Protocol of the Session on February 24, 2010

Ich frage die Landesregierung:

1. Beabsichtigt die Thüringer Landesregierung von der genannten Ermächtigung in § 2 Abs. 10 Straßenverkehrsgesetz Gebrauch zu machen, wenn nein, warum nicht, und wenn ja, wann ist mit dem Erlass einer solchen Verordnung zu rechnen?

2. Sollen nach bisherigen Vorstellungen der Landesregierung weitere Voraussetzungen für den Erhalt einer Sonderfahrberechtigung als die im Gesetz genannten im Rahmen dieser Verordnung festgelegt werden, wenn ja, welche?

Für die Landesregierung antwortet das Innenministerium. Herr Minister Prof. Huber, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Hellmann beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Die insbesondere von den Feuerwehrverbänden initiierte Gesetzesänderung hatte zum

Ziel, Angehörigen der freiwilligen Feuerwehren, die über einen Pkw-Führerschein verfügen, auf möglichst unbürokratische Weise Fahrberechtigungen für Einsatzfahrzeuge bis zu 7,5 t zulässige Gesamtmasse erteilen zu können.

Hintergrund dieser Forderung ist die Änderung des EU-Führerscheinrechts Ende der 90er-Jahre, wonach mit einem Pkw-Führerschein nur noch Fahrzeuge bis zu einer Gesamtmasse von 3,5 t geführt werden dürfen und darüber hinaus Lkw-Führerscheine für die jeweilige Fahrzeugklasse erforderlich sind. Das Anliegen der Verbände wurde von den Ländern im Hinblick auf die notwendige Sicherung der Einsatzbereitschaft der Feuerwehren mehrheitlich unterstützt.

Entgegen der ursprünglichen Zielsetzung nach einer einheitlichen Ausnahmeregelung und obwohl die Richtlinie der Europäischen Union eine pauschale Ausnahme für alle im Katastrophenschutz eingesetzten Kräfte zulässt, können nach der derzeitigen Rechtslage die Erteilung von Fahrberechtigungen an Mitglieder der freiwilligen Feuerwehren, der nach Landesrecht anerkannten Rettungsdienste und der Technischen Hilfsdienste für Einsatzfahrzeuge bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 4,75 t durch die zuständigen obersten Landesbehörden und für die Einsatzfahrzeuge bis zu 7,5 t durch den Bund auf der Grundlage jeweils eigener Bestimmungen geregelt werden.

Die Länder bzw. der Bund müssten demnach für die jeweiligen Gewichtsklassen der Fahrzeuge eigene Rechtsvorschriften für die Ausbildung, Prüfung und administrative Abwicklung erlassen. Angesichts dieser nicht zufriedenstellenden Situation strebt der Bundesrat in dieser Legislaturperiode eine erneute Befassung mit dem Thema an. Auch der Koalitionsvertrag auf Bundesebene greift die Problematik auf und führt hierzu aus, dass das Straßenverkehrsgesetz zugunsten der bei den freiwilligen Feuerwehren, den Rettungsdiensten und den Technischen Hilfsdiensten ehrenamtlich tätigen Bürgerinnen und Bürgern verbessert werden soll.

Letztlich werden auch vor dem Hintergrund, dass die vom Bundesrat bereits beschlossene Änderung der Fahrerlaubnisverordnung noch nicht in Kraft getreten ist, landesrechtliche Regelungen zur Erteilung von Sonderfahrberechtigungen für verfrüht angesehen. Vielmehr sollte die nochmalige Erörterung dieser Frage in den zuständigen Gremien von Bund und Ländern abgewartet und in Abhängigkeit von deren Ergebnis eine Neubewertung der Notwendigkeit eigener Regelungen getroffen werden. Der Bundesminister des Inneren hat gestern zu erkennen gegeben, dass der Bund eine rasche Änderung des Straßenverkehrsgesetzes in dieser

Richtung beabsichtigt.

Zu Frage 2: Die gegenwärtige Rechtslage macht es erforderlich, dass ausgestaltende Regelungen, insbesondere zu Inhalt und Umfang der vorgeschriebenen internen Ausbildung und Prüfung, zur Ausgestaltung der Nachweise sowie zu den Zuständigkeiten getroffen werden müssen. Hierzu soll jedoch erst entschieden werden, wenn die noch ausstehenden Erörterungen auf Bund-Länder-Ebene erfolgt sind. Im Übrigen verweise ich auf die Antwort zu Frage 1.

Es gibt aus der Mitte des Hauses keinen Nachfragebedarf. Danke, Herr Minister. Ich rufe auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kuschel von der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/442.

Danke, Herr Präsident.

Bitte.

Kommunale Finanznot 2010 - Entwicklung der Einkommensteuer

Der Deutsche Städtetag hat am 2. Februar 2010 erklärt, dass sich die Kommunen in einem "Teufelskreis" aus rückläufigen Einnahmen und Zuweisungen einerseits und steigenden Ausgaben andererseits befinden. Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hat erklärt, dass das Jahr 2010 das finanziell schwierigste Jahr nach der Wiedervereinigung werde.

Die Landesregierung vertritt verfassungsrechtlich Thüringer Interessen, auch die der Thüringer Kommunen, auf Bundesebene.

Ich frage die Landesregierung:

1. In welcher Höhe haben die Thüringer Gemeinden in den Jahren 1999, 2001, 2004 und 2009 Einnahmen aus der Einkommensteuer tatsächlich vereinnahmt?

2. Worauf sind nach Kenntnis der Landesregierung gegebenenfalls vorhandene Schwankungen bei den Einnahmen aus der Einkommenssteuer zurückzuführen und inwieweit haben sich dabei seit 1999 die Änderungen des Steuerrechts auf die Einkommensteuereinnahmen der Thüringer Gemeinden

ausgewirkt?

3. Wie hat die Landesregierung bei den betreffenden Änderungen des Steuerrechts mit Auswirkungen auf die Einkommensteuereinnahmen der Thüringer Gemeinden im Bundesrat abgestimmt?

4. Welche Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung für ihr weiteres Handeln im Bundesrat und wie begründet die Landesregierung ihre Aussage?

Für die Landesregierung antwortet das Finanzministerium. Herr Staatssekretär Dr. Spaeth, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Aus der Einkommensteuer, die in den statistischen Daten immer auch die Lohnsteuer und die Zinsabschlagsteuer beziehungsweise die Abgeltungssteuer umfasst, bezogen die Thüringer Gemeinden in den Jahren 1999 205,7 Mio. €, 2001 171,4 Mio. € und 2004 187,7 Mio. €. Die Einnahmen der Thüringer Gemeinden im Jahr 2009 sind noch nicht bekannt. Die letzte aktuelle Kassenstatistik, die das Statistische Landesamt im Dezember veröffentlichte, umfasst die Einnahmen bis zum 30. September 2009. Danach sind den Thüringer Gemeinden bis zum 30.09.2009 163,1 Mio. € an Einkommensteuer zugeflossen. Die Steuerschätzung im November 2009 prognostizierte für das Gesamtjahr kommunale Einkommensteuereinnahmen in Höhe von 307 Mio. €.

Zu Frage 2: Die Schwankungen im Aufkommen der Einkommensteuer sind sowohl auf den Konjunkturverlauf als auch auf Rechtsänderungen zurückzuführen. Inwieweit eine Schwankung auf den einen oder den anderen Umstand zurückzuführen ist, lässt sich nicht bestimmen. Tatsache ist, dass im Jahr 2001 das Wirtschaftswachstum mit 1,2 Prozent gegenüber den Vorjahren deutlich zurückgegangen war. Im Jahr 2002 stagnierte die Wirtschaftsentwicklung und ging schließlich im Jahr 2003 um 0,2 Prozent zurück. In den Jahren 2004 und 2005 fasste die deutsche Wirtschaft nur langsam wieder Tritt. Entsprechend dieser wirtschaftlichen Rahmenbedingungen entwickelt sich auch das Aufkommen der Einkommensteuer. Seit dem Jahr 1999 gab es über 90 Steuerrechtsänderungen, die größtenteils auch die Einkommen- und Lohnsteuer betreffen. Ich möchte mich auf die Rechtsänderungen mit den finanziell

erheblichsten Auswirkungen beschränken. Allen voran sei hier das Steuerentlastungsgesetz aus dem Jahr 1999 und das Steuersenkungsgesetz aus dem Jahr 2000 genannt. Das Steuerentlastungsgesetz hat in drei Stufen - für 1999, 2000 und 2002 - unter anderem die Absenkung der Einkommensteuersätze und die Erhöhung der Grundfreibeträge mit einem Gesamtvolumen von rund 23,3 Mio. € zum Gegenstand. Davon wurden 18,3 Mrd. € gegenfinanziert. Das Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung aus dem Jahr 2000 zog die Steuervergünstigungen für das Jahr 2002 bereits nach 2001 vor. Auch dieses Gesetz sah eine Verringerung der Steuersätze und eine Erhöhung der Grundfreibeträge vor, und zwar für die Jahre 2003 und 2005. Die Gesamtausfälle aus der Einkommensteuerreform betrugen 26,5 Mrd. €. Die nächsthöheren Steuerausfälle brachte das Altervermögensgesetz aus dem Jahr 2001, das mit der Einführung der sogenannten Riesterzulagen insgesamt zu Mindereinnahmen in Höhe von 10,5 Mrd. € in der vollen Jahreswirkung führte. Darüber hinaus gab es eine Reihe von Steuergesetzen, die eine Erhöhung des Kindergeldes und des Kinderfreibetrags zum Gegenstand hatten und Ausfälle bei der Lohn- und Einkommensteuer im Umfang von je 2 bis 4 Mrd. € zur Folge hatten. Natürlich gab es in den Jahren auch immer wieder Steuerrechtsänderungen, die zu einer Erhöhung des Einkommensteueraufkommens beitrugen, wie zum Beispiel Haushaltsbegleitgesetze, Jahressteuer- oder Steueränderungsgesetze, das Gesetz zum Abbau von Steuervergünstigungen oder zur Abschaffung der Eigenheimzulage. Aus allen genannten Rechtsänderungen resultieren bei der Einkommensteuer Mindereinnahmen für die Thüringer Kommunen geschätzt 100 Mio. €.

Die Einnahmen aus der Einkommensteuer sind auch von konjunkturellen Schwankungen abhängig. Das wird dadurch deutlich, dass in den Jahren ab 2005 die höchsten Einkommensteuereinnahmen in der Geschichte der Thüringer Kommunen erzielt wurden und das ohne zwischenzeitliche Erhöhungen im Einkommensteuertarif. Allein im Jahr 2008 betrugen die Einkommensteuereinnahmen 354,2 Mio. €. Sie lagen damit knapp 150 Mio. € über dem Niveau des Jahres 1999 vor der Steuerreform. Sowohl die konjunkturellen Schwankungen als auch die Abweichungen infolge von Steuerrechtsänderungen beeinflussen seit 2008 lediglich die reinen Steuereinnahmen der Thüringer Kommunen. Die Gesamteinnahmen der Thüringer Gemeinden sind durch die Absicherung der angemessenen Finanzausstattung durch das Land seit der Reform des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes unabhängig von etwaigen Einnahmeschwankungen bei den Steuern. Die Thüringer Kommunen haben in den einnahmeschwachen Jahren 2002 bis 2005 zusätzliche Leistungen vom Land erhalten. So haben sie in diesem Zeitraum

insgesamt 162,6 Mio. € zusätzlich aus dem Landeshaushalt erhalten, die in den ursprünglichen Regelungen des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes nicht vorgesehen waren.

Zu Frage 3: Die angeführten Gesetze wurden von Thüringen wie folgt votiert. Das Steuersenkungsgesetz und das Altersvermögensgesetz wurden abgelehnt. Zum Steuerentlastungsgesetz 1999, 2000 und 2002 hat sich Thüringen enthalten. Die Entscheidungen zum Kindergeld sind in der Regel nach Einberufung des Vermittlungsausschusses getroffen worden. Nach entsprechender Gewährung von Kompensationsleistungen durch den Bund an die Länder wurde zugestimmt.

Zu Frage 4. Ich möchte hierzu auf folgende Formulierung im Koalitionsvertrag der Thüringer CDU und SPD für die 5. Legislaturperiode des Thüringer Landtags verweisen. Steuerrechtsänderungen, die in dieser Legislaturperiode zulasten des Landeshaushalts gehen, soll im Bundesrat nicht zugestimmt werden. Ich danke Ihnen.

Es gibt eine Nachfrage durch den Abgeordneten Recknagel.

Der Abgeordnete Kuschel hat sich plakativ in Punkt 1 einige Jahre herausgegriffen, wie ich finde, mit durchschaubarem Ziel. Tatsächlich wirken sich Steuersenkungen sehr häufig auch positiv auf die Steuereinnahmen aus, deshalb möchte ich die Frage ergänzen. Welche Steuereinnahmen haben denn die Thüringer Gemeinden vereinnahmt in den Jahren 2002, 2003, 2005, 2006, 2007 und 2008? Das sind genau die Jahre, die sich Herr Kuschel ausgespart hat.

Herr Staatssekretär, wir sind gespannt.

Sehr geehrter Herr Abgeordneter, ich bitte um Verständnis, dass ich solche Fragen nicht aus dem Stegreif beantworten kann, und würde darum bitten, uns die Möglichkeit der schriftlichen Beantwortung einzuräumen. Ich danke Ihnen.

Es gibt eine weitere Nachfrage durch den Abgeordneten Kuschel.

Danke, Herr Präsident. Herr Staatssekretär, Sie haben in Antwort 1 darauf verwiesen, dass für 2009 die Kassenstatistik 163 Mio. € bis 30.09. für die Thüringer Kommunen aufweist und die Schätzung 307 Mio. €. Sie werden mir sicherlich zustimmen, dass letztes Quartal die Lücke von 163 Mio. € bis 307 Mio. € nicht mehr geschlossen werden kann, zumindest nicht vollständig. Wie erklären Sie denn, dass bei der Berechnung des Finanzbedarfs, Finanzausgleichsgesetz die Landesregierung nur von Steuermindereinnahmen von 16 Mio. € ausgeht, wenn schon bei der Einkommensteuer hier fast 140 Mio. € fehlen?

Herr Kuschel, das ist Ihre Schlussfolgerung, dass, wenn bis zum 30.09. 163,1 Mio. € fließen, die Lücke nicht mehr geschlossen werden kann. Diese Logik ist nicht zwingend. Vielmehr ist es so, dass in der Vergangenheit im letzten Quartal die meisten Einnahmen geflossen sind. Deswegen gehen wir davon aus, dass wir auch diese Summe erreichen werden. Die Logik, was in den ersten 9 Monaten fließt, lässt sich dann hochrechnen auf das letzte Quartal, die kann man so nicht nachvollziehen. Ich danke Ihnen.

Danke, Herr Staatssekretär. Ich rufe auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Leukefeld von der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/443.

Danke, Herr Präsident.

Kommunale Finanznot 2010 - Entwicklung der Kassenkredite

Der Deutsche Städtetag hat am 2. Februar 2010 erklärt, dass sich die Kommunen in einem "Teufelskreis" aus rückläufigen Einnahmen und Zuweisungen einerseits und steigenden Ausgaben andererseits befinden. Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen hat erklärt, dass das Jahr 2010 das finanziell schwierigste Jahr nach der Wiedervereinigung werde.

Die Landesregierung vertritt verfassungsrechtlich Thüringer Interessen, auch die der Thüringer Kommunen, auf Bundesebene.

Ich frage die Landesregierung:

1. In welcher Höhe haben die Thüringer Gemeinden in den Jahren 1999, 2001, 2004 und 2009 Kassenkredite aufgenommen?

2. Worauf sind nach Kenntnis der Landesregierung gegebenenfalls vorhandene Schwankungen bei der Aufnahme von Kassenkrediten zurückzuführen und inwieweit haben sich dabei seit 1999 die Änderungen des Steuerrechts auf die Aufnahme von Kassenkrediten der Thüringer Gemeinden und Landkreise ausgewirkt?

3. Welche Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung für ihr weiteres Handeln im Bundesrat und wie begründet die Landesregierung ihre Aussage?

Danke schön.