffen.

Zum anderen ist zu bedenken, dass allen Gemeinden das kommunale Selbstverwaltungsrecht jeweils auf ihrem Gemeindegebiet zusteht. Die Einrichtung eines uneingefriedeten Bestattungswaldes kann aber auch Auswirkungen auf andere Gemeinden und im Übrigen auch auf Religionsgemeinschaften haben, die andere Friedhofskonzepte umgesetzt haben. Der vorliegende Entwurf geht auf diese Aspekte gerade nicht ein.

Diese kommunalverfassungsrechtlichen Grundentscheidungen haben auch für die Aufgaben des Bestattungswesens zu gelten. Unabhängig von den Vorschriften über die Notwendigkeit der Errichtung bzw. der Erweiterung von Friedhöfen und deren Betrieb lässt das Thüringer Bestattungsgesetz die Widmung frei zugänglicher Waldstücke als Friedhof aus gutem Grund nicht zu.

Herr Minister, es gibt den Wunsch auf eine Zwischenfrage. Lassen Sie die zu?

Aber gerne.

Bitte, Herr Abgeordneter Meyer.

Vielen Dank, Herr Minister. Ich wollte Sie nur fragen, ob Sie die Willensbekundung einer örtlichen Gemeinschaft durch einen Mehrheitsbeschluss eines Stadt- oder Gemeinderates für ausreichend halten und was Sie dann zu der Willensbekundung der Stadt Bad Berka sagen?

(Abg. Blechschmidt)

Herr Abgeordneter Meyer, zur Willensbekundung einer örtlichen Gemeinschaft und deren Wirksamkeit gehört untrennbar dazu, dass sie sich im Rahmen des geltenden Rechts bewegt. Würde sich die Entscheidung des Stadtrates Bad Berka im Rahmen des geltenden Rechts bewegen, wäre sie umsetzbar.

Unabhängig von den Vorschriften über die Notwendigkeit der Errichtung bzw. Erweiterung von Friedhöfen und deren Betrieb, lässt das Thüringer Bestattungsgesetz die Widmung frei zugänglicher Waldstücke als Friedhof aus gutem Grund nicht zu. Ein Friedhof ist eine räumlich abgegrenzte, eingefriedete Fläche, welche der Bestattung von Menschen dient. Die Umfriedung ist aus praktischen und symbolischen Gründen als Abgrenzung und Schutz gegen die Außenwelt erforderlich und kann zweckmäßig sowohl aus Mauern oder in Form dichter Hecken oder Baum- und Gehölzkulissen erstellt werden. Insbesondere soll durch die dauerhafte und vollständige Einfriedung Vandalismus und auch Wildschaden verhütet werden. Eine bloße Kennzeichnung eines Friedhofs mittels Beschilderung kann einen solchen Schutz nicht gewährleisten. Aus diesen Gründen bitte ich Sie, den vorliegenden Gesetzentwurf abzulehnen. Meine Damen und Herren, ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Geibert. Es liegen mir jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Das heißt, wir kommen zur Abstimmung. Es wird als Erstes abgestimmt über die Ausschussüberweisung des Gesetzentwurfs der Abgeordneten, und zwar als Erstes an den Innenausschuss. Wer sich dieser Ausschussüberweisung anschließt, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind Stimmen aus den Fraktionen der FDP, der Fraktion DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Danke. Gibt es Gegenstimmen? Die kommen aus den Fraktionen der CDU und der SPD. Gibt es Stimmenthaltungen? Die sehe ich nicht. Damit ist diese Ausschussüberweisung abgelehnt.

Wir stimmen jetzt ab über die Überweisung an den Ausschuss für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz. Wer sich dem anschließt, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP. Gibt es Gegenstimmen? Die kommen aus den Fraktionen der CDU und der SPD. Gibt es Stimmenthaltungen? Die sehe ich nicht. Damit ist auch diese Ausschussüberweisung abgelehnt worden.

Wir stimmen jetzt ab über den Entschließungsantrag. Machen wir nicht. Hier gab es keinen Antrag

auf Überweisung an den Ausschuss, wenn ich das richtig memoriere. Dann stimmen wir an dieser Stelle nicht weiter ab. Herr Blechschmidt?

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Es ist die erste Lesung.)

Wir stimmen ja erst nach der zweiten Beratung ab. Wir sind in der ersten Beratung und es gab keinen weiteren Antrag, also wird hier nicht abgestimmt. Herr Blechschmidt?

Da ich weiß, dass meine Kollegen im Justiz- und Verfassungsausschuss verständlich sind, das müsste auch als Gesetzentwurf formal-rechtlich in den Justiz- und Verfassungsausschuss. Ich versuche es noch mal mit dem Justiz- und Verfassungsausschuss.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Muss nicht.)

Kann, also die Formulierung heißt „sollte“. Sie beantragen jetzt, den Gesetzentwurf der Abgeordneten an den Justiz- und Verfassungsausschuss zu überweisen. Wer sich dem anschließt, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP. Gibt es Gegenstimmen? Die kommen aus den Fraktionen CDU und SPD. Gibt es Stimmenthaltungen? Die sehe ich nicht. Damit ist diese Überweisung abgelehnt und ich schließe an dieser Stelle den Tagesordnungspunkt.

Wir kommen jetzt zum Tagesordnungspunkt 9

Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 5/6201 ERSTE BERATUNG

Wünscht die Landesregierung das Wort zur Begründung? Das ist der Fall. Das Wort hat Herr Staatssekretär Dr. Schubert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, auf der Grundlage der Vereinbarung im Vermittlungsausschuss zum Regelbedarfsermittlungsgesetz von Februar 2011 hat die Gemeindefinanzierungskommission am 15. Juni 2011 zum Themenkomplex Standards beschlossen - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin: „Um die Kommunen bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu entlasten und da

mit einen nachhaltigen Beitrag zur Verbesserung der finanziellen Situation der Kommunen zu leisten, soll die Bundesbeteiligung von derzeit 15 Prozent auf 45 Prozent im Jahr 2012 und 75 Prozent im Jahr 2013 schrittweise angehoben werden. Ab dem Jahr 2014 wird der Bund den Kommunen die Ausgaben für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung vollständig erstatten. Dabei soll durch eine zeitnahe Erstattung sichergestellt werden, dass eine möglichst geringe Vorfinanzierung durch Länder und Kommunen angestrebt wird.“ Für das Jahr 2012 wurde die Bundesbeteiligung in Höhe von 45 Prozent durch eine kleine Änderung des § 46 SGB XII geregelt. Für die Erhöhung des Bundesanteils auf 75 Prozent im Jahr 2013 - jetzt muss ich immer lauter reden, damit man noch durchkommt hier

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Ich höre zu.)