Protocol of the Session on April 25, 2013

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne. Ich begrüße auch die Gäste auf der Zuschauertribüne und die Vertreterinnen und Vertreter der Medien.

Als Schriftführerin hat Frau Abgeordnete Kanis neben mir Platz genommen. Die Rednerliste führt Frau Abgeordnete Meißner.

Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt: Herr Abgeordneter Hausold, Herr Abgeordneter Huste, Herr Abgeordneter Kalich, Herr Abgeordneter Metz, Herr Minister Reinholz zeitweise und Minister Dr. Voß auch zeitweise.

Gestatten Sie mir folgende allgemeine Hinweise: Aufgrund der Eilbedürftigkeit habe ich für Herrn Robert Riedel, der für die Firma STRATOS TV arbeitet, eine Sondergenehmigung für Bild- und Tonaufnahmen gemäß der Regelung für dringende Fälle nach § 17 Abs. 4 Satz 1 der Geschäftsordnung für die Plenarsitzung heute und morgen erteilt.

Heute in der Zeit von 9.00 bis 16.00 Uhr präsentiert sich das Biosphärenreservat Rhön im Rahmen der Wanderausstellung „Mensch und Natur“ sowie die Dachmarke Rhön im Foyer des Landtagsrestaurants.

Gibt es weitere Anmerkungen zur Tagesordnung? Ich sehe, das ist nicht der Fall.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 2

Gesetz zur Änderung des Thüringer Waldgesetzes und des Thüringer Jagdgesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 5/5058 dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz - Drucksache 5/5995

ZWEITE BERATUNG

Das Wort hat der Abgeordnete Kummer aus dem Ausschuss für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz zur Berichterstattung. Bitte sehr, Herr Abgeordneter.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Guten Morgen, meine Damen und Herren, eigentlich ist uns das Waldgesetz abhandengekommen und wir haben nur eine Beschlussempfehlung zum Jagdgesetz vorlie

gen. Der Ausschuss für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz hat sich mit Beschluss des Landtags vom 19. Oktober 2012 mit dem Gesetz zur Änderung des Thüringer Waldgesetzes und des Thüringer Jagdgesetzes befasst. Er hat dazu eine schriftliche Anhörung durchgeführt, die eine Reihe von Hinweisen zum Waldgesetz enthalten haben und keine nennenswerten Vorschläge zum Jagdgesetz.

In seiner letzten Sitzung am vorigen Freitag hat unser Ausschuss dann beschlossen, das Jagdgesetz vom Waldgesetz abzutrennen und separat zu behandeln und dem Landtag heute zum Beschluss vorzulegen. Grund dafür waren Diskussionen vor allem zu den Fragen der Möglichkeit des Einsatzes von Windkraft im Wald, die es in der Koalition gegeben hat und die deshalb das Waldgesetz nicht zum Abschluss bringen konnte.

Ihnen liegt nun eine Beschlussempfehlung des Ausschusses vor mit einer Reihe von Änderungen. Bei diesen Änderungen geht es unter anderem darum, dass künftig beim Zusammenschluss von Gemeinden, die ja im Rahmen der Gebietsreform immer stärker antreten, gemeinschaftliche Jagdbezirke, die gegenwärtig existieren, bestehen bleiben können als Möglichkeit, damit die Jagdbezirke die Gelegenheit haben, sich das selbst auszusuchen, ob sie zusammenwachsen wollen oder nicht und auch nicht so groß werden müssen. Außerdem soll in Zukunft das Einvernehmen mit dem für Jagdwesen zuständigen Ausschuss des Landtags erfolgen bei Änderungen der Jagdzeiten. Die Regierung wird ermächtigt, Jagdzeiten auch zu verlängern. Diese Ermächtigung hatte sie bisher nicht. Das war der einzige Grund, warum die Landesregierung das Jagdgesetz geändert haben wollte. Der Ausschuss kam übereinstimmend zur Auffassung, dass er hier sein Einvernehmen erteilen möchte. Ich sehe darin eine Stärkung des Parlaments.

Wir haben dann noch eine weitere Änderung beschlossen, bei der es darum geht, dass künftig Flächeneigentümer, Jagdausübungsberechtigte und Landnutzer gemeinsam bei der Vermeidung von Wildschäden zusammenwirken sollen.

Diese Änderungen sind vom Ausschuss so beschlossen worden und Ihnen liegt heute damit eine entsprechend geänderte Beschlussempfehlung des Ausschusses vor mit der Bitte des Ausschusses um Zustimmung. Danke.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Ich eröffne die Aussprache. Als Erster hat das Wort der Abgeordnete Weber von der SPD-Fraktion. Er ist nicht da. Gut, dann schauen wir mal, wen wir alles noch auf

der Rednerliste haben. Herr Dr. Frank Augsten von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sehe ich.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, nicht nur angesichts der Tagesordnung möchte ich mich kurzfassen, Herr Kummer hat darauf hingewiesen, dass es bezüglich des Vorschlags eine große Einigkeit gab im Ausschuss, deswegen werden wir dem Gesetzentwurf auch zustimmen. Ich will aber durchaus noch zu bedenken geben, dass es bei uns in der Fraktion auch Diskussionen gab. Wir sind ja naturgemäß diejenigen, die von den beiden extremen Positionen in der Diskussion um zum Beispiel Ausweitung von Jagdzeiten angesprochen werden. Sowohl die extremen Tierschützer, die der Meinung sind, man dürfte gar nicht auf Tiere schießen, man möge doch das alles sich selbst überlassen, haben vorgesprochen als auch die Waldbesitzer, die davon ausgehen, dass wir viel zu viel Wild im Wald haben und dass viel mehr geschossen werden muss. Insofern haben wir das diskutiert und uns letzten Endes dazu entschieden, dem Vorschlag der Landesregierung zu folgen.

Es gibt auch zwei handfeste Fakten, die ich durchaus noch mal in den Raum stellen will, weil es auch zur Allgemeinbildung gehört. Zum einen hat die Verbiss- und Schälinventur 2010 ergeben - die wird alle drei Jahre gemacht, deswegen sind die letzten Zahlen aus 2010 -, dass allein bei den Edellaubhölzern - das ist das, was wirklich Geld bringt im Wald - die Verbissschäden zugenommen haben zwischen 2007 und 2010 von über 40 Prozent auf jetzt über 50 Prozent. Also wir haben da ein Problem mit Verbissschäden. Allein im Staatswald entstehen Schäden in Höhe von 8 Mio. € pro Jahr. Das ist schon eine Nummer, über die man reden muss.

Letzten Endes haben wir uns alle auf die Fahne geschrieben - im Koalitionsvertrag und wir GRÜNEN sowieso -, naturnaher Waldumbau muss sein in Thüringen. Das geht natürlich nur, wenn man eine standortgerechte Wilddichte hat. Deshalb haben wir letzten Endes den Vorschlägen auch zugestimmt. Aber ich will noch mal daran erinnern, Herr Kummer, das Waldgesetz ist nicht abhandengekommen, es ist nicht irgendwo verschwunden, sondern das ist durchaus auch etwas, was man noch mal ansprechen muss. Aus unserer Sicht ist es außerordentlich bedauerlich und sehr zu kritisieren, wie das gelaufen ist. Ich habe mir noch mal die Reden angesehen vom 19.10. vorigen Jahres, als der Gesetzentwurf eingebracht wurde. Da haben gerade die Rednerinnen und Redner der Regierungsfraktionen ganz wichtige Punkte angesprochen, was im Waldgesetz unbedingt geändert werden muss. Ich erinnere an Dinge wie die Walderhaltungsabgabe, an das Problem, dass wir keine landwirtschaftliche Fläche mehr haben, um Wald dort adäquat aufzu

forsten. Ich erinnere an die 5. DVO mit ganz wichtigen Dingen, die geändert werden müssen. Insofern kann man da nicht einfach so drübergehen und sagen, das Waldgesetz ist abhandengekommen, sondern es ist ganz offensichtlich dem Dauerstreit zwischen dem Wirtschaftsministerium und dem Landwirtschaftsministerium zum Opfer gefallen - Stichwort „Windkraft im Wald“.

Herr Minister, wir hatten am Freitagabend voriger Woche wieder Gelegenheit, uns bei einem Verband gemeinsam zu treffen, der der CDU naturgemäß sehr nahesteht. Selbst dort gab es heftige Kritik an Ihrer Haltung zur Windkraft im Wald, das sollte man doch zulassen. Insofern stehen wir da fachlich ganz nah beim Wirtschaftsminister, aber, ich sage das ganz deutlich, dort gilt auch die Sippenhaft für die Landesregierung. Ich habe kein Verständnis dafür, dass wichtige Vorhaben - es geht ja nicht nur um das Waldgesetz, es geht um das Landesnaturschutzgesetz, das Wassergesetz und viele andere Dinge - gerade blockiert werden, nur weil man sich dort an einem Punkt nicht einig wird. Insofern an die Adresse des Wirtschaftsministers gerichtet ganz eindeutig die Aufforderung, wenn sich dann nichts bewegt, dann muss ich dem Landwirtschaftsminister oder Umweltminister ein Angebot machen, Stichwort EU-Strukturfördermittel EFRE, da könnte ich mir etwas vorstellen, dass Sie da vielleicht einen Schritt von Ihrer Position wegrücken.

Jedenfalls so geht es nicht. Es kann nicht sein, dass wir wichtige Gesetzesvorhaben hier nicht voranbringen. Insofern bleibt es bei dem Fazit: Bei aller Einigkeit im Bereich Jagdgesetz, so wie Herr Kummer es dargestellt hat, fordern wir hier noch einmal die Landesregierung auf, ihren Job zu machen und nicht nur das Waldgesetz auf den Tisch zu legen, sondern alle anderen Vorhaben auch endlich zu realisieren. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielen Dank. Für die Fraktion der FDP spricht Frau Abgeordnete Hitzing.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, „Der Umgang mit Wildtieren ist vergleichsweise einfach - schwierig ist der Umgang mit den beteiligten Menschen.“, das kommt von Herrn Aldo Leopold als Zitat am Anfang. Genauso ist es auch. Die Jagd ist ein sehr emotionales Thema und bei der Erstellung des Rechtsrahmens war natürlich Fingerspitzengefühl gefragt. Kontroverse Diskussionen gab es bei Versammlungen, Jagdforen oder auch in Jagdzeitungen und auch hier im Haus gab es schon mächtige Diskussionen zu die

(Präsidentin Diezel)

sem Thema. Grund war natürlich, das Jagdgesetz musste aktuellen Gegebenheiten angepasst werden.

In der ersten Beratung zum Jagdgesetz im Oktober 2012 wurde heftig debattiert und da hatten wir Herr Dr. Augsten sprach es an - auch noch den Passus Waldgesetz dabei. Darüber reden wir heute nicht. Es gab im Laufe der Zeit Anhörungen der Verbände und am Ende hat man jetzt eine Lösung gefunden, die bei einer großen Mehrzahl der Jägerschaft zumindest Zustimmung findet. Wir haben uns als FDP-Fraktion auch immer für die Novellierung des Jagdgesetzes ausgesprochen und sicherlich wird es auch zukünftig im Fachausschuss dazu Diskussionen geben und die auch notwendig machen. Letztlich werden aber drei Paragraphen geändert bzw. angepasst.

So zum Beispiel § 10 „Gemeinschaftsjagdbezirke (gemeinschaftliche Jagdbezirke) “, neu hinzugekommen ist der Absatz: Bei Gemeindeangliederung oder -zusammenschluss können gemeinschaftliche Jagdbezirke bestehen bleiben. Hier gab es keinen Diskussionsbedarf.

In § 33 „Jagd- und Schonzeiten“ kommt es zu einer Ermächtigung, dass Jagdzeiten abweichend vom Bundesgesetz verlängert werden können und dass diese mit dem zuständigen Ausschuss abgestimmt werden müssen. Dieser Punkt wurde vor allem mit den Verbänden lange besprochen. Waldbesitzer und Jagdgenossenschaften haben hier unterschiedliche Ansichten.

Meine Damen und Herren, ursprünglich waren wir Menschen Jäger und Sammler und die Jagd diente der Nahrungsbeschaffung. Später war die Jagd eine Freizeitbeschäftigung für den Adel und den Klerus. Sonst gibt es auch noch unterschiedliche und andere Motivationen; heute ist es zum Beispiel eine beliebte Freizeitbeschäftigung, die Zahl der Jäger steigt nachweisbar, es ist aber auch ein wichtiger Bestandteil der Berufsausübung.

(Beifall FDP)

Hier gibt es verschiedene Sichtweisen - einmal die aus der Freizeitperspektive, einmal die aus der Perspektive des Berufsjägers - und die können manchmal kollidieren.

Es jagen verschiedene Generationen von Jägern Punkt 1. Deshalb gibt es verschiedene Lehrmeinungen, das ist tatsächlich so, wenn es um die Jagdzeiten geht.

(Heiterkeit DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Natürlich gibt es auch regionale Besonderheiten und persönliche Befindlichkeiten, das Ganze führt zu sehr unterschiedlichen Auffassungen, die zu klären waren.

Welche Gründe gibt es eigentlich für die Jagd? Der Freizeitjäger möchte der Jagd nachgehen, das Wild beobachten und manches Mal auch etwas schießen. Gewichtig sind in der heutigen Kulturlandschaft und in der Land- und Forstwirtschaft natürlich die ökologischen und wirtschaftlichen Gründe für die Jagd. Zu den ökologischen Gründen: Zum Beispiel muss das natürliche Gleichgewicht hergestellt und gehalten werden. Es müssen auch Krankheiten vermieden werden. Der Jäger gilt also hier auch als Ersatzprädator. Wirtschaftliche Motivationen sind auch ganz klar. Es geht um die Reduzierung von Wildschäden. Das wurde gerade eben schon einmal angesprochen in der Land- und Forstwirtschaft. Natürlich muss man auch die Jagdbestände anpassen und das Ganze im Gleichgewicht halten. Die Waldbesitzer, auch die Revierförster betrachten den Waldzustand sehr kritisch. Die Zielsetzung ist natürlich, die Schäden im Wald zu senken, z.B. die Verbissschäden an den Terminaltrieben. Einmaliger Wildverbiss entwertet schon den Baum und er kann eventuell nicht mehr gerade in die Höhe wachsen. Schälschäden, auch hier genügt einmaliges Schälen, um das Holz technisch zu entwerten. Die Folgen sind natürlich auch hohe finanzielle Einbußen für den Wirtschaftsbetrieb und das Holz hat damit minderwertige Qualität.

Ich war vor einiger Zeit unterwegs im Bereich des Thüringer Waldes und habe dort mit einem Revierförster ein Gebiet erlaufen - ich bin übrigens auch mal gestürzt dabei, komplett - und er hat mir gesagt, versuchen Sie mal einen Baum ohne Schälschäden zu finden, dann kriegen Sie einen Preis. Das ist mir nicht gelungen. Er hat mir dann erklärt, worauf ich achten muss. Es ist also tatsächlich ein Thema, das nicht von der Hand zu weisen ist. Deshalb hat natürlich die Jagd auch ihre besondere - mir fehlt das Wort,

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Bedeutung.)

danke - Bedeutung.

(Beifall FDP)

Mit nachhaltiger Jagd können alle Waldfunktionen erfüllt werden und die Jagd orientiert sich an ökologischen und wildbiologischen Grundsätzen, an neuen Erkenntnissen der Jagdpraxis und natürlich auch an dem Wert des Tierschutzes. Daher ist es wichtig und richtig, meine Damen und Herren, dass wir in den nächsten Ausschuss-Sitzungen durchaus auch weiter über die exakten Änderungen der Jagdzeiten beraten.

Es ist gerade das Thema Wildschäden angeklungen. In einigen Regionen nehmen die durch Wild verursachten Schäden erheblich zu und vor allem für die Land- und Forstwirtschaft ist es daher elementar, dass ein Zusammenarbeiten bei der Wildschadensverhütung erfolgt. In § 45 des Jagdgesetzes heißt es: „Zusammenwirken der Beteiligten,

Erstattungsausschluss, Ersatz weiterer Wildschäden“. Hier ist das nun auch verankert. Nun kommt es natürlich auf die Zusammenarbeit und die Umsetzung des Jagdgesetzes an bei allen Beteiligten in der Praxis, um Wild und Wald in Einklang zu bringen. Sie sehen daran, dass wir dem Jagdgesetz als FDP-Fraktion auch zustimmen werden, und denken, dass das nun nach langer Diskussion zu einem guten Ende gekommen ist.

Aber gestatten Sie mir noch einen Satz zum Waldgesetz, denn es hieß ja Jagd- und Waldgesetz. Wir haben nun gelernt, dass sich die regierungstragenden Fraktionen an dieser Stelle nicht einig werden können, vielleicht es auch nicht wollen.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Auch an die- ser Stelle.)

Ich würde Ihnen vorschlagen, wenn es dann nicht klappt, dann schreiben Sie es doch jeder in Ihr Wahlprogramm, was Sie vorhaben für nächstes Jahr. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP)