Wir haben schon im letzten Jahr im Oktober eine Kleine Anfrage - das Ministerium wird sich sicherlich auch daran erinnern - zu genau dieser Thematik gestellt
und haben dann aus der Antwort heraus einen Entschließungsantrag zum Haushalt hier im Plenum gestellt, der übrigens auch abgelehnt worden ist. Das zur Vollständigkeit an der Stelle.
Im Grundsatz, meine sehr verehrten Damen und Herren, geht es, das will ich noch einmal deutlich sagen, nicht darum, Gemeinschaftsschulen zu verhindern, nicht zu wollen, dass es Gemeinschaftsschulen gibt. Da, wo die funktionieren können, wo sie gewollt sind, gerade in Jena, wo wirklich singuläre Bedingungen auch herrschen,
jede Menge gute Bedingungen, ja, gar keine Frage. Aber es ist eben nicht übertragbar auf Nordhausen, auf Sondershausen, auf Zeulenroda. Nein, das sind Rahmenbedingungen, die mit der guten Arbeit von Lehrern und Lehrerinnen überhaupt nichts zu tun haben, sondern die da sind und die Lehrer in Jena können das eben einfach nutzen, eine Universität zum Beispiel. Die Regelschule in Bleicherode kann nicht auf die Universität in Bleicherode zugreifen, um sich von dort Praktikanten oder Unterstützung
von Studenten zu holen, das geht eben nicht im Rahmen auch von Ganztagsangeboten und ähnlichen Dingen. Aber dort, wo die gewollt sind, wo sie funktionieren können, soll es ja Gemeinschaftsschulen geben. Die sind eine Ergänzung, ein Teil des Bildungssystems, die auch niemand ernsthaft infrage stellt. Aber eine Entwicklung hin zu einer Einheitsschule ist das, was Sie im Kern wollen und was auch die Entwicklung in Nordrhein-Westfalen in den letzten Jahren gewesen ist. Da hat es in den 70er-Jahren schon zum Glück damals immerhin erfolgreiche Demonstrationen gegen Koop-Schulen gegeben. Gesamtschulen, das ist das dortige Wort für die Einheitsschule, gibt es da trotzdem und das ist am Ende nämlich das, was zu dem Ergebnis auch der PISA-Studien führt. Drittletzter ist Nordrhein-Westfalen im Bundesländervergleich in den PISA-Studien.
Weil das vorhin nicht so genau rauskam, will ich das an der Stelle noch einmal erwähnen. Ich sage für meine Fraktion, für die FDP, ganz deutlich, wir haben in Deutschland keine Einheitskinder und deshalb darf es auch keine Einheitsschule geben.
Vielen herzlichen Dank, Herr Barth. Nur für die Richtigkeit des Protokolls, bei der Zeiterfassung gab es einen Fehler. Es ist von der langen, also nicht der doppelten Redezeit ausgegangen worden. Wir haben Sie ja auch nicht gestoppt in Ihrer Rede, Sie hatten noch 8 Minuten 50 Redezeit. Nur für die Richtigkeit, das war aber hier falsch an mich weitergegeben worden. Vielen herzlichen Dank.
Gibt es noch weitere Wortmeldungen in dieser Debatte? Das ist nicht der Fall. Kann ich davon ausgehen, dass das Berichtsersuchen zu Nummer I des Antrags erfüllt ist oder erhebt sich Widerspruch? Es ist erfüllt. Es ist keine Ausschussüberweisung beantragt worden.
Damit kommen wir jetzt direkt zur Abstimmung, und zwar über Nummer II des Antrags der Fraktion der FDP in der Drucksache 5/5748. Wer diesem Punkt zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der FDP-Fraktion. Gibt es Gegenstimmen? Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und CDU. Gibt es Enthaltungen? Das ist nicht der Fall. Damit ist dieser Antrag abgelehnt und ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.
Für ein modernes Thüringer Polizeiaufgabengesetz eintreten! Antrag der Fraktion der FDP - Drucksache 5/5808
Ich frage zunächst, wünscht die Fraktion der FDP das Wort zur Begründung? Das ist der Fall. Dann hat jetzt der Abgeordnete Herr Bergner das Wort.
Vielen Dank. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren auf der Tribüne, die FDP-Fraktion hat den Antrag für ein modernes Thüringer Polizeiaufgabengesetz eingebracht, um zum einen anzumahnen, dass ein neues Polizeiaufgabengesetz bis zum 30.09.2013 in Kraft getreten sein muss, und zum anderen, um die nach Auffassung der FDP-Fraktion wichtigsten Kernpunkte des Urteils, aber auch der Verfassungsbeschwerde in das neue Gesetz einfließen zu lassen.
Ich will Ihnen hier noch einmal einen kurzen Rückblick geben. Im Jahr 2008 erfolgte eine tiefgreifende Novellierung des Thüringer Polizeiaufgabengesetzes. Durch das Änderungsgesetz wurden die Befugnisse der Polizei zur heimlichen Erhebung von Daten neu geregelt. Zu diesen Maßnahmen gehören beispielsweise der Einsatz verdeckter Ermittler, das Abhören von Telefonaten sowie die optische und akustische Überwachung von Wohnungen. Diese Maßnahmen, meine Damen und Herren, waren und sind zumeist mit massiven Grundrechtseingriffen verbunden und müssen deswegen hinreichend bestimmt und normenklar sein. Auch der Kernbereich der privaten Lebensgestaltung ist vor Eingriffen hinreichend zu schützen. Durch eine Verfassungsbeschwerde aus dem Jahre 2009 hat der Thüringer Verfassungsgerichtshof am 21.11.2012 viele dieser geänderten Regelungen im Thüringer Polizeiaufgabengesetz für verfassungswidrig erklärt. Der Verfassungsgerichtshof hat dem Gesetzgeber aufgegeben, bis zum 30.09.2013 eine verfassungsgemäße Neuregelung zu treffen. Bis zu diesem Zeitpunkt bleiben die bestehenden Regelungen anwendbar. Die Landesregierung hat angekündigt, schon zu Beginn des Jahres 2013 einen Gesetzentwurf vorzulegen. Meine Damen und Herren, wenn wir aus dem Fenster schauen, kann man zwar den Eindruck gewinnen, dass wir noch am Beginn des Jahres sind, aber wir sind schon im März und wir haben erst gestern Abend in der Post einen Referentenentwurf vorgefunden. Insofern freue ich mich auf die Aussprache. Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Landesregierung hat in der Kabinettssitzung am 13. März 2013 den Referentenentwurf für ein Thüringer Gesetz zur Änderung des Polizeiaufgabengesetzes und des Ordnungsbehördengesetzes zur Kenntnis genommen. Der Entwurf wurde zwischenzeitlich auch dem Landtag zugeleitet.
Lassen Sie mich kurz auf die Inhalte des Entwurfs eingehen. Hauptinhalt ist die Umsetzung des Urteils des Thüringer Verfassungsgerichtshofs vom 21. November 2012, mit dem verschiedene Bestimmungen des Polizeiaufgabengesetzes für unvereinbar mit der Verfassung erklärt wurden. In diesem Zusammenhang wird die Vorgabe aus der Koalitionsvereinbarung umgesetzt, den Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung zu stärken und den Schutz der Vertrauensverhältnisse zu Berufsgeheimnisträgern zu verbessern. Der Entwurf dient auch der vom Bundesverfassungsgericht im Urteil zur Bestandsdatenspeicherung vom 24. Januar 2012 geforderten fachgesetzlichen Bestimmung zum Zugriff auf Telekommunikationsbestandsdaten. Darüber hinaus soll eine Anpassung des Polizeiaufgabengesetzes an mehrere Beschlüsse des Europäischen Rats vorgenommen werden, welche die Datenübermittlung in andere Mitgliedstaaten zum Gegenstand haben. In Bezug auf das Ordnungsbehördengesetz ist die Schaffung einer Regelung vorgesehen, die die Kommunen unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen zum Erlass von örtlich begrenzten Alkoholverbotsregelungen ermächtigt. Die Anhörung nach den §§ 20 und 21 ThürGGO wurde bereits veranlasst. Neben den kommunalen Spitzenverbänden und den Polizeigewerkschaften wurde der Entwurf auch dem Thüringer Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, dem Thüringer Richterbund, den Kirchen sowie den Verbänden der freien Berufe zugeleitet. Die Landesregierung strebt eine abschließende Beschlussfassung im Mai an.
Hinsichtlich der durch die FDP-Fraktion hervorgehobenen Eckpunkte wage ich die Einschätzung, dass der Entwurf der Landesregierung diesen Anforderungen im Wesentlichen Rechnung trägt. So verzichtet der Regierungsentwurf auf die vom Verfassungsgerichtshof gerügte Bezugnahme auf Straftatenkataloge und gestaltet stattdessen die Tatbestandsvoraussetzungen ausschließlich anhand von konkreten Gefahren für herausragende Rechtsgüter. Auch werden sowohl für den Kernbereich privater Lebensgestaltung als auch für die Vertrauensverhältnisse zu Berufsgeheimnisträgern durchgängig eindeutige und klare Regelungen zu Erhebungsverboten, zur Unterbrechung der Über
wachung und zur Löschung dennoch erhobener Daten getroffen. Über die Details werden wir mit Sicherheit noch eine angeregte Debatte im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens führen. Die grundsätzliche Richtung ist jedoch durch das Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofs vorgegeben. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen herzlichen Dank, Herr Minister Geibert. Gemäß § 29 Abs. 2 der Geschäftsordnung werden Beratungen zu Berichten der Landesregierung grundsätzlich in langer, also doppelter Redezeit verhandelt. Ich frage jetzt: Wer wünscht die Beratung zum Sofortbericht zu Nummer I des Antrags? Das sind alle Fraktionen. Auf Verlangen aller Fraktionen eröffne ich die Beratung zum Sofortbericht zu Nummer I des Antrags. Gleichzeitig eröffne ich die Aussprache zu Nummer II des Antrags und ich darf als Erste die Abgeordnete Martina Renner für die Fraktion DIE LINKE aufrufen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ein Zitat: „Der Verfassungsgerichtshof hat mit seinem heute verkündeten Urteil entschieden, dass die Änderungen des Polizeiaufgabengesetzes im Jahr 2008 mit der Thüringer Verfassung überwiegend nicht vereinbar sind.“ Diese Entscheidung hat in der Sache in Thüringen keinen überrascht, aber normal ist so eine Entscheidung nicht zu nennen, denn es ist kein Qualitätssiegel für repräsentative Demokratie und Gewaltenteilung, wenn ein Gericht einen durch ein Parlament herbeigeführten, verfassungswidrigen Zustand beseitigt. Es ist, wie es Roland Hahnemann, innenpolitischer Sprecher der Fraktion der PDS und später Linke.PDS im Jahr 2008 für die Fraktion DIE LINKE dann ausführte, auch kein Ausdruck „eines schlechten gesetzgeberischen Handwerks, sondern der Ausfluss eines grundfalschen politischen Verständnisses in ihrer Innenpolitik. Es ist doch nicht die Aufgabe der Gerichte, die Gesetze auf den Boden der Verfassung zu befördern und die Rechte des Bürgers gegenüber dem Staat zu sichern, sondern das Parlament selbst sollte von Anfang an Grund- und Bürgerrechte zum Ausgangspunkt der Gesetzgebung machen.“ So 2008.
Es ist aber in der Tat kein Thüringer Einzelfall, die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 21. November 2012 fügt sich nahtlos in eine ganze Reihe von gleichartigen Entscheidungen ein. Seit Jahren ist zu beobachten, dass Regierung und Parlamente auf Landes- wie auf Bundesebene schwerwiegende Grundrechtsverletzungen mit Sicherheits
interessen begründen. Zumeist Bürgerrechtsorientierte, manchmal auch Parlamentarierinnen und Parlamentarier selbst schalten dann Verfassungsgerichte ein, um den Staat wieder in seine verfassungsmäßigen Grenzen zu weisen.
Auch die Novellierung des Thüringer Polizeiaufgabengesetzes durch die damalige CDU-Alleinregierung schuf - wie DIE LINKE schon 2008 kritisierte in weiten Teilen so offenkundig verfassungswidrige Eingriffsrechte der Polizei, dass die Verfassungsrichter diesbezüglich zu einer einstimmigen Entscheidung gelangt sind. Die wesentlichen Punkte aus dem Urteil, ich zitiere:
„1. Der Gesetzgeber hat den Grundsatz der Normenklarheit nicht hinreichend beachtet. Den angegriffenen Vorschriften lassen sich die Voraussetzungen und die Reichweite der jeweiligen Grundrechtseingriffe nicht eindeutig entnehmen.
2. Ebenso unzureichend sind die Befugnisse zur heimlichen Datenerhebung geregelt, die der Verhütung von Straftaten dienen.
3. Insbesondere bleibt unklar, inwieweit nach der Vorstellung des Gesetzgebers Berufsgeheimnisträger von polizeilichen Maßnahmen ausgenommen bleiben sollen.
4. Der durch die Menschenwürde gebotene Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung ist lückenhaft ausgestaltet worden.
5. Zudem ist der Gesetzgeber den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht geworden, soweit er die nachträgliche Benachrichtigung über heimliche Überwachung geregelt hat.“
Wenn Sie sich jetzt die Mühe machen wollen, lesen Sie die Protokolle der Beratungen zum Entwurf der Landesregierung für das Thüringer Gesetz zur Änderung sicherheits- und verfassungsrechtlicher Vorschriften in Drucksache 4/2941 noch einmal durch. Herr Fiedler ereiferte sich damals in Richtung Fraktion DIE LINKE mit bemerkenswerten Worten, die ich Ihnen heute auch nicht vorenthalten will. Er sagte: „Eines muss ich Ihnen sagen. Was Sie hier vorgetragen haben, wie Sie diese Sicherheitsgesetze dargestellt haben, das waren die Stasi-Methoden, die wir lange genug hatten, das hat mit rechtsstaatlichen Dingen überhaupt nichts zu tun. Es ist eine Schande, wie so etwas hier dargestellt wird.“
Den eigenen Gesetzentwurf charakterisierte Herr Fiedler dann mit folgenden Worten, auch ein Zitat: „Sie werden noch in Kürze bemerken, wie die Fachwelt das Ganze loben wird. Das werden Sie erleben. Wir sprechen uns wieder im Hohen Haus.“
Das tun wir heute an dieser Stelle. Herr Fiedler, Sie haben sich geirrt. Ich hoffe, Sie sagen das auch nachher in Ihrer Rede.