Protocol of the Session on May 22, 2013

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Abgeordnete Siegesmund das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Gumprecht, ich werde Sie jetzt irgendwie auch nicht überraschen können, das muss ich mal so sagen; an vielen Stellen werden Sie jetzt sagen, das habe ich doch schon einmal gehört. Das hat etwas damit zu tun, dass wir nach wie vor der festen Überzeugung sind, dass das Landeserziehungsgeld eben nicht das ist, was familienpolitisch on top stehen sollte, weswegen wir dem Gesetzentwurf selbstredend zustimmen.

Trotzdem noch einmal drei, vier Worte dazu. Ich streite mich ja gerne mit Ihnen darüber, das haben wir auch schon das eine oder andere Mal getan, es ist immer wieder auch spannend. Ich hatte ja auch gehofft, das Wunder der Vernunft, was über Pfingsten so die Koalition heimgesucht hat und für illustre Pakete gesorgt hat, dass vielleicht in diesem Wunder der Vernunft oder dem Paket, was da geschnürt wurde, auch das Landeserziehungsgeld ganz und gar mit auftaucht. Nein, hat diesmal noch nicht gereicht, aber vielleicht kommt das Wunder der Vernunft dann ja an einer anderen Stelle zum Tragen, wenn die Koalition das nächste Päckchen schnüren muss. Wir sind jedenfalls als GRÜNE der festen Überzeugung, dass es, anstatt in gute Betreuung und Ausbildung zu investieren, eine familienpolitische Fehlallokation oder Fehlleistung ist, zu meinen,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

dass Familien in Thüringen jährlich damit geholfen ist, wenn diese 20 Mio. € ohne Nutzen aus dem

(Vizepräsidentin Dr. Klaubert)

Fenster geworfen werden. Einmal mehr wird diese Leistung eben obsolet, wenn man weiß, dass auf Bundesebene das Betreuungsgeld beschlossen wurde. Ich kann nur sagen, ich hoffe, dass das Betreuungsgeld niemals als Leistung auch tatsächlich in Umsetzung gerät, sondern die nächste kommende Bundesregierung das tut, was sie ganz schnell an dieser Stelle tun sollte, nämlich das Betreuungsgeld sofort wieder vom Tisch wischen.

Kollege Gumprecht, Sie haben gesagt, dass Sie der festen Überzeugung sind, dass es eine familienpolitische Maßnahme ist, und Sie verweisen immer wieder darauf, dass es ja vor allen Dingen auch darum geht, Betreuung auch zu würdigen, ein wichtiger Punkt, der Ihnen wichtig ist, weil es darum geht, auch Wahlfreiheit herauszustreichen. Dass aber trotzdem dieses Geld, was über das Landeserziehungsgeld an die Familien ausgereicht wird, eben nicht reicht, um in Familien ein zweites Einkommen zu kompensieren, das scheint immer noch nicht angekommen zu sein. Diese faktische Wahlfreiheit, die Sie da immer wieder hier hoch und runter argumentieren, die existiert halt auch nur auf CDU-Briefbögen und Argumentationspapieren, aber nicht in der Realität bei Familien. Da wünschte ich mir, dass wir da doch noch einmal zueinander finden, Herr Gumprecht. Aber es ist ja noch ein bisschen Zeit in dieser Legislatur, sich das eine oder andere Mal zum Landeserziehungsgeld noch auszutauschen.

Also unterm Strich, ja wir befürworten die Abschaffung des Landeserziehungsgeldes. Nehmen Sie doch das Geld - CDU-Politiker sind ja immer empfänglich für Haushaltsdebatten - und investieren das Geld lieber in den Ausbau von guten Early Excellence Centren, in den Ausbau der Betreuung auf Familienhebammenebene und vielen anderen Dingen, die im Bereich „frühe Hilfen“ tatsächlich wichtig sind, die Müttern und Vätern es wirklich erleichtern, in den Familienalltag zu finden und Vereinbarkeit von Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. Das wäre ein guter Ansatz, da wünschte ich mir, dass die Fraktion der CDU endlich auch die Lebensrealität in Thüringen anerkennen würde. Unsere Position ist klar, das Landeserziehungsgeld ist keine Leistung, die tatsächlich Familien in Thüringen hilft, deswegen stimmten wir dem Gesetzentwurf der LINKEN ausdrücklich zu. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Für die FDP-Fraktion hat sich Abgeordneter Koppe zu Wort gemeldet.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, für Ihre Geduld. Auch dieser Gesetzentwurf ist wie der Tagesordnungspunkt vorher das zweite Mal nach dem AprilPlenum wieder hier im Hohen Haus und auch er war nicht im Ausschuss und das Thema ist auch nicht das erste Mal heute Thema hier im Landtag, und auch das ist kein Geheimnis, wir Liberale haben seit 2010 auch schon mehrmals die Abschaffung des Landeserziehungsgeldes gefordert und mittlerweile auch in zahlreichen Anträgen und Gesetzentwürfen auch unsere Haltung relativ eindeutig dokumentiert. Aber man muss auch festhalten, nachdem unsere Anträge, Gesetzentwürfe allerdings alle abgelehnt wurden, sehe ich, sehen wir keinen Sinn darin, wie andere jetzt mit dieser Forderung ohne Aussicht auf Erfolg hier in das Plenum zu gehen. Als Demokrat, auch das gehört zur Wahrheit, muss ich natürlich die mehrfach dokumentierte Entscheidung der Koalition akzeptieren, das Erziehungsgeld in Thüringen behalten zu wollen, auch wenn ich das zum einen für völlig falsch halte. So bleibt in dieser Frage für uns nur zu hoffen, dass entweder bei den Befürwortern des Landeserziehungsgeldes Vernunft Einzug hält oder sich die Mehrheit zu diesem Thema hier in diesem Hohen Hause ändert. Ansonsten will ich unsere Argumentation nicht zum zwölften Mal, wie Herr Gumprecht gezählt hat, wiederholen. Unsere Meinung bleibt dabei und auch ich möchte noch mal das Betreuungsgeld des Bundes zum Schluss anführen. Selbst wenn man - oder anders, man kann dazu stehen, wie man will, aber selbst, wenn man es für nicht richtig hält, spätestens bei Einführung eines Betreuungsgeldes des Bundes steht das Landeserziehungsgeld nicht nur infrage, es ist absolut irrelevant, es ist nicht notwendig, es ist sogar eine Doppelförderung und spätestens an diesem Punkt gehört es abgeschafft. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Für die Fraktion DIE LINKE hat Frau Abgeordnete Jung das Wort.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, wir stellen fest, trotz erheblicher öffentlicher Kritik, erst zum Schluss zum Betreuungsgeld des Bundes, sogar von den Landfrauen formuliert am 11. Mai, halten Sie an der Zahlung von Landeserziehungsgeld fest. Ich denke, die Argumente, da bin ich auch der Meinung, sind hier genügend ausgetauscht. Es sind vielleicht nicht alle ausgetauscht, aber sehr viele ausgetauscht, und die Meinungen sind so, wie sie hier schon dargestellt worden sind.

(Abg. Siegesmund)

Herr Gumprecht, was ich in Ihrer Rede nicht verstanden habe, ist, wie Sie Vereinbarkeit von Familie und Beruf definieren, weil sich das ja doch wieder als altes Rollenbild, die Frau bleibt zu Hause, erzieht die Kinder und der Mann geht arbeiten, darstellt.

(Unruhe CDU)

Wenn Sie das Landeserziehungsgeld unter die Frage von Vereinbarkeit von Familie und Beruf beziehen, dann ist das so. Und da Sie als CDU sich wahrscheinlich nicht sicher sind, ob Sie bei der nächsten Bundestagswahl noch in Verantwortung sind und zum Erhalt des Betreuungsgeldes wirklich beitragen, halten Sie natürlich hier krampfhaft an dem Landeserziehungsgeld fest und regeln überhaupt nicht, wie demnächst damit umgegangen wird.

(Beifall DIE LINKE)

Nicht einmal die volkswirtschaftlichen Effekte - und das hat die Bertelsmann-Studie schon im Jahr 2008 herausgearbeitet - kann Ihre Meinung verändern. In dieser Studie wird nachgewiesen, dass zum Beispiel durch einen frühzeitigen Krippenbesuch die Zahl der Gymnasiasten erheblich steigt, die Chance wesentlich verbessert wird, das können Sie nachlesen. Laut Berechungen dieser Studie hat es einen volkswirtschaftlichen Nutzen immerhin, wenn 35 Prozent der Krippenkinder die Krippe besuchen, von 2,1 Mrd. €. Wenn man das hochrechnet auf 6 Jahre, sind es immerhin 12,6 Mrd. €. Und gestatten Sie mir aus einer US-Studie zu zitieren, die auch in dieser Studie aufgeführt ist. Teure Programme für postpubertäre Bildungsnieten sind rausgeschmissenes Geld, das besser in gute Krippenplätze investiert gewesen wäre, denn langfristig verdient dann auch dieser Staat daran.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Also nicht einmal die volkswirtschaftlichen Effekte, wofür die Bertelsmann-Studie bekannt ist, dass sie die sehr gut berechnen kann auch für solche Prozesse, können sie überzeugen. Interessant wird für mich sein, wie der Rechnungshof diese Doppelfinanzierung ab August bewerten wird und wie Sie in der Landesregierung dieses Verfahren überhaupt gestalten wollen, denn dazu gibt es ja nach wie vor keine Aussage.

Meine Damen und Herren, damit die SPD auch einen Beweis für die Koalitionstreue erbringen kann, beantragen wir als LINKE die namentliche Abstimmung zu diesem Gesetzentwurf.

Ich habe jetzt keine weiteren Redeanmeldungen. Seitens der Landesregierung ist auch niemand angemeldet. Damit schließe ich die Aussprache. Wir

kommen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 5/5967 in zweiter Beratung. Es ist beantragt worden namentliche Abstimmung durch die Fraktion DIE LINKE und demzufolge bitte ich darum, dass die Schriftführer die Stimmkarten einsammeln.

Ich gehe jetzt davon aus, dass jeder die Möglichkeit hatte, seine Stimmkarte abzugeben und bitte darum, dass ausgezählt wird.

Mir liegt das Ergebnis der namentlichen Abstimmung vor zum Gesetzentwurf Thüringer Erziehungsgeldgesetz, Antrag der Fraktion DIE LINKE. Es wurden 70 Stimmen abgegeben, mit Ja haben 24 gestimmt, mit Nein 41, es gab 5 Enthaltungen. Damit ist dieser Gesetzentwurf abgelehnt (nament- liche Abstimmung Anlage 2). Ich schließe den Tagesordnungspunkt 3.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 4

Achtes Gesetz zur Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes (Gesetz zur Aus- setzung der „rückwirkenden“ Erhebung von Straßenausbau- und Abwasserbeiträgen) Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/5968 ZWEITE BERATUNG

Ich eröffne die Aussprache und rufe für die CDUFraktion den Abgeordneten Fiedler auf.

Sehr geehrtes Präsidium, meine Damen und Herren, ich komme zur zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der LINKEN und möchte noch mal daran erinnern, dass das höchste deutsche Gericht entschieden hat, und zwar am 05.03.2013, dass die Regelungen im bayerischen Kommunalabgabengesetz, einige Passagen, nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Da geht es um den Beschluss: Dürfen Hauseigentümer in Bayern für kommunale Abwasseranlagen zeitlich nicht unbegrenzt nach Fertigstellung der Investition belastet werden? Das heißt, es geht um die Verjährungsfrist für Beitragsbescheide.

Ich möchte Sie daran erinnern, dass es so etwas Ähnliches in § 15 des Thüringer Kommunalabgabengesetzes gibt.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wortgleich.)

Sie können es auch wortgleich nennen, Herr Kuschel. Herr Kuschel, ich möchte noch mal darauf verweisen, Herr Kuschel und DIE LINKE, dass ich am 11.04. eine Anfrage an die Landesregierung in

(Abg. Jung)

der Drucksache 5/5941 gestellt habe und dass wir extra gefragt haben, inwieweit das für Thüringen zutrifft. Die Landesregierung hat ganz klar zugesagt, dass vor der Sommerpause entsprechend hier die Dinge vorgelegt werden. Der Gemeindeund Städtebund und andere sowie auch ich sind der Meinung, dass es durchaus Relevanz für Thüringen hat und dass die Landesregierung also vor der Sommerpause hier etwas vorlegt, damit wir dieses dann beraten können. Darum ist es nicht notwendig, dass wir den Gesetzentwurf weiterberaten, sondern es muss jetzt durch die Landesregierung geliefert werden. Ich weiß, dass selbst Gerichte in Wartehaltung sind und sagen, wir warten ab bis die Landesregierung etwas Neues vorgelegt hat. Ansonsten müssten die nämlich das Verfassungsgericht anrufen, weil dort einige Dinge unterwegs sind. Deswegen kann ich nur sagen, die Landesregierung muss liefern, wird liefern, dieser Gesetzentwurf ist nicht notwendig, er wird abgelehnt.

(Beifall CDU, SPD)

Ich rufe für die FDP-Fraktion den Abgeordneten Bergner auf.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, es liegt uns heute zur zweiten Beratung der Gesetzentwurf der LINKS-Fraktion zur Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes vor. Meine Damen und Herren, ich will nicht noch mal alles aus der letzten Plenarberatung wiederholen. Deswegen werde ich versuchen, mich kurzzuhalten.

Ausgangspunkt des Gesetzentwurfs war der Beschluss vom 5. März 2013 des Bundesverfassungsgerichts zum bayerischen Abgabengesetz. In diesem Beschluss wird eine Regelung zur Festsetzungsverjährung für unvereinbar mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der Rechtssicherheit erklärt, welches aus Artikel 2 Abs. 1 Grundgesetz i.V.m. Artikel 20 Abs. 3 Grundgesetz abgeleitet wird. Im Thüringer Kommunalabgabengesetz gibt es eine nahezu wortgleiche Regelung. Der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE trifft allerdings diese Regelung und somit das Problem leider überhaupt nicht. Der Gesetzentwurf ist in dieser Form somit nicht zustimmungsfähig. Gleichwohl hätten wir uns einer Ausschussberatung nicht verweigert. Das habe ich beim letzten Mal auch mit gesagt und ich glaube, das wäre der bessere Stil gewesen.

(Beifall FDP)

Das Bundesverfassungsgericht hat dem bayerischen Gesetzgeber aufgegeben, bis zum 1. April 2014 eine neue Regelung zu schaffen. Deswegen

sind wir ebenfalls gut beraten, wenn wir in Thüringen möglichst rasch eine rechtskonforme Verjährungsregelung finden. Der Innenminister hat in der ersten Beratung zu dem Gesetzentwurf vom April erklärt, dass die Landesregierung bereits intensiv und umfassend die Auswirkungen der Entscheidungen auf Thüringen prüft und beabsichtigt, noch vor der Sommerpause einen Gesetzentwurf zu erarbeiten.

(Beifall SPD, FDP)

Meine Damen und Herren, wir nehmen das Innenministerium hier beim Wort und sind auch sehr gespannt und hoffen, dass uns alsbald eine Regelung zu dem Problem vorgelegt wird

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Nicht nur ihr.)

und sind uns da sehr sicher,

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wir werden gemeinsam wieder enttäuscht sein.)

dass wir, wenn es zu einer Enttäuschung kommen sollte, Herr Kollege Kuschel, gern bereit sind, auch den Finger in die Wunde zu legen, denn wir meinen, dass es hier bald, nicht zu schnell, aber bald, zu einer fundierten und gründlichen Regelung kommen muss. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP)