Oder, Herr Panse, wenn Sie jetzt aufgeregt dazwischenrufen, darf ich Sie erinnern, wie Sie damit umgegangen sind, dass Menschen sich für mehr Demo
kratie in den Thüringer Kommunen eingesetzt haben. Wir haben einen Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht zusammen mit der Fraktion der LINKEN, Bessere Bedingungen für Bürgerentscheide, mehr Demokratie in den Kommunen wagen. Sie haben diesen Gesetzentwurf zwei Jahre lang blockiert, Sie haben sich keinen Millimeter bewegt. Und als die Menschen sich selbst auf den Weg gemacht und ein Volksbegehren erfolgreich gestartet haben, dann haben Sie die Leute ausgetrickst und dem Volksbegehren die gesetzliche Grundlage entzogen. So gehen Sie mit der Demokratie um.
Dann stellt sich der Ministerpräsident hier hin und fordert die Leute auf, sich mehr einzumischen. Sie müssen sich mal entscheiden, was Sie eigentlich wollen. Die Bürger verhöhnen, das kann nicht Sinn und Zweck einer solchen Veranstaltung sein.
Herr Althaus, Sie haben davon geredet, dass man dem Rechtsextremismus stärker entgegentreten muss - da sind wir uns einig -, aber ein Landesprogramm gegen Rechtsextremismus fehlt uns bis heute. Unsere Null-Toleranz-Strategie, die wir im Thüringer Landtag vorgeschlagen haben, hat nicht Ihre Zustimmung gefunden. Ein NPD-Verbot tragen Sie auch nicht mit. Wo ist eigentlich das Engagement, das Sie hier einfordern? Ich finde, ein Stückchen mehr von diesem Engagement sollten Sie in dieser Frage auch selber zeigen.
Herr Ministerpräsident, Sie glauben, dass man mit schönen Worten die schlechten Taten vergessen machen kann. Da irren Sie. Sie glauben, dass man mit wohlklingenden Sätzen das eigene Handeln ersetzen kann. Auch da irren Sie. Ich finde, Ihre Regierungserklärung hat gezeigt, Sie sind mutlos, Sie sind kraftlos und Sie sind orientierungslos. Wenn wir heute eines verstanden haben, dann das: Thüringen braucht endlich eine handlungsfähige und eine kräftig sich in der Krise engagierende Regierung. Ihre ist es leider nicht.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, zu diesem Tagesordnungspunkt zur politischen Kultur im Freistaat Thüringen in der Bewertung zum Thüringen-Monitor 2008 haben wir in der Rede von Christoph Matschie eben erlebt, dass es gut ist, dass die SPD-Fraktion nicht beim IGLU-Test 2008 mitmachen musste.
Beim IGLU-Test 2008 wurde bei den Viertklässlern die Lesekompetenz abgefragt. Und jetzt stellen Sie sich vor, die SPD-Fraktion hätte bei diesem Lesekompetenztest zu TOP 1 dieser Tagesordnung mitmachen müssen und hätte nicht nur ablesen, sondern auch verstehen müssen, dass wir hier über den Thüringen-Monitor reden und nicht zu TOP 21, wo Christoph Matschie vergeblich seine Rede nicht halten wollte, sondern Sie jetzt gehalten hat. So interessant wie Ihre Rede war, ich werde zu einzelnen Punkten noch mal darauf eingehen, gehört es auch zur guten politischen Kultur, dass man die demokratischen Spielregeln einhält.
Wenn ein Landtag sich eine Geschäftsordnung gibt und wenn ein Landtag sich eine Tagesordnung gibt, dann tun alle gut daran, parlamentarische Demokratie auch so auszuleben, dass man zu den Punkten spricht, wo man auch gefragt wird. Das lernen die Schüler in der Schule.
Ministerpräsident Dieter Althaus hat zu Beginn der Plenartagung die Inhalte des Thüringen-Monitors 2008 kurz zusammengefasst. Er hat in der Durchsicht der Studie bestätigt, was auch die Thüringer in den Abfragen zum Thüringen-Monitor gesagt haben. Nämlich, wir leben 19 Jahre nach der friedlichen Revolution und gut 18 Jahre nach der Wiederbegründung des Freistaats Thüringen in konsolidierten Verhältnissen. Die parlamentarische Demokratie und die soziale Marktwirtschaft in Thüringen sind akzeptiert
und die Bürgerinnen und Bürger haben ein zutreffendes Urteil zu den politischen Herausforderungen, vor denen wir stehen. Der politische Extremismus ist und bleibt ein zwar nicht zu vernachlässigendes, aber ein für uns beherrschbares Problem. Es ist zwar nicht weiter erstaunlich, dass zumindest vonseiten der Linksfraktion heute im Landtag wieder ein anderes Bild gezeichnet wurde. Sie scheint es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, immer dieses Thema auch vor sich herzutragen, weil sie letztendlich ihre eigene politische Existenz damit begründen. Wir meinen aber insgesamt die verbreitete Lebenszufriedenheit und die Heimatverbundenheit der Thüringer werden Sie damit genauso wenig beseitigen können wie den Kompetenzvorsprung, den nach diesem Thüringen-Monitor 2008 die Thüringer Bürgerinnen und Bürger nicht allein in dieser Umfrage der CDU in Thüringen zugeschrieben haben.
Wir wollen Ihnen auch sagen, weil das auf beide Redner zutrifft, auch wenn Sie vorwiegend rot sehen, lassen wir uns freilich nicht dazu verleiten, alles in hellen Farben zu beschreiben. Zur politischen Verantwortung unserer Mehrheitsfraktion gehört es nämlich, die Anfragen an die Politik ernst zu nehmen, die sich aus dem Thüringen-Monitor 2008 ergeben. Darauf werde ich mich im Folgenden beschränken, aber ich werde auch in einem zweiten Teil noch einmal etwas zu den Ausführungen von Christoph Matschie zur Finanzmarktkrise sagen.
Lassen Sie mich aber zunächst auf das Thema „Abwanderung“ eingehen. Es ist bemerkenswert, dass es die Thüringer als politische Herausforderung an erster Stelle gesetzt haben. Es ist nach unserer Auffassung das wichtigste Thema und es ist letztendlich die größte Herausforderung, an der sich eine gute Zukunft für den Freistaat Thüringen festmachen wird. Letztendlich ist es zugleich die Antwort darauf, unseren zukünftigen Fachkräftebedarf befriedigen zu können. Es zeigt sich daran im Thüringen-Monitor, wie wach die Bürgerinnen und Bürger das Geschehen im Land ernst nehmen, und es zeigt sich, dass die unbestreitbaren Fortschritte am Arbeitsmarkt auch von den Bürgern in Thüringen wahrgenommen werden. Mehr als zwei Drittel sehen in der Abwanderung das größte Problem Thüringens. Wenn ein Drittel der jungen Erwachsenen sagt, sie werden fortziehen oder wahrscheinlich fortziehen, so sind das in der Tat für uns bedrückende Werte. Selbst wenn unser Altministerpräsident Dr. Bernhard Vogel zu Recht gemahnt hat, zur Abwanderung immer auch die Zuwanderung in den Blick zu nehmen, bleibt für uns festzustellen: Dass junge Qualifizierte und vor allen Dingen die nächste Müttergeneration überdurchschnittlich oft abwandern wollen und abwandern, ist tatsächlich für die Zukunft in der Politik eine echte
Herausforderung. Wie wir auch aus dieser Umfrage wissen, ist die Abwanderung keine Entscheidung gegen Thüringen. In den Worten der Monitor-Verfasser ist die starke Bindung an Thüringen ungebrochen. Die Thüringer Identität ist ausgeprägt und eine deutliche Mehrheit der Thüringer ist hochzufrieden mit ihrem Leben in Thüringen und nur eine Minderheit kann sich vorstellen, dass Thüringen letztendlich auch in einem mitteldeutschen Land aufgeht.
Wir wissen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass viele auch zurückkommen, wenn sich dafür eine wirtschaftliche Perspektive bietet. Entscheidend sind Arbeits- und Ausbildungsplätze. Der Vorstandsvorsitzende der Jenoptik AG Michael Mertin hat es auf den Punkt gebracht und gesagt: Die Abwanderung allein bestimmt der Markt und dazu gehören mit an erster Stelle leistungsgerechte und wettbewerbsfähige Löhne.
Wir wollen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass für gute Arbeit, die die Thüringer leisten, auch guter Lohn in der Zukunft gezahlt wird.
Diesen Impuls, den wir setzen wollen, den wir nur beschränkt auf den öffentlichen Dienst setzen können, wird meine Fraktion in dieser Plenarsitzung auch beantragen. Wir wollen, dass Beamtenanwärtern in 20 Tagen das gleiche Gehalt wie ihren Kolleginnen und Kollegen in den westlichen Bundesländern gezahlt wird. Das ist der Einstieg in 100 Prozent West, der sich daran anschließen wird.
Wir verstehen das zugleich als Signal an die Wirtschaft. Wer nicht ordentlich zahlt, darf sich nicht über Abwanderung und letztlich auch nicht über Fachkräftebedarfe beklagen.
Ihren Fachkräftezuwachs müssen aber letztlich die Firmen in Thüringen selbst sichern. Das Land unterstützt sie dabei in vielfältiger Weise, etwa durch Angebote wie Ausbildungspakt und Ausbildungsförderung, die Allianz für Familie und Beruf, Initiativen zur Berufswahlvorbereitung sowie den Unternehmer- und Fachkräfteservice (UFaS) in Thüringen. Der ewige Vorwurf der Opposition, auf diesem Gebiet geschehe nichts, ist falsch, aber wir wissen, es bleibt eine wich
Aber, meine Damen und Herren, wir glauben nicht daran, dass die Wanderungsbewegungen ein Naturgesetz sind. Durch attraktive Arbeits- und Lebensbedingungen hat Thüringen alle Chancen, in Zukunft auch mehr Menschen als derzeit abwandern anzuziehen, wenn die Löhne sich weiter angleichen. Vor diesem Hintergrund ist wichtig, dass die Menschen in Thüringen eines sehen: Es geht aufwärts, Thüringen ist ein Zukunftsland. Nicht zuletzt sagen deshalb nach dem Thüringen-Monitor gleichbleibend gut die Hälfte bis regelmäßig knapp zwei Drittel der Befragten, dass sie ihre eigene persönliche Lage als gut einschätzen. Darauf wollen wir aufbauen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer Menschen für Thüringen begeistern will, der muss offen für sie sein. Vor diesem Hintergrund ist erfreulich, dass die Überfremdungsängste im Thüringen-Monitor deutlich zurückgegangen sind. Es scheint sich doch allmählich auch in Thüringen herumzusprechen und darüber hinaus, dass es geradezu absurd ist, in Thüringen von Überfremdung zu reden.
Ich will an dieser Stelle einen kleinen Einschub machen, weil ich auf Folgendes eingehen will, weil in den vergangenen Wochen gelegentlich von berichtenden Schreibern mir vorgehalten wurde, ich würde insbesondere gegen Herrn Ramelow als Wessi polemisieren. Das ist blanker Unfug, weil ich Folgendes dazu sagen will:
Ich bin sehr dankbar für jeden westdeutschen Bürger, der seine Koffer in den alten Ländern packt und ihn bei uns in Thüringen wieder auspackt, um hier seine Wurzeln schlagen zu wollen.
Von der Heiligen Elisabeth über Goethe bis Bernhard Vogel haben viele inner- oder außerdeutsche „Migranten“ diesem Land gedient und hier ihre Wurzeln geschlagen. Dafür sind wir sehr dankbar.
Für mich ist er ein politischer Handlungsreisender in Sachen Sozialismus, der sich nicht dem Freistaat Thüringen, sondern sich einer Ideologie verschrieben hat.