Protocol of the Session on November 23, 2012

(Beifall DIE LINKE)

Es hat sich jetzt Abgeordneter Bergner zu Wort gemeldet.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Kollege Blechschmidt, das hat mich jetzt natürlich noch mal nach vorn getrieben. In Ihrem § 42 a schreiben Sie doch, dass es eben um freie Berufe geht, dass es um sonstige selbstständige Berufe geht, usw. Ich zitie

re weiter unten: „Bei einer Tätigkeit, einem Vertrag oder einer Beteiligung, die gemäß Abs. 1 Nummer 1 bis 9 anzeigepflichtig sind, ist neben den Angaben zu Art und Inhalt der Tätigkeit bzw. Auftrag und Auftraggeber und anderen dort benannten Kriterien auch die Höhe der jeweiligen Einkünfte anzugeben. Zugrunde zu legen sind hierbei die für eine Tätigkeit zu zahlenden Bruttobeträge“, usw. Genau das ist es. Sie nehmen mich damit in Sippenhaft, dass ich die Einkünfte und die Auftraggeber meiner Frau angeben muss. Weil wir nämlich in einer GmbH miteinander verbunden sind.

(Zwischenruf Abg. Korschewsky, DIE LINKE: Das ist doch überhaupt nicht wahr.)

Das ist das Problem. Sie wollen damit Selbstständigen den Zugang in ein Parlament verweigern, das ist es.

(Unruhe und Beifall FDP)

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Das ist bodenlos, ich rege mich sonst nicht auf, aber das ist eine Unverschämtheit.)

Jetzt hat sich Abgeordneter Recknagel zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren! Liebe LINKE, Sie haben mal wieder bewiesen, dass Sie vom wirklichen Leben wirklich keine Ahnung haben. Das zeigt schon der Redebeitrag von eben. Da wurde zum einen darauf abgehoben, dass nur die Entnahmen einer Personengesellschaft angegeben werden sollen, und auf der anderen Seite reden Sie von steuerlichem Einkommen. Das sind eben nicht nur die Entnahmen, sondern das sind die Gewinne. Also Sie haben das nicht kapiert.

(Beifall FDP)

(Unruhe DIE LINKE)

Sie sprechen in § 42 Ihres Gesetzentwurfs auch davon, dass die Annahme von Geld ohne angemessene Gegenleistung unzulässig ist. Ich frage mich, was tun Sie dann Weihnachten oder bei Ihrem Geburtstag oder bei Ihrem Hochzeitstag, wenn Sie möglicherweise dort Zuwendungen bekommen ohne angemessene Geldleistung?

Wo ist denn hier die Abgrenzung? Das ist schlicht weltfremd, was Sie da tun.

(Zwischenruf Abg. Korschewsky, DIE LINKE: Aber Sie …)

(Unruhe DIE LINKE)

Weihnachtsgeschenke - die Abgrenzung zwischen dem, was ein normales Weihnachtsgeschenk ist,

was Sie von Ihrer Frau oder von einem befreundeten Unternehmer bekommen, ist ja manchmal fließend. Aber das lösen Sie hier keineswegs auf. Auch die Angabe von Beteiligungen nennen Sie hier. Da haben Sie vielleicht vor Augen eine große beherrschende Beteiligung an einem großen Unternehmen. Beteiligungen sind auch Aktien, die Sie zum Zwecke der Geldanlage haben, möglicherweise sogar Sie. Da habe ich Sie möglicherweise überschätzt. Aber es gibt Leute, die haben das. Eine Aktienbeteiligung in einem Wert von 10.000 € ist durchaus eine bedeutende Interessenverknüpfung. Da bin ich einmal gespannt, ob es bei den GRÜNEN Leute gibt, die solche Aktien kaufen, jetzt noch.

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Und wenn, dann ginge es Sie nichts an, Herr Recknagel.)

Bei den Interessenverflechtungen, die Sie hier angeben, ist eine lange Aufzählung aus der Privatwirtschaft. Was hier fehlt, sind Mitgliedschaften in Gewerkschaften. Die geben Sie nicht an.

(Beifall FDP)

Die muss man nicht angeben. Da heben Sie möglicherweise auf das Arbeitsrecht ab, denn man muss ja die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft auch nicht offenlegen, insbesondere nicht dem Arbeitgeber gegenüber. Aber Sie messen hier mit zweierlei Maß.

(Beifall FDP)

Die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft oder die Mitgliedschaft in einem Betriebsrat. Auch den haben Sie hier nicht erwähnt. Sie sprechen von der Angabepflicht für die Vertretung fremder Interessen. Vertretung fremder Interessen mache ich schon, wenn ich mit einer Vollmacht für einen anderen irgendetwas mache. Zu einer Versteigerung gehe zum Beispiel. Wollen Sie das tatsächlich in jedem Einzelfall aufführen? Das ist Wahnsinn, was Sie hier treiben.

(Beifall FDP)

Das ist Bespitzelung und nichts anderes kennen wir von Ihnen.

(Unruhe DIE LINKE)

Auf der anderen Seite das Ziel, was Sie offenbar wirklich erreichen wollen, das erreichen Sie noch nicht.

(Zwischenruf Abg. Korschewsky, DIE LINKE: Doch.)

Denn z.B. sollen hier Beteiligungen an Kapitalgesellschaften offengelegt werden. Naja, dann könnte man doch die wesentlichen Beteiligungen, die möglicherweise Interessenkonflikte darstellen, beispielsweise in einer Holding zusammenfassen. Mittelbare

(Abg. Bergner)

Beteiligung haben Sie nämlich hier nicht aufgeschrieben. Ich glaube, Sie wissen überhaupt nicht, wovon Sie reden. Das ganze Gesetz zeigt genau das. Ich denke, es gehört in die Ablage. Danke schön.

(Beifall FDP)

Danke, Herr Abgeordneter Recknagel. Es liegt mir jetzt keine weitere Redeanmeldung vor. Ich sehe auch nicht, dass vonseiten des Ministeriums der Wunsch besteht. Dann kommen wir zur Abstimmung. Es wurde die Überweisung an den Justizund Verfassungsausschuss beantragt. Noch einmal zur Kenntnisnahme: Es handelt sich hier um das Gesetz zur Änderung des Thüringer Abgeordnetengesetzes und anderer Gesetze mit dem Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE und der Drucksachennummer 5/5206 in erster Beratung. Wer der Überweisung an den Justiz- und Verfassungsausschuss zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen FDP, CDU, SPD, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Gegenstimmen? Es gibt 3 Gegenstimmen aus der Fraktion der FDP. Gibt es Stimmenthaltungen? Die sehe ich nicht. Damit ist die Überweisung angenommen und ich schließe den Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 9

Gesetz über den Beauftragten des Freistaats Thüringen zur Aufarbeitung des Stalinismus und der DDR-Diktatur Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der SPD - Drucksache 5/5217 ERSTE BERATUNG

Wünscht jemand der Fraktionen der CDU und SPD das Wort zur Begründung? Das sehe ich nicht. Damit eröffne ich die Aussprache. Das Wort hat Abgeordneter Döring für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, von Søren Kierkegaard stammt der Satz „Das Leben kann nur nach vorn gelebt, aber erst nach hinten verstanden werden.“ Deshalb werden wir auch in Zukunft die Frage beantworten müssen, wie wir mit unserer Vergangenheit umgehen und hier gibt es für mich einen Schlüsselsatz und der stammt von Jürgen Fuchs: „Wer dabei vorschlägt, zur Tagesordnung überzugehen, plädiert für ein erneutes Loslösen von der humanen Orientierung.“

Meine Damen und Herren, natürlich gibt es in der Wahrnehmung der Vergangenheit verschiedene

Wahrheiten und denen müssen wir uns natürlich stellen, aber eine Wahrheit darf nicht relativiert werden. Die Wahrheit von Unterdrückung und Unfreiheit und vom Widerstehen. Ansonsten schneiden wir uns ein Stück Identität ab, machen die DDR nachträglich zum Wohlfühlstaat und legitimieren im Nachhinein das Hineinregieren in das Leben der anderen und werfen die vielen Opferschicksale in die Mülltonne der Geschichte.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, deshalb haben wir, als die CDU-Fraktion im Oktober 2012 mit der Bitte auf uns zukam, eine gemeinsame Novelle des Landesbeauftragten-Gesetzes auf den Weg zu bringen, dieser Bitte natürlich entsprochen.

(Beifall CDU)

Im Oktober 2013 läuft die Amtszeit von Frau Neubert als derzeitige Landesbeauftragte aus. Auch daher erscheint uns eine Novellierung des Gesetzes angemessen. Außerdem ist es 20 Jahre her, dass der Thüringer Landtag das Landesbeauftragten-Gesetz verabschiedet hat, 20 Jahre nach der friedlichen Revolution. In der DDR ist die historische, politische und juristische Aufarbeitung der Tätigkeit des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR in Thüringen weit vorangeschritten und trotzdem muss diese Arbeit konsequent fortgesetzt werden. Gerade in einer Zeit, in der besorgte Stimmen die drohende Verklärung der DDR beschreiben, ist eine Institution besonders wichtig, die sich nicht ideologisch, sondern durch Bereitstellen von Fakten dem entgegenstellt.

(Beifall CDU, FDP)

Ich glaube aber, dass keiner bestreiten kann, dass es nun auch an der Zeit ist, den Blick und das Bewusstsein für den Umgang mit der DDR-Geschichte auch zu weiten. Der Journalist Martin Debes hatte in seinem Leitartikel in der Thüringer Allgemeinen vom 21. November 2012 zu Recht darauf hingewiesen, dass nun, ich zitiere, „die Historisierung der DDR im vollen Gange“ ist, genauso wie in den 60er-Jahren, als die erste Generation nach der NSZeit erwachsen war. Roland Jahn hat als Bundesbeauftragter für die Stasiunterlagen dazu erklärt, dass die alleinige Fixierung auf die Staatssicherheit auch den Blick verstellen kann. Er hat recht. Die Analyse der Vergangenheit muss breiter sein als die Analyse des Phänomens Stasi. Es geht, um mit Stefan Wolle zu sprechen, um die Reflexion des Zusammenhangs von Repression im Alltag, also um die dämonische Dimension der Harmlosigkeit und die harmlos alltägliche Seite der Dämonie. Es hat beides gegeben. Die biedermeierliche Gartenzwergidylle der DDR im Alltag und das Repressionssystem. Das eine war die Bedingung des anderen und deshalb brauchen wir hier die Diskussion in der Mitte der Gesellschaft und genau aus diesem

(Abg. Recknagel)

Grund wollen die Koalitionsfraktionen eine umfangreichere Aufgabenstellung der oder des neuen Landesbeauftragten.

Meine Damen und Herren, der goldene Pinsel der Erinnerung malt schön. Je länger das Kapitel DDR der Vergangenheit angehört, desto stärker verblassen die Erinnerungen und Erfahrungen an das während der Diktatur in der DDR begangene Unrecht. Die nach 1989 geborene Jugend hat heute Fragen, ebenso wie die 68er-Generation damals. Gerade deshalb ist die Unterstützung der Arbeit des Thüringer Geschichtsverbundes, in dem alle zusammenarbeiten, für uns Sozialdemokraten ein Herzensanliegen. Alle darin Mitwirkenden haben bisher eine hervorragende Arbeit geleistet, das ist und das bleibt unbestritten und auch unangetastet.

(Beifall CDU, SPD)

Wir wollen aber auch, dass der oder die künftige Landesbeauftragte die Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen Einrichtungen weit intensiver pflegt als dies bisher der Fall war.