Protocol of the Session on April 26, 2013

Der Eindruck, meine Damen und Herren, den Ihr Antrag, der Antrag der LINKEN erweckt, nämlich dass bislang im Thüringer Bildungswesen nichts gegen Rassismus getan wird, ist daher falsch oder zu wenig, will ich das ergänzen.

Es wäre sicherlich sinnvoller gewesen, wenn genau die Antragsteller auf die aus ihrer Sicht bestehenden konkreten Defizite hingewiesen hätten, anstatt Pauschalkritik zu artikulieren. Einer Diskussion darüber, was man eventuell besser oder anders machen kann, ist meine Fraktion jedenfalls noch nie ausgewichen. In diesem Sinne bitte ich darum, künftig mit der wichtigen Frage des gesellschaftsimmanenten Rassismus und dem richtigen Umgang mit dieser Problematik im Bildungsbereich sachlicher umzugehen. Insofern müssen wir leider den Antrag ablehnen. Danke.

(Beifall CDU, SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Döring. Das Wort hat jetzt Herr Abgeordneter Bergner für die FDPFraktion.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich gestehe, dass ich ein bisschen traurig bin, dass wir den Entschließungsantrag jetzt nicht mit behandeln können.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Der zweite Teil des Satzes gefällt Ihnen möglicherweise nicht, denn der Entschließungsantrag hätte mir inhaltlich wesentlich besser gefallen als der jetzt vorliegende Antrag.

(Beifall FDP)

Bei dem vorliegenden Antrag ist schon im Ansatz zu erkennen, wes Geistes Kind er ist. Wir haben, meine Damen und Herren, den Thüringen-Monitor kritisch im Landtag besprochen und natürlich wird er auch dafür erstellt, dass die Politik Rückschlüsse daraus zieht. Ich werde mich hier nicht hinstellen, so wie es der Antrag vorsieht, und feststellen, dass die Hälfte der Thüringer Rassisten sind oder rassistischen Behauptungen ihre Zustimmung geben. Der Thüringen-Monitor spricht selber von Widersprüchen und eigenwilligen Differenzierungen auf der Ebene der Befragten. Gerade bei den allgemeinen Aussagen zu Internationalität, Toleranz und Weltoffenheit ergeben sich hohe, zum Teil auch sehr hohe Zustimmungsraten. So finden es 87 Prozent der Befragten gut, dass wir durch die bei uns lebenden Zuwanderer anderen Kulturen begegnen. 91 Prozent meinen, dass wir die bei uns lebenden Zuwanderer vollständig an unserem Leben teilhaben lassen sollten. Für 94 Prozent der Erwerbstätigen ist es egal, ob Arbeitskollegen aus Deutschland stammen oder Zuwanderer sind und für 85 Prozent gilt dies auch im Hinblick auf ihren Vorgesetzten. Es gibt aber leider auch, meine Damen und Herren, die andere Seite der Medaille, die will ich natürlich nicht verschweigen und die sollte uns auch aufhorchen lassen und nachdenklich stimmen. 49 Prozent der Befragten sehen die Bundesrepublik als in einem gefährlichen Maß überfremdet an und 44 Prozent stimmen der Aussage zu, dass Ausländer nur zu uns kommen, um den Sozialstaat auszunutzen das ist ein Zitat. Natürlich muss man sich dieser Ergebnisse annehmen, aber eine pauschale Feststellung, wie es DIE LINKE hier in diesem Antrag möchte, kann ich nicht erkennen und sie ist auch nicht das Ergebnis des Thüringen-Monitors. Die Fraktion DIE LINKE nimmt bewusst nur einen Punkt aus dem Thüringen-Monitor heraus, ohne eine Gesamtschau darzustellen. Wenn Sie das aber machen würden, meine Damen und Herren, würde Ih

nen auffallen, dass gerade die Differenzen zu den ersten Werten es schwermachen, die Zustimmung zu den letztgenannten Aussagen pauschal als Ausdruck einer gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit zu interpretieren.

(Beifall FDP)

Aber es scheint Ihnen ja auch gar nicht darum zu gehen, sich im Zusammenhang mit den Aussagen zu beschäftigen, sondern nur mit dem, was Ihnen in das vorgefertigte Bild passt.

Meine Damen und Herren, meines Erachtens bleibt insgesamt festzuhalten - und so sagt es auch der Thüringen-Monitor -, dass sich die Thüringer Bevölkerung mit großer Mehrheit zur Offenheit gegenüber anderen Kulturen, zur Aufnahmebereitschaft gegenüber Zuwanderern mit einer positiven Einschätzung der Chancen internationaler wirtschaftlicher Verflechtungen bekennt.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, der Antrag sieht weiterhin mögliche Handlungsmöglichkeiten vor, die sich aus dem Ergebnis des Thüringen-Monitors je nach Interpretation des Lesers ergeben. DIE LINKE setzt hier besonders auf angeblich neue Konzepte und Programme gegen Rassismus sowie diskriminierungsfreie Bildungsarbeit. Ich muss Ihnen ehrlich sagen, ich erkenne in dem Antrag nichts, was nicht schon gemacht wird.

(Beifall FDP)

Wir haben in Thüringen ein Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit, wodurch Konzepte und Programme gerade gegen Rassismus gefördert werden. In den Schulen und Vorschulen wird - soweit ich informiert bin - versucht, mit viel Mühe und großem Engagement, Kinder weltoffen und tolerant auf das Leben vorzubereiten; ich glaube, dieses Engagement sollten wir auch nicht schlechtreden. Natürlich, meine Damen und Herren, kann man immer noch etwas verbessern, aber ich bin der festen Überzeugung, dass der Antrag uns dafür nicht weiterhilft. Wir werden ihn deshalb ablehnen. Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP)

Danke, Herr Abgeordneter Bergner. Das Wort hat jetzt Herr Abgeordneter Adams für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen hier im Thüringer Landtag, als Erstes möchte ich mich bedanken bei der LINKEN für diesen wichtigen Antrag, den wir heute diskutieren können.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Danke schön, Herr Adams.)

(Beifall DIE LINKE)

Wenn es heute schon eine ganz klare Schlussfolgerung aus der Aufklärung oder aus der Aufarbeitung des NSU gibt, dann doch dies, dass der NSU auf der Basis eines Alltagsrassismus gediehen ist.

(Beifall DIE LINKE)

Und was, meine Damen und Herren, liegt näher als sich diese Konsequenz deutlich zu machen und zu beginnen, nach Antworten zu suchen. Dieser Antrag sagt mitnichten, sehr geehrter Herr Kollege Bergner, dass es ein abschließender Ideenvorschlag ist, was wir mehr machen müssen, was wir noch zu tun haben.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Er sagt doch nur, wir müssen jetzt beginnen. Wir dürfen eben nicht nur darüber diskutieren, wie der Austausch zwischen Sicherheitsorganen verbessert wird, der Austausch von Informationen, sondern wir müssen darüber diskutieren, was in unserer Gesellschaft los ist. Man darf nicht nur den Rassismus als etwas Extremes, das vom Rand der Gesellschaft her auf uns zukommt, sehen, sondern man muss sich der schmerzlichen Erkenntnis stellen, dass Rassismus allgegenwärtig ist in Gedanken, Worten und auch Taten. Jeder von uns ist nicht gefeit davor, in rassistische Denkmuster zu verfallen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind Querschnitt der Gesellschaft, schon allein deshalb steht es uns an...

(Zwischenruf Abg. Barth, Abg. Kemmerich, FDP: Was ist denn das für eine Unterstel- lung?)

Ich nehme das gern an, das ganz allein auf mich zu beziehen, wenn es Ihrer Beruhigung dient, aber wir sind der Querschnitt der Gesellschaft. Wenn der Thüringen-Monitor feststellt, dass, wie Kollege Bergner eben ausführte, 49 Prozent das Land für gefährlich überfremdet halten, dann gilt es, auch bei uns danach zu suchen und eben da auch anzufangen. Nicht an den Rand zu schauen und zu sagen, dort am Rand ist etwas, das mit uns überhaupt nichts zu tun hat, sondern sich der Verantwortung zu stellen, sich selbstkritisch einmal zu beleuchten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, aber auch die 51 Prozent, die der Thüringen-Monitor förmlich freispricht, sind doch nicht gefeit davor, rassistisch zu denken. Nicht umsonst sagen die Autoren des Thüringen-Monitors doch immer wieder in Interviews, wenn sie dazu befragt werden, wie der Befund der Gesellschaft ist, wir stehen auf dünnem Eis. Wir können alle nur hoffen, dass das immer gut geht, dass immer der Ausschlag gegen Rassismus die Mehrheit hat, aber was, wenn einmal nicht.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das ist doch die Aufgabe, heute darüber nachzudenken, wie wir diese im Augenblick etwas größere Hälfte stark machen und stärker machen. Da sind die Vorschläge der LINKEN doch ein gutes Diskussionsangebot.

(Beifall DIE LINKE)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie kommt es denn zu verfestigten rassistischen Einstellungen? Es beginnt doch mitten in der Gesellschaft mit dem rassistischen Witz im Familienkreis oder unter Kollegen. Es beginnt doch mit dem Schimpfwort, mit dem rassistischen Schimpfwort auf dem Schulhof, auf dem Sportplatz, im Verein, all das ist möglich und hier müssen wir anfangen, kritisch zu sein und aufzuschauen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lieber Herr Kollege Döring, niemand sagt, dass das alles noch nicht geschehen ist. 22 Schulen in Thüringen sind Schulen ohne Rassismus, Schulen mit Courage. Das ist gut so, aber es müssten viel mehr sein. Wie viele Schulen haben wir? Ich weiß nicht, ob Minister Matschie das ad hoc sagen kann. 22 ist gut, aber noch nicht gut genug, es müssen mehr werden. Im Prinzip muss jede Schule eine Schule ohne Rassismus sein, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Wohin führt Rassismus, wenn er sich einmal verfestigt hat? Er führt - und erlauben Sie mir diese deutlichen Worte - oft auch zu überholtem, gängelndem, kriminalisierendem staatlichen Handeln wie zum Beispiel bei der Residenzpflicht. Mit Mehrheit hat der Justizausschuss vorhin festgestellt, dass die Residenzpflicht inhaltlich wohl nichts mit Alltagsrassismus zu tun hat. Dem widersprechen wir zutiefst.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Unsinn.)

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Die Residenzpflicht ist eine überholte Gängelung und wir wollen das gemeinsam mit der LINKEN lieber heute als in einem Monat abschaffen und ändern.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Es gibt, meine sehr verehrten Damen und Herren, kein einziges Argument für die Residenzpflicht, es gibt kein einziges.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Keinen vernünftigen Menschen in diesem Raum gibt es, der die Residenzpflicht verteidigen will. Es

gibt nur viele Argumente, die dagegensprechen und sie lassen sich unter einem ganz einfachen Schlagwort zusammenfassen, es ist die Menschlichkeit. Und nicht umsonst, meine sehr verehrten Damen und Herren, stehen die Kirchen, beide Kirchen, hinter der Forderung, die Residenzpflicht endlich abzuschaffen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Und die Mehrheit, meine sehr verehrten Damen und Herren, in dem Thüringer Landtag ist auch dafür da. Die Mehrheit ist da, heute damit aufzuhören, es ist nur die Frage, ob die Mehrheit steht. Ich weiß um das Ringen von vielen in der SPD, aber auch von einigen in der CDU, das ändern zu wollen. Wir hatten beinahe die Chance gehabt, das heute zu klären. Leider hat sich diese Chance nicht ergeben. Dennoch, wir dürfen nicht entmutigt sein und vorangehen. Alltagsrassismus ist etwas, dem wir uns stellen müssen. Alltagsrassismus war der Ausgangspunkt für die Morde des NSU. Und es steht uns gut zu Gesicht, heute mit der Bildungspolitik anzufangen, morgen über staatliches Handeln zu sprechen, übermorgen über unsere Kultur zu sprechen, darüber zu sprechen, was in unseren Glaubensgemeinschaften an rassistischem Denken noch tradiert vorhanden ist, darüber zu diskutieren und die Diskussion in die Mitte der Gesellschaft zu tragen, nie wieder Rassismus. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Danke, Herr Abgeordneter Adams. Das Wort hat jetzt Abgeordneter Kowalleck für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle zunächst Herrn Abgeordneten Döring danken für seinen doch sachlichen Beitrag zu dem Thema.

(Beifall CDU, SPD)

Sie haben sich hier anhand des Antrags entlanggehangelt und noch mal deutlich gemacht, inwiefern und wieweit sich der Freistaat hier einsetzt über verschiedene Maßnahmen und Programme, um entsprechend auch als Demokratie wehrhaft zu sein gegen Rassismus in unserer Gesellschaft. Ich muss sagen, ich denke, da pflichte ich Herrn Bergner bei, wir dürfen die Thüringer nicht stigmatisieren. Wir dürfen hier nicht alle in einen Topf schütten. Das wäre unfair an dieser Stelle und das wäre nicht gerecht. Wir dürfen Probleme natürlich nicht wegdiskutieren,