(Zwischenruf Taubert, Ministerin für Soziales, Familie und Gesundheit: Da haben Sie sich aber nicht so sehr mit der Materie beschäf- tigt.)
Ein Gesundheitsministerium, das aus unserer Sicht schleichend Einfluss auf bewährte Strukturen nehmen will sowie bundesrechtliche Stoppzeichen ignoriert, Frau Ministerin, muss mit unserem vollen Widerstand, aber, ich glaube, noch viel mehr mit dem Widerstand der Selbstverwaltung rechnen. Von etwaigen Klagen, die jetzt schon im Raum stehen, will ich zumindest hier an der Stelle noch nicht sprechen.
Aber schön der Reihe nach. Wie Sie sicherlich alle wissen, gibt das Bundesrecht vor, welche Kompetenzen das Landesgremium überhaupt wahrnehmen darf. Man kann sogar ziemlich genau sagen, welche Kompetenzen der Bund dem Landesgremium zugesteht, das steht nämlich schwarz auf weiß in jenem Paragraphen, welcher auch in § 1 des Thüringer Entwurfs zu finden ist, nämlich in § 90 a SGB V. Dieser ermächtigt den Landesgesetzgeber zur Bildung eines gemeinsamen Landesgremiums mit zweierlei Kompetenz: Erstens, zu Fragen der
sektorübergreifenden Versorgung Empfehlungen abzugeben und zweitens, zur Aufstellung und Anpassung der Bedarfspläne nach § 99 Abs. 1 SGB V. Dies ist die Bedarfsplanung zwischen Krankenkassen und Kassenärztlicher Vereinigung, und zwar nach den Vorschriften des gemeinsamen Bundesausschusses, des Weiteren Stellungnahmen gegenüber dem Landesausschuss der Ärzte- und Krankenkassen zur festgestellten Unterversorgung nach § 100 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 sowie Stellungnahmen nach § 103 Abs. 1 Satz 1 gegenüber dem Landesausschuss der Ärzte- und Krankenkassen, wenn diese für eine Region eine Überversorgung feststellen sollten. Das war es. Schon der Hinweis in Ihrer Begründung zu § 2 Abs. 1, dass ebenso Fragen der spezialfachärztlichen Versorgung nach § 116 b SGB V eine Rolle spielen sollten, muss aus unserer Sicht eindeutig zurückgewiesen werden.
Mit anderen Worten, diese Kompetenzerweiterung des Landesgremiums durch das TMSFG gegenüber den bundesrechtlichen Vorgaben ist gesetzeswidrig, Frau Ministerin. Sie wissen, dass Zulassungs- oder Planungsfragen der spezialfachärztlichen Versorgung meist außerhalb jedweder landesrechtlicher Kompetenz liegen. Nach § 116 b Abs. 2 Satz 1 müssen Krankenhäuser, die nach § 108 SGB V zugelassen sind und die die durch den gemeinsamen Bundesausschuss gemachten Vorgaben zur Leistungserbringung nach Absatz 4 und 5 erfüllen, dies lediglich dem erweiterten Landesausschuss der Ärzte- und Krankenkassen anzeigen. Eine Zulassung zur Leistungserbringung der beantragten Krankenhäuser nach Prüfung der Unterlagen hat dann zwingend zu erfolgen. Ein Krankenhaus, welches die Standards erfüllt, darf die Leistung erbringen. Was sollen dann also Fragen nach § 116 SGB V im Landesgremium nach § 90 a, abgesehen davon, dass es bundesrechtlich ausgeschlossen ist, dass das Landesgremium dazu Stellung nehmen darf? Was ist denn in § 90 a mit sektorübergreifender Versorgung gemeint? Der Bundesgesetzgeber wollte bei Ausfall der Versorgungsfähigkeit des ambulanten Sektors, also etwa bei Unterversorgung einer Region, sicherstellen, dass diese auch vorübergehend durch Krankenhäuser abgesichert werden können. Spezialfachärztliche Versorgungsfragen, also ob ein Krankenhaus die Diagnostik oder Behandlung schwer therapierbarer und komplexer Krankheiten, zum Beispiel HIV, Aids oder Multiple Sklerose, vornehmen darf, hat damit nichts zu tun. Bei diesen schweren Krankheitsverläufen wären die meisten ambulanten Versorger sehr wohl überlastet. Daher und nur aus diesem Grund hat der Gesetzgeber für insgesamt 25 Krankheitsbilder und hochspezialisierte Leistungen, wie zum Beispiel CT- und MRT-gestützte schmerztherapeutische Leistungen, Ausnahmen
vom Grundsatz ambulant vor stationär zugelassen. Diese sind deshalb ganz eng und auch hoch reguliert in § 116 b Abs. 1 SGB V festgehalten. Dies hat alles aber nichts mit der Aufrechterhaltung der grundlegenden medizinischen Versorgung in Thüringen zu tun.
Aber es geht noch weiter und wir sind immer noch in § 2 Abs. 1 und Abs. 2 des vorliegenden Gesetzentwurfs. Ein weiteres interessantes Detail ist die ausgewiesen restriktive Berichtspflicht und die Beachtungspflichten der Empfehlungen des Landesgremiums an gleich drei völlig unterschiedliche Gremien auf Landesebene. Zum einen sollen die Empfehlungen und Stellungnahmen des gemeinsamen Landesgremiums vom Krankenhausplanungsausschuss, vom Landesausschuss der Ärzte- und Krankenkassen sowie vom erweiterten Landesausschuss der Ärzte- und Krankenkassen bei ihren Entscheidungsfindungen berücksichtigt werden. Diese Vorgabe ist aus unserer Sicht ein Angriff auf die Selbstverwaltungsgremien.
Wenn, Frau Ministerin, die Gremien der Meinung wären, was im Landesausschuss nach § 90 a SGB V passiert, ist irrelevant, dann kann dies niemand der Selbstverwaltung verwehren, schon gar nicht die Landesregierung. Dass Sie aber dann noch einfordern, dass das gemeinsame Landesgremium über Entscheidungen des Krankenhausplanungsausschusses, des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen sowie des erweiterten Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zu informieren sei, schlägt aus unserer Sicht dem Fass den Boden aus.
Sie werden verzeihen, Frau Ministerin, dass ich meinen Terminkalender und auch meine Vorhaben nicht mit der Landesregierung abspreche und Sie auch darüber nicht informieren werde. Bundesrechtlich gibt es nämlich nicht eine einzige zitierfähige Stelle, an der solch restriktive Informationswege begründbar wären, aber Sie setzen sich darüber einfach mir nichts, dir nichts hinweg.
Kommen wir zu einer weiteren, ich will sagen, zumindest interessanten Normierung im vorliegenden Gesetzentwurf, den § 6, in welchem die Stimmgewichtungen zur Beschlussfassung des gemeinsamen Landesgremiums festgelegt sind. Das ist bei meinen zwei Vorredner zumindest schon mal kurz angeklungen. Ich finde, das ist zumindest lustig. Wir finden da nämlich folgende Formulierung - ich zitiere: „Die Beschlüsse des Gemeinsamen Landesgremiums nach § 2 werden mit einer Mehrheit von drei Viertel der abgegebenen Stimmen der
ständigen beschließenden Mitglieder getroffen. Andere Beschlüsse sind einstimmig zu treffen.“ Welche Beschlüsse, über die in § 2 des Gesetzes normierten hinaus, sollen denn dann bitte beschlossen werden? Wenn Sie gesetzlich vorgeben, worum sich das Gremium kümmern soll und in den Beschlüssen dann davon reden, dass es auch noch Beschlüsse über den normierten Bereich hinaus geben soll, zeigt mir zumindest, welche Agenda in dem Gesetzentwurf zu sehen ist. Sie wollen mit diesem Obergremium nachhaltig die Selbstverwaltung unter Vorsitz des TMSFG schwächen,
indem Sie zu allen möglichen gesundheitspolitischen Fragen sich genehme Empfehlungen ausstellen. Dass dabei mit drei Stimmen die Krankenkassen zu allen Beschlüssen eine Sperrminorität erhalten, ist ein weiterer Affront gegenüber anderen Akteuren, wie Ärzten und Krankenhäusern. Sie haben aus meiner Sicht nicht verstanden, dass die Bundesregierung mit einem Versorgungsstrukturgesetz weder ein Obergremium noch zu allen gesundheitspolitischen Fragen die Landesministerien an den Tisch setzen, noch unnötige Doppelstrukturen zu bestehenden Landesgremien schaffen wollten. Es sollte ein hoch innovatives Gremium geschaffen werden, welches tatsächlich substanzielle Beiträge zur Verbesserung der vor allem ambulanten Versorgungslandschaft erarbeiten kann. Während die Bundesregierung den Bundesländern die Möglichkeit an die Hand geben wollte, eine gesundheitspolitische Denkfabrik zu kreieren, haben Sie anstatt einer ICE-Lösung des BMG eine Draisine des TMSFG auf die Gleise gesetzt.
Sie können sich ja bestimmt vorstellen, wie innovativ Vorschläge dieses Gremiums sind, wenn faktisch permanent eine Einstimmigkeit hergestellt werden muss, denn sobald die Krankenkassen an einer Stelle den Finger heben, ist der gemachte Vorschlag hinfällig. Wir plädieren daher maximal für eine qualifizierte Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen, damit andere Mehrheiten unter den Akteuren überhaupt möglich sind.
Als Letztes lassen Sie mich noch kurz auf den § 8, in welchem die Kostentragung geregelt ist, eingehen. Auch hier haben wir eine dezidiert andere Auffassung als das Ministerium. Da das gemeinsame Landesgremium keine Institution der gemeinsamen Selbstverwaltung ist, sondern bei der für Gesundheit zuständigen obersten Landesbehörde angesiedelt ist, ist die Mitfinanzierung der Akteure durch die Selbstverwaltung unzulässig. Vielmehr muss das Ministerium, ähnlich wie beim Krankenhausplanungsausschuss, die Geschäftsstelle im zuständigen Fachreferat ansiedeln und selbstverständlich
die Kosten in Höhe von 30.000 € tragen. Wir haben in den letzten Haushaltsberatungen genügend Änderungsanträge und genügend Reserven auch im Einzelplan 08 aufgezeigt, so dass das problemlos möglich ist. Sie sehen am Ende - Frau Präsidentin, vielen Dank -, der Gesetzentwurf liegt vor. Er wird an den Ausschuss überwiesen und ich hoffe, dass er auf gar keinen Fall so rausgeht, wie er reingegangen ist. Vielen Dank.
Ja, Sie haben Ihre Redezeit sogar überschritten. Demzufolge ist das mit der Frage jetzt schwierig, Herr Abgeordneter Kubitzki.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, sektorenübergreifende Versorgung, die Überwindung der Trennung von stationär und ambulant sind so Begriffe, die man, wenn ich zurückdenke, seit 15 Jahren immer wieder in der Debatte vernimmt. Ja, wir haben da teilweise noch sehr strenge Trennung im organisatorischen, im finanziellen und im Förderbereich und Ähnlichem. Wo wir diese Trennung in dieser scharfen Art und Weise nicht mehr haben - möchte ich mal ganz klar sagen -, ist eigentlich in der Arbeit am Patienten. Patienten merken diese scharfe Unterscheidung kaum noch, denn, wenn ich jetzt mal zurückdenke, vor ungefähr zehn Jahren war ich in einer Notaufnahme tätig im Rahmen meiner Facharztausbildung, habe pro Tag so 30 bis 60 Patienten gesehen, und wenn die zu mir kamen, kam mindestens jeder dritte mit der Begründung, hier sind doch alle Fachärzte da, was soll ich denn da beim Hausarzt. Dann hat er gelernt, er bekommt nur eine Notfallversorgung und dann muss er zu seinem Hausarzt und dann muss er zu seinem Facharzt und mit Rezepten oder Überweisungen oder was meistens das Wichtigste war, mit Krankenscheinen war es in der Regel Essig. Heute ist es so, wenn so ein Patient in eine Notaufnahme eines Krankenhauses kommt, wird er in aller Regel in das medizinische Versorgungszentrum im, am, beim Klinikum geschickt. Das heißt, er geht drei Türen weiter, in eine andere Etage oder mal kurz über die Straße und überschreitet so, ohne dass er das überhaupt mitkriegt, eigentlich die Grenzen zwischen stationärer und ambulanter Betreuung und ohne dass das für ihn irgendeinen Aufwand bedeutet. Das geht dann auch noch weiter, denn diese medizinischen Versorgungszentren, die in der Regel auch von den Kliniken betrieben werden, haben natürlich wesentlich leichter Zugriff auf
das Equipment der Klinik, begonnen beim Labor und endend z.B. beim MRT, als es eine Praxis irgendwo in der Fläche haben kann. Das ist ein großer Komfortgewinn, aber dieses Hineinstoßen der Krankenhäuser in die ambulante Versorgung hat natürlich auch Verwerfungen hervorgerufen. Da gibt es ganz unterschiedliche Beispiele.
Herr Kubitzki hat Bad Salzungen angeführt, ich kenne das Klinikum auch, ich bin mit dem Geschäftsführer auch in regelmäßigem Kontakt, und das ist ein ganz positives Beispiel. Aber genau dieses Beispiel zeigt, wie es Kliniken sektorenübergreifend machen, aber eben auf eigene Faust und alleine. Das ist trotzdem ein gutes Beispiel, ein positives Beispiel, aber wenn das nicht in enger Abstimmung mit den anderen Akteuren vor Ort passiert, dann gibt es immer Verwerfungen und solche Verwerfungen gab es zuhauf. Die gab es zum Beispiel im Raum Nordhausen, wo größere Gruppen von niedergelassenen Ärzten die Klinik eine Zeit lang boykottiert haben und ihre Patienten woanders hingeschickt haben. Solche Verwerfungen gibt es auch in anderen Regionen, in Städten, wo beispielsweise das ansässige Klinikum mittlerweile 40 Prozent der in der KV organisierten Ärzte als Angestellte stellt. Hier gibt es - ich hatte es gesagt Verwerfungen, die wiederum zu Misstrauen führen. In meinen Augen ist das neue Gremium - über die Zusammensetzung, da gebe ich Herrn Koppe recht und auch den anderen Vorrednern, im Ausschuss wird man vielleicht noch einmal detailliert reden nicht nur eine Möglichkeit, wie man Empfehlungen ausspricht - und das sehe ich dezidiert anders auch als Herr Koppe -, das werden mit Sicherheit keine bestellten Empfehlungen des Ministeriums sein, das werden mit Sicherheit, da die entsprechenden Akteure vor Ort sind, Empfehlungen sein, die entweder tatsächlich den Nerv aller treffen oder eben nicht zustande kommen. Deswegen sind ja die hohen Hürden im Gesetz, dass man nicht gegen einzelne Gruppen, gegen einzelne Akteure dann Beschlüsse durchfechten kann. Dieses Gremium, wie gesagt, soll nicht nur Empfehlungen aussprechen, in meinen Augen ist das auch eine vertrauensbildende Maßnahme zwischen den Akteuren in Thüringen, zwischen den Akteuren in den Regionen. Wenn aus meiner Sicht hier ein besseres Miteinander aufkommt, dass sie sich weniger misstrauen, sondern tatsächlich die Ressourcen vernünftig koordiniert verteilen, dann haben wir für unser Land sehr viel gewonnen. Das ist eigentlich das, worum es in diesem Gremium gehen sollte, denn wir können uns flächendeckende Doppelstrukturen einfach nicht mehr leisten, wir können uns ein Gegeneinander von Akteuren auch nicht in einem einzelnen Kreis und nicht in einem einzelnen Bereich leisten und wir können es uns auch nicht leisten, dass Kliniken oder bestimmte Akteure sich in lukrative Bereiche hineindrängen, und da drängeln sich dann wirklich alle, während andere Bereiche, die weniger
lukrativ sind, brachliegen. Deswegen brauchen wir eine Koordinierung. Das hat nichts mit Aushebelung der Selbstverwaltung zu tun, denn die Selbstverwaltung sitzt ja mit am Tisch und die kann im Prinzip organisiert durchaus auch dagegen Stellung nehmen.
Eine Sache, die möchte ich nicht unerwähnt lassen, als Letztes: Ich bin der Überzeugung, dass mit der Zusammensetzung des Gremiums noch nicht alle wesentliche Akteure aufgeführt sind, teilweise auch nicht in der entsprechenden Wichtung. Ich bin aber der Überzeugung, dass wir eine ganz ordentliche Basis vorliegen haben, auf der wir dann eine Erweiterung, eine Änderung dieses Gremiums vornehmen können. Ich freue mich auf die Diskussion im Sozialausschuss und beantrage hiermit ebenfalls die Überweisung. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sollten in der Debatte aus meiner festen Überzeugung zwei Dinge auseinanderhalten. Das eine ist nämlich die Gesetzgebung auf Bundesebene, das Versorgungsstrukturgesetz, was zum 1. Januar 2012 in Kraft getreten ist, und zum anderen jetzt das von der Landesregierung vorgelegte Gesetz zur Entwicklung sektorenübergreifender Versorgungsstrukturen, weil ich finde, man kann das eine nicht ohne das andere bewerten.
Deswegen, das sage ich Ihnen ganz offen, Herr Koppe, so ehrlich muss man dann auch sein, dass man die Bedenken, die sich aus dem auf Bundesebene verabschiedeten Gesetz ergeben, dann auch zum Tragen bringt, wenn es hier darum geht, das entsprechend auf Landesebene auszugestalten. Das Ziel des im Bund verabschiedeten Versorgungsstrukturgesetzes war, ich zitiere mal unseren Bundesgesundheitsminister: Tagtäglich leisten Tausende von Pflegerinnen, Ärztinnen, Arzthelferinnen, Physiotherapeuten, Psychotherapeuten, Ergotherapeuten und Angehörige vieler anderer Berufsgruppen ihre Arbeit. Für die Leistung, die in Gesundheitsberufen tagtäglich erbracht wird, braucht es Motivation, Vertrauen und Anerkennung. Genau das ist das Ziel des Versorgungsstrukturgesetzes. So hat sich der Bundesgesundheitsminister dazu geäußert und seinem Dank an all jene, die ich eben zitierte, die von diesem Gesetz unmittelbar betroffen sind, können wir uns sicherlich alle anschlie
ßen. Was gut klingt, ist aber auf den zweiten Blick eben nicht so gut. Meine Fraktion auf Bundesebene hat ganz bewusst gesagt, dass dieses Gesetz nicht ausreichend ist, es ist durchzogen von zahlreichen Webfehlern und da muss man eben auch mal hinhören, was am Ende in den Ländern, wenn es um die Umsetzung dieses Gesetzes geht, passiert, passieren kann oder eben auch nicht. Wir sind der festen Überzeugung, dass verschiedene Punkte, die in diesem Gesetz geregelt hätten sein müssen, eben nicht zum Tragen gekommen sind. Dazu gehört das von Ihnen jetzt mehrmals angesprochene Überwinden der sogenannten Sektorengrenzen. Das ist eben nicht ausreichend geregelt. Es geht auch darum, dass die Frage des Übergangs zwischen Akutversorgung und Nachsorge, das, was der Kollege Dr. Hartung gerade ansprach, auch nicht ausreichend geregelt ist. Und es geht darum, dass dieses aus unserer Sicht unzureichende Gesetz am Ende verabschiedet wurde, ohne dass Zulassungskriterien für Ärzte flexibler gestaltet wurden, ohne dass auf die Frage von Morbidität zusätzlich eingegangen wurde und, und, und. Das sind die Mängel des Bundesgesetzes und da gehört es zur Ehrlichkeit der Debatte dazu, das auch hier zu sagen.
Nun kommt das Land ins Spiel. Das Land hat jetzt die glorreiche Aufgabe, aus dem irgendwas zu machen, und darf ein gemeinsames Landesgremium schaffen. Wir haben dazu im April 2012 eine Kleine Anfrage gestellt und nachgefragt, wie das Ganze denn aussehen soll. Ohne den Fraktionen von SPD und CDU zu nahe treten zu wollen, ich bin mir sicher, dass das Sozialministerium/Gesundheitsministerium ohnehin vorhatte, das Bundesgesetz auszugestalten. Natürlich ist es immer schön, wenn es Anträge gibt, aber ich bin mir sicher, Frau Taubert hatte das im Blick. Schleswig-Holstein hatte das im Sommer bereits erledigt, andere Länder folgen jetzt nach und jetzt kommt also unser Gesetzentwurf und es ist richtig - ich beantrage das auch an dieser Stelle -, das im Ausschuss weiter zu diskutieren.
Der zentrale Punkt dessen, was Thüringen jetzt also aus dem, was in Berlin angerichtet wurde, machen darf, ist das gemeinsame Landesgremium zu schaffen. Damit soll stärker als bisher politischer Einfluss auf die Gestaltung der medizinischen Versorgung genommen werden. Ich sage das so plakativ. Das ist jedenfalls das, wie ich dieses BahrGesetz verstehe. Doch auch hier ist die Frage, wie die Gestaltung auf Landesebene wirklich gelingen kann. Wir haben ziemlich viele Fragen sogar, die wir im Ausschuss aufwerfen und hoffentlich auch in Form einer Anhörung ausdiskutieren können.
Erste Frage: Wo ist die stärkere Berücksichtigung der Patienten- und Patientinneninteressen? Die können wir in Ihrem vorläufigen Gesetzentwurf der
Landesregierung nicht erkennen. Eine echte Stimme im Landesgremium eben für die Patientinnen und Patienten muss nachgebessert werden, die braucht es darin.
Zweite Frage: Warum werden Pflegeverbände nicht mehr als nicht ständige Teilnehmer im Landesgremium berücksichtigt? Sie haben ja im Endeffekt nur eine Berufsgruppe im Blick, das ist in diesem Falle die ärztliche Berufsgruppe und nicht ärztliche Gesundheitsberufe, die auch Grundversorgung leisten - das muss man auch an dieser Stelle mal ganz eindeutig sagen -, werden nicht mit einbezogen.
Dritter Punkt: Es braucht eine paritätische Besetzung in diesem Landesgremium. Mit Ihrem Anteil von drei Stimmen können doch die Kassenverbände immer aufgrund der vorgesehenen Dreiviertelmehrheit gegen einen Beschluss stimmen, diesen am Ende verhindern. Darüber muss man reden, wie das Ganze demokratisch ablaufen soll.
Vierter Punkt: Aus dem Gesetzentwurf wird nicht deutlich, welchen Charakter diese Beschlüsse eigentlich haben sollen. Vorhin war die Rede vom Empfehlungscharakter des Ganzen. Welche Transparenz wird es am Ende haben? Wie wird das Ganze eingeordnet, wenn Beschlüsse gefasst wurden und das Gremium sich entschieden hat?